VfGH G126/2019 ua

VfGHG126/2019 ua6.10.2020

Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung von Bestimmungen des Wr Rettungs- und KrankentransportG sowie des SanitäterG mangels Darlegung der Betroffenheit und Bedenken; Möglichkeit der Antragstellung auf Erteilung einer Bewilligung zum Betrieb eines privaten Krankentransportdienstes für den Transport von Personen ohne medizinische Betreuung durch Sanitäter

Normen

B-VG Art140 Abs1 Z1 litc
Wr Rettungs- und KrankentransportG §2 Abs2, §4
SanitäterG §9 Abs1, §10 Abs1
VfGG §7 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2020:G126.2019

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

I. Antrag

Gestützt auf Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG, begehren die Antragsteller, "die Novelle LGBl 1/2019 sowie §9 Abs1 Z2 und §10 Abs1 Z1 SanG, […] in eventu die Novelle LGBl 1/2019, […] in eventu §2 Abs2 sowie §4 WRKG idF der Novelle LGBl 1/2019 für verfassungswidrig [zu] erklären und zur Gänze auf(zu)heben," und das Land Wien in den Kostenersatz zu verfällen.

II. Rechtslage

1. Die §§2 und 4 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz — WRKG, LGBl 39/2004, lauteten bis zum Ablauf des 31. März 2019 wie folgt:

"Krankentransportdienst

 

§2. (1) Aufgabe eines Krankentransportdienstes ist es, Personen, bei denen während des Transports eine Betreuung durch Sanitäter medizinisch notwendig ist und die aus medizinischen Gründen kein gewöhnliches Verkehrsmittel benützen können, unter sachgerechter Betreuung mit geeigneten Transportmitteln zu befördern.

 

(2) Der Transport von Personen, welche während des Transports nicht der medizinischen Betreuung durch Sanitäter bedürfen, ist von diesem Gesetz ausgenommen.

 

Abgrenzung

 

§4. (1) Vom Anwendungsbereich dieses Gesetzes sind ausgenommen:

1. gewerbsmäßiger Transport von Personen, zu deren Durchführung der Betreiber nach gewerberechtlichen Vorschriften berechtigt ist;

2. innerbetriebliche Hilfs- und Rettungsdienste.

 

(2) Durch dieses Gesetz werden Rechte und Pflichten zur Hilfeleistung nach anderen Gesetzen nicht berührt."

2. Das Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz — WRKG, LGBl 39/2004 idF LGBl 1/2019, lautet (seit 1. April 2019, ArtII LGBl 1/2019) auszugsweise wie folgt (die mit dem zweiten Eventualantrag angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"1. ABSCHNITT

Allgemeine Bestimmungen

 

Rettungsdienst

 

§1. Aufgaben eines Rettungsdienstes sind:

1. Personen, die eine erhebliche Gesundheitsstörung oder erhebliche Verletzung erlitten haben, erste Hilfe zu leisten, sie transportfähig zu machen und sie erforderlichenfalls unter sachgerechter Betreuung mit geeigneten Transportmitteln in eine Krankenanstalt zu befördern oder ärztlicher Hilfe zuzuführen;

2. Personen wegen unmittelbarer Lebensgefahr sofortige erste notärztliche Hilfe zu leisten, die anders nicht gewährleistet ist;

3. den Transport von Personen durchzuführen, bei denen lebenswichtige Funktionen ständig überwacht oder aufrecht erhalten werden müssen;

4. akute Blut‑, Blutprodukte- oder Organtransporte durchzuführen;

5. Sanitätsdienste zur Behandlung von akuten Erkrankungen oder Verletzungen bei Veranstaltungen mit dem hiefür erforderlichen Personal, den erforderlichen Einrichtungen und erforderlichen Transportmitteln bereit zu stellen;

6. die Bevölkerung in erster Hilfe zu schulen;

7. im zivilen Katastrophenschutz mitzuwirken.

 

Krankentransportdienst

 

§2. (1) Aufgabe eines Krankentransportdienstes ist es, Personen, bei denen während des Transports eine Betreuung durch Sanitäter medizinisch notwendig ist und die aus medizinischen Gründen kein gewöhnliches Verkehrsmittel benützen können, unter sachgerechter Betreuung mit geeigneten Transportmitteln zu befördern.

 

(2) Ein Krankentransport mit einem Krankentransportdienst im Sinne des Abs1 ist jedenfalls dann notwendig, wenn

1. kranke, verletzte oder sonstige hilfsbedürftige Personen im Rahmen eines Transports einer medizinisch indizierten Betreuung oder Versorgung bedürfen,

2. zur Herstellung der Transportfähigkeit kranker, verletzter oder sonstiger hilfsbedürftiger Personen Maßnahmen medizinisch erforderlich sind, die eine aktive, körpernahe Arbeit mit oder an den zu befördernden Personen erfordern, wie insbesondere das fachgerechte Heben, Tragen, Umlagern oder Stabilisieren,

3. es medizinisch erforderlich ist, kranke, verletzte oder sonstige hilfsbedürftige Personen liegend oder sitzend unter Einsatz eines Tragsessels oder einer Krankentrage oder von Geräten zum Immobilisieren (zB Schienen, Vakuummatratzen) fachgerecht zu transportieren,

4. besondere Hygiene- oder Desinfektionsmaßnahmen vor dem Transport, während des Transports oder nach dem Transport von Personen, insbesondere von immungeschwächten oder infektiösen Personen, notwendig sind,

5. aus hinreichendem Grund anzunehmen ist, dass kranke, verletzte oder sonstige hilfsbedürftige Personen während des Transports auf Grund einer Zustandsverschlechterung, insbesondere bei auftretenden Akutsituationen, einer fachgerechten Versorgung einschließlich der Verabreichung von Sauerstoff oder einer qualifizierten Durchführung von lebensrettenden Sofortmaßnahmen bedürfen,

6. wegen des psychischen Gesundheitszustandes der zu befördernden Person eine Selbstgefährdung oder eine Gefährdung Dritter nicht auszuschließen ist oder

7. sonstige vom Tätigkeitsbereich der Sanitäter gemäß dem Sanitätergesetz - SanG, BGBl I Nr 30/2002 in der Fassung BGBl I Nr 59/2018, umfasste Handlungen erforderlich sind.

 

[…]

 

Abgrenzung

 

§4. (1) Vom Anwendungsbereich dieses Gesetzes sind ausgenommen, sofern die zu befördernden Personen keiner fachgerechten Versorgung, Hilfe oder Betreuung durch Sanitäter bedürfen:

1. die gewerbsmäßige Beförderung von Personen, zu deren Durchführung der Betreiber nach gewerberechtlichen Vorschriften berechtigt ist, soweit es sich nicht um Krankentransporte oder Rettungsdiensteinsätze nach diesem Gesetz handelt,

2. die gewerbsmäßige Beförderung von Menschen mit Behinderung, zu deren Durchführung der Betreiber nach gewerberechtlichen Vorschriften berechtigt ist, und für welche vor dem Transport, während des Transports oder nach dem Transport keine medizinische Notwendigkeit einer Betreuung durch Sanitäter gegeben ist, und

3. innerbetriebliche Hilfs- und Rettungsdienste.

 

(2) Durch dieses Gesetz werden Rechte und Pflichten zur Hilfeleistung nach anderen Gesetzen nicht berührt.

 

2. ABSCHNITT

Rettungs- und Krankentransportdienst

 

Öffentlicher Rettungsdienst

 

§5. (1) Die Stadt Wien ist zur Sicherstellung des Rettungsdienstes für das Gemeindegebiet verpflichtet. Zur Erfüllung dieser Aufgabe kann sie einen eigenen Rettungsdienst betreiben (öffentlicher Rettungsdienst). Sie kann sich aber auch der ausschließlichen oder teilweisen Tätigkeit bewilligter Rettungsdienste bedienen und einen Rettungsverbund organisieren.

 

(2) Der öffentliche Rettungsdienst hat den Anforderungen des §6 Abs2 Z2 und Z4 bis 10 zu entsprechen.

 

(3) Der Rettungsdienst nach Abs1 hat auch die Aufgabe eines Krankentransportdienstes zu erfüllen, wenn das Versorgungsangebot der privaten Krankentransportdienste nach §8 nicht ausreicht, um den Bedarf der Allgemeinheit an Krankentransporten zu decken.

 

Privater Rettungsdienst

 

§6. (1) Der Betrieb eines privaten Rettungsdienstes bedarf einer Bewilligung des Magistrats.

 

(2) Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

[…]

 

(3) Ein Bewerber kann fehlende Erfordernisse nach Abs2 Z2, 6 und 7 auch durch privatrechtliche Vereinbarung mit einem in Wien bewilligten Rettungsdienst sicherstellen.

 

(4) Die Bewilligung ist unter Vorschreibung von Auflagen zu erteilen, die zur Gewährleistung der ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben eines Rettungsdienstes oder zur Gewährleistung gesundheitlicher, personeller, organisatorischer, technischer und sicherheitstechnischer Anforderungen erforderlich sind.

 

Berechtigungsumfang

 

§7. Rettungsdienste sind berechtigt, auch Leistungen eines Krankentransportdienstes zu erbringen.

 

Privater Krankentransportdienst

 

§8. (1) Der Betrieb eines privaten Krankentransportdienstes bedarf einer Bewilligung des Magistrats.

 

(2) Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

1. nach dem vorgesehenen Leistungsangebot im Hinblick auf das bereits bestehende Versorgungsangebot des privaten Krankentransportdienstes ist ein Bedarf gegeben;

2. das Eigentumsrecht oder sonstige Rechte zur Benützung der Einsatzleitstelle in Wien und der Stellplätze der Transportmittel in Wien sind nachgewiesen;

3. gegen den Bewerber und dessen Vertreter nach außen bestehen keine Bedenken;

4. der Bewerber muss abhängig von der Größe und dem Leistungsangebot des Krankentransportdienstes über eine für die Erfüllung der Aufgabe des Krankentransportdienstes ausreichende Anzahl an Sanitätern und über eine ausreichende Anzahl an sonstigem ausgebildeten qualifizierten Personal verfügen;

5. der Bewerber muss abhängig von der Größe und dem Leistungsangebot des Krankentransportdienstes über eine für die Erfüllung der Aufgabe des Krankentransportdienstes ausreichende Anzahl an geeignet ausgestatteten Transportmitteln und über sonst zur Erfüllung der Aufgabe des Krankentransportdienstes erforderliche Einrichtungen verfügen;

6. der Bewerber muss über eine ständig erreichbare Einsatzleitstelle in Wien mit der erforderlichen ständigen personellen Besetzung und sachlichen Ausstattung für die sofortige Hilfeleistung und administrative Bewältigung verfügen;

7. der personelle Einsatz, der Einsatz von Transportmitteln und der Betrieb der Einsatzleitstelle muss rund um die Uhr gewährleistet sein;

8. der Bewerber muss einen ärztlichen Leiter bestellt haben, welcher über eine Qualifikation als Notarzt verfügt;

9. die Anlagen müssen so eingerichtet und ausgestattet sein, dass sie den baulichen, gesundheitlichen, technischen und sicherheitstechnischen Anforderungen entsprechen;

10. die personelle und sachliche Ausstattung muss den in einer Verordnung nach §13 festgelegten Anforderungen entsprechen.

 

(3) Ein Bewerber kann fehlende Erfordernisse nach Abs2 Z2, 6 und 7 auch durch privatrechtliche Vereinbarung mit einem in Wien bewilligten Rettungs- oder Krankentransportdienst sicherstellen.

 

(4) Die Bewilligung ist unter Vorschreibung von Auflagen zu erteilen, die zur Gewährleistung der ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgabe eines Krankentransportdienstes oder zur Gewährleistung gesundheitlicher, personeller, organisatorischer, technischer und sicherheitstechnischer Anforderungen erforderlich sind.

 

Unterlagen

 

§9. (1) Dem Antrag auf Bewilligungen nach §§6 und 8 sind die zur umfassenden Beurteilung des Vorhabens und zum Nachweis der Erfüllung der Voraussetzungen notwendigen Unterlagen anzuschließen.

 

(2) Insbesondere sind folgende Unterlagen anzuschließen:

1. Nachweis über das Bestehen des Rettungs- oder Krankentransportdienstes, wie zum Beispiel Auszug aus dem Firmenbuch oder Vereinsregister;

2. Nachweis über das Eigentumsrecht oder sonstige Rechte zur Benützung der Einsatzleitstelle und der Stellplätze der Transportmittel;

3. Strafregisterbescheinigung des Bewerbers und dessen Vertreter nach außen, die bei Vorlage nicht älter als drei Monate sein darf, oder bei EWR-Staatsangehörigen ein gleichartiger Nachweis des Heimat- oder Herkunftsstaates, sofern es sich um natürliche Personen handelt;

4. Betriebsbeschreibung, die jedenfalls das vorgesehene Leistungsangebot, die personelle Ausstattung, die technische Ausstattung, die Organisation, den Betriebsablauf und eine Beschreibung der Einsatzleitstelle zu beinhalten hat;

5. maßstabgerechte Pläne, Lagepläne der Einsatzleitstelle und der Stellplätze der Transportmittel sowie allenfalls weiterer Einsatzleitstellen und Einsatzstellen samt Baubeschreibung;

6. Beschreibung der einzusetzenden Transportmittel samt Ausstattung und personeller Besetzung;

7. Beschreibung der medizinischen und technischen Anlagen und Geräte;

8. geeignete Nachweise, wie zum Beispiel baubehördliche Fertigstellungsanzeige, Befunde und Prüfzertifikate, die bestätigen, dass die Einrichtungen, Transportmittel, technischen und medizinischen Anlagen und Geräte den baulichen, gesundheitlichen, technischen und sicherheitstechnischen Anforderungen und den in einer Verordnung nach §13 festgelegten Anforderungen entsprechen;

9. Hygieneplan, der die Maßnahmen zur Erkennung, Verhütung und Bekämpfung von Infektionen beschreibt;

10. Nachweis, dass ausreichend und ausgebildetes qualifiziertes Personal für einen Betrieb ohne Unterbrechung zur Verfügung steht;

11. ausreichend begründete Darlegung für einen Bedarf.

 

Bezeichnungsschutz

 

§10. Die Verwendung von Bezeichnungen, die den Anschein erwecken, dass es sich um einen Rettungs- oder Krankentransportdienst handelt oder dass Transportdienstleistungen im Sinne des vorliegenden Gesetzes mit entsprechender Bewilligung erbracht werden, ist ausnahmslos den nach diesem Gesetz berechtigten Rettungs- und Krankentransportdiensten vorbehalten.

 

[…]

 

6. ABSCHNITT

 

Strafbestimmungen

 

§32. (1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, sofern keine gerichtlich strafbare Handlung vorliegt, wer:

1. eine Bezeichnung verwendet, die fälschlich den Anschein erweckt, dass es sich um eine Einrichtung des öffentlichen Rettungsdienstes, eines bewilligten privaten Rettungsdienstes oder eines bewilligten privaten Krankentransportdienstes handelt;

2. einen privaten Rettungsdienst ohne Bewilligung des Magistrats betreibt oder Aufgaben eines Rettungsdienstes nach §1 ohne Bewilligung des Magistrats durchführt;

3. einen privaten Krankentransportdienst ohne Bewilligung des Magistrats betreibt oder die Aufgabe eines Krankentransportdienstes nach §2 ohne Bewilligung des Magistrats durchführt;

4. einen privaten Rettungsdienst entgegen den Bestimmungen des §6 Abs2 oder entgegen einer nach diesem Gesetz erlassenen Verordnung betreibt;

5. einen privaten Krankentransportdienst entgegen den Bestimmungen des §8 Abs2 oder entgegen einer nach diesem Gesetz erlassenen Verordnung betreibt;

6. die mit Bescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht einhält;

7. Entgegen §12 Abs1 Änderungen ohne Bewilligung des Magistrats durchführt oder eine schriftliche Anzeige nach §12 Abs3 unterlässt;

8. entgegen §14 Abs6 die Vornahme der behördlichen Befugnisse nicht ermöglicht;

9. die in §§15 bis 22, 25 Abs1 und 3 sowie 26 enthaltenen Pflichten verletzt;

10. entgegen §23 Abs1 die regelmäßig wiederkehrenden Überprüfungen unterlässt oder die vorgeschriebenen Zeitintervalle nicht einhält oder dem §23 Abs2 zuwiderhandelt;

11. entgegen §24 keinen ausreichenden Arzneimittelvorrat anlegt, den Arzneimittelvorrat nicht halbjährlich überprüfen lässt oder die Überprüfung nicht schriftlich dokumentiert;

12. vorsätzlich den vergeblichen Einsatz eines Rettungs- oder Krankentransportdienstes veranlasst;

13. die in §27 Abs2 enthaltenen Pflichten verletzt.

 

(1a) Das Anbieten einer zum Aufgabenbereich eines Rettungs- oder Krankentransportdienstes gehörenden Tätigkeit wird der Durchführung von Aufgaben eines Rettungs- oder Krankentransportdienstes im Sinne des Abs1 gleichgehalten.

 

(2) Wer eine Verwaltungsübertretung nach Abs1 Z2 bis 7, Z9 bis 11 oder Z13 begeht, ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu vier Wochen, zu bestrafen.

 

(3) Wer eine Verwaltungsübertretung nach Abs1 Z1, 8 oder 12 begeht, ist mit einer Geldstrafe bis zu 4.000 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, zu bestrafen.

 

7. ABSCHNITT

Schluss- und Übergangsbestimmungen

 

Eigener Wirkungsbereich der Gemeinde

 

§33. Die Gemeinde Wien hat die in diesem Gesetz geregelten Aufgaben im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen, ausgenommen das Verwaltungsstrafverfahren.

 

Bestehende Organisationen in Wien

 

§34. (1) Der Arbeiter-Samariter-Bund Österreichs, die Johanniter-Unfall-Hilfe in Österreich, der Malteser Hospitaldienst Austria und das Österreichische Rote Kreuz, Landesverband Wien, gelten als bewilligte Rettungsdienste und bewilligte Krankentransportdienste nach §§6 und 8 und haben den Bestimmungen dieses Gesetzes zu entsprechen.

 

(2) Juristische Personen, die im alleinigen Eigentum einer der im Abs1 angeführten Organisationen stehen und Aufgaben als Rettungs- und Krankentransportdienst gemäß §§1 und 2 erfüllen, gelten ebenfalls als bewilligte Rettungsdienste und bewilligte Krankentransportdienste.

 

In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten

 

§35. (1) Dieses Gesetz tritt mit dem der Kundmachung folgenden Monatsersten in Kraft.

 

(2) Mit In-Kraft-Treten dieses Gesetzes tritt das Gesetz betreffend das Rettungs- und Krankenbeförderungswesen in Wien (Wiener Rettungs- und Krankenbeförderungsgesetz), LGBl für Wien Nr 22/1965, zuletzt geändert durch das Gesetz LGBl für Wien Nr 5/2002, außer Kraft.

 

(3) Verordnungen auf Grund dieses Gesetzes können bereits vor In-Kraft-Treten dieses Gesetzes erlassen und kundgemacht werden. Sie dürfen aber frühestens zugleich mit diesem Gesetz in Kraft gesetzt werden.

 

(4) Die Verordnung des Wiener Gemeinderates betreffend die Festsetzung der Gebühren gemäß §§5 Abs2 und 6 Abs4 Wiener Rettungs- und Krankenbeförderungsgesetz, Amtsblatt der Stadt Wien Nr 50/2003, gilt als Gebührenordnung nach diesem Gesetz bis zur Erlassung einer neuen Gebührenordnung weiter.

 

Bewilligungen und anhängige Verfahren

 

§36. (1) Bewilligungen, die Rettungs- und Krankentransportdiensten auf Grund des Gesetzes betreffend das Rettungs- und Krankenbeförderungswesen in Wien (Wiener Rettungs- und Krankenbeförderungsgesetz), LGBl für Wien Nr 22/1965, erteilt wurden, gelten als Bewilligungen nach diesem Gesetz. Die Bestimmungen dieses Gesetzes finden auch auf solche Bewilligungen Anwendung.

 

(2) Die zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens dieses Gesetzes anhängigen Verfahren sind nach den Bestimmungen dieses Gesetzes fortzusetzen."

3. Die §§9 und 10 Bundesgesetz über Ausbildung, Tätigkeiten und Beruf der Sanitäter (Sanitätergesetz - SanG), BGBl I 30/2002 (§9 idF BGBl I 57/2008), lauteten wie folgt (die mit dem Hauptantrag angefochtenen Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Rettungssanitäter

 

§9. (1) Der Tätigkeitsbereich des Rettungssanitäters umfasst:

1. die selbständige und eigenverantwortliche Versorgung und Betreuung kranker, verletzter und sonstiger hilfsbedürftiger Personen, die medizinisch indizierter Betreuung bedürfen, vor und während des Transports, einschließlich der fachgerechten Aufrechterhaltung und Beendigung liegender Infusionen nach ärztlicher Anordnung sowie der Blutentnahme aus der Kapillare zur Notfalldiagnostik,

2. die Übernahme sowie die Übergabe des Patienten oder der betreuten Person im Zusammenhang mit einem Transport,

3. Hilfestellung bei auftretenden Akutsituationen einschließlich der Verabreichung von Sauerstoff,

4. eine qualifizierte Durchführung von lebensrettenden Sofortmaßnahmen sowie

5. die sanitätsdienstliche Durchführung von Sondertransporten.

 

(2) Lebensrettende Sofortmaßnahmen im Sinne des Abs1 Z4 sind insbesondere

1. die Beurteilung, Wiederherstellung bzw Aufrechterhaltung der lebenswichtigen Körperfunktionen,

2. die Defibrillation mit halbautomatischen Geräten,

3. die Herstellung der Transportfähigkeit sowie die sanitätsdienstliche Durchführung des Transports,

solange und soweit ein zur selbständigen Berufsausübung berechtigter Arzt nicht zur Verfügung steht. Eine unverzügliche Anforderung des Notarztes ist zu veranlassen.

 

Notfallsanitäter

 

§10. (1) Der Tätigkeitsbereich des Notfallsanitäters umfasst:

1. die Tätigkeiten gemäß §9,

2. die Unterstützung des Arztes bei allen notfall- und katastrophenmedizinischen Maßnahmen einschließlich der Betreuung und des sanitätsdienstlichen Transports von Notfallpatienten,

3. die Verabreichung von für die Tätigkeit als Notfallsanitäter erforderlichen Arzneimitteln, soweit diese zuvor durch den für die ärztliche Versorgung zuständigen Vertreter der jeweiligen Einrichtung gemäß §23 Abs1 schriftlich zur Anwendung freigegeben wurden (Arzneimittelliste 1),

4. die eigenverantwortliche Betreuung der berufsspezifischen Geräte, Materialien und Arzneimittel und

5. die Mitarbeit in der Forschung.

 

(2) Notfallpatienten gemäß Abs1 Z2 sind Patienten, bei denen im Rahmen einer akuten Erkrankung, einer Vergiftung oder eines Traumas eine lebensbedrohliche Störung einer vitalen Funktion eingetreten ist, einzutreten droht oder nicht sicher auszuschließen ist."

III. Antragsvorbringen und Vorverfahren

1. Die Antragsteller sind private Fahrtendienste mit Gewerbeberechtigungen nach dem Gelegenheitsverkehrsgesetz, die in Wien kranke oder behinderte Menschen befördern und damit Umsätze in näher bezeichneter Höhe erzielten. Für die Transporte haben die Antragsteller jeweils auch speziell ausgestattete, teilweise mit erheblichem Aufwand umgebaute Transportfahrzeuge angeschafft.

1.1. Zur Zulässigkeit ihres Antrags bringen die Antragsteller vor, die Neuregelung von §2 Abs2 und §4 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz durch die Novelle LGBl 1/2019 habe den Anwendungsbereich dieses Gesetzes erweitert, zufolge dessen die Antragsteller Beförderungen, zu denen sie zuvor kraft ihrer Gewerbeberechtigung nach dem Gelegenheitsverkehrsgesetz berechtigt waren, nicht mehr durchführen dürften. Ein Eingriff in die rechtlich geschützten Interessen der Antragsteller sei damit gegeben. Es stehe ihnen auch kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, die Bedenken gegen die angefochtenen Gesetzesbestimmungen an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen. Ein verwaltungsbehördliches Verfahren, das Gelegenheit zur Anregung eines Normenprüfungsverfahrens bieten würde, könne nicht anhängig gemacht werden. Es sei auch nicht zumutbar, ein Verwaltungsstrafverfahren in Kauf zu nehmen. Schließlich stelle die Möglichkeit, einen Feststellungsbescheid zu erwirken, keinen zumutbaren anderen Weg dar, wenn der einzige Zweck eines Feststellungsantrages darin bestehe, damit ein Mittel zu erwirken, Bedenken gegen eine Rechtsvorschrift an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.

1.2. In der Sache machen die antragstellenden Gesellschaften auf das Wesentliche zusammengefasst folgende Bedenken geltend:

1.2.1. Während nach der Rechtslage vor dem 1. April 2019 der Transport von Personen, die während des Transports nicht der medizinischen Betreuung durch Sanitäter bedurften, nach §2 Abs2 des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetzes (idF vor LGBl 1/2019) vom Anwendungsbereich des Gesetzes ausgenommen gewesen sei, unterstelle §2 Abs2 leg. cit. in der geltenden Fassung zahlreiche Fälle dem Gesetz. Das Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz erfasse damit auch Transporte, die nicht mehr der Landeskompetenz auf dem Gebiet des "Rettungswesens" zufielen. Die in §2 Abs2 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz geregelten Transporte würden vielmehr in die Bundeskompetenz (Gesundheitswesen, Angelegenheiten des Gewerbes) fallen.

1.2.2. Bedenken bestünden auch hinsichtlich der durch Art6 StGG bzw Art16 GRC garantierten Erwerbsfreiheit: Die Novelle des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetzes ziele intentional darauf ab, "unser Tätigkeitsgebiet einzuschränken und jenes der Blaulichtorganisationen ausdehnen zu können". Ein solcher Eingriff belaste die Novelle mit Verfassungswidrigkeit. Die nachträgliche Einführung einer objektiven Erwerbsantrittsschranke liege nicht im öffentlichen Interesse. Das öffentliche Interesse am Gesundheitsschutz der transportierten Personen sei nicht tragfähig, weil der Anwendungsbereich des Gesetzes auch Transporte erfasse, die keinerlei gesundheitliche Implikationen auf die beförderte Person hätten. Die Novelle des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetzes sei auch nicht geeignet und adäquat. Die Ausweitung der Tätigkeit der Blaulichtorganisationen widerspreche sogar dem öffentlichen Interesse, sie werde zu einer Kostensteigerung für den Krankenversicherungsträger und zu längeren Wartezeiten der zu Befördernden führen.

1.2.3. §2 Abs2 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz sei dermaßen unbestimmt und unklar, dass die Anforderungen des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebotes verletzt werden würden, zumal ein Zuwiderhandeln mit Verwaltungsstrafe bedroht sei.

1.2.4. Der Gleichheitssatz werde in zweierlei Hinsicht verletzt: Erstens seien die Bestimmungen der §§2 und 4 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz unsachlich, da sie Tätigkeiten ohne sachliche Rechtfertigung den "Blaulichtorganisationen" vorbehalten würden. Zweitens werde nach der Art, Intensität und Plötzlichkeit des Eingriffs auch der nach dem Gleichheitsgrundsatz gebotene Vertrauensschutz verletzt.

1.2.5. Die durch die Novelle LGBl 1/2019 bewirkte Entziehung des Rechtes der Antragsteller, Krankenbeförderungen durchzuführen, "und die gleichzeitige Übertragung auf Blaulichtorganisationen" komme schließlich einer Enteignung gleich. §2 Abs2 und §4 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz würden zudem die bisher getätigten Aufwendungen für Spezialfahrzeuge frustrieren; mangels Marktes für die Spezialfahrzeuge sei der Fuhrpark entwertet worden.

2. Die Wiener Landesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der die Zurückweisung des Antrages, in eventu dessen Abweisung begehrt wird:

2.1. Die Antragsteller seien als Mietwagenunternehmen nicht berechtigt (und schon vor der Novelle LGBl 1/2019 nicht berechtigt gewesen), für mobilitätseingeschränkte Menschen Tragsessel- oder Liegendtransporte anzubieten. Der Antrag sei schon mangels Eingriffs in die Rechtssphäre unzulässig. Im Detail führt die Wiener Landesregierung dazu wie folgt aus:

"Bereits vor Inkrafttreten der Novelle war ein Krankentransport erforderlich, wenn Patienten im Rahmen eines Transports einer besonderen physischen oder psychischen Hilfe oder Versorgung durch Sanitäter bedurften. Im Sinne der in §§8 und 9 Abs1 des Bundesgesetzes über Ausbildung, Tätigkeiten und Beruf der Sanitäter (Sanitätergesetz — SanG), BGBl I Nr 30/2002, in der geltenden Fassung, festgelegten Tätigkeitsbereiche des Sanitäters fielen unter anderem die Herstellung der Transportfähigkeit von Patienten, die aktive, körpernahe Arbeit an oder mit der zu befördernden Person - wie insbesondere das Heben, Tragen, Umlagern oder Stabilisieren von Patienten - oder die Übernahme und Übergabe von Patienten in Zusammenhang mit einem Transport auch bereits vor dem 1. April 2019 zweifellos in den Aufgabenbereich der Sanitäter und damit in den Zuständigkeitsbereich eines Krankentransportdienstes.

 

(…)

 

Allen drei Antragstellerinnen wurden in Wien keine Bewilligungen nach den Bestimmungen des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetzes erteilt. Weder die ***, noch die ***, noch die *** sind in Wien berechtigt, Personen als Sanitäter zu beschäftigen oder Aufgaben eines Krankentransportdienstes im Sinne der Bestimmungen des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetzes zu übernehmen. Die Antragstellerinnen sind lediglich befugt, die gewerbsmäßige Beförderung von Personen, welche während des Transports (bzw auf dem Weg zum und vom Fahrzeug) nicht der medizinischen Betreuung durch Sanitäter bedürfen und zu deren Durchführung die Betreiberinnen nach gewerberechtlichen Vorschriften berechtigt sind, mit Kraftfahrzeugen zu übernehmen.

 

Eine Berechtigung zur gewerbsmäßigen Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen (Omnibussen oder Personenkraftwagen) nach dem Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 umfasst nicht die Beförderung von Personen in Krankentransportwagen bzw eine Beförderung von Personen unter Einsatz von Medizinprodukten wie einer Krankentrage oder eines Tragsessels.

 

Bereits auch schon vor Inkrafttreten der Novelle LGBl für Wien Nr 1/2019 war, sobald für eine zu befördernde Person ein Liegendtransport oder ein Transport mittels Tragsessel medizinisch notwendig war, die Beförderung dieser Person jedenfalls den Krankentransportdiensten vorbehalten. Als geeignete Transportmittel zur Beförderung von Personen, bei denen während des Transports eine Betreuung durch Sanitäter medizinisch notwendig ist und die aus medizinischen Gründen kein gewöhnliches Verkehrsmittel benützen können, sind im Sinne der Bestimmung des §2 Abs1 WRKG nicht nur der Krankentransportwagen, sondern auch andere Medizinprodukte wie die Krankentrage und der Tragsessel zu verstehen.

 

Der Einsatz von Krankentrage und Tragsessel ist — neben einer fachgerechten Handhabung dieser Medizinprodukte — mit einem Umlagern, Heben und Tragen der zu befördernden Person verbunden. Hierbei handelt es sich um Tätigkeiten, zu welchen Sanitäter spezifisch ausgebildet werden, nämlich im Gegenstand 'Gerätelehre und Sanitätstechnik' gemäß §33 Abs1 Z9 SanG in Verbindung mit Anlage 1 der Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen über die Ausbildung zum Sanitäter — Sanitäter-Ausbildungsverordnung — San-AV, BGBl II Nr 420/2003 (Bergungs- und Lagerungstechniken; Bergetuch, Einheitskrankentrage, Tragsessel, Fahrtrage, Rollstuhl). Eine Konzession für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen unter Beistellung des Lenkers mitumfasst weder die Herstellung der Transportfähigkeit der zu befördernden Person, noch deren Umlagern in ein Medizinprodukt, noch deren Heben und Tragen unter Einsatz eines Medizinprodukts.

 

Dem Vorbringen der Erstantragstellerin, dass die Magistratsabteilung 40 bestätigt habe, dass die Verwendung eines Tragsessels durch gewerbliche Fahrtendienste zulässig sei, wird entgegnet, dass diese Schlussfolgerung aus der vorgelegten E‑Mail eindeutig nicht möglich ist. Weiters ist festzuhalten, dass es sich bei der Beilage ./4 um eine E‑Mail an den Geschäftsführer [einer Gesellschaft, die hier nicht als Antragstellerin auftritt] aus dem Jahre 2013 und nicht um einen Schriftverkehr zwischen der Erstantragstellerin, der ***, und der zuständigen Behörde handelt.

 

Abgesehen davon geht aus dem Inhalt der vorgelegten E‑Mail (Beilage ./4) hervor, dass es sich um ein Antwortschreiben der damaligen Referentin auf eine Anfrage des Geschäftsführers eines privaten Fahrtendienstes handelt. An dieser Stelle sei ausdrücklich angemerkt, dass es sich bei der als Beilage ./4 vorgelegten E‑Mail um ein inoffizielles und nicht aktenkundiges Schreiben handelt. Unabhängig davon geht aus der Beilage ./4 eindeutig hervor, dass auf die gesetzlichen Bestimmungen der damaligen Rechtslage und das Vorliegen einer medizinischen Indikation als ausschlaggebendes Kriterium für einen Krankentransport verwiesen wurde. Somit kann — entgegen der Behauptung der Erstantragstellerin — von einer Bestätigung der Behörde, dass die Verwendung eines Tragsessels durch gewerbliche Fahrtendienste zulässig sei, nicht die Rede sein.

 

Die Antragstellerinnen sind im Rahmen ihrer Gewerbeberechtigungen nicht befugt, Dienstleistungen von ihren Kraftfahrzeuglenkern, die über auch von Laien zulässigerweise zu leistende Hilfestellungen (etwa beim Ein- und Aussteigen in ein bzw aus einem Fahrzeug) oder über Hilfsleistungen, zu denen jedermann fähig, berechtigt und verpflichtet ist (wie beispielweise Leistung Erster Hilfe bei einem Verkehrsunfall) hinausgehen, erbringen zu lassen. Das Umlagern einer zu befördernden Person in einen Tragsessel oder auf eine Krankentrage sowie das Heben und Tragen dieser Person zu einem Kraftfahrzeug gehen unzweifelhaft über die von einem Fahrzeuglenker üblicherweise zu erbringenden Leistungen hinaus und können ohne jeglichen Zweifel nicht als Hilfestellung für einen Kunden eines Mietwagenunternehmens beim Einsteigen in das Kraftfahrzeug angesehen werden.

 

§3 Abs1 Z2 GelverkG normiert als Kraftfahrzeuge für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen im diesbezüglichen Klammerausdruck ausdrücklich 'Omnibusse oder Personenkraftwagen'.

 

§2 Abs1 des Bundesgesetzes vom 23. Juni 1967 über das Kraftfahrwesen (Kraftfahrgesetz 1967 — KFG 1967), BGBl Nr 267/1967, in der geltenden Fassung, definiert einen Personenkraftwagen als Kraftwagen (Z3), der nach seiner Bauart und Ausrüstung ausschließlich oder vorwiegend zur Beförderung von Personen bestimmt ist und außer dem Lenkerplatz für nicht mehr als acht Personen Plätze aufweist (Z5); einen Omnibus als Kraftwagen, der nach seiner Bauart und Ausrüstung zur Beförderung von Personen bestimmt ist und außer dem Lenkerplatz für mehr als acht Personen Plätze aufweist (Z7) und einen Krankenwagen als Kraftfahrzeug der Klasse M zur Beförderung Kranker oder Verletzter, das zu diesem Zweck entsprechend ausgerüstet ist (Z28c). Die Begriffe 'Personenkraftwagen' und 'Krankenwagen' sind sohin im Kraftfahrgesetz 1967 nicht ident und können auch im Zusammenhang mit der Bestimmung des §3 Abs.1 Z2 GelverkG nicht synonym verwendet werden.

 

In Anhang II der Verordnung (EU) 2018/858 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 über die Genehmigung und die Marktüberwachung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr 715/2007 und (EG) Nr 595/2009 und zur Aufhebung der Richtlinie 2007/46/EG werden zusätzliche Anforderungen für Krankenwagen festgelegt. Hiernach muss der Patientenraum von Krankenwagen den Anforderungen der Norm EN 1789:2007 +A1:2010 +A2:2014 'Rettungsdienstfahrzeuge und deren Ausrüstung - Krankenkraftwagen', außer deren Abschnitt 6.5 'Ausrüstungs-Tabellen', genügen. Diese Europäische Norm legt Anforderungen an Konstruktion, Prüfungen, Betriebsverhalten und Ausrüstung von Kranken-kraftwagen, die zum Transport von Kranken oder Verletzten verwendet werden, fest. Sie gilt für Krankenkraftwagen, in denen mindestens eine Person liegend auf einer Krankentrage transportiert werden kann.

 

Überdies definiert §2 der Verordnung des Magistrats der Stadt Wien betreffend Mindestanforderungen von Rettungs- und Krankentransportdiensten (Durchführungsverordnung zum Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz – WRKG), ABI. für Wien Nr 47/2015, einen Krankentransportwagen der Type 1 (KTW 1) als Krankenkraftwagen, der dem Transport von erkrankten, verletzten und anderen hilfsbedürftigen Personen dient, die gehfähig sind oder einen Rollstuhl benötigen und bei denen keine schweren gesundheitlichen Schäden zu befürchten sind, die aber aus medizinischen Gründen auf einen Transport unter sachgerechter Betreuung durch Rettungssanitäterinnen oder Rettungssanitäter angewiesen sind (Z8) und einen Krankentransportwagen der Type 2 (KTW 2) als Krankenkraftwagen, der dem Transport von erkrankten, verletzten und anderen hilfsbedürftigen Personen im Liegen oder Sitzen dient, bei denen keine schweren gesundheitlichen Schäden zu befürchten sind, die aber aus medizinischen Gründen auf einen Transport unter sachgerechter Betreuung durch Rettungssanitäterinnen oder Rettungssanitäter angewiesen sind (Z9).

 

Gemäß §3 dieser Durchführungsverordnung sind Krankentransportwagen der Type 1 mit mindestens einer Rettungssanitäterin oder einem Rettungssanitäter (Abs1) und Krankentransportwagen der Type 2 mit mindestens zwei Rettungssanitäterinnen oder Rettungssanitätern zu besetzen (Abs2). Zur Ausrüstung eines Krankentransportwagens der Type 2 zählen – im Unterschied zur Ausrüstung eines Krankentransportwagen der Type 1 — unter anderem eine Haupttrage/Fahrgestell und ein Tragsessel (Anlage, Lfd. Nr 1 und 6).

 

Auch aus diesen Bestimmungen der Durchführungsverordnung hätten die Antragstellerinnen erkennen müssen, dass ein medizinisch notwendiger Krankentransport im Liegen oder in einem Tragsessel mittels eines Krankentransportwagens der Type 2, welcher mit mindestens zwei Sanitätern zu besetzen ist, zu erfolgen hat und nicht als Beförderungsleistung von einem gewerblichen Fahrtendienst erbracht werden darf.

 

Gewerbliche Fahrtendienste sind zweifellos berechtigt, Beförderungen für Menschen mit besonderen Bedürfnissen, so auch für Rollstuhlfahrer, anzubieten bzw Fahrten mit Personen durchzuführen, die im Rollstuhl sitzend befördert werden müssen. Es steht ihnen unbenommen frei, ihre Kraftfahrzeuge mit besonderen Vorrichtungen auszurüsten, um das barrierefreie Ein- und Austeigen für Rollstuhlfahrer zu ermöglichen, beispielsweise durch die Montage einer Rampe oder durch den Einbau einer Hebevorrichtung.

 

Das Umsetzen von Personen in einen (Leih‑)Rollstuhl fällt nicht unter diese Art der Beförderung. Daher ist die bei Fahrtendiensten gängige Praxis der Verwendung eines Leihrollstuhls nicht immer als gewerbliche Serviceleistung, sondern teilweise als Krankentransport im Sinne des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetzes zu qualifizieren. Die Zweitantragstellerin veranschaulicht mit ihrem eigenen Vorbringen ([…]: 'Der Kunde sitzt während der gesamten Fahrt im Rollstuhl, in den er sich mit Unterstützung des Fahrers setzt und nach dem Transport wieder daraus aufsteht.') sehr gut die grundlegende Problematik, da die betroffene Person mitunter zweimal (beim Hinein- bzw Hinaussetzen) durch einen Kraftfahrer ohne die dafür notwendige Ausbildung und nicht durch einen Rettungssanitäter umgelagert wird. Kann sich die betroffene Person jedoch selbstständig aus eigener Kraft und ohne fremde Hilfestellung in den Leihrollstuhl setzen bzw aus diesem selbstständig wieder aufstehen, so fällt ein solcher Transport bei fehlender medizinischer Indikation nicht unter §2 WRKG.

 

Bezüglich der Beförderungen von schulpflichtigen behinderten Kindern durch Fahrtendienste zum Zwecke des Schulbesuches, zu den für den Schulerfolg erforderlichen Therapien und für Ausflugsfahrten im Rahmen des Schulbesuches wird zu den bisherigen Ausführungen ergänzend festgehalten, dass diese (bei mangelnder medizinischer Notwendigkeit) unter die Ausnahme des §4 Abs1 Z2 WRKG in der gegenständlichen Fassung fallen.

 

Die Ausnahme des §4 Abs1 Z2 WRKG gilt auch für täglich durchgeführte Fahrten von älteren Personen oder Menschen mit besonderen Bedürfnissen zu bzw von ihren Tagesbetreuungszentren oder Arbeitsstätten.

 

Dem Vorbringen der Antragstellerinnen (…), wonach die in den vergangenen Jahren getätigten Investitionen in Fahrzeuge und für Mitarbeiter frustriert würden, wird entgegengehalten, dass die Antragstellerinnen bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt im Zusammenhang mit ihrer Gewebeausübung bereits vor Tätigung der Investitionen hätten erkennen müssen, dass ihre Konzessionen zur Ausübung des Mietwagen-Gewerbes die Durchführung von Patiententransporten in mit Tragsessel und Krankentrage ausgerüsteten Krankenkraftwagen allein anhand des Wortlauts nicht abdecken. Da es sich hierbei jedoch um rein wirtschaftliche Interessen der Fahrtendienstunternehmer handelt, die keine rechtliche Betroffenheit begründen können (vgl VfGH vom 24.6.1999, Zlen G 37/99, V11/99), liegt auch diesbezüglich keine ausreichende Antragslegitimation der Antragstellerinnen vor.

 

Es ist noch einmal festzuhalten, dass keiner einzigen Antragstellerin eine Bewilligung zum Betrieb eines privaten Krankentransportdienstes in Wien nach den gesetzlichen Bestimmungen des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetzes erteilt wurde.

 

Sohin zeigt sich, dass die Antragstellerinnen entgegen der gesicherten Rechtsprechung des VfGH nicht in ihrer Rechtsposition betroffen sind. Nach dieser ist nämlich derjenige, für den das Gesetz bloß faktische Wirkungen zeitigt, zur Anfechtung nicht berechtigt. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist vielmehr, dass das Gesetz die Rechtssphäre der betreffenden Person berührt, in deren Rechtssphäre eingreift und diese — im Falle seiner Verfassungswidrigkeit — verletzt (VfSlg 8009/1977).

 

Zu der von den Antragstellerinnen (…) vorgebrachten Umwegsunzumutbarkeit, welche sie berechtige, den Verfassungsgerichtshof anzurufen, ist festzuhalten, dass die ständige Rechtsprechung des VfGH unter dem Begriff des 'Umwegs' sämtliche Möglichkeiten erfasst, die es einem Normunterworfenen ermöglichen, ein Verfahren anzustrengen, in dem die betreffende Norm anzuwenden ist. Auf die Erfolgsaussichten dieses Weges kommt es jedoch nicht an (VfSlgen 13.754/1994, 15.030/1997 u. v. a.). Der Individualantrag nach Art140 Abs1 B‑VG soll daher nur dann offenstehen, wenn sonst kein anderer zumutbarer Weg möglich ist.

 

Keine der Antragstellerinnen hat bisher bei der für die Vollziehung des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetzes zuständigen Behörde einen Antrag auf Erlassung eines Bewilligungsbescheides nach §8 WRKG eingebracht. Es ist derzeit auch kein Verfahren über die Bewilligung eines privaten Krankentransportdienstes anhängig, weshalb - auch aus formalen Gründen - die Voraussetzung für den gegenständlichen Antrag nicht gegeben ist.

 

Zusammengefasst ist daher festzuhalten, dass die Antragstellerinnen bereits vor Inkrafttreten der gegenständlichen Bestimmungen der Novelle zum Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz nicht berechtigt waren, Personenbeförderungen unter Verwendung eines zu einem Krankenkraftwagen umgerüsteten Personenkraftfahrzeugs bzw unter Einsatz von Medizinprodukten - wie Krankentrage oder Tragsessel - durchzuführen. Die angefochtenen Regelungen des §2 Abs2 und §4 Abs1 WRKG in der Fassung LGBl für Wien Nr 1/2019 stellen keinen Eingriff in die Rechtssphäre der Antragstellerinnen dar; sie sind ihnen gegenüber nicht unmittelbar und aktuell wirksam. Diese Regelungen entfalten den Antragstellerinnen gegenüber keine Rechtswirkungen, die sie im Wege eines Individualantrags geltend machen könnten. Außerdem ist auch die Voraussetzung der Umwegsunzumutbarkeit, als formelles Kriterium der Zulässigkeit des Antrags, bei sämtlichen Antragstellerinnen nicht erfüllt.

 

In formaler Hinsicht wird in diesem Zusammenhang auch noch darauf hingewiesen, dass die Antragstellerinnen [teils] 'die Novelle LGBl 1/2019' pauschal zum Gegenstand ihrer Anfechtung machen. Nach ständiger Judikatur des Verfassungsgerichtshofes ist grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation bei einem Individualantrag, dass das betreffende Gesetz die Rechtssphäre der Antragsteller so berührt, dass dieses in deren Rechtssphäre eingreift und diese verletzt. Die Erfüllung dieser Voraussetzung setzt nicht nur voraus, dass die Antragsteller die Verletzung in ihrer Rechtsphäre dartun, sondern auch, dass zwischen den angefochtenen Bestimmungen und der behaupteten Rechtsverletzung eine nachvollziehbare gedankliche Verbindung besteht.

 

Die Antragstellerinnen haben aber die Bestimmungen, die nach dem Inhalt ihres Vorbringens behauptetermaßen in ihre Rechtssphäre eingreifen, nicht richtig bezeichnet. Die genannte Novelle des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetzes enthält neben der Änderung des §2 Abs2 (Regelung der Fälle, in denen ein Krankentransportdienst im Sinne des Gesetzes jedenfalls notwendig ist) und der Änderung des §4 Abs1 (Regelung der Ausnahmen aus dem Anwendungsbereich) auch noch Bestimmungen über den Bezeichnungsschutz (Z3 der Novelle), über das Erlöschen der Bewilligung eines Rettungs- oder Krankentransportdienstes (Z4), über die bewilligungspflichtigen Änderungen eines Rettungs- oder Krankentransportdienstes (Z5) sowie weitere Änderungen in den Z6 bis 14, zu denen die Antragstellerinnen in ihrem Vorbringen mit keinem Wort darlegen, inwiefern diese Rechtsvorschriften in ihre Rechtsposition eingreifen. Auch aus diesem Grund erweisen sich diese Anträge als unzulässig."

2.2. In der Sache tritt die Wiener Landesregierung den Bedenken der antragstellenden Gesellschaft entgegen. Zur behaupteten Kompetenzwidrigkeit führt sie wie folgt aus:

"Art10 Abs1 Z12 B‑VG normiert ausdrücklich landesgesetzliche Ausnahmen der Bundesmaterie Gesundheitswesen, nämlich das Leichen- und Bestattungswesen sowie den Gemeindesanitätsdienst und das Rettungswesen. In den richtungsweisenden Entscheidungen VfSlgen 5833/1968 und 12.320/1990 hat der Verfassungsgerichtshof die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern für Angelegenheiten des Hilfs- und Rettungsdienstes eindeutig festgehalten und die betreffende Materie als Regelungsgegenstand des Art15 Abs1 B‑VG, sohin Gesetzgebung und Vollziehung durch die Länder, qualifiziert. Das Rettungswesen umfasst sowohl den Rettungsdienst im engeren Sinne als auch den Krankentransportdienst. Aufgaben eines Rettungsdienstes sind unter anderem die Leistung Erster Hilfe an Personen, die eine erhebliche Gesundheitsstörung oder erhebliche Verletzung erlitten haben, sie transportfähig zu machen und sie erforderlichenfalls unter sachgerechter Betreuung mit geeigneten Transportmitteln in eine Krankenanstalt zu befördern oder ärztlicher Hilfe zuzuführen, Personen wegen unmittelbarer Lebensgefahr sofortige erste notärztliche Hilfe zu leisten und den Transport von Personen durchzuführen, bei denen lebenswichtige Funktionen ständig überwacht oder aufrecht erhalten werden müssen. Der qualifizierte Krankentransport umfasst den aufgrund ärztlicher Beurteilung notwendigen Transport von Verletzten, Kranken oder sonst Hilfsbedürftigen, die keine Notfallpatienten sind, unter Begleitung von Sanitätern mit geeigneten Transportmitteln.

 

[…] Der Sache nach [werden] durch §2 WRKG (aufgrund der klarstellenden Abgrenzung des §4 WRKG, welche Beförderungen jedenfalls nicht unter das Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz fallen) ausschließlich Krankentransporte im Sinne des Rettungswesens und keine Personenbeförderungen, die gewerberechtlichen Regelungen wie der Gewerbeordnung oder dem Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 unterliegen, erfasst. Das Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz fällt somit zweifelsfrei aufgrund seines Regelungsziels und Regelungsinhalts, sowie auch gemäß der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (siehe VfSlgen 5833/1968, 12.320/1990, 16.941/2003), unter die - in Art10 Abs1 Z12 B‑VG genannte - Kompetenz des Rettungswesens, weshalb die Zuständigkeit des Landesgesetzgebers für die Erlassung ebendieser Norm gemäß Art15 Abs1 B‑VG gegeben ist. Das Land Wien hat daher mit der Schaffung des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetzes (LGBl Nr 39/2004) und gegenständlicher Novelle (LGBl Nr 1/2019) kompetenzkonform hilfs- und rettungsdienstliche Regelungen für das Bundesland Wien als zuständiger Gesetzgeber erlassen."

3. Die Bundesregierung hat eine Äußerung erstattet, in der vorgebracht wird, dass der Antrag im Hinblick auf die mitangefochtenen §9 Abs1 Z2 und §10 Abs1 Z1 Sanitätergesetz, die in keinem untrennbaren Zusammenhang zum Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz stünden, mangels näherer Darlegung diesbezüglicher Bedenken unzulässig und daher zurückzuweisen sei. In der Sache seien verfassungsrechtliche Bedenken gegen §9 (Abs1 Z2) und §10 (Abs1 Z1) Sanitätergesetz, die sich auf die Bundeskompetenz in Angelegenheiten des "Gesundheitswesens" stützten, nicht begründet.

Zu §2 und §4 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz vertritt die Bundesregierung unter anderem die Auffassung, dass die Bestimmung der Fälle, in denen ein Krankentransport mit einem Krankentransportdienst zu erfolgen habe, sowie des Anwendungsbereiches des Gesetzes "auf beträchtliche Auslegungsschwierigkeiten stoßen". Zu §9 Abs1 Z2 Sanitätergesetz (iVm §2 Abs2 Z7 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz) sei jedoch darauf hinzuweisen, dass diese Bestimmung nicht auf jegliche Transporte von Patienten und betreuten Personen Bezug nehme, sondern ausschließlich auf Transporte im Sinn von §9 Abs1 Z1 Sanitätergesetz. Zur Kompetenzfrage sei schließlich darauf hinzuweisen, dass "unstrittig" sein dürfte, dass die Gewerbekompetenz des Bundes (Art10 Abs1 Z8 B‑VG) "auch die gewerbsmäßige Durchführung von Kranken- und Verletztentransporten" umfasse (Hinweis auf Lienbacher, Krankentransporte [ohne Hubschrauberrettung], in Grillberger/Mosler [Hrsg.], Europäisches Wirtschaftsrecht und soziale Krankenversicherung [2003] 523 [531]). Hinsichtlich der Gewerberechtskompetenz des Bundes (Art10 Abs1 Z8 B‑VG) und der Landeskompetenz in Angelegenheiten des "Rettungswesens" (Art10 Abs1 Z12 iVm Art15 Abs1 B‑VG) sei "von einem Nebeneinander von bundes- und landesrechtlichen Regelungen auszugehen […], die nach jeweils unterschiedlichen Gesichtspunkten getroffen werden". Genehmigungen müssten kumulativ vorliegen. Ein — problematisches — Unterlaufen der Regelungen eines anderen Gesetzgebers liege nach Ansicht der Bundesregierung hier jedoch nicht vor.

IV. Zulässigkeit

1. Gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B‐VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über Verfassungswidrigkeit von Gesetzen auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Verfassungswidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, wenn das Gesetz ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist.

Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art140 Abs1 Z1 litc B‑VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz – im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit – in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese – im Falle seiner Verfassungswidrigkeit – verletzt.

Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des – behaupteterweise – rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg 11.868/1988, 15.632/1999, 16.616/2002, 16.891/2003).

2. Der Antrag ist nicht zulässig:

2.1. Mit ihrem Hauptantrag und ihrem ersten Eventualantrag begehren die Antragsteller die Aufhebung der "Novelle LGBl 1/2019" zum Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz (mit dem Hauptantrag ferner auch die Aufhebung von §9 Abs1 Z2 und §10 Abs1 Z1 Sanitätergesetz).

2.1.1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist die Anfechtung einer Novellierungsanordnung nur dann zulässig, wenn eine Bestimmung durch die betreffende Novelle aufgehoben worden ist und sich das Bedenken gegen diese Aufhebung richtet, die Gesetzes- oder Verfassungswidrigkeit also auf keinem anderen Wege beseitigt werden kann (vgl zB VfSlg 19.658/2012 und 20.213/2017 sowie zuletzt VfGH 12.6.2019, G34/2019 ua; 13.12.2019, G67/2019 ua).

2.1.2. Weil die mit dem Hauptantrag und dem ersten Eventualantrag angefochtene Novelle LGBl 1/2019 zum Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz lediglich Novellierungsanordnungen enthält, die sich nicht bloß in der Aufhebung bestehender Bestimmungen erschöpfen, sind diese Anträge – schon aus diesem Grund – als unzulässig zurückzuweisen.

2.1.3. Hinsichtlich §9 Abs1 Z2 und §10 Abs1 Z1 Sanitätergesetz ist der Hauptantrag – auch – deshalb unzulässig, weil die Antragsteller nicht dargelegt haben, inwiefern diese Bestimmungen für sich allein unmittelbar in ihre Rechtssphäre eingreifen. Sollte sich eine rechtseingreifende Wirkung hingegen (erst) in Verbindung mit (dem mit Eventualantrag angefochtenen) §2 Abs2 Z7 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz ergeben (was hier dahingestellt bleiben kann), wäre der auf §9 Abs1 Z2 und §10 Abs1 Z1 Sanitätergesetz bezogene Teil des Antrages wegen der Zumutbarkeit eines anderen Weges, die Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen (siehe im Folgenden 2.2.), unzulässig.

2.2. Der zweite, auf die Aufhebung von §2 Abs2 sowie §4 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz idF LGBl 1/2019 gerichtete Eventualantrag erweist sich ebenfalls als unzulässig, weil – worauf schon die Wiener Landesregierung zu Recht hingewiesen hat – ein anderer zumutbarer Weg besteht, die geltend gemachten Bedenken an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen:

2.2.1. Die Bedenken der Antragsteller richten sich gegen die Abgrenzung des vom Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz erfassten und geregelten Krankentransport(dienst)es (§2 Abs2 und §4 Abs1 leg. cit.).

2.2.2. Mit dem Antrag auf Erteilung einer Bewilligung zum Betrieb eines privaten Krankentransportdienstes (§§8 und 9 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz) steht den Antragstellern eine Möglichkeit offen, einen Bescheid und in weiterer Folge eine Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts zu erwirken und auf diesem Weg den Verfassungsgerichtshof nach Art144 Abs1 zweite Alternative B‑VG unter Geltendmachung ihrer Bedenken anzurufen, weil im Bewilligungsverfahren auch zu beurteilen ist, ob ein Vorhaben überhaupt der Bewilligungspflicht (§8 Abs1 iVm §2 und §4 Abs1 leg. cit.) unterliegt.

2.2.3. Dieser Weg ist — ungeachtet der in §8 Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz statuierten Genehmigungsvoraussetzungen — auch nicht unzumutbar, weil auch einer abweisenden Entscheidung (etwa infolge mangelnder Erfüllung infrastruktureller Voraussetzungen nach §8 Abs2 Z4 oder Z5 leg. cit.) und selbst einer zurückweisenden Entscheidung (infolge mangelhafter Beibringung der nach §9 leg. cit. erforderlichen Unterlagen) implizit die Bejahung der Anwendbarkeit des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetzes (§2 und §4 Abs1 leg. cit.) auf das zur Bewilligung eingereichte Transportvorhaben zugrunde liegt, womit diese Bestimmungen jedenfalls (mit) präjudiziell sind.

V. Ergebnis

Der Antrag ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

Dies konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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