Spruch:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
1. Mit Beschluß vom 1. August 1994, Z33 Rs 14/94, stellt das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen mit näherer Begründung den Antrag "auszusprechen, daß die Wortfolge in §143 Abs1 GSVG '... die nach den am Stichtag der erhöhten Alterspension in Geltung gestandenen Rechtsvorschriften mit Beginn des Pensionsaufschubes gebührt hätte' als verfassungswidrig aufgehoben wird."
2.1. In seiner Stammfassung (BGBl. Nr. 560/1978) lautete §143 Abs1 GSVG wie folgt:
"§143. (1) Anspruch auf die erhöhte Alterspension hat der Versicherte, der die Alterspension gemäß §130 Abs1 erst nach Erreichung des Anfallsalters in Anspruch nimmt, wenn er die Wartezeit nach den am Stichtag der erhöhten Alterspension in Geltung gestandenen Rechtsvorschriften erfüllt hat und keine Alterspension gemäß §130 Abs3 bezieht. Die Erhöhung beträgt für je weitere zwölf Versicherungsmonate des Pensionsaufschubes
vom 61. bis zum 65. Lebensjahr .................. 2 v. H.,
vom 66. bis zum 70. Lebensjahr .................. 3 v. H.,
vom 71. Lebensjahr an ........................... 5 v. H.
der Alterspension gemäß §130 Abs1, die nach den am Stichtag der erhöhten Alterspension in Geltung gestandenen Rechtsvorschriften mit Beginn des Pensionsaufschubes gebührt hätte."
2.2. Mit der 16. Novelle zum Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 643/1989, wurde im §143 Abs1 GSVG der Ausdruck "§130 Abs3" durch den Ausdruck "§130 Abs3 bzw. Abs4" ersetzt.
2.3. Mit der 19. Novelle zum Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 336/1993, wurde der §143 GSVG zur Gänze neu gefaßt. Sein Abs1 lautet seither wie folgt:
"(1) Wird in den Fällen der §§130 Abs2 und 131 b, in denen eine Teilpension gewährt wurde, die neben dem Pensionsbezug ausgeübte Erwerbstätigkeit eingestellt, und verzichtet der (die) Versicherte in den Fällen des §131 b auf die Gleitpension, oder vollendet der (die) Versicherte in den Fällen des §131 b das 65. Lebensjahr (das 60. Lebensjahr), so gebührt dem (der) Versicherten ein erhöhter Steigerungsbetrag, der gemäß Abs3 und 4 zu berechnen ist."
Gemäß §259 Abs1 Z5 GSVG idF der 19. Novelle zum Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 336/1993, trat der neugefaßte §143 GSVG mit 1. Juli 1993 in Kraft. Gemäß §259 Abs4 leg.cit. ist diese Vorschrift nur auf Versicherungsfälle anzuwenden, in denen der Stichtag nach dem 30. Juni 1993 liegt.
3. Der Antrag ist unzulässig.
3.1. (Gerichts)Anträge nach Art140 B-VG, die nicht begehren, das - nach Auffassung des antragstellenden Gerichtes verfassungswidrige - Gesetz seinem "ganzen Inhalte" nach oder in "bestimmte(n) Stellen" aufzuheben (§62 Abs1 Satz 1 VerfGG) sind nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nicht verbesserungsfähig (§18 VerfGG) und als unzulässig zurückzuweisen (vgl. VfSlg. 9880/1983, 11074/1986, 11888/1988 uva).
Um die strengen Formerfordernisse des ersten Satzes des §62 Abs1 Satz 1 VerfGG zu erfüllen, müssen - wie der Verfassungsgerichtshof in vielen Beschlüssen (vgl. etwa VfSlg. 11888/1988 mwN, 12062/1989, 12263/1990) entschieden hat - die bekämpften Stellen des Gesetzes genau und eindeutig bezeichnet werden. Es darf nicht offenbleiben, welche Gesetzesvorschriften nach Auffassung des Antragstellers tatsächlich der Aufhebung verfallen sollen (VfSlg. 12062/1989).
3.2. Ein Antrag, der sich damit begnügt, die Norm, deren Aufhebung begehrt wird, zwar durch deren wörtliche Wiedergabe zu bezeichnen, ihre konkrete Fassung jedoch nicht nennt, wird dem strengen Formerfordernis des ersten Satzes des §62 Abs1 VerfGG jedenfalls dann nicht gerecht, wenn der Antrag vor dem Hintergrund der geltenden Rechtslage widersprüchlich erscheint. Denn dem Verfassungsgerichtshof ist es verwehrt, Gesetzesbestimmungen aufgrund bloßer Vermutungen darüber, in welcher Fassung ihre Aufhebung begehrt wird, zu prüfen und im Falle des Zutreffens der geltendgemachten Bedenken aufzuheben (vgl. dazu VfSlg. 11802/1988 mwN).
3.4. Das antragstellende Gericht begehrt die Aufhebung einer bestimmten Wortfolge in §143 Abs1 GSVG, was voraussetzen würde, daß es bei der bekämpften Bestimmung um die in Geltung stehende Fassung des GSVG geht. Gerade dies trifft jedoch offenkundig nicht zu, da sich die angefochtene Wortfolge in der im Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Fassung nicht findet. Einer Umdeutung des Aufhebungsantrages in ein Begehren auf Feststellung, daß die angefochtene Regelung verfassungswidrig war, steht jedoch entgegen, daß das GSVG bis zum Zeitpunkt der Antragstellung immerhin bereits zwanzigmal novelliert wurde. Auch der Umstand, daß sich in der Begründung des Antrages bei der Schilderung der Anspruchsgrundlage der Klägerin im Anlaßfall und der von ihr erzielbaren Bonifikationen aufgrund des Pensionsaufschubes der Hinweis "(Fassung in der 16.Novelle zum GSVG, BGBl. Nr. 643/1989, ArtI Z17)" findet, ändert nichts daran, daß sich auch aus dem Inhalt des Antrages nicht ergibt, daß er den geforderten strengen Voraussetzungen entspricht. Die bekämpfte Wortfolge findet sich nämlich sowohl im letzten Satz des §143 Abs1 GSVG in der Stammfassung als auch in der durch die 16. Novelle zum GSVG geänderten Fassung des §143 Abs1 leg.cit., und damit in mehreren Fassungen des GSVG.
Die zur Aufhebung beantragte Fassung der bekämpften Bestimmung läßt sich aus diesen Gründen nicht mit hinreichender Deutlichkeit ersehen, weshalb sich der Antrag als unzulässig erweist (vgl. VfGH 2.3.1995 G279/94).
4. Der Antrag war daher gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
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