Normen
B-VG Art18 Abs1
Vlbg RaumplanungsG §14 Abs15
B-VG Art18 Abs1
Vlbg RaumplanungsG §14 Abs15
Spruch:
Dem Antrag wird nicht Folge gegeben.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu G82/96 ein Verfahren über einen Antrag des Verwaltungsgerichtshofes anhängig, mit dem der Verwaltungsgerichtshof aus Anlaß eines bei ihm anhängigen Beschwerdeverfahrens die Aufhebung des §14 Abs15 erster und zweiter Satz Vorarlberger Raumplanungsgesetz, LGBl. Nr. 15/1973 idF LGBl. Nr. 27/1993, als verfassungswidrig begehrt.
Dem Beschwerdeführer des beim Verwaltungsgerichtshof zur Z94/06/0275 anhängigen Verfahrens wurden durch den aufgrund eines Beschlusses der Gemeindevertretung ergangenen Berufungsbescheid der Gemeinde Brand die Nutzung der Räumlichkeiten des Hotels Colrosa als Ferienwohnung gemäß ArtII Abs4 litd iVm ArtII Abs2 litb des Gesetzes über eine Änderung des Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 27/1993, untersagt und die Bewilligung zur Nutzung der Wohnräume des genannten Hotels als Ferienwohnungen gemäß §14 Abs15 Vorarlberger Raumplanungsgesetz, LGBl. Nr. 15/1973, in der Fassung des Landesgesetzes, LGBl. Nr. 27/1993, versagt. Die dagegen erhobene Vorstellung des nunmehrigen Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bludenz vom 28. September 1994, ZI-5/3/Br/94, abgewiesen.
Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der gegen den genannten Vorstellungsbescheid vom 28. September 1994 erhobene, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, da mit Rücksicht auf das Beschwerdevorbringen von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten war, gemäß Art144 Abs2 B-VG mit Beschluß vom 7. Dezember 1994, B2355/94, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Aus Anlaß dieses nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahrens hat dieser den bereits erwähnten, beim Verfassungsgerichtshof zu G82/96 protokollierten Antrag gestellt.
2. Die vom Verwaltungsgerichtshof zur Aufhebung beantragte (und im folgenden hervorgehobene) Bestimmung und die im Zusammenhang mit dieser stehenden Absätze des §14 Vorarlberger Raumplanungsgesetz, LGBl. Nr. 15/1973 idF LGBl. Nr. 27/1993, (im folgenden: RPG) haben folgenden Wortlaut:
"(12) In Kern-, Wohn- und Mischgebieten können besondere Flächen festgelegt werden, auf denen bei Vorliegen eines rechtswirksamen Bebauungsplanes (§26) auch oder nur Ferienwohnungen errichtet werden dürfen. Auf anderen als solchen Flächen kann in Wohn-, Kern- und Mischgebieten die Errichtung von Ferienwohnungen durch die Gemeindevertretung bewilligt werden, wenn dadurch die Erreichung der im §2 genannten Ziele nicht gefährdet wird. ...
(13) Als Ferienwohnung gelten Wohnungen oder Wohnräume, die nicht der Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfes dienen, sondern während des Urlaubs, der Ferien oder sonst zu Erholungszwecken nur zeitweilig benützt werden. Nicht als Ferienwohnung gelten Wohnungen und Wohnräume, die Zwecken der gewerblichen Beherbergung von Gästen oder der Privatzimmervermietung dienen. ...
(14) Die Nutzung von Wohnungen oder Wohnräumen als Ferienwohnung ist - abgesehen von der Ausnahme nach Abs15 - nur zulässig, wenn die Voraussetzungen des Abs12 erfüllt sind.
(15) Bei Vorliegen besonders berücksichtigungswürdiger Umstände kann die Gemeinde auf Antrag die Nutzung von Wohnungen und Wohnräumen als Ferienwohnung bewilligen, wenn dadurch die Erreichung der im §2 genannten Ziele nicht gefährdet wird. Die Bewilligung kann erforderlichenfalls unter Bedingungen und Auflagen erteilt werden. Ein Zubau an Wohnungen und Wohnräumen, die zu Ferienzwecken benützt werden, ist ohne Widmung gemäß §14 Abs12 nicht zulässig. Wohnungen und Wohnräume, die dem Wohnungseigentümer mindestens fünf Jahre zur Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfs gedient haben, dürfen von diesem und seinen Familienangehörigen als Ferienwohnung benützt werden. Dieses Recht geht - ungeachtet der Dauer der ganzjährigen Nutzung durch den Erblasser - auf die gesetzlichen Erben über."
Der in §14 Abs15 erster Satz RPG verwiesene §2 leg.cit. lautet:
"§2
Raumplanungsziele
(1) Die Ziele der Raumplanung bestehen darin, den Raum so zu nutzen und zu gestalten, daß den voraussehbaren kulturellen, wirtschaftlichen und sozialen Bedürfnissen seiner Bevölkerung entsprochen, die freie Entfaltung der Persönlichkeit des Menschen in der Gemeinschaft ermöglicht, eine geordnete Entwicklung des Landes unter Bedachtnahme auf seine natürlichen und geschichtlich gewordenen Verhältnisse und auf die Schaffung möglichst gleichwertiger Lebensbedingungen gewährleistet sowie der Raum vor Gefahren geschützt wird.
(2) Im einzelnen hat sich die Raumplanung insbesondere nach folgenden Zielen zu richten:
- a) Gewährleistung der räumlichen Voraussetzungen für die Sicherheit der Bevölkerung gegenüber Naturgewalten und für die Berücksichtigung der Interessen der Landesverteidigung und der öffentlichen Sicherheit;
- b) Schutz der Umwelt, insbesondere durch möglichste Schonung des Naturhaushaltes und der Landschaft vor nachteiligen Veränderungen, durch Erhaltung und Pflege des Landschafts- und Ortsbildes sowie durch Sicherung vor Lärm- und Geruchsbelästigungen, schädlichen Strahlungen und Erschütterungen;
- c) Schaffung der räumlichen Voraussetzungen für gesunde Lebens-, insbesondere Wohn-, Arbeits- und Freizeitbedingungen;
- d) Sicherung und Entwicklung der räumlichen Voraussetzungen für die Land- und Forstwirtschaft;
- e) Vorsorge für geeignete Standortbereiche für Betriebe des Handels, des Gewerbes, des Fremdenverkehrs, der Industrie und der Energiewirtschaft unter Bedachtnahme auf die wirtschaftliche Entwicklung;
- f) Erhaltung und Entwicklung geeigneter Erholungs- und Fremdenverkehrsgebiete;
- g) Sicherung von Bereichen, in denen Grundwasser und sonstige Bodenschätze vorkommen;
- h) Vorsorge für die Möglichkeit, ein ausreichendes Verkehrs-, Nachrichten- und Versorgungsnetz zu schaffen sowie eine geordnete Abwasser- und Abfallbeseitigung zu gewährleisten;
- i) räumliche Vorsorge für die erforderlichen Ausbildungsstätten, insbesondere Schulen, sowie für kulturelle und sportliche Einrichtungen;
- j) räumliche Vorsorge für Einrichtungen zur Erhaltung der Gesundheit der Bevölkerung und zur Betreuung von kranken, behinderten und betagten Menschen."
In dem Bericht zur Regierungsvorlage der RPG-Novelle 1993 (17. Beilage im Jahre 1993 zu den Sitzungsberichten des XXV. Vorarlberger Landtages) wird unter "Allgemeines" wie folgt ausgeführt:
"Auf Flächen, die nicht ausdrücklich für die Errichtung von Ferienwohnungen gewidmet sind, soll die Errichtung von Ferienwohnungen und die Nutzung von Wohnräumen als Ferienwohnungen unzulässig sein. Nur in Ausnahmefällen soll die Gemeinde die Möglichkeit erhalten, die Nutzung von Wohnungen und Wohnräumen als Ferienwohnung zu bewilligen, wenn dadurch die Erreichung der im §2 des Raumplanungsgesetzes genannten Ziele nicht gefährdet wird. ..."
Speziell zu §14 Abs15 RPG heißt es in dem Bericht weiter:
"Nicht unter das Verbot des §14 Abs14 fallen Ausnahmen nach Abs15 des Entwurfs. Die Gemeinde kann bei besonders berücksichtigungswürdigen Umständen im Einzelfall die Nutzung als Ferienwohnung bewilligen. Die Bewilligung zur Nutzung als Ferienwohnung umfaßt auch die Überlassung an Dritte zu Ferienzwecken. Diese Rechte gehen auf die Rechtsnachfolger über. Die Ausnahme nach Abs15 ist keine Widmung im Sinne des Raumplanungsgesetzes. ..."
2.1. Im Antrag des Verwaltungsgerichtshofes wird ausgeführt, daß in dem dem Antrag zugrundeliegenden Beschwerdeverfahren §14 Abs15 erster Satz RPG präjudiziell sei. Unter Hinweis auf VfSlg. 6674/1972, 7376/1974 sowie 13721/1994 wird die Miteinbeziehung des §14 Abs15 zweiter Satz leg.cit. mit dem untrennbaren Zusammenhang begründet, in dem der erste Satz des §14 Abs15 leg.cit. mit dem zweiten Satz stehe, weil der zweite Satz zu der im ersten Satz erwähnten Möglichkeit der Erteilung einer Ausnahme die Befugnis der Vorschreibung von Bedingungen und Auflagen in einer solchen Ausnahmebewilligung vorsehe.
2.2. §14 Abs15 erster Satz RPG werde vom Verwaltungsgerichtshof dahin ausgelegt, daß diese Bestimmung den Verwaltungsbehörden kein Ermessen im Sinne des Art130 Abs2 B-VG einräume, sondern daß bei Erfüllung der beiden gesetzlichen Kriterien, nämlich des Vorliegens "besonders berücksichtigungswürdiger Umstände" und des Erfordernisses, daß durch die Bewilligung als Ferienwohnung die Erreichung der in §2 RPG genannten Ziele nicht gefährdet wird, ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung bestehe. Zur Deutung des Wortes "kann" in §14 Abs15 erster Satz leg.cit. finde sich im Gesetz selber, aber auch in den Erläuterungen dazu kein Hinweis darauf, daß der Gesetzgeber den Verwaltungsbehörden Ermessen einräumen wollte. Schon der Umstand, daß der Gesetzgeber für die Erteilung einer Ausnahme Voraussetzungen festgelegt habe, bei deren Vorliegen bzw. Fehlen der Verwaltungsakt gesetzt werden "kann", spreche dafür, daß diese Bestimmung als Muß-Bestimmung zu deuten sei. Wenn der Gesetzgeber von einer Eigentumsbeschränkung, wie sie aus dem in §14 Abs12 RPG grundsätzlich statuierten Verbot von Ferienwohnungen hervorgehe, Ausnahmen im Einzelfall vorsehe, gebiete auch eine Auslegung im Sinne des Grundrechtsschutzes, daß dem Rechtsunterworfenen bei Vorliegen der gesetzlich statuierten Voraussetzungen ein Rechtsanspruch auf Erteilung der Ausnahme zustehe.
Gemäß der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (insbesondere VfSlg. 11455/1987) müßten in dem Fall, daß ein Gesetz eine Maßnahme vorsehe, die nicht bloß zufällig und ausnahmsweise, sondern geradezu in der Regel in ein Grundrecht eingreife, wenn also der Effekt des Gesetzes sehr "grundrechtseingriffsintensiv" sei, die Eingriffstatbestände - anders als bei weniger eingriffsnahen Gesetzen - besonders deutlich umschrieben sein. Die Bestimmung des §14 Abs15 erster Satz RPG betreffe eine solche "grundrechtseingriffsintensive" Maßnahme.
Der Eingriff in das Grundrecht auf Unverletzlichkeit des Eigentums erfolge zwar bereits durch die Anordnung des §14 Abs12 RPG, der für die Errichtung von Ferienwohnungen die Widmung "Ferienwohnung" im Kern-, Wohn- und Mischgebiet verlange, in Verbindung mit dem Verordnungsgeber, der im Flächenwidmungsplan keine solche Widmung vorsehe. Ansonsten sei die Errichtung einer Ferienwohnung nur zulässig, wenn eine entsprechende Widmung gemäß §14 Abs12 leg.cit. im Einzelfall bewilligt werde. §14 Abs14 leg.cit. regle damit übereinstimmend die Zulässigkeit der Nutzung einer Wohnung als Ferienwohnung, wobei §14 Abs15 erster Satz leg.cit. für die Nutzung von Wohnungen eine Ausnahmemöglichkeit vorsehe. Ob also die grundsätzlich vom Gesetzgeber in Verbindung mit dem Verordnungsgeber bereits statuierte Eigentumsbeschränkung betreffend "die Errichtung und Nutzung" als Ferienwohnung tatsächlich zum Tragen komme oder nicht, werde immer erst durch die Vollziehung unter anderem der vorliegenden Ausnahmebestimmung festgelegt. Insofern müsse auch die Vollziehung dieser Ausnahmeregelung als grundrechtseingriffsintensive Maßnahme gesehen werden, auch wenn es bei einer positiven Erledigung gerade nicht zu einem Grundrechtseingriff komme. Dem Erfordernis einer besonders deutlichen Umschreibung der Kriterien des Verwaltungshandelns entspreche der angefochtene Teil des §14 Abs15 leg.cit. jedenfalls nicht.
Selbst wenn man die Regelung des §14 Abs15 erster Satz RPG nicht als "grundrechtseingriffsintensive" Maßnahme sehe, erscheine die angefochtene Bestimmung auch dem Legalitätsprinzip, wie es üblicherweise verstanden werde, nicht zu entsprechen. Versuche man das Kriterium der "besonders berücksichtigungswürdigen Umstände" näher zu bestimmen, so könne zwar anhand der Gesetzesmaterialien noch festgestellt werden, daß die Möglichkeit der Errichtung von Ferienwohnungen bzw. der Nutzung bestehender Wohnungen als Ferienwohnungen nur mehr ganz eingeschränkt möglich sein soll. Für den Bereich möglicher Ausnahmen sei damit aber noch nichts geklärt. Es seien zwar durchaus Gesichtspunkte, die für das Vorliegen "besonders berücksichtigungswürdiger Umstände" sprechen könnten, denkbar (zB Alter, Krankheit, sonstige gravierende persönliche Umstände, Unverkäuflichkeit des Objekts, Härtefall), der Gesetzgeber gebe aber keinerlei Anhaltspunkte, welche von diesen möglichen Gesichtspunkten als von solcher Bedeutung angesehen würden, daß sie bei der Abwägung im Hinblick auf die mit der Beschränkung verfolgten öffentlichen Interessen des Landes oder der Gemeinden den Vorrang haben sollten und eben einen besonders berücksichtigungswürdigen Umstand darstellten.
In den Erläuterungen seien keine Umstände konkret angeführt, bei deren Vorliegen nach Auffassung des Gesetzgebers ein solcher berücksichtigungswürdiger Umstand anzunehmen sei. Für den Verwaltungsgerichtshof ergäben sich auch sonst im systematischen Zusammenhang und auf Grund teleologischer Auslegung - auch unter Berücksichtigung der §§2, 14 Abs12 und 14 Abs16 RPG - keine Anhaltspunkte dafür, bei Vorliegen welcher Umstände das Kriterium "besonders berücksichtigungswürdiger Umstände" zu bejahen sei.
2.3. Vertrete man die Auffassung, daß die angefochtene Bestimmung "eine Norm im Rahmen der Gebundenheit gemäß Art18 Abs1 B-VG" darstelle, ergebe sich aus dem Umstand der nicht ausreichenden Determinierung aber auch das Bedenken, daß bei einer solchen Norm eine dem Gleichheitssatz entsprechende Vollziehung des §14 Abs15 erster Satz leg.cit. nicht gewährleistet sei. Hiezu verweist der Verwaltungsgerichtshof auf VfSlg. 13492/1993.
3. Die Vorarlberger Landesregierung hat eine Äußerung erstattet und darin die Ansicht vertreten, daß die angefochtene Bestimmung nicht verfassungswidrig sei und daher dem Antrag des Verwaltungsgerichtshofes keine Folge gegeben werden sollte.
3.1. Wie dem Bericht zur Regierungsvorlage zur RPG-Novelle 1993 zu entnehmen sei, habe der Gesetzgeber aus landes- und gemeindepolitischen Zielsetzungen beabsichtigt, restriktive Regelungen für Ferienwohnungen zu schaffen. Dabei sei er davon ausgegangen, daß insbesondere wegen starker Bevölkerungszunahme und anderer demographischer Entwicklungen und bei knappen Baulandreserven und der naturräumlich beschränkten Möglichkeit, weitere Bauflächen auszuweisen, strukturell eine große Nachfrage an Wohnraum gegeben sei. Die wesentlichste Neuerung der RPG-Novelle 1993 habe darin bestanden, zusätzlich zur bestehenden Bindung der Errichtung von Ferienwohnungen an einen Widmungsakt der Gemeinde auch die Nutzung bestehender Wohnungen und Wohnräume als Ferienwohnung raumplanungsrechtlich stark zu beschränken. Wohnungen und Wohnräume sollen im wesentlichen nur dort zu Ferienzwecken verwendet werden dürfen, wo eine entsprechende Widmung nach dem Flächenwidmungsplan gegeben ist. Auf Flächen, die nicht ausdrücklich für die Errichtung von Ferienwohnungen gewidmet sind, sollte die Errichtung von Ferienwohnungen und die Nutzung von Wohnräumen als Ferienwohnungen unzulässig sein. Dieses grundsätzliche Verbot sei im wesentlichen nur durch drei Ausnahmeregelungen gemildert, nämlich die Regelung des §14 Abs16 RPG (Ermächtigung, durch Verordnung zu bestimmen, daß die Bestimmungen des §14 Abs12 bis 15 leg.cit. auf das Gebiet oder Teile des Gebietes einer Gemeinde nicht anzuwenden sind), der Regelung des §14 Abs15 vierter und fünfter Satz leg.cit. (Nutzung als Ferienwohnung durch bestimmte Personen, wenn die Wohnung zuvor in einem bestimmten Ausmaß einem ganzjährig gegebenen Wohnbedarf gedient hat) sowie der vom Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Regelung des §14 Abs15 erster Satz leg.cit..
Der in die Kompetenz der Gemeinde gestellte Rechtsakt (der Bewilligung nach §14 Abs15 erster Satz RPG) sei nicht ein solcher, der in Eigentumsrechte eingreife, sondern einer, der es der Gemeinde ermögliche, die vom Gesetzgeber geschaffene Beschränkung unter besonderen Voraussetzungen im Einzelfall auszuschließen. Bei genauer Betrachtung sei nicht die angefochtene Bestimmung, sondern der §14 Abs4 (richtig wohl: §14 Abs14) RPG hinsichtlich des Grundrechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentums ein "eingriffsnahes" Gesetz. Die angefochtene Regelung schaffe lediglich die Möglichkeit, eine Ausnahme von einer bereits vom Gesetzgeber statuierten Eigentumsbeschränkung zu schaffen.
Den Ausführungen des Verwaltungsgerichtshofs, wonach §14 Abs15 erster Satz RPG der Gemeinde kein Ermessen im Sinne des Art130 Abs2 B-VG einräume, sondern daß bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Rechtsanspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung bestehe, werde zugestimmt.
Bei den Worten "besonders berücksichtigungswürdige Umstände" handle es sich um einen unbestimmten Gesetzesbegriff, der jedoch der Interpretation zugänglich sei. Der Verwaltungsgerichtshof selbst (VwGH 15.3.1984, Z83/16/0176; VwGH 8.3.1994, Z90/14/0049) habe Normen, die auf berücksichtigungswürdige Umstände abstellen, ohne deren Verfassungsmäßigkeit in Zweifel zu ziehen, angewendet. Der Verwaltungsgerichtshof habe in der Begründung des Erkenntnisses vom 22.6.1995, Z94/06/0192, in dem er die nunmehr angefochtene Bestimmung anzuwenden gehabt habe, wörtlich ausgeführt:
"Der Begriff der 'besonders berücksichtigungswürdigen Umstände' ist im Gesetz nicht näher definiert. Auch die Materialien zum Gesetz über eine Änderung des RPG, LGBl. Nr. 27/1993, ... enthalten keine Erläuterungen zu diesem Begriff. Aus den darin wiedergegebenen grundsätzlichen Überlegungen, die zur Änderung des Vorarlberger Raumplanungsgesetzes geführt haben, wonach im Interesse der Erhaltung der derzeitigen Fremdenverkehrsstruktur die Errichtung neuer Ferienwohnungen möglichst zu verhindern sei und Wohnungen für Dauerwohnsitze erhalten bleiben sollten, ist aber zu schließen, daß nach Absicht des Gesetzgebers diese Bestimmung restriktiv gehandhabt werden soll.
Ob 'besonders berücksichtigungswürdige Umstände' vorliegen, ist aus einer Gesamtschau unter Bedachtnahme auf die Umstände des Einzelfalles zu prüfen."
Der Verfassungsgerichtshof habe im Erkenntnis vom 4. Dezember 1995, G68/95 ua., erkannt, daß die Ermittlung der Bedeutung des unbestimmten Gesetzesbegriffes "besonders berücksichtigungswürdige Gründe" aus dem Regelungszusammenhang des ganzen Gesetzes möglich sei. Er habe somit die Verfassungsmäßigkeit des Begriffes grundsätzlich anerkannt.
Hinsichtlich der ausreichenden Determinierung durch §14 Abs15 RPG sei zu beachten, ob der Inhalt dieser Bestimmung ausschließlich aus einem unbestimmten Gesetzesbegriff zu ermitteln sei oder der Gesetzgeber der Behörde weitere Entscheidungskriterien vorgegeben habe. Der in dieser Bestimmung enthaltene unbestimmte Gesetzesbegriff sei unter Heranziehung aller Interpretationsmethoden auszulegen.
Die Gemeinde dürfe bei ihrer Entscheidung die in §2 RPG angeführten Raumplanungsziele nicht gefährden. Die Möglichkeit einer derartigen Gefährdung durch Zweitwohnungen wird von der Vorarlberger Landesregierung hinsichtlich der einzelnen Raumplanungsziele dargestellt.
Neben dem Erfordernis, die Erreichung der Raumplanungsziele nicht zu gefährden, sei als weitere Bewilligungsvoraussetzung das Vorliegen "besonders berücksichtigungswürdiger Umstände" zu prüfen. "Dieses zweite Kriterium verweist auf die tatsächlichen Gegebenheiten in dem Sinne, daß jedenfalls regelmäßig oder sehr häufig gegebene Umstände nicht besondere Umstände und somit auch nicht besonders berücksichtigungswürdige sein können."
Es sei nicht möglich, im Rahmen des §14 Abs15 erster Satz RPG die besonders zu berücksichtigenden Umstände abschließend zu beschreiben. Die Frage, ob besonders berücksichtigungswürdige Umstände vorliegen, könne nur in Kenntnis des konkreten Sachverhaltes, auf den sich ein Antrag stütze, beantwortet werden. Allgemein sei jedoch festzuhalten, daß solche Gründe entweder die Wohnung oder die persönlichen Verhältnisse des Antragstellers betreffen können.
Hinsichtlich einer Wohnung könnten solche besonders berücksichtigungswürdigen Umstände zB dann gegeben sein, wenn die Wohnung, sofern es sich nicht um eine solche im Betriebs- oder Landwirtschaftsgebiet handelt, nach ihrer Lage und Ausstattung für die Deckung eines ganzjährig gegebenen Wohnbedarfes nicht geeignet sei und dafür nicht nachgefragt werde. Hinsichtlich der besonders berücksichtigungswürdigen Umstände, die die Person des Antragstellers betreffen, könnten insbesondere die vom Verwaltungsgerichtshof beispielhaft angeführten Gründe (zB Alter, Krankheit, finanzielle Situation) in Betracht kommen.
3.2. Mit den gleichheitsrechtlichen Bedenken des Verwaltungsgerichtshofes werde nicht behauptet, das Gesetz enthalte Bestimmungen, die dem Gleichheitssatz widersprächen, sondern daß die Bestimmung nicht ausreichend determiniert sei und deshalb keine dem Gleichheitssatz entsprechende Vollziehung zulasse. Es könne daher auf das vorher Angeführte verwiesen werden.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Verfassungsgerichtshof geht mit dem VwGH davon aus, daß dieser bei seiner Entscheidung über die zur Z94/06/0275 bei ihm anhängige Beschwerde die Vorschrift des §14 Abs15 erster Satz RPG anzuwenden hat, auf die sich der vor dem VwGH angefochtene Bescheid stützt. Da der zweite Satz des §14 Abs15 RPG nähere Vorschriften über die im ersten Satz des §14 Abs15 RPG vorgesehene Bewilligung enthält, stehen beide Sätze in einem untrennbaren normativen Zusammenhang.
Da auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist der Antrag des VwGH auf Aufhebung des §14 Abs15 erster und zweiter Satz RPG zulässig.
2. Der Verfassungsgerichtshof folgt der sowohl vom VwGH als auch von der Vorarlberger Landesregierung vertretenen Auslegung des §14 Abs15 erster Satz RPG, derzufolge diese Bestimmung der Gemeinde kein Ermessen im Sinne des Art130 Abs2 B-VG einräumt, sondern die Gemeinde verpflichtet, bei Vorliegen besonders berücksichtigungswürdiger Umstände die Nutzung von Wohnungen und Wohnräumen als Ferienwohnung zu bewilligen, wenn dadurch die Erreichung der in §2 RPG genannten Ziele nicht gefährdet wird. Wie dem oben wiedergegebenen Bericht zur Regierungsvorlage der RPG-Novelle 1993 entnommen werden kann (vgl. oben I.2.), hat der Gesetzgeber damit einen Rechtsanspruch auf eine typische Ausnahmebewilligung eingeräumt. ("Nur in Ausnahmefällen soll die Gemeinde die Möglichkeit erhalten, die Nutzung von Wohnungen und Wohnräumen als Ferienwohnungen zu bewilligen, ....")
Der Verfassungsgerichtshof vermag dem VwGH dahin nicht zu folgen, daß es sich bei der Vollziehung der Ausnahmeregelung des §14 Abs15 erster Satz RPG um eine "grundrechtseingriffsintensive Maßnahme" handelt, die eine besonders deutliche, über den Maßstab des Art18 Abs1 B-VG womöglich hinausreichende Umschreibung der Kriterien des Verwaltungshandelns erfordere. Der Hinweis des VwGH auf die Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zur Notwendigkeit einer gesetzlichen Determinierung von Aufenthaltsverboten angesichts der dadurch bewirkten Eingriffe in das Privat- und Familienleben (Art8 EMRK) für die Determinierungserfordernisse einer Ausnahme von eindeutig geregelten Wohnungsnutzungsverboten ist für das vorliegende Problem nicht stichhältig; hat doch der Verfassungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen VfSlg. 10737/1985 und 11455/1987 das dem Gesetzgeber obliegende Determinierungsgebot wegen der besonderen Art eines zwar nicht intendierten, aber gleichwohl bei Aufenthaltsverboten in der Regel das Privat- und Familienleben betreffenden Grundrechtseingriffs angenommen, zumal angesichts der sonst im Fremdenrecht üblichen Normierungsdichte die Notwendigkeit zusätzlicher gesetzlicher Determinanten einer besonderen verfassungsrechtlichen Begründung bedurfte. (Vgl. dagegen etwa die einen Grundrechtsverstoß wegen mangelnder Determinierung verneinenden Erkenntnisse VfSlg. 11044/1986 zum Paßgesetz, 11651/1988 zur StVO und 13785/1994 zu einem Steuergesetz.)
Wie bereits in VfSlg. 13785/1994 vom Verfassungsgerichtshof ausgeführt, liegt eine (nicht auf Art18 B-VG gestützte, sondern aus Art8 EMRK abgeleitete) verfassungsrechtliche Verpflichtung zur besonders deutlichen Umschreibung von Eingriffstatbeständen nur angesichts der Notwendigkeit vor, "dem Eingriff im Hinblick auf das betreffende Grundrecht überhaupt erst konkrete Schranken zu setzen". Diese Aufgabe erfüllen aber bereits die raumplanungs- und widmungsrechtlichen Vorschriften im allgemeinen sowie gemäß §14 Abs14 RPG das Nutzungsverbot von Wohnungen als Ferienwohnungen im besonderen, sodaß für die Ausnahmen von diesem Verbot keine besonderen, etwa aus dem Eigentumsgrundrecht abzuleitenden Determinierungserfordernisse gelten.
3. Aber auch die vom VwGH unter dem Aspekt des "Legalitätsprinzip(s), wie es üblicherweise verstanden wird," gegenüber §14 Abs15 erster Satz RPG geäußerten Bedenken treffen nicht zu:
Gemäß Art18 Abs1 B-VG darf die gesamte staatliche Verwaltung nur auf Grund der Gesetze ausgeübt werden. Daraus hat der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung nicht nur abgeleitet, daß bereits im Gesetz die wesentlichen Voraussetzungen und Inhalte des behördlichen Handelns umschrieben sein müssen (VfSlg. 8395/1978 mit Hinweisen auf die Vorjudikatur; VfSlg. 8813/1980, 9226/1981, 10158/1984, 11499/1987); sondern der Verfassungsgerichtshof geht auch davon aus, daß bei Ermittlung des Inhaltes einer gesetzlichen Regelung, soweit nötig, die der Auslegung zur Verfügung stehenden Möglichkeiten auszuschöpfen sind, und eine Regelung die kraft Art18 Abs1 B-VG geltenden rechtsstaatlichen Erfordernisse erst dann verletzt, wenn auch mit Hilfe der allgemein anerkannten juristischen Interpretationsmethoden von der Verwaltungsbehörde dem Gesetz nicht entnommen werden kann, wie sie im Einzelfall rechtens entscheiden soll (VfSlg. 8395/1978, 10158/1984, 11499/1987 und 13785/1994).
3.1. §14 Abs15 erster Satz RPG bindet die Bewilligung der Nutzung von Wohnungen und Wohnräumen als Ferienwohnung an zwei Voraussetzungen: die Erreichung der im §2 RPG genannten Raumplanungsziele darf nicht gefährdet werden und "besonders berücksichtigungswürdige Umstände" müssen vorliegen.
Zwar mag nicht immer von vornherein ersichtlich sein, welche der in §2 Abs2 RPG genannten Ziele überhaupt gefährdet werden können, wenn eine Wohnung als Ferienwohnung benutzt wird. Gleichwohl ist auch eine solche Gefährdung, wie die von der Vorarlberger Landesregierung angeführten Beispiele beweisen, doch nicht von vornherein ausgeschlossen. Vor allem zählt es aber zu den "voraussehbaren ... wirtschaftlichen und sozialen Bedürfnissen" der Bevölkerung Vorarlbergs im Sinne des §2 Abs1 RPG, Dauerwohnungen in genügender Zahl zur Verfügung zu haben, sodaß der in einzelnen Landesteilen herrschende Trend zu Ferienwohnungen geeignet ist, dieses Ziel zu gefährden. Im übrigen bildet die Gefährdung von Raumplanungszielen lediglich eine negative Voraussetzung der Bewilligung von Ferienwohnungen, sodaß auch das Fehlen einer derartigen Gefährdung an der Determinierungswirkung der zusätzlich angeordneten positiven Bewilligungsvoraussetzung nicht zweifeln läßt.
Bleibt sohin zu prüfen, ob - als positive Bewilligungsvoraussetzung - das "Vorliegen besonders berücksichtigungswürdiger Umstände" - anders als der VwGH in seinem Prüfungsantrag meint - eine dem Legalitätsprinzip des Art18 Abs1 B-VG genügende Vorherbestimmung des Verhaltens der Verwaltungsbehörde bildet.
3.2. Der Verfassungsgerichtshof verweist vorerst auf sein Erkenntnis vom 4. Dezember 1995, G68/95 ua., in dem er das vom Gesetzgeber aufgestellte Erfordernis eines "besonders berücksichtigungswürdige(n) Grund(es)" für die Verleihung der Staatsbürgerschaft gemäß §10 Abs3 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 idF der Novelle BGBl. 521/1993 als mit Art18 Abs1 B-VG zu vereinbarende Vorherbestimmung des verwaltungsbehördlichen Handelns erachtete. Er verwies in jenem Erkenntnis auf die Judikatur des VwGH zu §10 Abs3 StbG, welche belegt, "daß diese Bestimmung durchaus einer Auslegung zugänglich ist". Er ging weiters davon aus, daß zur Ermittlung der Bedeutung eines unbestimmten Gesetzesbegriffes (wie etwa der Wendung "ein besonders berücksichtigungswürdiger Grund") nicht bloß diese Bestimmung isoliert zu betrachten ist, sondern das ganze Gesetz in seinem Regelungszusammenhang miteinzubeziehen ist.
3.3. Die bisherige Judikatur des VwGH zeigt nach Meinung des Verfassungerichtshofes, daß berücksichtigungswürdige Gründe, Interessen oder Umstände als gesetzliche Voraussetzung für ausnahmehafte Bewilligungen regelmäßig einer Auslegung für zugänglich angesehen wurden, die den Verstoß gegen Art18 Abs1 B-VG ausschloß. Der Verfassungsgerichtshof verweist auf die in seinem Erkenntnis vom 4. Dezember 1995, G68/95 ua., wiedergegebene Äußerung der Bundesregierung, in der nicht nur die Verwendung des Kriteriums des Vorliegens berücksichtigungswürdiger Gründe, Umstände, Verhältnisse oder Interessen in zahlreichen Bundesgesetzen dokumentiert, sondern auch die Judikatur des VwGH zu diesen gesetzlichen Bestimmungen paradigmatisch zitiert wurde, in der jene gesetzliche Voraussetzung für die Erlassung behördlicher Akte ausgelegt, sowie im Hinblick auf das jeweilige Gesetz konkretisiert und angewendet wurde.
Bemerkenswerterweise hat der VwGH in seinem Erkenntnis vom 22. Juni 1995, Z94/06/0192, die nunmehr angefochtene Bestimmung des §14 Abs15 erster Satz RPG selbst interpretiert und mit der Folge der Aufhebung des seinerzeitig angefochtenen Bescheides auch angewendet. Der VwGH entnimmt in jenem Erkenntnis vorerst den Materialien, daß die fragliche Gesetzesbestimmung nach Absicht des Gesetzgebers "restriktiv" gehandhabt werden soll, und daß das Vorliegen "besonders berücksichtigungswürdiger Umstände" "aus einer Gesamtschau unter Bedachtnahme auf die Umstände des Einzelfalles zu prüfen" ist. Als in die Gesamtschau einzubeziehende Faktoren, die in jenem Fall mangels hinreichender Sachverhaltsfeststellungen nicht geprüft werden konnten, erachtete der VwGH die fehlende wirtschaftliche Verwertbarkeit, weil Unverkäuflichkeit einer Wohnung mangels ganzjährig gegebenen Wohnbedarfes, die mangelnde Eignung einer Wohnung zur Begründung eines "Dauerwohnsitzes", die persönliche Lebenssituation, etwa eine notwendige berufliche Veränderung des Veräußerers einer Wohnung uä..
Der VwGH hat auch in seinem Prüfungsantrag vom 14. Dezember 1995 "durchaus Gesichtspunkte, die für das Vorliegen 'besonders berücksichtigungswürdiger Umstände' sprechen könnten," als denkbar erachtet, so etwa "Alter, Krankheit, sonstige gravierende persönliche Umstände, finanzielle Situation, Unverkäuflichkeit des Objektes, Härtefall". Er bemängelt aber unter dem Aspekt des Art18 Abs1 B-VG, daß der Gesetzgeber keinerlei Anhaltspunkte gebe, "welche von diesen möglichen Gesichtspunkten als von solcher Bedeutung angesehen werden, daß sie bei der Abwägung im Hinblick auf die mit der Beschränkung verfolgten öffentlichen Interessen des Landes oder der Gemeinde den Vorrang haben sollen und eben einen besonders berücksichtigungswürdigen Umstand darstellen".
3.4. Der Verfassungsgerichtshof ist demgegenüber der Auffassung, daß der Gesetzgeber bei systematischer Interpretation des §14 Abs15 RPG mit hinreichender Deutlichkeit die Art und das Gewicht der Umstände erkennen ließ, die diese berücksichtigungswürdig machen und die damit als Bewilligungsvoraussetzung nach §14 Abs15 erster Satz RPG heranzuziehen sind. Im Zusammenhalt von §14 Abs12 RPG sowie dem ersten und dritten Satz des §14 Abs15 RPG zeigt sich, daß Wohnungen entweder kraft Widmung oder ohne eine solche kraft Ausnahmebewilligung als Ferienwohnungen entgegen dem Verbot des §14 Abs14 RPG benutzt werden dürfen. Die für eine Widmung als Ferienwohnungsgebiet im Sinne des §14 Abs12 RPG maßgeblichen planerischen Überlegungen scheiden damit von vornherein als Rechtsgrund für eine Ausnahmebewilligung nach §14 Abs15 erster Satz RPG aus, mag auch - wie der Hinweis auf die mögliche Gefährdung der Planungsziele des §2 RPG durch die Erteilung einer Ausnahmebewilligung zeigt - die Ausnahmebewilligung für eine Ferienwohnungsnutzung aus planerischen Gründen u.U. auch bei Vorliegen noch so berücksichtigungswürdiger Umstände zu verweigern sein.
Während Flächenwidmungen (einschließlich entsprechender Ferienwohnungsgebietswidmungen) anhand der Raumplanungsziele durchwegs auf Grund von raumbezogenen, von öffentlichen Interessen getragenen Nutzungsvorstellungen erfolgen (vgl. §§2, 3 RPG), ist für das Verständnis des §14 Abs15 erster Satz RPG davon auszugehen, daß als "besonders berücksichtigungswürdige Umstände" andere Kriterien heranzuziehen sind, die eben eine entsprechende Flächenwidmung für Ferienwohnungen nicht begründen lassen. Als derartige Umstände kommen im wesentlichen Sachverhalte in Betracht, welche die Person des Nutzungsberechtigten betreffen. Sie müssen so schwer wiegen, daß sie das öffentliche Interesse an der Durchsetzung des Ferienwohnungsnutzungsverbotes nach §14 Abs14 RPG überwiegen.
Einer geläufigen und stets mit Art18 Abs1 B-VG im Einklang gesehenen Regelungstechnik folgend, hat der Gesetzgeber in §14 Abs15 vierter und fünfter Satz RPG neben der relativ unbestimmten, generalklauselartig umschriebenen Voraussetzung des "Vorliegen(s) besonders berücksichtigungswürdiger Umstände" für die Bewilligung einer Ferienwohnung auch beispielhaft zwei Tatbestände angeführt, bei denen er unwiderleglich das Vorliegen berücksichtigungswürdiger Umstände annimmt und die sohin auf interpretativem Weg einen Rückschluß auf die Gewichtigkeit der die Person des Nutzungsberechtigten betreffenden Aspekte gestatten, die als besonders berücksichtigungswürdig die Nutzung einer Wohnung als Ferienwohnung zulassen:
Wohnungen und Wohnräume, die dem Wohnungseigentümer mindestens fünf Jahre zur Deckung eines ganzjährigen Wohnbedarfes gedient haben, dürfen von diesem und seinen Familienangehörigen als Ferienwohnung benützt werden. Wenn zweitens eine Wohnung im Erbweg auf die gesetzlichen Erben übergeht, können diese die betreffende Wohnung jedenfalls als Ferienwohnung benutzen, wie lange auch immer der Erblasser vorher die Wohnung ganzjährig benutzte.
Daraus wird deutlich, daß die Anwendung des §14 Abs15 RPG durch Erteilung der Nutzungsbewilligung das Vorliegen eines Härtefalls voraussetzt, der auf Grund der persönlichen Lebenssituation desjenigen, der eine Wohnung als Ferienwohnung benutzen will, eine entsprechende Bewilligung erfordert. Diese Lebenssituation des Bewilligungswerbers muß sich vom Regelfall derart deutlich unterscheiden, daß die ausnahmsweise Nutzung einer Wohnung als Ferienwohnung trotz des öffentlichen Interesses an der Beschränkung von Ferienwohnungen gerechtfertigt ist. Daß bei dieser Interessenabwägung der Gemeinde ein gewisser, in die Begründung ihres Bescheides einfließender Beurteilungsspielraum zusteht, macht §14 Abs15 erster Satz RPG nicht verfassungswidrig.
4. Der VwGH leitet aus dem von ihm angenommenen "Umstand der nicht ausreichenden Determinierung" des §14 Abs15 erster Satz RPG auch das Bedenken ab, "daß bei einer solchen Norm eine dem Gleichheitssatz entsprechende Vollziehung" nicht gewährleistet ist und diese daher auch dem Gleichheitssatz widerspricht.
Da, wie unter II.3. bereits dargetan, die aus Art18 Abs1 B-VG entnommenen Bedenken des VwGH ob der mangelnden Bestimmtheit des §14 Abs15 erster Satz RPG nicht zutreffen, ist auch den daraus abgeleiteten gleichheitsrechtlichen Bedenken der Boden entzogen. Ob aber von der gesetzlichen Ermächtigung des §14 Abs15 erster Satz RPG mißbräuchlich Gebrauch gemacht und dabei eine Ausnahmebewilligung ohne genügende Interessenabwägung willkürlich verweigert wurde, unterliegt im Einzelfall in ausreichendem Maße der Kontrolle durch die Gerichtshöfe öffentlichen Rechts.
Dem Antrag des VwGH auf Aufhebung des §14 Abs15 erster und zweiter Satz RPG war sohin insgesamt keine Folge zu geben.
III. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen werden.
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