Normen
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
Spruch:
Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten) ist schuldig, der Beschwerdeführerin zu Handen ihrer Rechtsvertreter die mit S 18.000,-- bestimmten Verfahrenskosten binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 13. April 1994 wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Nachsicht vom Befähigungsnachweis für das "Reisebürogewerbe, eingeschränkt auf die Vermittlung und Besorgung von Unterkunft in Heilkurorten und Rehabilitationszentren" die Stattgabe mit der Begründung "verweigert", daß die vorgesehene Einschränkung der beabsichtigten Gewerbetätigkeit nach §166 Abs2 GewO 1994 (Anlage 1 zur Kundmachung des Bundeskanzlers und des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten, mit der die Gewerbeordnung 1973 wiederverlautbart wird, BGBl. 194/1994) rechtlich nicht möglich sei und daß die Antragstellerin eine hinreichende tatsächliche Befähigung zur Ausübung des Gewerbes nicht besitze.
Der dagegen erhobenen Berufung gab der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten mit Bescheid vom 24. November 1994 keine Folge, änderte jedoch den angefochtenen Bescheid dahingehend ab, daß das Ansuchen "um Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis für das Reisebürogewerbe, eingeschränkt auf die Vermittlung und Besorgung von Unterkunft in Heilkurorten und Rehabilitationszentren, im Grunde der §§28 Abs1 und 166 Abs2 GewO 1994 als unzulässig zurückgewiesen wird". Begründend wird ausgeführt, daß "der nachsichtsgegenständliche Gewerbewortlaut" unzulässig sei, weshalb der Antrag zurückzuweisen sei.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Freiheit der Erwerbsausübung und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie eine Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt wird.
3. Aus Anlaß dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §166 Abs2 GewO 1994 ein. Mit Erkenntnis vom heutigen Tag, G115/96, hob er diese Bestimmung als verfassungswidrig auf.
II. Die Beschwerde ist begründet.
Die belangte Behörde stützte ihren Bescheid auf §166 Abs2 GewO 1994. Da nach dieser Bestimmung die eingeschränkte Gewerbeberechtigung nicht zulässig sei, komme eine entsprechende Nachsichtserteilung nicht in Betracht. Die belangte Behörde hat mit dieser Entscheidung eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, daß ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin nachteilig war.
Die Beschwerdeführerin wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt (zB VfSlg. 10404/1985).
Der Bescheid ist folglich aufzuheben.
Diese Entscheidung kann gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 3.000,-- enthalten.
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