Normen
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Nö StraßenG 1999 §6
Verordnung der Stadtgemeinde Herzogenburg vom 22.12.03 betreffend Auflassung einer Fläche als Teil einer Gemeindestraße
B-VG Art139 Abs1 / Individualantrag
Nö StraßenG 1999 §6
Verordnung der Stadtgemeinde Herzogenburg vom 22.12.03 betreffend Auflassung einer Fläche als Teil einer Gemeindestraße
Spruch:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. 1. Die Antragsteller sind Eigentümer des Grundstücks Nr. 55/1 EZ 46 KG Gutenbrunn. Die Aufschließung dieses Grundstücks erfolgt durch eine "Sackgasse", die auf dem Grundstück Nr. 55/4 verläuft, welches als öffentliches Gut im Eigentum der Stadtgemeinde Herzogenburg steht. Mit der bekämpften Verordnung wird gemäß §6 NÖ Straßengesetz 1999, LGBl. 8500, eine 2 m² große Teilfläche dieser "Sackgasse" "als Teil einer Gemeindestraße aufgelassen und somit dem öffentlichen Verkehr entwidmet". Zuvor hat der Eigentümer des unmittelbar angrenzenden Grundstücks in baukonsenswidriger Weise diese Teilfläche zum Bau eines "Abstellraumes" herangezogen.
2. Die Antragsteller bringen vor, sie seien durch die bekämpfte Verordnung unmittelbar betroffen. Die "entwidmete" Fläche sei Teil der Zufahrt zum Wohnhaus der Antragsteller und liege nur 13 Meter von ihrer Grundgrenze entfernt. Die Straße werde von 4,88 m auf 3,84 m eingeengt. Die Antragsteller seien nicht bloß wirtschaftlich, sondern rechtlich betroffen, nämlich in der Zufahrtsmöglichkeit zu ihrem Haus. Wegen der Einengung des Rettungs- und Noteinsatzweges sei die persönliche Sicherheit der Antragsteller in Frage gestellt. Eine an sich schon schlechte Verkehrssituation werde noch weiter verschlechtert.
3. Die bekämpfte Verordnung widerspreche §6 Abs2 NÖ Straßengesetz, da die Teilfläche weder von einem anderen Straßenerhalter als öffentliche Straße übernommen werde, noch kein Verkehrsbedürfnis mehr bestehe. Einziger Hintergrund der bekämpften Verordnung sei, dass einem Anrainer, der unter Nichtbeachtung der gesetzlichen Bestimmungen ein Bauwerk auf öffentlichem Gut errichtet habe, die "entwidmete" Straßenfläche verkauft werden solle.
II. Der Antrag ist nicht zulässig:
1.1. Gemäß Art139 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass die Verordnung in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Fall ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 10.353/1985, 11.730/1988).
1.2. Der Verfassungsgerichtshof hat wiederholt ausgesprochen, dass niemandem ein subjektives Recht auf Aufrechterhaltung des Gemeingebrauches an einer öffentlichen Straße zukommt (VfSlg. 9309/1981, 10.423/1985, 14.275/1995, 15.871/2000, VfGH vom 23. September 2003, V75/03); er hat auch in jenen Fällen die unmittelbare Betroffenheit in Rechten und mit ihr die Antragslegitimation verneint, in denen sich die behaupteten Wirkungen einer Verordnung ausschließlich als wirtschaftliche Reflexwirkungen darstellten (zB VfSlg. 8060/1977, 8670/1979).
1.3. Der Verfassungsgerichtshof hat allerdings in ähnlichen Zusammenhängen bei Vorliegen besonderer Konstellationen auch schon wiederholt eine solche unmittelbare Betroffenheit in Rechten angenommen: So etwa dann, wenn durch eine Verordnung dem Antragsteller die einzige rechtliche Möglichkeit genommen wird, seinen zulässigerweise verfolgten Interessen nachzugehen, weil in einem solchen Fall über eine bloß wirtschaftliche Reflexwirkung hinaus die rechtlich geschützten Interessen des Antragstellers unmittelbar durch die Verordnung berührt werden (vgl. VfSlg. 8984/1980, 9721/1983, 15.871/2000, VfGH vom 23. September 2003, V75/03). Auch in den bereits zitierten Entscheidungen, in denen es um die Anfechtung von Verordnungen ging, mit denen öffentliche Straßen aufgelassen wurden, hat es der Verfassungsgerichtshof nicht ausgeschlossen, dass bei Vorliegen solcher besonderer Umstände der jeweilige Antrag zulässig gewesen wäre (vgl. VfSlg. 10.423/1985, 452:
"Die Rechtssphäre der Antragsteller als Eigentümer der Liegenschaft wird jedoch dadurch nicht berührt, da die Zu- und Abfahrt für ihre Liegenschaft nach wie vor gesichert ist ..."; vgl. weiters VfSlg. 14.275/1995, 340).
2. Die Antragsteller bringen jedoch nicht vor, dass die Zu- und Abfahrt zu ihrem Grundstück über das Grundstück Nr. 55/4 unmöglich gemacht werde. Auch mit ihrem Vorbringen betreffend die Einengung der "Rettungs- und Noteinsatzwege" und die Verschlechterung der Verkehrssituation vermögen die Antragsteller keine besondere Konstellation im Sinne der zitierten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes darzutun.
3. Den Antragstellern fehlt sohin schon deshalb die Legitimation zur Anfechtung der Verordnung, so dass nicht zu prüfen ist, ob den Antragstellern als Parteien des Bauverfahrens über die nachträgliche Bewilligung des konsenswidrigen Bauwerks auf der in Rede stehenden Fläche ein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung steht, ihre Bedenken gegen die bekämpfte Verordnung an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Ihr Antrag war daher als unzulässig zurückzuweisen.
4. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
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