Normen
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
MineralölsteuerG 1981 §7 Abs1 litb
MineralölsteuerG 1981 §16a Abs2
BAO §201
B-VG Art140 Abs1 / Individualantrag
MineralölsteuerG 1981 §7 Abs1 litb
MineralölsteuerG 1981 §16a Abs2
BAO §201
Spruch:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
I. 1. Die antragstellende Gesellschaft ist nach eigener Darstellung Inhaberin von Erzeugungsbetrieben im Sinne des §16 Abs1 und Abs2 Mineralölsteuergesetz 1981 (MinStG 1981). Im Betrieb der antragstellenden Gesellschaft werden "sowohl durch Bearbeitung oder Verarbeitung von Rohstoffen, Halb- oder Fertigerzeugnissen aller Art Mineralöle (insbesondere Treibstoffe und Heizöle) hergestellt als auch Mineralöle miteinander gemischt oder Mineralöl mit anderen Stoffen gemischt, wobei Mineralöl im Betrieb auch auf andere Art hergestellt wird". Die antragstellende Gesellschaft "kauft Rohöl im Ausland, läßt dieses auch im Ausland verarbeiten, importiert die sohin geschaffenen Halb- und Fertigerzeugnisse sodann in das Inland, wo sie bis zur Abgabefähigkeit zu Treibstoffen und Heizöl weiterverarbeitet werden".
Gemäß §7 Z1 litb MinStG 1981, idF des Abgabenänderungsgesetzes 1991, BGBl. 695, ist "Mineralöl, das in einen Erzeugungsbetrieb zurückgenommen wurde oder in einen gemäß §16 a zugelassenen Erzeugungsbetrieb aufgenommen wurde", von der Mineralölsteuer befreit. Durch dieses am 1. Jänner 1993 in Kraft getretene Gesetz komme der antragstellenden Gesellschaft die Mineralölsteuerbefreiung des §7 Z1 MinStG 1981 (idF vor dem Abgabenänderungsgesetz 1991) nicht mehr zugute. Sie sei nunmehr auf die Bewilligung zur steuerfreien Aufnahme von Mineralöl gemäß §16 a MinStG 1981 (idF des Abgabenänderungsgesetzes 1991) angewiesen. Eine solche Bewilligung dürfe nur Betriebsinhabern erteilt werden, "deren Firma im Firmenbuch eingetragen ist und die ordnungsgemäß Bücher führen ..., wenn kein Ausschließungsgrund (Abs5) vorliegt und eine Sicherheit geleistet wird, welche der auf den durchschnittlichen Lagerbestand entfallenden Mineralölsteuer entspricht".
Eine Bewilligung darf gemäß §16 a Abs5 MinStG 1981, idF BGBl. 695/1991, nicht erteilt werden, "wenn Einrichtungen, die für die Ausübung der amtlichen Aufsicht notwendig sind, im Betrieb nicht vorhanden sind, oder wenn im Betrieb Einrichtungen vorhanden sind, welche die amtliche Aufsicht erschweren oder verhindern".
2. Die angefochtenen Bestimmungen des MinStG 1981, idF BGBl. 695/1991, haben in ihrem Zusammenhang folgenden Wortlaut (die angefochtenen Wortfolgen sind durch Unterstreichung gekennzeichnet):
§7 Z1 MinStG 1981 lautet:
"Von der Mineralölsteuer befreit sind
1. Mineralöl,
- a) ...
- b) das in einen Erzeugungsbetrieb zurückgenommen wurde oder in einen gemäß §16 a zugelassenen Erzeugungsbetrieb aufgenommen wurde oder auf dem Transport in einen solchen Betrieb zugrunde gegangen ist;
2. ... "
§16 a MinStG 1981 lautet:
"(1) Einem Erzeugungsbetrieb ist auf Antrag des Betriebsinhabers die Bewilligung zur steuerfreien Aufnahme von Mineralöl zu erteilen, wenn die im Abs2 geforderten Bedingungen erfüllt sind.
(2) Die Bewilligung gemäß Abs1 ist nur Betriebsinhabern, deren Firma im Firmenbuch eingetragen ist und die ordnungsgemäß Bücher führen, oder Betrieben gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts zu erteilen, wenn kein Ausschließungsgrund (Abs5) vorliegt und eine Sicherheit geleistet wird, welche der auf den durchschnittlichen Lagerbestand entfallenden Mineralölsteuer entspricht.
(3) Von der Leistung einer Sicherheit ist abzusehen,
1. wenn im Betrieb überwiegend Mineralöle aus rohem Erdöl hergestellt werden, oder
2. wenn in den Betrieb überwiegend Mineralöle aufgenommen werden, die in einem anderen Erzeugungsbetrieb aus rohem Erdöl hergestellt wurden, und diese Betriebe für gemeinsame Rechnung geführt werden.
(4) Die Bestimmungen der §§22 und 24 sind anzuwenden.
(5) Eine Bewilligung gemäß Abs1 darf nicht erteilt werden,
1. wenn Einrichtungen, die für die Ausübung der amtlichen Aufsicht notwendig sind, im Betrieb nicht vorhanden sind, oder
2. wenn im Betrieb Einrichtungen vorhanden sind, welche die amtliche Aufsicht erschweren oder verhindern."
3. Gestützt auf Art140 Abs1 B-VG begehrt die antragstellende Gesellschaft nun die Aufhebung der Wortfolge "gemäß §16 a zugelassenen" in §7 Z1 litb MinStG 1981 und der Wortfolge "und eine Sicherheit geleistet wird, welche der auf den durchschnittlichen Lagerbestand entfallenden Mineralölsteuer entspricht" in §16 a Abs2 MinStG 1981, jeweils idF BGBl. 695/1991, als verfassungswidrig.
Zur Begründung ihrer Antragslegitimation führt die antragstellende Gesellschaft aus, daß "§16 a MinStG 1981 ... direkt, unmittelbar und aktuell in die Rechtsposition" eingreift.
Die steuerfreie Aufnahme von Mineralöl sei gemäß §7 Z1 MinStG 1981 an eine Bewilligung nach §16 a MinStG 1981 geknüpft, die nur erteilt werden könnte, wenn eine Sicherheit bis zu einer Höhe von S 385,800.000,-- geleistet wird. Weder die Leistung der Steuer noch die Leistung der Sicherheit sei für die antragstellende Gesellschaft finanziell verkraftbar.
Wegen der langen Dauer von Verwaltungsverfahren sei es der antragstellenden Gesellschaft auch nicht zumutbar, einen Antrag auf Erteilung einer Bewilligung zur steuerfreien Aufnahme von Mineralöl gemäß §16 a MinStG 1981 zu stellen.
II. Der Antrag ist unzulässig.
1. Der Verfassungsgerichtshof hat seit dem Beschluß VfSlg. 8009/1977 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, die Antragslegitimation nach Art140 Abs1 B-VG setze voraus, daß durch die bekämpfte Bestimmung die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt werden müssen und daß der durch Art140 Abs1 B-VG dem einzelnen eingeräumte Rechtsbehelf dazu bestimmt ist, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hiefür nicht zur Verfügung steht (zB VfSlg. 10481/1985).
Entgegen der Ansicht der antragstellenden Gesellschaft ist hier ein solcher Weg gegeben.
2. Wie sich nämlich aus den Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in den gleichfalls Selbstbemessungsabgaben betreffenden Beschlüssen VfSlg. 9571/1982, 9867/1983, 9900/1983 und VfGH 17.6.1992, G99/92, ergibt, hätte die antragstellende Gesellschaft die Möglichkeit, einen Antrag auf Rückerstattung der von ihr im Wege der Selbstbemessung entrichteten Abgaben mit der Begründung zu stellen, die Abgabeentrichtung hätte sich im Hinblick auf die Verfassungswidrigkeit der Ausnahmeregelung von der die Steuerpflicht anordnenden Grundregel als unrichtig erwiesen (§201 der Bundesabgabenordnung, BGBl. 194/1961 idF BGBl. 151/1980).
Bei Beschreitung dieses Weges befände sich die antragstellende Gesellschaft, was ihre Verpflichtung zur Entrichtung inzwischen fällig gewordener Abgaben betrifft, in keiner anderen Situation als jene Abgabepflichtigen, die die Rechtswidrigkeit von Steuerbescheiden rügen wollen. Da dieser Weg zur Erwirkung eines Bescheides der antragstellenden Gesellschaft somit durchaus zumutbar wäre, mangelt es an einer der Voraussetzungen für die Legitimation zur Antragstellung nach Art140 Abs1 B-VG.
3. Auch soweit die Aufhebung einer bestimmten Wortfolge in §16 a Abs2 MinStG 1981, idF BGBl. 695/1991, begehrt wird, steht entgegen der Ansicht der antragstellenden Gesellschaft ein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, Rechtsschutz gegen die angefochtene generelle Norm zu erreichen.
§16 a MinStG 1981, idF BGBl. 695/1991, sieht nämlich eine Bewilligung vor, die in Bescheidform zu ergehen hat. Die Einleitung eines Bewilligungsverfahrens hält der Verfassungsgerichtshof selbst dann für zumutbar, wenn die antragstellende Gesellschaft selbst Zweifel über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Bewilligungserteilung hegt (vgl. VfGH 25.11.1991 V179/91; 29.9.1992, G180/92 ua.). Wenn die antragstellende Gesellschaft behauptet, daß die Leistung der Sicherheit finanziell nicht verkraftbar sei, ist es ihr unbenommen, den Antrag gemäß §16 a MinStG 1981, idF BGBl. 695/1991, zu stellen, ohne die entsprechende Sicherheitsleistung zu erlegen. Gegen den zu erwartenden abweisenden Bescheid kann die antragstellende Gesellschaft nach Erschöpfung des verwaltungsbehördlichen Instanzenzuges Beschwerde bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts erheben. Im Verfahren vor diesen Gerichtshöfen kann die von Amts wegen zu veranlassende Überprüfung des Gesetzes auf seine Verfassungsmäßigkeit angeregt werden.
Daraus ergibt sich, daß der antragstellenden Gesellschaft auch insofern ein zumutbarer Weg zur Verfügung steht, über die Beschwerde an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts gegen den auf der Grundlage der angefochtenen Gesetzesbestimmung erlassenen Bescheid die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit der von ihr bekämpften Norm zu erreichen (VfSlg. 8118/1977, 9132/1981, 9773/1983).
4. Der Antrag ist daher gemäß §19 Abs3 Z2 lite VerfGG 1953 mangels Legitimation ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
5. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich eine Prüfung dahingehend, ob die mangelnde Geltung der angefochtenen Gesetzesbestimmungen zum Zeitpunkt der Antragstellung für die Zulässigkeit von Bedeutung ist.
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