Leitsatz
Zurückweisung eines Gerichtsantrags auf Aufhebung einer Bestimmung des Bgld LandesverwaltungsgerichtsG sowie des vom Vizepräsidenten erlassenen – als Verordnung zu qualifizierenden – Anhangs zur Geschäftsverteilung mangels Präjudizialität; keine Anwendbarkeit des Anhangs zur Geschäftsverteilung auf Grund Erlassung einer neuen Geschäftsverteilung durch die Vollversammlung; keine Anwendbarkeit der Bestimmung des Bgld LandesverwaltungsgerichtsG mangels Anwendbarkeit des Anhangs zur Geschäftsverteilung in den Beschwerdeverfahren vor dem LVwG
Rechtssatz
Zurückweisung eines Antrags des LVwG Burgenland auf Aufhebung des §17 Abs4a Bgld LVwGG idF LGBl 17/2023 sowie des Antrags auf Aufhebung des "Anhanges zur Geschäftsverteilung des Landesverwaltungsgerichts Burgenland ab 17.03.2022", A202/01/2014.001/039, des Vizepräsidenten des LVwG vom 18.05.2022.
Unzulässigkeit des Antrags auf Aufhebung des Anhangs zur Geschäftsverteilung:
Gemäß Art135 Abs2 B‑VG iVm §17 Abs1 Bgld LVwGG hat die Vollversammlung des LVwG für die Dauer des nächsten Kalenderjahres die vom Verwaltungsgericht zu besorgenden Geschäfte auf die Einzelrichter und die Senate im Voraus zu verteilen. Da es sich bei dem Beschluss der Vollversammlung des LVwG um einen durch einen Senat iSd Art87 Abs2 B‑VG zu erledigenden (Justizverwaltungs‑)Akt genereller Natur, sohin um einen Rechtsakt sui generis, handelt, ist dieser kein tauglicher Anfechtungsgegenstand vor dem VfGH.
Das Bgld LVwGG sieht (in Übereinstimmung mit Art135 Abs2 B‑VG) in Bezug auf die Geschäftsverteilung keine Möglichkeit vor, von dieser (ausnahmslos) festgelegten kollegialen Beschlussfassung durch die Vollversammlung abzuweichen. Wenn nun der Vizepräsident des LVwG monokratisch – in Widerspruch zu Art135 Abs2 B‑VG iVm §17 Abs1 Bgld LVwGG – mit dem vor dem VfGH angefochtenen Rechtsakt eine Abweichung von der von der Vollversammlung beschlossenen Geschäftsverteilung anordnete, handelt es sich dabei um einen nicht von einem Senat iSd Art87 Abs2 B‑VG beschlossenen Akt der Justizverwaltung. Der Anhang zur Geschäftsverteilung ist dementsprechend nicht der Gerichtsbarkeit, sondern der Verwaltung zuzurechnen. Da es sich um einen generellen, außenwirksamen Rechtsakt handelt, ist dieser als Verordnung zu qualifizieren, die Gegenstand eines Verordnungsprüfungsantrages gemäß Art139 B‑VG sein kann.
Zum Zeitpunkt der nunmehrigen Anfechtung des vom Vizepräsidenten des LVwG erlassenen Anhanges zur Geschäftsverteilung durch das LVwG und zum Zeitpunkt der Entscheidung des VfGH ist allerdings der benannte Rechtsakt des Vizepräsidenten des LVwG nicht mehr als solcher in den vom Einzelrichter des LVwG zu entscheidenden Beschwerdeverfahren anwendbar.
Die Vollversammlung des LVwG beschloss nämlich am 27.09.2022 eine neue, ab 01.10.2022 geltende Geschäftsverteilung. In dieser wird unter anderem unter Punkt III. 8. festgelegt, dass die vor dem 01.09.2022 eingelangten und "nach der bisherigen Geschäftsverteilung (inkl. Anhang) zugewiesenen Rechtssachen […] beim jeweiligen Einzelmitglied oder jeweiligen Senat" verbleiben sollten. Damit hat die (verfassungs-)gesetzlich zuständige Vollversammlung des LVwG durch einen (statischen) Verweis auf den am 18.05.2022 vom Vizepräsidenten des Landesverwaltungsgerichtes Burgenland erlassenen Anhang zur Geschäftsverteilung eine Neuregelung vorgenommen: Diese neue Geschäftsverteilung ist an die Stelle des davor gesetzten Rechtsaktes des Vizepräsidenten des LVwG getreten.
Unzulässigkeit des Antrags auf Aufhebung des §17 Abs4a Bgld LVwGG mangels Präjudizialität:
Das LVwG begründet die Präjudizialität des §17 Abs4a Bgld LVwGG damit, dass der Vizepräsident des LVwG den von ihm am 18.05.2022 erlassenen Anhang zur Geschäftsverteilung des LVwG ausweislich auf §17 Abs4a Bgld LVwGG gestützt habe. Bei der Prüfung der Gesetzmäßigkeit des genannten Rechtsaktes müsse dementsprechend der angefochtene §17 Abs4a Bgld LVwGG herangezogen werden. Entgegen der Auffassung des LVwG ist es ausgeschlossen, dass §17 Abs4a Bgld LVwGG in den vom LVwG zu entscheidenden Beschwerdeverfahren anwendbar ist. Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass der am 18.05.2022 durch den Vizepräsidenten erlassene "Anhang zur Geschäftsverteilung des Landesverwaltungsgerichts Burgenland ab 17.03.2022" in den Beschwerdeverfahren vor dem LVwG nicht (mehr) als solcher anwendbar ist. Bereits aus diesem Grund ist die Auffassung des LVwG in Bezug auf die Anwendbarkeit des §17 Abs4a Bgld LVwGG offenkundig unrichtig (denkunmöglich). Aus den genannten Gründen ist (auch) die Anfechtung des §17 Abs4a Bgld LVwGG unzulässig.