VfGH V41/85

VfGHV41/859.10.1986

StadterneuerungsV 1984. Widerspruch des §2 zu Art18 B-VG nach Aufhebung der materiellen Basis (§33 Abs3 StadterneuerungsG) mit Erk. des VfGH

Normen

B-VG Art18 Abs2
StadterneuerungsV 1984 §2
StadterneuerungsG §33 Abs3
B-VG Art18 Abs2
StadterneuerungsV 1984 §2
StadterneuerungsG §33 Abs3

 

Spruch:

I. §2 der Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik vom 14. Dezember 1984 betreffend die Förderung von Maßnahmen zur Stadterneuerung (Stadterneuerungs-V 1984), BGBl. 528/1984, idF der Verordnung desselben Bundesministers vom 12. April 1985, BGBl. 158/1985, wird als gesetzwidrig aufgehoben.

II. Die Aufhebung tritt mit Ablauf des 30. September 1987 in Kraft.

III. Der Bundesminister für Bauten und Technik ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Bundesgesetzblatt verpflichtet.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1.1. Das BG Innere Stadt Wien stellte in der bei ihm (zu 40 C 73/85) anhängigen Rechtssache der klagenden Partei Dkfm. E M wider die beklagte Partei Wohnhaus-Wiederaufbau- und Stadterneuerungsfonds wegen Feststellung der Nichtverzinslichkeit eines nach dem Wohnhaus-Wiederaufbaugesetz, BGBl. 130/1948, gewährten Darlehens gemäß Art139 B-VG iVm. Art89 Abs2 B-VG und §57 VerfGG 1953 den Antrag, der VfGH möge den bei Entscheidung des Streits unmittelbar anzuwendenden - aufgrund des §33 Abs3 Stadterneuerungsgesetz, BGBl. 287/1974, idF BGBl. 483/1984 erlassenen - §2 der Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik vom 14. Dezember 1984, betreffend die Förderung von Maßnahmen zur Stadterneuerung (Stadterneuerungs-V 1984), BGBl. 528/1984, idF der Verordnung BGBl. 158/1985 aus näher bezeichneten Gründen - so (auch) deshalb, weil die angefochtene Verordnungsstelle auf einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung beruhe - als gesetzwidrig aufheben.

1.1.2. Der zur Äußerung aufgeforderte Bundesminister für Bauten und Technik verteidigte die Gesetzmäßigkeit seiner Verordnung.

1.2.1. Aus Anlaß dieses - zulässigen (s. VfSlg. 11027/1986) - Verordnungsprüfungsverfahrens leitete der VfGH mit Beschl. vom 6. März 1986, V41/85-11, von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §33 Abs3 Stadterneuerungsgesetz, BGBl. 287/1974, idF des §43 Wohnhaussanierungsgesetz, BGBl. 483/1984, ein.

1.2.2.1. §33 Abs3 Stadterneuerungsgesetz, BGBl. 287/1974, idF des BG vom 27. November 1984 über die Förderung der Verbesserung und Erhaltung von Wohnhäusern, Wohnungen und Wohnheimen sowie zur Änderung des Stadterneuerungsgesetzes und des Startwohnungsgesetzes (Wohnhaussanierungsgesetz - WSG), BGBl. 483/1984, lautet:

"(3) Darlehen, die auf Grund des Wohnhaus-Wiederaufbaugesetzes, BGBl. Nr. 130/1948, gewährt wurden, sind zu verzinsen. Die näheren Bestimmungen über die Höhe des Zinssatzes, die 6 vH nicht überschreiten darf, den Zeitpunkt des Beginnes und die Art der Verzinsung sowie die Entrichtung von Verzugszinsen trifft der Bundesminister für Bauten und Technik durch Verordnung. Die sich daraus ergebende Erhöhung der Darlehensrückzahlung kann den Mietern angerechnet werden."

1.2.2.2. Der aufgrund des §33 Abs3 Stadterneuerungsgesetz, BGBl. 287/1974, idF BGBl. 483/1984 erlassene §2 der Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik vom 14. Dezember 1984, betreffend die Förderung von Maßnahmen zur Stadterneuerung (Stadterneuerungs-Verordnung 1984), BGBl. 528/1984, idF der Verordnung desselben Bundesministers vom 12. April 1985, BGBl. 158/1985, hat folgenden Wortlaut:

"(1) Bei Darlehen, die auf Grund des Wohnhaus-Wiederaufbaugesetzes, BGBl. Nr. 130/1948, gewährt wurden, gilt ab 1. Jänner 1986 eine Verzinsung mit folgenden Zinssätzen als vereinbart:

1. für die ersten beiden Zinsenzahlungen ein Zinssatz von 1 vH pro Halbjahr;

2. in der Folge ein Zinssatz von 1,5 vH pro Halbjahr;

3. in Fällen jedoch, in denen der Schuldner erhöhte Tilgungsraten gemäß §36 Abs2 des Wohnbauförderungsgesetzes 1968, BGBl. Nr. 280/1967, oder §60 Abs5 des Wohnbauförderungsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 482, zu leisten hat, ein gleichbleibender Zinssatz von 1 vH pro Halbjahr.

(2) Die Verzinsung beginnt mit 1. Jänner 1986; der erste Fälligkeitstermin ist der 1. Juli 1986. Die Zinsen werden von dem am 1. Jänner 1986 aushaftenden Darlehensbetrag - vermindert um zu diesem Zeitpunkt fällige, aber noch nicht gezahlte Tilgungsbeträge - berechnet.

(3) Die folgenden Zinsen sind am 1. Jänner und 1. Juli jedes Jahres fällig. Sie werden von dem am vorhergegangenen 1. Juli bzw. 1. Jänner aushaftenden Darlehensbetrag - vermindert um zu diesem Zeitpunkt fällige, aber noch nicht gezahlte Tilgungsbeträge - berechnet.

(4) Die Zinsen sind gemeinsam mit den Tilgungsraten und in gleicher Weise wie diese zu leisten.

(5) Der Wohnhaus-Wiederaufbau- und Stadterneuerungsfonds ist berechtigt, von nicht rechtzeitig entrichteten Tilgungs- und Zinsenbeträgen für die Dauer des Verzuges Verzugszinsen in der Höhe von 3 vH über dem jeweils geltenden Zinsfuß für Eskontierungen der Oesterreichischen Nationalbank pro Jahr zu verlangen.

(6) Werden im Fall einer Rückzahlung gemäß §36 Abs2 erster Satz des Wohnbauförderungsgesetzes 1968 oder §60 Abs5 erster Satz des Wohnbauförderungsgesetzes 1984 oder im Fall einer Darlehenskündigung Teilbeträge gestundet, so ist die Verzinsung gemäß den Abs1 bis 3 so vorzunehmen, als ob der gesamte Betrag gezahlt worden wäre.

(7) Bei Stundung hat der Fonds Stundungszinsen in der Höhe von 6 vH pro Jahr vorzuschreiben."

1.2.3. Mit Erk. VfSlg. 11027/1986, wurde der in Prüfung gezogene Abs3 des §33 Stadterneuerungsgesetz, BGBl. 287/1974, idF BGBl. 483/1984 als verfassungswidrig aufgehoben und verfügt, daß diese Aufhebung mit Ablauf des 30. September 1987 in Kraft tritt. Ferner wurde angeordnet, daß frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit zu treten haben.

2. Über den Antrag des BG wurde erwogen:

2.1. §2 der Verordnung des Bundesministers für Bauten und Technik vom 14. Dezember 1984, BGBl. 528/1984, idF BGBl. 158/1985 findet seine Basis unbestrittenermaßen in der mit Erk. VfSlg. 11027/1986 als verfassungswidrig aufgehobenen Bestimmung des §33 Abs3 Stadterneuerungsgesetz. Die hier zu prüfende Stelle der Stadterneuerungs-V 1984 ist darum nunmehr so zu beurteilen, als ob sie ohne gesetzliche Grundlage erlassen worden wäre (vgl. VfSlg. 4172/1962, 6945/1972, 10296/1984, 10800/1986 ua.).

§2 der zitierten Verordnung widerspricht also Art18 B-VG und war - da die Bedenken des antragstellenden BG jedenfalls in diesem Punkt zutreffen - als gesetzwidrig aufzuheben (Punkt I. des Spruches).

2.2. Die übrigen, das Inkrafttreten der Normaufhebung und die Kundmachungspflicht verfügenden Aussprüche fußen auf Art139 Abs5 B-VG (Punkte II. und III. des Spruches).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte