VfGH V34/84

VfGHV34/8428.6.1985

V des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom 24. Juni 1971 über die Gewährung von Jubiläumszuwendungen und Treuebelohnungen; die Worte "für treue Dienste" in §1 Abs1 sind unter dem Gesichtspunkt des Art18 B-VG nicht gesetzwidrig

Normen

B-VG Art18 Abs1
B-VG Art18 Abs2
Oö LandesbeamtenG §20
Oö LandesbeamtenG §20c
Oö Statutargemeinden-BeamtenG §30 Abs3
Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom 24.06.71 über die Gewährung von Jubiläumszuwendungen und Treuebelohnungen §1 Abs1
B-VG Art18 Abs1
B-VG Art18 Abs2
Oö LandesbeamtenG §20
Oö LandesbeamtenG §20c
Oö Statutargemeinden-BeamtenG §30 Abs3
Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom 24.06.71 über die Gewährung von Jubiläumszuwendungen und Treuebelohnungen §1 Abs1

 

Spruch:

Die Worte "für treue Dienste" in §1 Abs1 der V des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom 24. Juni 1971 über die Gewährung von Jubiläumszuwendungen und Treuebelohnungen, kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz 14/1971 und 20/1971, idF der V vom 10. November 1977, kundgemacht im Amtsblatt der Landeshauptstadt Linz 22/1977, werden nicht als gesetzwidrig aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Beim VfGH ist zu B54/80 ein Verfahren über die Beschwerde eines Beamten der Landeshauptstadt Linz anhängig. Der Bf. wendet sich in diesem Verfahren gegen die Abweisung seines Ansuchens um Auszahlung einer Jubiläumszuwendung für 35jährige Dienstleistungen gemäß §1 Abs1 der V des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom 24. Juni 1971 über die Gewährung von Jubiläumszuwendungen und Treubelohnungen (künftig: BelohnungsV) idF der V vom 10. November 1977. Dem Ansuchen wurde mit im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 21. Dezember 1979, mit dem der Beschl. des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom 20. Dezember 1979 intimiert wurde, mit der Begründung keine Folge gegeben, daß die Gewährung einer Jubiläumszuwendung neben der Vollendung bestimmter Dienstzeiten die Leistung treuer Dienste voraussetze, diese Voraussetzung jedoch beim Bf. im Hinblick auf eine disziplinäre Verurteilung nicht vorliege.

2. a) Bei der Beratung über diese Beschwerde sind beim VfGH Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der Worte "für treue Dienste" im §1 Abs1 der BelohnungsV entstanden. Aufgrund dieser Bedenken hat der VfGH beschlossen, gemäß Art139 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der genannten Wortfolge einzuleiten (Beschl. vom 4. Oktober 1984, B54/80-12).

b) §1 Abs1 der BelohnungsV - die in Prüfung gezogenen Worte sind hervorgehoben - lautet auszugsweise wiedergegeben wie folgt:

"Den Beamten kann aus Anlaß der Vollendung einer Dienstzeit von 25, 35 und 45 Jahren für treue Dienste eine Jubiläumszuwendung gewährt werden. Die Jubiläumszuwendung beträgt ..."

c) Der VfGH hat in dem dieses Verfahren einleitenden Beschluß vorläufig angenommen, daß die Beschwerde zulässig ist und daß er die in Prüfung gezogene Regelung bei der Erledigung der Beschwerde anzuwenden hätte.

Die Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der Worte "für treue Dienste" in §1 Abs1 der BelohnungsV idF der Nov. vom 10. November 1977 hat der Gerichtshof wie folgt umschrieben:

"Die Ermächtigung zur Erlassung dieser Bestimmung wird vom Verordnungsgeber aus §30 Abs3 Statutargemeinden-Beamtengesetz abgeleitet, wonach Nebengebühren durch Verordnung des Gemeinderates festzusetzen sind, 'wobei auf die für Landesbeamte geltende Regelung sinngemäß Bedacht zu nehmen ist'.

Die durch §30 Abs3 Statutargemeinden-Beamtengesetz gebotene sinngemäße Bedachtnahme auf die für Landesbeamte geltende Regelung ist - wovon der VfGH seiner Rechtsprechung folgend ausgeht - als Bindung des Verordnungsgebers an die im Landesbeamtenrecht aufgestellten Grundsätze zu verstehen (vgl. VfSlg. 9441/1982).

Im Gesetz vom 5. März 1975 über dienstrechtliche Vorschriften für Landesbeamte (19. Ergänzung zum Landesbeamtengesetz), LGBl. 29/1975, scheint sich die maßgebliche Regelung für Jubiläumszuwendungen im §20c leg. cit. und für Treubelohnungen in §20d zu finden. Nach §20c kann den Beamten aus Anlaß der Vollendung einer Dienstzeit von 25, 35 und 45 Jahren eine Jubiläumszuwendung, deren Höhe näher festgelegt ist, gewährt werden. Aus dem Wortlaut des §20c leg. cit. geht nicht hervor, daß die Gewährung einer Jubiläumszuwendung die Erbringung 'treuer Dienste' zur Voraussetzung hat. Nach §20d gebührt einem Beamten, der durch Versetzung in den zeitlichen Ruhestand oder durch Übertritt oder Versetzung in einen dauernden Ruhestand aus dem Dienststand ausscheidet und in diesem Zeitpunkt eine mindestens 25jährige Dienstzeit aufweist, für treue Dienste eine Treuebelohnung. Die Unterschiedlichkeit der Regelungen für Jubiläumszuwendungen und für Treuebelohnungen vertieft das sich schon aus dem Wortlaut des §20c ergebende Bedenken des VfGH, daß das in Prüfung gezogene Erfordernis 'treuer Dienste' für Jubiläumszuwendungen im Gesetz keine Deckung findet. Eine solche dürfte sich auch aus keiner anderen gesetzlichen Bestimmung ergeben. Die Anordnung ist demnach anscheinend gesetzlos getroffen worden."

3. Die Landeshauptstadt Linz und die Oö. Landesregierung haben Äußerungen erstattet, in welchen sie die Gesetzmäßigkeit der V verteidigen und beantragen, die in Prüfung gezogene Wortfolge der BelohnungsV nicht als gesetzwidrig aufzuheben.

Im einzelnen wird ausgeführt:

a) Von der Landeshauptstadt Linz:

"1. Gesetzliche Grundlage für die Erlassung der Verordnung des Gemeinderates vom 24. Juni 1971 war §30 Abs3 StGBG, wonach die Nebengebühren durch Verordnung des Gemeinderates festzusetzen sind, wobei auf die für Landesbeamte geltende Regelung sinngemäß Bedacht zu nehmen ist. Nach §20 Abs2 Gehaltsgesetz 1956 idF des ArtI Z9 der 20. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. 45/1970, konnte dem Beamten aus Anlaß der Vollendung einer Dienstzeit von 25 und 40 Jahren 'für treue Dienste' eine Jubiläumsbelohnung gewährt werden. Diese Bestimmung wurde gemäß §2 Abs1 Z1 lita der 17. Ergänzung zum Landesbeamtengesetz, LGBl. 23/1973, in den Landesbereich rezipiert.

2. Im Zuge der 19. Ergänzung zum Landesbeamtengesetz, LGBl. 29/1975, mit welchem die Vorschriften über die Nebengebühren eine Neufassung erfuhren, scheint das Tatbestandsmerkmal 'für treue Dienste' nicht mehr auf (§20c leg. cit.). Diese landesgesetzliche Regelung trat mit 1. Juli 1974 in Kraft.

3. Das Gehaltsgesetz 1956 - seit der 24. Gehaltsgesetz-Novelle §20c - hat stets statuiert, daß dem Beamten 'für treue Dienste' diese Zusendung gewährt werden kann. Die Worte 'für treue Dienste' stellen nach Ansicht des Gemeinderates der Stadt Linz lediglich einen Hinweis dar, in welchem Sinn von dem von der Verordnung eingeräumten Ermessen die Dienstbehörde Gebrauch zu machen hat. Nach ständiger Rechtsprechung des VfGH läßt die Verfassung zu, daß der einfache Gesetzgeber die Verwaltungsbehörde ermächtigt, in bestimmten Angelegenheiten Bescheide nach Ermessen zu erlassen. Es muß aber aus dem Gesetz deutlich zu entnehmen sein, inwieweit der Behörde die Bestimmung ihres Verhaltens selbst überlassen ist und in welchem Sinn von dem ihr eingeräumten Ermessen Gebrauch zu machen hat. Gibt das Gesetz keine Richtlinien dafür, in welchem Sinn das der Behörde eingeräumte Ermessen zu handhaben ist, widerspricht es dem Artikel 18 Abs1 B-VG (VfSlg. 5101, 5234, 5810, 5980, 6141, 6550, 7379). Eine Regelung, die der Behörde ein schrankenloses Ermessen einräumt, widerspricht sohin Artikel 18 Abs1 und Artikel 130 Abs2 B-VG (VfSlg. 5240).

Nach ständiger Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts (VfSlg. 2109, 2264, 2598, 3221 und 3556 sowie VwGH SlgNF 5921 A) sind Gesetze, wenn es ihr Wortlaut nicht verbietet, immer so auszulegen, daß sie sich der Bundesverfassung einfügen. Bei der Beurteilung des "Sinnes" eines konkreten Gesetzes muß daher, sofern es dessen Wortlaut zuläßt, immer auch der für die Österreichische Rechtsordnung grundlegende Gleichheitssatz (Art7 B-VG, Art2 StGG) dergestalt beachtet werden, daß nicht etwas als Gesetzessinn ausgegeben wird, was diesem Gleichheitssatz zuwiderläuft. Das durch §20c der 19. Ergänzung zum Landesbeamtengesetz der Behörde eingeräumte Ermessen ist unter diesen Gesichtspunkten ebenfalls im Sinne der diesbezüglichen Bestimmung des Gehaltsgesetzes 1956 auszuüben, weil diese Bestimmung ansonsten dem Art18 Abs1 B-VG widersprechen würde, was nach der zit. Judikatur nicht zu vermuten ist.

4. Erwähnenswert erscheint, daß die ggstl. Verordnung mehrmals novelliert wurde und die Gemeindeaufsichtsbehörde im Zuge der jeweils durchgeführten Verfahren auf Verordnungsprüfung keine Veranlassung sah, die Worte 'für treue Dienste' zu beanstanden. Der Grund hiefür ist darin zu erblicken, daß auch die Dienstbehörde des Landes Oberösterreich bei der Ausübung des Ermessens die maßgebliche Bestimmung im Sinne der Bundesregelung interpretiert. Erwähnenswert erscheint in diesem Zusammenhang, daß für die Beamten des Landes Oberösterreich nach §2 des Landesbeamtengesetzes sinngemäß die Bestimmung der Dienstpragmatik zur Anwendung kommt, wonach der Beamte verpflichtet ist, der Republik Österreich treu und gehorsam zu sein und die Staatsgrundgesetze sowie die anderen Gesetze unverbrüchlich zu beobachten (§21 DP). Treue Dienste sind daher auch erforderlich für den Fall, daß bei der Ausübung des Ermessens bei der Zuerkennung der Jubiläumszuwendung auf das Gesamtverhalten des Beamten abgestellt wird.

Wie der Judikatur des VwGH entnommen werden kann, ist es bei der vom Gesetzgeber angeordneten sinngemäßen Anwendung von Rechtsvorschriften immer so, daß hiezu die auf einen anderen Tatbestand zugeschnittene Vorschrift auf den Tatbestand, auf den sie sinngemäß angewendet werden soll, nicht unmittelbar, sondern nur nach entsprechender, vom Gesetzesanwender vorzunehmender Anpassung anwendbar ist (VwGH Slg. 3330 A/1954). Da die Bestimmung über die allgemeinen Pflichten des Beamten nach dem Statutargemeinden-Beamtengesetz zumindest wörtlich nicht auf 'treue Dienste' Bezug nehmen, in der Landesregelung (DP) aber eine solche Bestimmung - wie erwähnt - enthalten ist, waren diese Worte in der in Prüfung gezogenen Verordnungsstelle beizubehalten.

5. Im übrigen kann die Passage 'für treue Dienste' nicht als Erfordernis im Rahmen der rechtlichen Beurteilung herangezogen werden, weil sie nach dem Wortlaut des Gesetzes lediglich als Motivation und nicht als Rechtsvoraussetzung statuiert ist.

Andernfalls müßte diese Verordnungsstelle lauten: 'kann dem Beamten aus Anlaß der Vollendung ..., wenn er laufend treue Dienste erbracht hat, ... gewährt werden.'"

b) Von der Oö. Landesregierung:

"1. Gemäß §30 Abs3 des Statutargemeinden-Beamtengesetzes, LGBl. 37/1956, idF der Statutargemeinden-Besamtengesetznovelle 1969, LGBl. 28, sind die Nebengebühren durch Verordnung des Gemeinderates festzusetzen, wobei auf die für Landesbeamte geltende Regelung sinngemäß Bedacht zu nehmen ist. Gemäß §15 Z5 des Gehaltsgesetzes 1956, BGBl. 54, fielen unter Nebengebühren auch "Einmalige Belohnungen". Aufgrund des §20 Abs2 leg. cit. konnten einmalige Belohnungen aus Anlaß eines 25- und 40jährigen Dienstjubiläums gewährt werden; hiebei war auf den Monatsbezug des Beamten Bedacht zu nehmen.

2. Mit der 3. Ergänzung zum Landesbeamtengesetz, LGBl. 9/1956, wurde gemäß §1 Abs1 litf ua. das Bundesgesetz vom 29. Februar 1956, BGBl. 54, über die Bezüge der Bundesbeamten (Gehaltsgesetz 1956) für das Dienstverhältnis der Landesbeamten (§1 des Landesbeamtengesetzes vom 9. April 1954, LGBl. 27) sinngemäß als landesgesetzliche Vorschrift in Geltung gesetzt. Die Oö. Landesregierung hat in der Folge aufgrund des §20 Abs2 des Gehaltsgesetzes 1956 in der Sitzung am 5. Juli 1965 neue Richtlinien über die Gewährung von Gratifikationen aus Anlaß des 25jährigen und des 40jährigen Dienstjubiläums an die Beamten und Vertragsbediensteten des Landes (Bedienstete) beschlossen und mit Runderlaß vom 12. Juli 1965, PersR-131/8-1965, bekanntgegeben. Da der vom Magistrat der Landeshauptstadt Linz mit Schreiben vom 4. März 2972, GZ 000-2-7, vorgelegte Verordnungsentwurf auf diese für die Landesbeamten geltende Regelung Bedacht nahm, wurden im Begutachtungsverfahren seitens des h. Amtes mit Erlaß vom 17. März 1971, Gem-6167/1-1971-Hg, dagegen keine grundsätzlichen Bedenken geäußert und die vom Gemeinderat der Landeshauptstadt Linz in der Sitzung am 24. Juni 1971 beschlossene Verordnung über die Gewährung von einmaligen Belohnungen anläßlich des 25jährigen und 40jährigen Dienstjubiläums, kundgemacht im Amtsblatt Nr. 14/1971, im Rahmen des Verordnungsprüfungsverfahrens mit Erlaß vom 17. September 1971, Gem-6167/3-1971-Pf, gemäß §66 Abs1 des Statutes für die Landeshauptstadt Linz, LGBl. Nr. 46/1965, zur Kenntnis genommen (Beilage 7).

3. Nach §20 Abs2 Gehaltsgesetz 1965 idF des ArtI Z9 der 20. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. 245/1970, konnte dem Beamten aus Anlaß der Vollendung einer Dienstzeit von 25 und 40 Jahren 'für treue Dienste' eine Jubiläumsbelohnung gewährt werden. Diese Bestimmung wurde gemäß §2 Abs1 Z1 lita der 17. Ergänzung zum Landesbeamtengesetz, LGBl. Nr. 23/1973, sinngemäß mit der Maßgabe als landesgesetzliche Vorschrift in Geltung gesetzt, daß der zweite Satz des neuen §20 Abs2 zu lauten hatte:

'Die Jubiläumsbelohnung beträgt jeweils 100 vH des Monatsbezuges, der dem Beamten für den Monat gebührt, in den das Dienstjubiläum fällt.'

In der Folge wurde die Verordnung des Gemeinderates des der Landeshauptstadt Linz vom 6. Dezember 1973 betreffend die Abänderung der Verordnung vom 24. Juni 1971 über die Gewährung von einmaligen Belohnungen, kundgemacht im Amtsblatt Nr. 1/1974, im Zuge des Verordnungsprüfungsverfahrens mit Erlaß vom 8. Februar 1974, Gem-30.492/1-1974-H, gemäß §66 Abs1 StL zur Kenntnis genommen, weil diese Regelung inhaltlich dem von der oö. Landesregierung in ihrer Sitzung am 13. August 1973 gefaßten Beschluß entsprach (Beilage 10).

4. Mit der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom 6. Juni 1974, mit der die Verordnung vom 24. Juni 1971 über die Gewährung von einmaligen Belohnungen anläßlich eines Dienstjubiläums neuerlich abgeändert wurde, kundgemacht im Amtsblatt Nr. 12/1974. erhielt die bisherige Fassung des §1 der Verordnung die Absatzbezeichnung '(1)'.

Diese Änderung wurde mit h. Erlaß vom 26. Juli 1974, Gem-30.492/3-1974-H, gemäß §66 Abs1 StL zur Kenntnis genommen.

5. Durch die 19. Ergänzung zum Landesbeamtengesetz, LGBl. 29/1975, wurde im Art1 Abs1 Z3 die 24. Gehaltsgesetz-Novelle, BGBl. 214/1972, sinngemäß als landesgesetzliche Vorschrift in Geltung gesetzt und im ArtII Z2 ua. die Bestimmung betreffend die Gewährung einer Jubiläumszuwendung als §20c neu geregelt. Im Bericht des Ausschusses für Verfassung und Verwaltung zu dieser Gesetzesstelle (Beilage 84/1975 zum kurzschriftlichen Bericht des oö. Landtages, XXI. Gesetzgebungsperiode) kommt zum Ausdruck, daß die Vorschriften über die Jubiläumszuwendung unter Bedachtnahme auf bereits bestehende landesrechtliche Sonderregelungen abweichend von der Bundesregelung gestaltet werden müssen. Dem gegenständlichen Motivenbericht ist jedoch nicht zu entnehmen, warum in dieser Gesetzesstelle die Worte 'für treue Dienste' - im Gegensatz zur Bundesregelung - nicht normiert wurden. Es kann daher nicht einwandfrei festgestellt werden, ob es sich hiebei etwa um ein Redaktionsversehen des Landesgesetzgebers oder um ein bewußtes Auslassen dieser Wortgruppe handelt.

6. Das h. Amt hat daher im Zuge des Begutachtungsverfahrens des vom Magistrat der Landeshauptstadt Linz vorgelegten Verordnungsentwurfes mit Erlaß vom 18. Oktober 1977, Gem-30.492/4-1977-Si, in materieller Hinsicht keine Bedenken geäußert, in formeller Hinsicht allerdings angeregt, den im Entwurf verwendeten Begriff 'Jubiläumsbelohnung' durch 'Jubiläumszuwendung' zu ersetzen, weil sowohl der Bundesgesetzgeber (s. §20c des Gehaltsgesetzes 1956 idF des LGBl. 29/1975) nur den letztgenannten Begriff verwenden.

Die in der Folge erlassene Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom 10. November 1977, mit der die Verordnung vom 24. Juni 1971 über die Gewährung von Jubiläumsbelohnungen neuerlich abgeändert wird, kundgemacht im Amtsblatt Nr. 22/1977, wurde im Zuge des Verordnungsprüfungsverfahrens mit h. Erlaß vom 12. Dezember 1977, Gem-30.492/5-1977-Si, gemäß §66 Abs1 StK zur Kenntnis genommen.

7. Mit h. Erlaß vom 2. April 1979, Gem-30.492/6-1979-Si, wurde dann zur Anfrage des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 12. Jänner 1979, GZ 0-1-0, welches Organ im Einzelfall für die Gewährung einer Jubiläumszuwendung zuständig sei, Stellung genommen.

8. Hinsichtlich der Frage, ob das vom VfGH in Prüfung gezogene Erfordernis 'treuer Dienste' für Jubiläumszuwendungen in einer anderen gesetzlichen Bestimmung ihre Deckung finden könne, darf seitens des h. Amtes auf §21 der Dienstpragmatik, RGBl. 15/1914, verwiesen werden, die gemäß §2 Abs1 des Landesbeamtengesetzes, LGBl. 7/1954, auf das Dienstrecht der Landesbeamten als gesetzliche Vorschrift des Landes sinngemäße Anwendung findet. Nach dieser Gesetzesstelle ist der Beamte verpflichtet, der Republik Österreich treu und gehorsam zu sein und die Staatsgrundgesetze sowie die anderen Gesetze unverbrüchlich zu beobachten.

Da das Statutargemeinden-Beamtengesetz in seinem §21 (Allgemeine Pflichten der Beamten) keine ausdrückliche Bestimmung über die Leistung treuer Dienste enthält, wohl aber der für die Landesbeamten geltende §21 DP, konnten nach h. Ansicht die vom VfGH in Prüfung gezogenen Worte im §1 Abs1 der Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Linz vom 24. Juni 1971 weiterhin belassen bleiben.

II. Der VfGH hat erwogen:

1. Die Anlaß-Beschwerde ist zulässig. Der VfGH wird also über sie in der Sache zu entscheiden haben. Dabei hätte er die in Prüfung gezogene Verordnungsstelle - auf die der in Beschwerde gezogene Bescheid vornehmlich gegründet wird - anzuwenden; sie ist sohin präjudiziell in der Bedeutung des Art139 Abs1 B-VG.

Da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist das Verordnungsprüfungsverfahren zulässig.

2. Die im Einleitungsbeschl. geäußerten Bedenken treffen nicht zu:

a) Die (Linzer) BelohnungsV erging in Durchführung des §30 Abs3 des (oö.) Statutargemeinden-Beamtengesetzes, LGBl. 37/1956.

"Die Nebengebühren sind durch Verordnung des Gemeindesrates festzusetzen, wobei auf die für Landesbeamte geltende Regelung sinngemäß Bedacht zu nehmen ist."

Der Gesetzgeber des Statutargemeinden-Beamtengesetzes verweist damit auf die von ihm erlassenen, jeweils für Landesbeamte geltenden Vorschriften. Für den Bereich der Jubiläumszuwendungen ist dies derzeit §20c des (oö.) Landesbeamtengesetzes, LGBl. 27/1954 idF des §1 Abs1 litf der 3. Ergänzung zum Landesbeamtengesetz, LGBl. 8/1956, dieser idF des ArtII Z2 der 19. Ergänzung zum Landesbeamtengesetz, LGBl. 29/1975:

"§20c

(1) dem Beamten kann aus Anlaß der Vollendung einer Dienstzeit von 25, 35 und 45 Jahren eine Jubiläumszuwendung gewährt werden. Die Jubiläumszuwendung beträgt ..."

b) Der VfGH nahm im Einleitungsbeschl. vorläufig an, die BelohnungsV finde im Gesetz keine Deckung. Die V stehe im Widerspruch zu §20c Landesbeamtengesetz. Sie verstoße gegen Art18 B-VG.

Der Gerichtshof ging hiebei von der Überlegung aus, daß die durch §30 Abs3 Statutargemeinden-Beamtengesetz gebotene "sinngemäße Bedachtnahme auf die für Landesbeamte geltende Regelung" als Bindung des Verordnungsgebers an die im Landesbeamtenrecht aufgestellten Grundsätze zu verstehen sei (Hinweis auf VfSlg. 9441/1982) und folgerte daraus, daß die BelohnungsV sich im Rahmen des die Jubiläumszuwendungen für Landesbeamte regelnden §20c Landesbeamtengesetz zu halten habe.

Der Gerichtshof hat in der zitierten Entscheidung (S. 521) folgendes ausgeführt:

"Die LWKWO" (die Steiermärkische Landwirtschaftskammer-Wahlordnung 1971) "ist als Verordnung der Stmk. Landesregierung aufgrund des §30 LWKG" (Steiermärkische Landwirtschaftskammergesetz, LGBl. 14/1970 idF LGBl. 7/1981) "erlassen worden, wonach die näheren Bestimmungen über die Durchführung der Kammerwahlen unter Bedachtnahme auf die Grundsätze der Landtags-Wahlordnung von der Landesregierung durch Verordnung zu erlassen sind. Gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Gesetzesbestimmung sind beim VfGH keine Bedenken entstanden: bei verfassungskonformer Auslegung (die im Zweifelsfall geboten - vgl. VfSlg. 6610/1971, 8940/1980 - und die hier möglich ist) muß die gesetzliche Anordnung der Bedachtnahme auf die Grundsätze der Landtags-Wahlordnung als Bindung des Verordnungsgebers an diese Grundsätze verstanden werden."

c) Der VfGH sieht sich aufgrund der Ergebnisse dieses Verordnungsprüfungsverfahrens nicht veranlaßt, von dieser Rechtsprechung abzugehen.

Das bedeutet, daß die (verordnungsmäßig zu treffende) Nebengebührenregelung, die für die dem Statutargemeinden-Beamtengesetz unterworfenen Personen (für Magistratsbeamte) gilt, inhaltlich (sinngemäß) den Grundsätzen der jeweils für Landesbeamte geltenden Nebengebührenregelung entsprechen muß. Die Bindung des Verordnungsgebers an die vom Gesetzgeber für einen anderen Bereich aufgestellten Grundsätze bedeutet - was schon aus dem klaren Sinn des Wortes "Grundsätze" hervorgeht und durch das dem §30 Abs3 Statutargemeinden-Beamtengesetz beigefügte Wort "sinngemäß" bekräftigt wird - nun aber keineswegs, daß die für Magistratsbeamte geltende verordnungsmäßige Nebengebührenregelung völlig dem Landesbeamtengesetz zu entsprechen hat; sie darf nur dessen Grundsätze nicht verlassen. Wäre es anders, so bliebe es unverständlich, weshalb das Statutargemeinden-Beamtengesetz die Nebengebührenregelungen des Landesbeamtengesetzes - die, ohne daß es der Erlassung einer V bedürfte, vollziehbar sind - nicht rezipiert hat.

Gegen einen derartigen Inhalt des §30 Abs3 Statutargemeinden-Beamtengesetz hegt der VfGH keine Bedenken. Wenngleich dem Verordnungsgeber hier ein relativ großer Beurteilungsspielraum eingeräumt wird, so wird es ihm doch nicht überlassen, den Verordnungsinhalt nach seinem Belieben zu gestalten; vielmehr wird ihm dieser vom Gesetz in einer dem Art18 B-VG (noch) entsprechenden Weise derart vorgezeichnet, daß er den Prinzipien, wie sie aus der für Landesbeamte jeweils geltenden Nebengebührenregelung hervorgehen, zu folgen hat, daß er aber berechtigt ist, sie im Detail anders als dort zu gestalten. Der Gesetzgeber wollte es offenkundig dem Gemeinderat - einem demokratisch legitimierten Organ - überlassen, in einer der Statutargemeinde zur Besorgung im eigenen Wirkungsbereich gewährleisteten Angelegenheit (Art118 Abs3 Z2 B-VG) eine den besonderen Gegebenheiten der einzelnen Statutargemeinde angepaßte Regelung zu treffen.

e) Eine der für Landesbeamte vorgesehene Nebengebühren ist die Jubiläumszulage. Eine solche sieht die BelohnungsV vor. Die betreffende Stelle der BelohnungsV (§1 Abs1) stimmt zwar verbal insofern nicht mit der entsprechenden Bestimmung des Landesbeamtengesetzes (§20c) überein, als die BelohnungsV die - in diesem Gesetz nicht aufscheinende - Wendung "für treue Dienste" enthält.

Es kann dahingestellt bleiben, ob die BelohnungsV vom Landesbeamtengesetz inhaltlich abweicht (wie dies im Einleitungsbeschl. - I.2.c - vorläufig angenommen wird) oder nicht (wie dies die Landeshauptstadt Linz und die Oö. Landesregierung - I.3.a und b - behaupten). Denn selbst dann, wenn die erste Annahme zuträfe (was nur dann der Fall wäre, wenn entweder das Landesbeamtengesetz nicht dahin verstanden werden kann, daß - unausgesprochene - Voraussetzung für die Gewährung einer Jubiläumszuwendung das Erbringen "treuer Dienste" ist, oder wenn die in der BelohnungsV gebrauchte Wendung "für treue Dienste" nicht lediglich das - normlose - Offenlegen des Motives darstellt, von dem sich der Verordnungsgeber leiten ließ), ergäbe sich daraus keine Gesetzwidrigkeit der V. Auch dann hält sich nämlich die BelohnungsV noch immer an jene Grundsätze, von denen die Nebengebührenregelung des Landesbeamtengesetzes geleitet ist. Die V sieht gleich wie dieses Gesetz Jubiläumszuwendungen vor und regelt sie - von der vorhin erörterten Wendung "für treue Dienste" abgesehen - im hier maßgebenden Bereich völlig gleich. Diese Wendung war ursprünglich auch im Landesbeamtenrecht enthalten und wurde erst durch die 19. Ergänzung zum Landesbeamtengesetz, LGBl. 29/1975, beseitigt. Sofern durch diese Nov. überhaupt eine gewisse Divergenz zwischen dem Landesbeamtengesetz und der BelohnungsV eingetreten ist - was (wie dargetan) offengelassen wurde - hat aber die V auch nach der seither geltenden Rechtslage die Grundkonzeption der Nebengebührenregelung des Landesbeamtengesetzes nicht verlassen; die V legt lediglich fest, was zumindest im Regelfall ohnehin selbstverständlich ist.

f) Die im Einleitungsbeschl. geäußerten Bedenken haben sich sohin als unzutreffend erwiesen. Die in Prüfung gezogene Verordnungsstelle war daher nicht als gesetzwidrig aufzuheben.

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