VfGH V344/2023

VfGHV344/202325.2.2025

Leitsatz

Aufhebung einer Verordnung des Bürgermeisters der Stadt Feldkirch mangels ausreichender Determinierung; keine Konkretisierung der – von Fußgängern und Radfahrern gemeinsam oder getrennten – Benutzung eines Geh- und Radweges in einer Unterführung

Rechtssatz

Mit Verordnung des Bürgermeisters der Stadt Feldkirch vom 29.10.1997, Z220-9703974-Wa-Jn, wurde im Interesse des Radfahrer- und Fußgängerverkehrs verordnet, dass Fußgänger und Radfahrer in der Fidelisstraße die Unterführung der L 53 zu benützen haben. Entsprechend der Kundmachungsanordnung dieser Verordnung sind "[j]eweils am Beginn der Unterführung" die Gebotszeichen gemäß "§52 b Abs17 a StVO 1960 'Geh- und Radweg'" anzubringen.

Hiedurch sind Beginn und Ende des örtlichen Geltungsbereichs der angefochtenen Verordnung in der Längsseite ausreichend konkretisiert. Im Hinblick auf die verordnete Verhaltensweise erweist sich die Verordnung jedoch als nicht ausreichend determiniert.

Die Kundmachungsanordnung nennt hinsichtlich der anzubringenden Verkehrszeichen "§52 b Abs17 a StVO 1960". Damit ist wohl §52 litb Z17a StVO 1960 gemeint, der die Gebotszeichen für Geh- und Radwege normiert. Nach dieser Bestimmung bestehen für Geh- und Radwege zwei unterschiedliche Gebotszeichen. Das Zeichen gemäß §52 litb Z17a Sublita StVO 1960 zeigt "einen für Fußgänger und Radfahrer gemeinsam zu benützenden Geh- und Radweg" an, während litb Z17a Sublitb par cit einen Geh- und Radweg anzeigt, "bei dem der Fußgänger- und Fahrradverkehr getrennt geführt werden, wobei die Symbole im Zeichen nach b) der tatsächlichen Verkehrsführung entsprechend anzuordnen sind (Fußgänger rechts, Fahrrad links oder umgekehrt)". Die für Fußgänger und Radfahrer jeweils gebotenen Verhaltensweisen auf einem gemäß §52 litb Z17a Sublita StVO 1960 und einem gemäß litb Z17a Sublitb par cit angezeigten Geh- und Radweg unterscheiden sich somit voneinander.

Die dem VfGH vorgelegten Lichtbilder zeigen, dass jeweils am Beginn der Unterführung, auf die sich die angefochtene Verordnung bezieht, ein Gebotszeichen gemäß §52 litb Z17a Sublita StVO 1960 angebracht wurde. Es wurde sohin ein Geh- und Radweg kundgemacht, der von Fußgängern und Radfahrern gemeinsam zu benützen ist. Auf den vorgelegten Lichtbildern ist jedoch ersichtlich, dass ein circa 1,80 Meter breiter Teil der Unterführung durch Randsteine von der restlichen Fläche abgegrenzt und zudem erhöht ist, was auf das Vorliegen eines Gehsteiges iSd §2 Abs1 Z10 StVO hinweist. Die Planungsakten sehen für die Unterführung der L 53 einen "Gehsteig" und einen parallel dazu verlaufenden "Radweg" vor. Die verordnungserlassende Behörde meint hingegen, es sei bloß zur Lenkung bzw Kanalisierung des Fußgänger- und Radverkehrs eine rechtsseitige Erhöhung der Straße vorgenommen worden, der jedoch keine rechtliche Bedeutung zukomme.

Jedenfalls vor diesem Hintergrund erweist sich die angefochtene Verordnung als nicht hinreichend iSd Art18 Abs1 B‑VG determiniert, weil sie sowohl die Aufstellung eines Gebotszeichens gemäß §52 litb Z17a Sublita StVO 1960 als auch eines solchen gemäß litb Z17a Sublitb par cit zulässt. Es bleibt demnach offen, ob die Unterführung in ihrer gesamten Breite als Geh- und Radweg zu benützen ist, oder ob der Fußgänger- und Fahrradverkehr (durch Randsteine) getrennt geführt wird.

Verkehrsbeschränkungen — Geltungsbereich (örtlicher) einer Verordnung — Determinierungsgebot — Fahrräder — Straßenpolizei — VfGH / Gerichtsantrag

 

Normen

B-VG Art18 Abs1, Art139 Abs1 Z1
StVO 1960 §2, §8, §43, §44, §52, §68
Verordnung des Bürgermeisters der Stadt Feldkirch vom 29.10.1997 betreffend den Radfahrer- und Fußgängerverkehr in der Fidelisstraße
VfGG §7 Abs2

V344/2023VfGH25.02.2025

Dokumentnummer

JFR_20250225_23V00344_01

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