Normen
B-VG Art144 Abs1 / Anlassfall
VfGG §7 Abs1
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VFGH:2020:E1475.2019
Spruch:
I. Der Beschwerdeführer ist durch das angefochtene Erkenntnis wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnungsbestimmung in seinen Rechten verletzt worden.
Das Erkenntnis wird aufgehoben.
II. Der Bund (Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.856,– bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
1. Der Beschwerdeführer studierte "Wirtschaftsrecht" (Bachelor- und Masterstudium) an der Wirtschaftsuniversität Wien und schloss sein Studium mit dem akademischen Grad Master of Laws (WU), LL.M. (WU), ab. Am 17. August 2017 stellte er einen Antrag auf Zulassung zum Doktoratsstudium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien. Das Rektorat der Universität Wien ließ den Beschwerdeführer mit Bescheid vom 23. Oktober 2017 gestützt im Wesentlichen auf §64 Abs4 UG und §2 Abs2 und Abs4 des Curriculums für das Doktoratsstudium der Rechtswissenschaften und das PhD-Studium Interdisciplinary Legal Studies (im Folgenden: Curriculum) unter den Auflagen zum Studium zu, zusätzlich zu den im Studium vorgeschriebenen Studienleistungen eine mündliche Prüfung aus "Rechtsphilosophie und Rechtstheorie" sowie prüfungsimmanente Lehrveranstaltungen oder mündliche Prüfungen aus "Rechtsgeschichte" und "Romanistische Fundamente europäischer Privatrechte" zu absolvieren.
2. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 6. März 2019 als unbegründet ab.
3. Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende, auf Art144 B‑VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten, insbesondere im Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, sowie in Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses beantragt wird.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Gerichts- und Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift aber abgesehen.
Aus Anlass der vorliegenden Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 Abs1 Z1 litb B‑VG und Art139 Abs1 Z2 B‑VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §64 Abs4 UG, BGBl I 120/2002 idF BGBl I 129/2017, sowie der Gesetzmäßigkeit des §2 Abs2 und Abs4 des Curriculums, Mitteilungsblatt der Universität Wien vom 11. Mai 2009, 22. Stück, Nr 165, idF Mitteilungsblatt der Universität Wien vom 25. Juni 2018, 34. Stück, Nr 166, ein. Mit Erkenntnis vom 26. Juni 2020, G303/2019 ua, sprach der Verfassungsgerichtshof aus, dass §64 Abs4 UG nicht als verfassungswidrig aufgehoben wird. §2 Abs2 und Abs4 des Curriculums hob er als gesetzwidrig auf.
4. Die – zulässige – Beschwerde ist begründet.
Das Bundesverwaltungsgericht hat eine gesetzwidrige Verordnungsbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.
Der Beschwerdeführer wurde also durch das angefochtene Erkenntnis wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnungsbestimmung in seinen Rechten verletzt (VfSlg 10.303/1984, 10.515/1985).
5. Das Erkenntnis ist daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen ist.
6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 436,– sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 240,– enthalten.
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