Normen
B-VG Art18 Abs2
Sbg LandesstraßenG 1972 §29
Sbg LandesstraßenG 1972 §40, §41
Verordnung der Gemeindevertretung der Gemeinde Bruck an der Glocknerstraße vom 10.05.00 betreffend eine Gemeindestraße II. Klasse
B-VG Art18 Abs2
Sbg LandesstraßenG 1972 §29
Sbg LandesstraßenG 1972 §40, §41
Verordnung der Gemeindevertretung der Gemeinde Bruck an der Glocknerstraße vom 10.05.00 betreffend eine Gemeindestraße II. Klasse
Spruch:
Die Verordnung der Gemeindevertretung der Gemeinde Bruck an der Großglocknerstraße vom 10. Mai 2000, Zl. 612-0/2000 EAP, womit "das Teilstück 'Verbindungsweg Steinbachstraße-Viehhofweg, Teile aus GN 158 und Bp. 54/2, beide KG St. Georgen, wie in der Vermessungsurkunde vom 9.12.1987 eingetragen, in seiner Eigenschaft als Gemeindestraße II. Klasse bestimmt" wurde, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel in der Zeit vom 11. Mai 2000 bis 25. Mai 2000, wird als gesetzwidrig aufgehoben.
Die Salzburger Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit dem vorliegenden auf Art139 Abs1 B-VG gestützten Antrag begehrt der Verwaltungsgerichtshof, "die Verordnung der Gemeindevertretung der Gemeinde Bruck an der Großglocknerstraße vom 10. Mai 2000, Zl. 612-0/2000 EAP (auf Grund des Gemeindevertretungsbeschlusses vom 26. April 2000), womit ein Teilstück des Verbindungsweges 'Steinbachstraße - Viehhofweg', verlaufend über Teile der Grundstücke Nr. 158 und Nr. .54/2, jeweils KG St. Georgen, wie in der Vermessungsurkunde vom 9. Dezember 1987 näher ersichtlich, in seiner Eigenschaft als Gemeindestraße
II. Klasse bestimmt wurde, als gesetzwidrig aufzuheben."
2. Diesem Antrag liegt folgende beim Verwaltungsgerichtshof anhängige Rechtssache zugrunde:
"Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 15. Jänner 2001 wurden zum Zweck der Herstellung des Verbindungsweges von der Steinbachstraße zum Viehhofweg sowie auf Grundlage der nun angefochtenen Verordnung zu Gunsten der Gemeinde Bruck an der Großglocknerstraße näher umschriebene Teile der dem Beschwerdeführer bücherlich zugeschriebenen Grundstücke Nr. 158 und Nr. .54/2, jeweils KG St. Georgen (in der Folge auch kurz: streitgegenständliche Grundflächen) unter Festsetzung einer Entschädigung enteignet. Dem liegt folgende Vorgeschichte zu Grunde:
Der streitgegenständliche Verbindungsweg, welcher von der Steinbachstraße zur Steinbachbrücke führt, wo der Viehhofweg beginnt, dient zur Aufschließung der Viehhofsiedlung (die - Stand Oktober 1998 - aus 13 Häusern zu insgesamt 15 Haushalten mit 44 Personen besteht). Der streitgegenständliche Weg und die Steinbachbrücke wurden jedenfalls nicht vor 1985 errichtet. Mit Schriftsatz vom 14. Oktober 1999 (und Nachtrag vom 14. Dezember 1999) stellte der Beschwerdeführer beim Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde als Straßenrechtsbehörde erster Instanz den Antrag auf Durchführung eines Feststellungsverfahrens gemäß §40 Abs2 des Salzburger Landestraßengesetzes 1972, LGBl. Nr. 119 (in der Folge kurz: LStG). Er brachte vor, die in seinem bücherlichen Eigentum stehenden, ausschließlich als Privatstraße dienenden Teilflächen der Grundstücke Nr. 158 und Nr. .54/2 (das ist ein Teilstück dieses Verbindungswegs) würden seit 1985 als Aufschließungsstraße ohne entsprechenden Widmungsakt im Sinne des §40 Abs1 lita LStG, vielmehr gegen jederzeitigen Widerruf benutzt. Er beantragte, im Sinne des §40 Abs2 LStG die Zulässigkeit des Ausschlusses des öffentlichen Verkehrs bescheidmäßig festzustellen. Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 31. Jänner 2000 wurde der Antrag des Beschwerdeführers abgewiesen und zugleich ausgesprochen, dass die 'Notwendigkeit der Abwicklung des öffentlichen Verkehrs' über diese Flächen 'auf Grund des nachgewiesenen dringenden Verkehrsbedürfnisses bestätigt' werde. Die Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem Berufungsbescheid der Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde vom 14. März 2000 im Wesentlichen (dh, von einer hier nicht relevanten Umformulierung des erstinstanzlichen Spruches abgesehen) als unbegründet abgewiesen. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Vorstellung, die mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 17. Juli 2000 als unbegründet abgewiesen wurde. Dagegen erhob der Beschwerdeführer beim Verwaltungsgerichtshof die zur Zl. 2000/06/0140 protokollierte Beschwerde. Mit Erkenntnis vom 20. September 2001, Zl. 2000/06/0140, wurde der bekämpfte Vorstellungsbescheid vom 17. Juli 2000 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben (weil die Behörden des Verwaltungsverfahrens eine Erklärung der Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers in einer Niederschrift vom 5. März 1985 zu Unrecht für sich allein als Widmung dieser streitgegenständlichen Flächen zum dauernden öffentlichen Verkehr im Sinne des §40 Abs1 lita LStG angesehen haben; [...]).
Vorliegendenfalls ist von Bedeutung, dass die Gemeindevertretung der mitbeteiligten Gemeinde in ihrer Sitzung vom 26. April 2000 beschloss, bei der belangten Behörde gemäß §12 LStG einen Antrag auf Enteignung des Eigentums des Beschwerdeführers am streitgegenständlichen (ca. 18 m langen) Teilstück dieses Verbindungsweges einzubringen, dieses Teilstück in die gemeindeeigene Steinbachstraße einzubeziehen und als Gemeindestraße II. Klasse zu widmen.
In Umsetzung dieses Gemeinderatsbeschlusses erging die angefochtene Verordnung folgenden Wortlautes:
'Gemäß §29 des Salzburger Landesstraßengesetzes 1972, LGBl. 117/1972, idgF, wird auf Grund des Gemeindevertretungsbeschlusses vom 26.4.2000 das Teilstück 'Verbindungsweg Steinbachstraße-Viehhofweg', Teile aus GN 158 und Bp. 54/2, beide KG St. Georgen, wie in der Vermessungsurkunde vom 9.12.1987 eingetragen, in seiner Eigenschaft als Gemeindestraße II. Klasse bestimmt.'
Den Verwaltungsakten zufolge wurde diese Verordnung am 11. Mai 2000 an der Amtstafel der Gemeinde angeschlagen und am 25. Mai 2000 wieder abgenommen.
In weiterer Umsetzung des Gemeindevertretungsbeschlusses vom 26. April 2000 beantragte die Gemeinde bei der belangten Behörde mit Eingabe vom 25. Mai 2000 die Enteignung der streitgegenständlichen Grundflächen.
Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens hat die belangte Behörde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 15. Jänner 2001, wie eingangs der Sachverhaltsdarstellung erwähnt, gemäß den §§12 bis 15 LStG sowie in sinngemäßer Anwendung des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954, auf Grundlage der (zuvor genannten) Verordnung der Gemeindevertretung der Gemeinde Bruck an der Großglocknerstraße vom 10. Mai 2000 zum Zweck der Errichtung eines Verbindungsweges Steinbachstraße - Viehhofweg im Gemeindegebiet der genannten Gemeinde über deren Antrag vom 25. Mai 2000 zu Gunsten der Gemeinde das Eigentum an den streitgegenständlichen Grundflächen (unter Festsetzung einer Entschädigung) enteignet, was näher begründet wurde. In dieser Begründung wurde unter anderem dargelegt, dass nach Auffassung der belangten Behörde der streitgegenständliche Verbindungsweg als einzig mögliche Verkehrsanbindung für die Viehhofwegsiedlung anzusehen sei (ansonsten käme nur die Errichtung einer neuen Straße in Betracht), aber auch, dass die belangte Behörde als Enteignungsbehörde an die zuvor genannte Verordnung der Gemeindevertretung gebunden sei.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer die zur Zl. 2001/06/0020 protokollierte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof."
3. In seinem Antrag an den Verfassungsgerichtshof führt der Verwaltungsgerichtshof zur Frage der Präjudizialität der angefochtenen Verordnung Folgendes aus:
"Die belangte Behörde hat den vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid (und im Übrigen auch in seiner Begründung) maßgeblich auf diese Verordnung der Gemeindevertretung vom 10. Mai 2000 gestützt. Der Verwaltungsgerichtshof geht davon aus, dass auch er bei der Behandlung der Beschwerde diese Verordnung zur Gänze anzuwenden hat."
4. Seine Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Verordnung legte der Verwaltungsgerichtshof wie folgt dar:
"Vorliegen[den]falls ist das Salzburger Landesstraßengesetz 1972, LGBl. Nr. 119, in der Fassung LGBl. Nr. 70/1973, anzuwenden.
[...]
Der Verwaltungsgerichtshof hegt gegen die angefochtene Verordnung das Bedenken, dass die Vorgangsweise der Gemeindevertretung im Widerspruch zu dem vom Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. Nr. 11.162/1986, aufgezeigten Weg stehen dürfte (wenngleich es dort um die Erklärung einer Straße zur öffentlichen Interessentenstraße und nicht zu einer Gemeindestraße ging):
Vor dem Hintergrund dieses Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes ist der Verwaltungsgerichtshof vorliegendenfalls der Auffassung, dass §41 LStG die Voraussetzungen umschreibt, unter welchen eine Privatstraße zu einer Gemeindestraße erklärt werden kann. Einer solche[n] Übernahme als Gemeindestraße (was gemäß §29 LStG mit Verordnung der Gemeindevertretung zu erfolgen hat) hat nach §41 LStG (unter anderem) jedenfalls ein Antrag des Eigentümers der Privatstraße auf Feststellung des Verkehrsbedürfnisses voranzugehen.
Nun ist vorliegendenfalls eine solche Antragstellung durch den Beschwerdeführer nicht erfolgt. Die eigentumsrechtlichen Voraussetzungen des §41 - für das für die Übernahme einer Privatstraße als Gemeindestraße unerlässliche Begehren des Eigentümers - müssen daher, sofern ein freiwilliger Eigentumsübergang nicht zu bewerkstelligen ist, durch eine entsprechende Enteignung herbeigeführt werden. Dazu - nämlich als Grundlage für eine Enteignung - bedarf es gegebenenfalls des vorangehenden Ausspruches einer Widmung gemäß §40 Abs3 LStG (beschränkt sich doch nach dieser Gesetzesstelle die Wirkung der für fremdes Grundeigentum ausgesprochenen Widmung auf die Anwendbarkeit der Bestimmungen des III. Abschnittes des Gesetzes, das sind jene hinsichtlich der Enteignung).
Zusammenfassend ergibt sich daraus nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Enteignung der Verordnung voranzugehen hat und nicht umgekehrt. Vorliegendenfalls wurde die angefochtene Verordnung daher gesetzwidrig erlassen, dies ganz unabhängig davon, ob nun eine rechtskräftige positive oder negative Feststellung im Sinne des §40 Abs2 LStG vorliegt oder nicht (das eingangs dieses Antrages genannte Erkenntnis vom 20. September 2001, Zl. 2000/06/0140, mit welchem die im Feststellungsverfahren gemäß §40 LStG ergangene Vorstellungsentscheidung der belangten Behörde aufgehoben wurde, lässt ja den diesbezüglich zu Grunde liegenden, formell rechtskräftigen letztinstanzlichen Gemeindebescheid unberührt. Die damit getroffene formell rechtskräftige Feststellung würde erst durch einen kassatorischen Vorstellungsbescheid aus dem Rechtsbestand beseitigt werden)."
5. Die Salzburger Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie die Abweisung des Antrags des Verwaltungsgerichtshofs begehrt und den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs Folgendes entgegenhält:
"Das antragstellende Gericht geht davon aus, dass §41 Landesstraßengesetz 1972, in der Folge kurz als 'LStG' bezeichnet, die Voraussetzungen umschreibt, unter welchen eine Privatstraße zu einer Gemeindestraße erklärt werden kann. Einer solchen Übernahme als Gemeindestraße mittels Verordnung der Gemeindevertretung (§29 LStG) hat nach §41 LStG jedenfalls ein Antrag des Eigentümers der Privatstraße auf Feststellung des Verkehrsbedürfnisses voranzugehen. Da ein Antrag des Eigentümers der Privatstraße nicht erfolgt ist, wurde die Verordnung gesetzwidrig erlassen.
Nach Ansicht der Salzburger Landesregierung verkennt das antragstellende Gericht den Sinn dieser Bestimmung. §41 LStG sieht lediglich vor, dass der Eigentümer einer Privatstraße die Feststellung begehren kann, dass bezüglich dieser Straße ein Verkehrsbedürfnis vorliegt, das dem an einer Gemeindestraße entspricht. Erlangt er eine solche Feststellung, so ist die Privatstraße als Gemeindestraße zu übernehmen. §41 LStG räumt also dem Eigentümer lediglich das Recht ein, in einem Feststellungsverfahren prüfen zu lassen, ob nicht bereits die Voraussetzungen für die Erklärung zu einer Straße höherer Ordnung vorliegen. Die Bestimmung schließt es jedoch nicht aus, dass die Straßenrechtsbehörde von sich aus bei Vorliegen der Voraussetzungen des §29 die Übernahme von Straßen als Gemeindestraßen verordnen kann. Die strikte Bindung der Straßenrechtsbehörde an den Antrag des Eigentümers der Privatstraße hätte zur Folge, dass die zur Verordnungsgebung berufene Behörde vom Willensakt eines - außerhalb der Verwaltungsorganisation stehenden - Dritten abhängig ist, um ihre Zuständigkeit wahrnehmen zu können. Ein derartiger Sinngehalt kann den in Rede stehenden Bestimmungen nicht entnommen werden.
In Kenntnis der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu §41 LStG (VfSlg 10754, 11162, 14881 [Anm.: richtig: 14.281]) wurde durch die Novelle LGBl Nr. 92/2001 klargestellt, dass ein Verfahren über die verkehrsmäßige Bedeutung einer Privatstraße nunmehr auch von Amts wegen - dh unabhängig vom Willen und einer Antragstellung des Grundeigentümers - durchgeführt werden kann."
6. Die Gemeinde Bruck an der Großglocknerstraße erstattete eine Äußerung, in der sie beantragt, die angefochtene Verordnung nicht als gesetzwidrig aufzuheben.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zur Zulässigkeit:
Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berechtigt, durch seine Präjudizialitätsentscheidung das antragstellende Gericht an eine bestimmte Rechtsauslegung zu binden, weil er damit indirekt der Entscheidung dieses Gerichtes in der Hauptsache vorgreifen würde. Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darf daher ein Antrag iS des Art139 B-VG nur dann wegen mangelnder Präjudizialität zurückgewiesen werden, wenn es offenkundig unrichtig (denkunmöglich) ist, dass die - angefochtene - generelle Norm eine Voraussetzung der Entscheidung des antragstellenden Gerichtes im Anlassfall bildet (zB VfSlg. 7999/1977, 9911/1983, 10.296/1984, 11.565/1987, 13.704/1994, VfGH vom 21. Juni 2002, G6/02).
Im vorliegenden Fall ist es jedenfalls nicht offenkundig unrichtig, dass die angefochtene Verordnung betreffend die Übernahme einer privaten Straße als Gemeindestraße eine Voraussetzung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs über die bei ihm anhängige Beschwerde gegen die Enteignung der entsprechenden Grundflächen bildet. Der Verwaltungsgerichtshof verweist darauf, dass die belangte Behörde des bei ihm anhängigen Beschwerdeverfahrens ihren Bescheid maßgeblich auf die angefochtene Verordnung gestützt habe. Der Antrag ist daher zulässig.
2. Der Antrag ist auch begründet:
2.1. §29 Abs2 und §§40 und 41 Sbg. Landesstraßengesetz 1972, LGBl. Nr. 119/1972, (in der Folge: LStG) lauteten vor der Novelle LGBl. Nr. 92/2001:
"§29. (1) [...]
(2) Der Bau neuer Gemeindestraßen und die Übernahme von Straßen als Gemeindestraßen sowie die Bestimmung (Umwandlung) ihrer Eigenschaft als Gemeindestraße I. oder II. Klasse erfolgt auf Grund von Verordnungen der Gemeindevertretung.
Von den dem öffentlichen Verkehr dienenden Privatstraßen
§40
(1) Eine Privatstraße dient dann dem öffentlichen Verkehr, wenn sie nicht durch äußere Kennzeichen (Abschrankungen, ausdrückliches Benützungsverbot usw.) diesen Verkehr ausschließt. Eine solche Ausschließung darf soweit nicht erfolgen, als
a) die Privatstraße durch den Grundeigentümer für den allgemeinen Verkehr dauernd gewidmet wurde
b) die Privatstraße in zumindest zwanzigjähriger Übung auf Grund eines dringenden Verkehrsbedürfnisses allgemein und ungehindert benutzt wurde.
(2) Über die Zulässigkeit und den Umfang des Ausschlusses des Verkehrs entscheidet über Antrag oder von Amts wegen die Straßenrechtsbehörde nach einer mündlichen Verhandlung, die durch Anschlag in der Gemeinde kundzumachen ist. Ein solcher Antrag kann vom Eigentümer der Privatstraße und von jedem die Privatstraße auf Grund eines dringenden Verkehrsbedürfnisses Benützenden gestellt werden. Partei im Verfahren ist außer dem Antragsteller nur der Eigentümer der Privatstraße.
(3) Handelt es sich um Vorhaben, die wichtigen allgemeinen Verkehrsinteressen oder ebensolchen überörtlichen Interessen des Fremdenverkehrs dienen, hat die Widmung gemäß Abs1 lita das Grundeigentum nicht zur Voraussetzung. Die Wirkung der für fremdes Grundeigentum ausgesprochenen Widmung beschränkt sich auf die Anwendbarkeit der Bestimmungen des dritten Abschnittes.
§41
(1) Der Eigentümer einer Privatstraße kann von der Straßenrechtsbehörde die Feststellung begehren, daß bezüglich dieser Straße ein Verkehrsbedürfnis vorliegt, das dem an einer Gemeindestraße oder an einer Interessentenstraße bestehenden entspricht. Partei in einem solchen Verfahren ist außer dem Antragsteller die Gemeinde.
(2) Liegt eine solche Feststellung vor, so ist die Privatstraße als Gemeindestraße zu übernehmen bzw. bei Vorliegen der Voraussetzungen des §37 Abs1 als Interessentenstraße zu erklären."
§41 Abs1 LStG lautet in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 92/2001, in Kraft getreten am 1. Oktober 2001:
"(1) Die Straßenrechtsbehörde hat auf Antrag festzustellen, ob einer Straße oder einem Straßenteil eine Verkehrsbedeutung zukommt, die der einer Gemeindestraße (§27) oder einer öffentlichen Interessentenstraße (§31 Abs1) entspricht. Ein solcher Antrag kann gestellt werden:
- 1. vom Eigentümer der Privatstraße;
- 2. vom Straßenerhalter, wenn dieser nicht der Eigentümer der Straße ist, und
- 3. von der Agrarbehörde, wenn es sich bei der Straße um eine Bringungsanlage nach §3 des Salzburger Güter- und Seilwegegesetzes 1970 handelt.
Die Straßenrechtsbehörde kann ein solches Verfahren auch von Amts wegen durchführen. Für die Parteistellung in einem solchen Verfahren gilt §40 Abs2 zweiter Satz."
2.2. Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung zu verschiedenen Landesstraßen(verwaltungs)gesetzen ausgesprochen, dass durch die Öffentlicherklärung eines in der Natur schon bestehenden Weges durch Verordnung mangels Eigentumserwerbs in gesetzwidriger Weise Gemeingebrauch begründet wird (vgl. VfSlg. 8156/1977 zum OÖ Landesstraßenverwaltungsgesetz 1975, 8282/1978 und 16.051/2000 zum Stmk Landesstraßenverwaltungsgesetz). In den Erkenntnissen VfSlg. 11.162/1986 und 14.281/1995 zur Einreihung einer Privatstraße als öffentliche Interessentenstraße gemäß §37 Abs1 Sbg. LStG 1972 in der damals geltenden Fassung führte der Verfassungsgerichtshof aus:
"Nach [§41] Abs1 [LStG] kann der Eigentümer einer Privatstraße - und nur dieser - von der Straßenrechtsbehörde die Feststellung begehren, daß bezüglich dieser Straße ein Verkehrsbedürfnis vorliegt, das dem an einer Gemeindestraße oder an einer Interessentenstraße bestehenden entspricht. Liegt eine solche Feststellung vor, so ist die Privatstraße als Gemeindestraße zu übernehmen bzw. [...] als öffentliche Interessentenstraße zu erklären. Hieraus ergibt sich nicht nur, daß die Straßenrechtsbehörde bei Vorliegen der Voraussetzungen nach §41 LStG eine Privatstraße zur öffentlichen Interessentenstraße zu erklären hat, sondern auch, daß nur bei Vorliegen dieser Voraussetzungen - dh., wenn dies vom Eigentümer der Privatstraße verlangt wird - ein im privaten Eigentum stehender Verkehrsweg zur öffentlichen Interessentenstraße erklärt werden darf."
Gleiches gilt aber - bzw. galt jedenfalls zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der Erlassung der angefochtenen Verordnung am 10. Mai 2000 - auch für die Übernahme einer (privaten) Straße als Gemeindestraße und für die Bestimmung ihrer Eigenschaft als Gemeindestraße der Klasse II gemäß §29 LStG.
Die Übernahme einer privaten Straße als Gemeindestraße und die Einreihung in eine bestimmte Kategorie von Gemeindestraßen durfte daher - wenn kein Begehren des ursprünglichen Eigentümers auf Übernahme als Gemeindestraße vorlag - durch Verordnung gemäß §29 LStG nur dann erfolgen, wenn die Gemeinde vor Erlassung der Verordnung - z. B. auf Grund eines Enteignungsbescheides gemäß den §§12 bis 15 LStG - das Eigentum an der Straße erworben hatte. Da die Gemeindevertretung von Bruck an der Großglocknerstraße die angefochtene Verordnung erlassen hat, obwohl die als Gemeindestraße übernommene Privatstraße nicht im Eigentum der Gemeinde stand, war die angefochtene Verordnung als gesetzwidrig aufzuheben.
Die Änderung insbesondere des §41 Abs1 LStG durch die Novelle LGBl. Nr. 92/2001 - nunmehr kann die Straßenrechtsbehörde ein Verfahren im Sinne des §41 Abs1 LStG auch von Amts wegen durchführen - trat am 1. Oktober 2001 in Kraft und ist daher für den vorliegenden Fall nicht maßgebend. Daher kann - ganz abgesehen davon, dass auch nach Verordnungserlassung kein amtswegiges Verfahren gemäß §41 Abs1 LStG (in der novellierten Fassung) stattgefunden hat - die Frage dahingestellt bleiben, ob aufgrund der geltenden Rechtslage unter Umständen auch ohne vorherigen Eigentumserwerb durch die Gemeinde und ohne Begehren des Eigentümers gemäß §41 Abs1 LStG Verordnungen gemäß §29 LStG erlassen werden dürfen.
3. Die der Salzburger Landesregierung auferlegte Kundmachungspflicht ergibt sich aus Art139 Abs5 erster Satz B-VG iVm §60 Abs2 VfGG.
4. Dies konnte ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden (§19 Abs4 erster Satz VfGG).
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