VfGH G120/2015

VfGHG120/201522.9.2015

Zurückweisung eines Parteiantrags auf Aufhebung von Bestimmungen des Nö Kinder- und JugendhilfeG mangels Vorliegens einer entschiedenen Rechtssache

Normen

B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
VfGG §62a Abs1
Nö Kinder- und JugendhilfeG §8, §10
AußStrG §45
B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
VfGG §62a Abs1
Nö Kinder- und JugendhilfeG §8, §10
AußStrG §45

 

Spruch:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

1. Im Rahmen eines beim Bezirksgericht Mödling anhängigen Sorgerechtsstreits mit der Mutter seines minderjährigen Sohnes stellte der Antragsteller (mehrfach) den Antrag

"auf Beischaffung des Aktes des Jugendamtes der Bezirkshauptmannschaft Mödling zur Einsichtnahme und zur Beauftragung des Jugendamtes der Bezirkshauptmannschaft Mödling zur Stellungnahme hinsichtlich aufgelisteter Fragen, bzw., dem Kindesvater die Akteneinsicht in den Akt des Jugendamtes zu ermöglichen".

2. Diesen – vom Gericht im Spruch seines Beschlusses auf diese Weise zusammengefassten und formulierten – Antrag wies das Bezirksgericht Mödling mit Beschluss vom 19. Februar 2015 ab. Nach einer ausführlichen Darstellung des bisherigen Verfahrensgeschehens begründete das Gericht seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass es eine Stellungnahme der Familiengerichtshilfe über die Lebenssituation des minderjährigen Sohnes eingeholt habe, aus der sich keine Gefährdung ergebe. Es habe keine Veranlassung bestanden, erneut das Jugendamt mit denselben Fragestellungen zu befassen. Die Entscheidung, wen das Gericht mit Erhebungen beauftrage, obliege diesem. Im Übrigen würden für die Auskunft aus der Dokumentation der Bezirkshauptmannschaft als Jugendamt und Organ des Landes Niederösterreich die §§8 und 10 des NÖ Kinder- und Jugendhilfegesetzes gelten, aus denen sich ergebe, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kinder- und Jugendhilfeträgers zur Verschwiegenheit über Tatsachen des Privat- und Familienlebens, die Eltern, werdende Eltern oder sonst Erziehungsberechtigte, Familien, Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mittelbar oder unmittelbar betreffen und ausschließlich aus dieser Tätigkeit bekannt geworden sind, verpflichtet seien, sofern eine Auskunft nicht im überwiegenden berechtigten Interesse der betroffenen Kinder, Jugendlichen und jungen Erwachsenen liege.

Gemäß §10 Abs4 leg.cit. hätten Erziehungsberechtigte das Recht, vom jeweiligen Träger oder der Einrichtung Auskünfte über alle dem Kinder- und Jugendhilfeträger und der beauftragten privaten Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung bekannten Tatsachen ihres Privat- und Familienlebens zu erhalten, soweit durch die Erteilung der Auskunft nicht Interessen der betreuten Kinder und Jugendlichen oder überwiegende, berücksichtigungswürdige persönliche und berechtigte Interessen der Eltern oder Erziehungsberechtigten sowie anderer Personen gefährdet würden. Dieses Recht stehe auch Personen zu, denen Pflege und Erziehung auf Grund einer Erziehungshilfe ganz oder teilweise nicht mehr zukomme.

Auch daraus ergebe sich, dass eine Aktenübermittlung zur Einsicht in Außerstreitsachen an das Pflegschaftsgericht nicht vorgesehen sei.

3. Aus Anlass eines gegen diesen Beschluss erhobene Rekurses stellte der Kindesvater des Obsorgerechtsstreites vor dem Bezirksgericht Mödling den vorliegenden Gesetzesprüfungsantrag gemäß Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG.

4. Die Bundesregierung und die NÖ Landesregierung haben im Verfahren Äußerungen erstattet, in denen sie die Zurückweisung, hilfsweise die Abweisung des Antrages beantragen.

5. Der Antrag ist unzulässig:

5.1. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Antragstellung nach Art140 Abs1 Z1 litd B‑VG iVm §62a Abs1 VfGG ist, dass auf Grund der gerichtlichen Entscheidung, gegen die ein (zulässiger) Rekurs erhoben wurde, eine "entschiedene Rechtssache" vorliegt.

5.2. Das Gericht hat in seinem Beschluss, welcher Anlass des vorliegenden Antrages ist, Anträge der Partei abgewiesen, die auf die Gestaltung der Modalitäten der gerichtlichen Stoffsammlung abgezielt haben, nämlich die Beischaffung eines Verwaltungsaktes und die Stellung von Fragen an die Kinder- und Jugendhilfebehörde. Derartige verfahrensleitende Beschlüsse sind gemäß §45 zweiter Satz AußerstreitG, soweit nicht ihre selbständige Anfechtung angeordnet ist, nur mit dem Rekurs gegen die Entscheidung über die Sache anfechtbar.

6. Da eine entschiedene Rechtsache somit nicht vorliegt (vgl. auch den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom heutigen Tage, G341/2015), erweist sich der Gesetzesprüfungsantrag schon deshalb als unzulässig. Der Antrag ist daher zurückzuweisen.

7. Dies konnte gemäß §19 Abs4 VfGG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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