Normen
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art144 Abs1 / Prüfungsmaßstab
StGG Art5
WRG 1959 §15 Abs1
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art144 Abs1 / Prüfungsmaßstab
StGG Art5
WRG 1959 §15 Abs1
Spruch:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. a) Der Landeshauptmann von Vbg. erteilte mit Bescheid vom 1. Juli 1975 den Gemeinden H und L unter einer Reihe von Vorschreibungen nach den §§32 und 111 des Wasserrechtsgesetzes 1959, BGBl. Nr. 215 (WRG), die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung einer zentralen Abwasserreinigungsanlage. Mit demselben Bescheid wurden gemäß §15 Abs1 WRG den Einwendungen des zur Ausübung der Fischerei im Bodensee Berechtigten M B (des Bf. dieses verfassungsgerichtlichen Verfahrens), betreffend die Errichtung einer Ringleitung um den Bodensee, nicht Rechnung getragen und gleichzeitig gemäß §117 Abs2 WRG die Entscheidung darüber, ob und allenfalls in welcher Höhe dem Fischereiberechtigten eine Entschädigung für entstehende vermögensrechtliche Nachteile zusteht, einem Nachtragsbescheid vorbehalten.
Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft gab der dagegen vom Fischereiberechtigten B erhobenen Berufung mit Bescheid vom 6. August 1975 keine Folge.
Der VfGH wies die gegen diesen Berufungsbescheid vom Fischereiberechtigten B erhobene, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde mit Erk. vom 30. September 1977, B336/75, (= VfSlg. 8120/1977) ab und trat die Beschwerde dem VwGH ab.
Der VwGH hob mit Erk. vom 31. Mai 1979, Z 2757/77, den Berufungsbescheid vom 6. August 1975 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf und begründete dies im wesentlichen wie folgt:
Es sei unzulässig, die Entscheidung darüber, "ob und allenfalls in welcher Höhe" dem Fischereiberechtigten eine Entschädigung gebühre, einem Nachtragsbescheid vorzubehalten. Es wäre vielmehr schon im Bewilligungsverfahren gemäß §15 Abs1 WRG die Frage zu beantworten gewesen, ob - unter Zugrundelegung der zur Bewilligung in Aussicht genommenen zentralen Abwasseranlage - nach fachmännischer Voraussicht mit vermögensrechtlichen Nachteilen für den fischereiberechtigten Bf. zu rechnen gewesen sei. Bejahendenfalls hätte dargestellt werden müssen, aus welchen Gründen es im Beschwerdefall nicht als möglich angesehen wurde, die im §15 Abs1 WRG bezeichneten Leistungen schon im Bewilligungsbescheid festzusetzen, sondern die Behörde es als notwendig erachtet habe, deren Bestimmung gemäß §117 Abs2 WRG einem Nachtragsbescheid vorzubehalten, wobei die entsprechenden Grundlagen, auf denen dieser beruhen sollte, anzugeben gewesen wären. Insoweit habe die bel. Beh. somit die Rechtslage verkannt und den Bf. in seinen Rechten verletzt. Im fortgesetzten Verfahren werde iS vorstehender Erwägungen vorzugehen sein.
b) Der Bundesminister behob mit Bescheid vom 12. September 1979 in Anbetracht dieses Erk. des VwGH den Bescheid des Landeshauptmannes vom 1. Juli 1975 und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Wasserrechtsbehörde erster Instanz.
Der Landeshauptmann erteilte sodann im zweiten Rechtsgang mit Bescheid vom 15. November 1979 dem "Abwasserverband Laiblachtal" gemäß den §§32, 33, 105 WRG unter verschiedenen Vorschreibungen die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung einer zentralen Abwasserreinigungsanlage für die Gemeinden H und L. Gleichzeitig wurden die Einwendungen des Fischereiberechtigten M B gemäß §15 WRG als im Gesetz nicht begründet abgewiesen.
Auch dagegen erhob der Fischereiberechtigte B Berufung. Dieser gab der Bundesminister mit Bescheid vom 23. Jänner 1980 keine Folge. Er begründete dies nun im wesentlichen damit, daß der Berufungswerber die wasserrechtliche Bewilligung schlechthin bekämpft habe und (statt der Errichtung einer Kläranlage) für den Bau einer Ringleitung eingetreten sei, aber keine konkreten Vorschläge für Maßnahmen zum Schutz der Fischerei erstattet habe, wie dies §15 Abs1 WRG vorsehe.
2. Gegen diesen Berufungsbescheid vom 23. Jänner 1980 wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
Der Bf. begründet seine Behauptung damit, daß die bewilligte Kläranlage die Abwässer nur zu etwa 50 vH reinige. Lediglich eine Ringleitung könnte die Verschmutzung des Bodensees verhindern.
3. Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft sowie die beteiligten Gemeinden L und H haben Gegenschriften erstattet, in denen begehrt wird, die Beschwerde abzuweisen.
II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Nach der ständigen Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 8776/1980, 9014/1981) wird das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nur dann verletzt, wenn der einen Eigentumseingriff bewirkende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.
Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8823/1980, 9186/1981) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde ua. dann vorgeworfen werden, wenn sie den Bf. aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (vgl. zB VfSlg. 8783/1980, 9024/1981).
2. Daß die den Bescheid tragenden Rechtsvorschriften (insbesondere §15 Abs1 WRG) verfassungswidrig wären, hat der Bf. nicht behauptet. Auch der VfGH findet hiefür keinen Anhaltspunkt (vgl. zB VfSlg. 8361/1978).
Demnach könnte der Bf. nur durch eine denkunmögliche oder willkürliche Gesetzesanwendung im Eigentumsrecht oder im Gleichheitsrecht verletzt worden sein.
Dies zu begründen sind die Ausführungen des Bf. nicht geeignet. Sie tun lediglich dar, daß die bel. Beh. seiner Meinung nach das Gesetz unrichtig angewendet habe.
Die Behörde hat zwar im zweiten Rechtsgang eine andere Begründung für die Ablehnung der Einwendungen des Bf. gewählt als im ersten Rechtsgang. Sie geht damit von einer anderen Ausgangsposition als im ersten Rechtsgang aus, mit der sich der VwGH im aufhebenden Erk. vom 31. Mai 1979 nicht auseinandergesetzt hat. Der Ersatzbescheid steht sohin nicht in Widerspruch zu einer vom VwGH im ersten Rechtsgang geäußerten Meinung.
Gemäß §15 Abs1 WRG 1959 können Fischereiberechtigte gegen die Bewilligung von Wasserbenutzungsrechten solche Einwendungen erheben, die den Schutz gegen der Fischerei schädliche Verunreinigungen der Gewässer, die Anlegung von Fischwegen (Fischpässen, Fischstegen) und Fischrechen sowie die Regelung der Trockenlegung (Abkehr) von Gerinnen in einer der Fischerei tunlichst unschädlichen Weise bezwecken. Diesen Einwendungen ist Rechnung zu tragen, wenn hiedurch der anderweitigen Wasserbenutzung kein unverhältnismäßiges Erschwernis verursacht wird; andernfalls gebührt dem Fischereiberechtigten bloß eine angemessene Entschädigung (§117 WRG 1959) für die nach fachmännischer Voraussicht entstehenden vermögensrechtlichen Nachteile.
Der bel. Beh. kann nicht der Vorwurf gemacht werden, sie hätte §15 Abs1 WRG denkunmöglich oder willkürlich angewendet, wenn sie - ausgehend vom Wortlaut dieser Gesetzesbestimmung und in Übereinstimmung mit der Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 7695/1975) und des VwGH (zB VwSlg. 4190 A/1956, VwGH 9. September 1980 Z 3109/1978) - die Meinung vertritt, daß der Fischereiberechtigte gegen die wasserrechtliche Bewilligung nur solche Einwendungen erheben könne, die den Schutz gegen - im Gesetz aufgezählte - der Fischerei schädliche Maßnahmen bezwecken, und daß diese Einwendungen in Form von konkreten Vorschlägen, wie das eingereichte Projekt zu diesem Zweck zu ändern wäre, zu machen sind.
Die Behörde hat weiters vertretbar angenommen, daß hier derartige (qualifizierte) Einwendungen vom Fischereiberechtigten (dem Bf.) nicht erhoben wurden. Er hat nämlich keine konkreten Vorschläge dafür gemacht, welche Änderungen bei der bewilligten Kläranlage vorgenommen werden sollten, um die Fischerei weniger zu schädigen, sondern hat angeregt, überhaupt ein völlig anderes Projekt, nämlich eine Ringleitung, zu errichten.
Der Bf. ist mithin weder im Eigentumsrecht noch im Gleichheitsrecht verletzt worden.
3. Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Bf. in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
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