VfGH B746/01

VfGHB746/0110.6.2002

Verletzung im Eigentumsrecht durch Vorschreibung von Ankündigungsabgabe für auch von Studios außerhalb des Gemeindegebietes gesendete Rundfunkwerbung; verfassungswidrige Ausweitung des Anwendungsbereiches einer Ankündigungssteuerverordnung

Normen

StGG Art5
AnkündigungssteuerV 1999 der Stadt Innsbruck
FAG 1997 §15a
Tir AnkündigungssteuerG 1975
StGG Art5
AnkündigungssteuerV 1999 der Stadt Innsbruck
FAG 1997 §15a
Tir AnkündigungssteuerG 1975

 

Spruch:

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Innsbruck ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit € 1.962,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Die im gegebenen Zusammenhang maßgebliche Rechtslage bietet folgendes Bild:

1.1. §1 Tiroler Ankündigungssteuergesetz 1975, LGBl. 28, idF LGBl. 74/1975, im folgenden: Tiroler AnkündigungssteuerG 1975, ermächtigte die Gemeinden, durch Beschluß des Gemeinderates von den zu geschäftlichen Werbezwecken dienenden öffentlichen Ankündigungen innerhalb ihres Gebietes eine Steuer nach Maßgabe dieses Gesetzes einzuheben. Gemäß §2 Abs1 letzter Halbsatz Tiroler AnkündigungssteuerG 1975 galt als öffentliche Ankündigung im Sinne dieses Gesetzes u.a. die Geschäftswerbung durch den Rundfunk und den Fernsehrundfunk. §4 Abs1 Z1 leg.cit. legte das Höchstausmaß der Steuer für Ankündigungen im Rundfunk und im Fernsehrundfunk mit 20 vH des Entgelts fest.

1.2. Die Haushaltssatzung 1998 der Stadtgemeinde Innsbruck, genehmigt mit Gemeinderatsbeschluß vom 4. Dezember 1997, normierte in ihrem Artikel III Z6, daß die Ankündigungssteuer nach dem Tiroler AnkündigungssteuerG 1975 im Haushaltsjahr 1998 mit dem gesetzlichen Höchstausmaß (20 vH des Entgelts) erhoben werde.

2.1. Das Tiroler AnkündigungssteuerG 1975 trat gemäß §1 iVm §2 Abs1 des Gesetzes vom 8. Oktober 1998, LGBl. 108, mit Ablauf des 31. Dezember 1998 außer Kraft; gemäß §2 Abs2 leg.cit. können Verordnungen der Gemeinden über die Ausschreibung der Ankündigungssteuer von dem der Kundmachung dieses Gesetzes folgenden Tag an ohne Bindung an das Tiroler AnkündigungssteuerG 1975 erlassen werden.

2.2. Gestützt auf §15 Abs3 Z4 des FAG 1997, BGBl. 201/1996, erließ die Stadtgemeinde Innsbruck im Dezember 1998 eine Verordnung über die Erhebung einer Steuer für Ankündigungen, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel, im folgenden: Innsbrucker Ankündigungssteuerverordnung 1999, die gemäß ihrem §10 am 1. Jänner 1999 in Kraft trat.

Gemäß §2 Abs1 litb der eben zitierten Verordnung unterlag der Ankündigungssteuer "die kommerzielle Werbung durch den Rundfunk (Hör- und Fernsehrundfunk, Satellitenrundfunk) sowie durch den Kabelrundfunk (Hörfunk und Fernsehen in Kabelnetzen)". §3 der Innsbrucker Ankündigungssteuerverordnung 1999 normierte, daß die Bemessungsgrundlage sowie die Höhe der Ankündigungssteuer im Anhang zu dieser Verordnung (Gebührensätze) geregelt werde. Danach betrug die Ankündigungssteuer u.a. für Ankündigungen gemäß §2 Abs1 litb 20 vH des Entgelts.

Auf Grund des am 31. Mai 2000 ausgegebenen Bundesgesetzes, BGBl. I 29/2000, mit dem u.a. das FAG 1997 geändert und eine Werbeabgabe eingeführt wird, entfallen ab 1. Juni 2000 in §14 und §15 FAG 1997 die die Anzeigen- und Ankündigungsabgaben betreffenden Bestimmungen. Der Verfassungsgerichtshof hat dies bereits im hg. Erkenntnis VfSlg. 15.887/2000 so interpretiert, daß durch den Wegfall dieser speziellen finanzausgleichsrechtlichen Ermächtigungen die darauf beruhenden Besteuerungsrechte der Länder und Gemeinden unwirksam geworden sind (vgl. hiezu überdies das hg. Erkenntnis vom 1. März 2002, A7/01).

3. Durch das ebenfalls am 31. Mai 2000 ausgegebene Bundesgesetz, mit dem das FAG 1997 geändert wird, BGBl. I 30/2000, wurde in das FAG 1997 nach §15 ein als Verfassungsbestimmung beschlossener und bezeichneter §15a eingefügt. Nach dem Einleitungssatz des Abs1 dieser Bestimmung umfaßt die in den Finanzausgleichsgesetzen 1989, 1993 und 1997 (letzteres idF vor der Novelle BGBl. I 29/2000) enthaltene Ermächtigung der Gemeinden zur Erhebung von Abgaben von Ankündigungen auch "Abgaben für die Vornahme von Ankündigungen durch Rundfunk (Hörfunk und Fernsehen einschließlich Teletextleistungen), die von Studios im Gemeindegebiet ihren Ausgang nehmen, unabhängig davon, wo die Wahrnehmung der Ankündigung erfolgt".

Abs2 dieser Vorschrift hat - auszugsweise - folgenden Wortlaut:

"(2) Wenn in Verordnungen von Gemeinden gemäß §7 Abs5 F-VG 1948 oder §8 Abs5 F-VG 1948, die nach dem 31. Dezember 1998 in Kraft getreten sind, Abgaben auf Ankündigungen durch Rundfunk (Hörfunk und Fernsehen einschließlich Teletextleistungen) oder auf Anzeigen für Tatbestände ausgeschrieben wurden, die vor dem 1. Jänner 1999 von dieser Gemeinde nicht oder nicht in diesem Umfang besteuert wurden, dann werden diese Verordnungen hiermit dahin gehend abgeändert, dass in dieser Gemeinde hinsichtlich der Abgaben auf Ankündigungen durch Rundfunk (Hörfunk und Fernsehen einschließlich Teletextleistungen) und auf Anzeigen auf Verordnungsebene weiterhin die Rechtslage gilt, wie sie am 31. Dezember 1998 bestanden hat; eine neuerliche Änderung der Verordnung durch die Gemeinde ist nicht möglich."

II. 1. Mit im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Abgabenberufungskommission Innsbruck wurde der beschwerdeführenden Partei unter Berufung auf Bestimmungen der Innsbrucker Ankündigungssteuerverordnung 1999 für den Zeitraum Jänner 1999 bis Mai 2000 Ankündigungssteuer in bestimmter Höhe zur Entrichtung vorgeschrieben.

1.1. Begründend führt die belangte Behörde hiezu aus, daß - basierend auf der Verordnungsermächtigung des §15 Abs3 Z4 FAG 1997 - die Stadtgemeinde Innsbruck für Ankündigungen innerhalb ihres Gemeindegebietes - seit 1. Jänner 1999 - eine Ankündigungssteuer nach den Bestimmungen der Innsbrucker Ankündigungssteuerverordnung 1999 erhoben habe.

Gemäß der am 31. Dezember 1998 geltenden Rechtslage (siehe §2 Abs1 letzter Halbsatz Tiroler AnkündigungssteuerG 1975) sei die Geschäftswerbung durch den Rundfunk und den Fernsehrundfunk der Ankündigungssteuer unterlegen. Nach der Bestimmung des §2 Abs1 litb Innsbrucker Ankündigungssteuerverordnung 1999 sei wiederum die kommerzielle Werbung durch den Rundfunk (Hör- und Fernsehrundfunk, Satellitenrundfunk) sowie durch den Kabelrundfunk (Hörfunk und Fernsehen in Kabelnetzen) der Ankündigungssteuer unterlegen.

Aus dieser inhaltlich gleich lautenden Anknüpfung für die Besteuerung der Rundfunkwerbung, der das Empfangsprinzip zugrundeliege, ergebe sich, daß nach dem 31. Dezember 1998 keine Veränderung im Umfang der Besteuerung erfolgt sei. Es habe auch kein Wechsel vom Studioprinzip zum Empfangsprinzip (oder umgekehrt) stattgefunden. Es sei weder der Besteuerungsgegenstand an sich noch dessen Umfang geändert worden, weshalb auch die Verfassungsbestimmung des §15a FAG 1997 für den Bereich der Stadtgemeinde Innsbruck bzw. der Innsbrucker Ankündigungssteuerverordnung 1999 nicht Platz greifen könne.

1.2. Aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 15.395/1998 ergebe sich, daß der Zweck einer Ankündigungsabgabe in der Besteuerung des mit einer Ankündigung erzielbaren Reklamewertes liege, also jenes Nutzens, den der Ankündigende aus der Ankündigung ziehe. Daraus folge in finanzverfassungsrechtlicher Hinsicht, daß das Besteuerungsrecht der Gemeinde sich bereits vom Steuergegenstand her nur auf den im Erhebungsgebiet entstandenen Reklamewert erstrecken könne. Der Anknüpfungspunkt für die Ankündigungssteuer sei somit der durch die Wahrnehmung bzw. Wahrnehmbarkeit entstandene Reklamewert.

Wörtlich wird überdies folgendes dargelegt:

"In der Innsbrucker Ankündigungssteuerverordnung 1999 ist keine Regelung enthalten, wonach nur jene kommerzielle Werbung durch den Rundfunk, welche von Studios im Gebiet der Stadt Innsbruck ihren Ausgang nimmt, der Ankündigungssteuer unterliegt, sondern unterwirft die Ankündigungssteuerverordnung 1999 ganz allgemein die kommerzielle Werbung durch den Rundfunk der Ankündigungssteuer.

Außer Streit steht, dass auch durch Rundfunkwerbung, die von Studios außerhalb des Gemeindegebietes ihren Ausgang nimmt und im Stadtgebiet empfangen werden kann, ein Reklamewert im Erhebungsgebiet der Ankündigungssteuer (Stadtgemeinde Innsbruck) entsteht."

Es sei - so die belangte Behörde - ausschließlich jener Reklamewert besteuert worden, der im Gebiet der Stadtgemeinde Innsbruck - unabhängig vom Ausgangspunkt der Rundfunkwerbung - entstanden sei. Dieser Anteil des Reklamewertes sei in Beachtung der einschlägigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nach objektiven Maßstäben berechnet worden, wobei der gesamte Reklamewert in jenem Verhältnis aufgeteilt worden sei, welches der Einwohnerzahl der Stadt Innsbruck zur Einwohnerzahl von ganz Österreich entspreche.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums sowie die Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides beantragt wird.

2.1. Die Beschwerde führt hiezu u.a. aus, daß zu prüfen sei, ob die in §2 Abs1 litb Innsbrucker Ankündigungssteuerverordnung 1999 normierten Tatbestände (auch) vor dem 1. Jänner 1999 von der Gemeinde Innsbruck besteuert worden seien: §15a Abs2 Satz 1 FAG 1997 normiere - so die Beschwerde -, daß die Rechtslage, "wie sie am 31.12.1998 bestanden hat, gleichbleiben soll und daß Verordnungen, die eine Besteuerung, welche bis dato nicht oder nicht in diesem Umfang erfolgte, einführen, abgeändert werden (mit der Rechtsfolge, daß die alte Rechtslage zum Stichtag 31.12.1998 weitergilt)". Die belangte Behörde vertrete die Auffassung, daß durch die Innsbrucker Ankündigungssteuerverordnung 1999 weder ein Besteuerungsgegenstand neu geschaffen noch der bestehende Steuergegenstand umfänglich erweitert worden sei.

Die beschwerdeführende Partei legt demgegenüber dar, daß - bis 1999 - von ihr an die Stadtgemeinde Innsbruck durchschnittlich monatlich jeweils Beträge unter ATS 200.000,-- an Ankündigungssteuer zu entrichten gewesen seien; dem stünden nunmehr durchschnittlich Vorschreibungen von rund ATS 1,200.000,-- pro Monat gegenüber. Schon dieser Zahlenvergleich mache - da das Werbeaufkommen annähernd gleich geblieben sei - die Unrichtigkeit der Behauptung der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid deutlich.

In rechtlicher Hinsicht wird dazu ausgeführt, daß dem Tiroler AnkündigungssteuerG 1975 (auf das sich die Haushaltssatzung 1998 der Landeshauptstadt Innsbruck hinsichtlich der Ankündigungssteuer gestützt habe) das sog. Studioprinzip zugrunde gelegen sei. Dies habe der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 10. November 1995, Zl. 94/17/0281, ausdrücklich bestätigt. Die Innsbrucker Ankündigungssteuerverordnung 1999 habe über weite Strecken den Wortlaut des aufgehobenen Tiroler AnkündigungssteuerG 1975 übernommen, weshalb davon auszugehen sei, daß auch sie auf dem Studioprinzip beruhe. Es sei nicht der geringste Anhaltspunkt dafür zu sehen, daß der Innsbrucker Verordnungsgeber (abgesehen von der Miteinbeziehung des Satelliten- und des Kabelrundfunks) den Tatbestand habe erweitern und/oder vom Sendeprinzip auf das Empfangsprinzip habe "umsteigen" wollen.

Unter Zugrundelegung des Studioprinzips sei bis 31. Dezember 1998 lediglich eine Besteuerung der Rundfunksendungen erfolgt, "die von Innsbruck ihren Ausgang nahmen (Sendeprinzip) und nicht auch von österreichweiten Sendungen, die von Studios, die in anderen Gemeinden gelegen sind, ihren Ausgang nahmen und bloß (auch) in Innsbruck empfangen werden konnten (Empfangsprinzip)". Nunmehr werde nicht nur die regionale Werbung besteuert, sondern - unter Zugrundelegung des Empfangsprinzips - auch die österreichweite Werbung.

Es könne keinen Unterschied machen, ob die Besteuerung in einem gesteigerten Ausmaß, sohin in einem größeren Umfang als vor dem Stichtag, durch eine Verordnung erfolge, die dies ausdrücklich normiere, oder unter Zugrundelegung einer Verordnung, der durch die belangte Behörde im Auslegungsweg der entsprechende Norminhalt gegeben werde. Unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des §15a Abs2 FAG 1997 komme es nicht darauf an, ob die jeweilige Gemeinde die im Vergleich zum Umfang vor dem Stichtag höhere Besteuerung auf einen normsetzenden Akt (Verordnungserlassung) oder auf einen vollziehenden Akt (Bescheiderlassung) zurückführe.

Zweck des §15a FAG 1997 sei es, zu verhindern, daß die Gemeinden - unter Berufung auf das hg. Erkenntnis VfSlg. 15.395/1998 - vom Sendeprinzip auf das Empfangsprinzip "umsteigen". Dies werde ihnen durch §15a FAG 1997 rückwirkend verboten. Zwar stelle §15a Abs2 Satz 1 FAG 1997 verbal nur auf den ersten Fall ab (Änderung der Besteuerung durch Verordnung), die dadurch vorhandene "unbeabsichtigte" Lücke (Änderung der Besteuerung durch die Vollziehung) sei im Weg der Analogie zu schließen.

2.2. Die Beschwerde wendet sich darüber hinaus gegen die von der belangten Behörde zugrunde gelegte Bemessungsgrundlage, behauptet einen Verstoß gegen Art33 der 6. Mehrwertsteuerrichtlinie und bringt im übrigen noch vor, daß die strittige Werbung als "Ankündigung öffentlich-rechtlicher Körperschaften" nach den maßgebenden Rechtsvorschriften ohnehin steuerfrei zu bleiben habe.

3. Die belangte Behörde hat innerhalb der ihr gesetzten Frist die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie sinngemäß beantragt, die gegenständliche Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wird der beschwerdeführenden Partei eine Abgabe vorgeschrieben und dadurch in ihr Eigentumsrecht eingegriffen. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (z.B. VfSlg. 10.337/1985, 10.362/1985, 11.470/1987) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (z.B. VfSlg. 10.807/1986, 11.720/1988, 14.243/1995, 14.406/1996, 14.577/1996).

2.1. Die Innsbrucker Ankündigungssteuerverordnung 1999, mit der eine Abgabe u.a. auf Ankündigungen durch den Rundfunk ausgeschrieben wird, trat nach dem 31. Dezember 1998 (nämlich am 1. Jänner 1999) in Kraft. Sie beruht auf §7 Abs5 F-VG 1948. Für derartige Verordnungen sieht §15a Abs2 FAG 1997, idF BGBl. I 30/2000, vor, daß dann, wenn die Ankündigungen vor dem 1. Jänner 1999 von dieser Gemeinde nicht oder nicht in diesem Umfang besteuert wurden, die Verordnung als derart abgeändert anzusehen ist, daß jene Rechtslage gilt, welche am 31. Dezember 1998 bestand.

Die Materialien zu §15a FAG (Bericht des Finanzausschusses, 102 BlgNR, 21. GP) weisen (hinsichtlich der Ankündigungsabgabe) darauf hin, daß auf der Grundlage der Ermächtigung des FAG 1997 zur Ausschreibung von Ankündigungsabgaben die Gemeinden bei Ankündigungen durch Rundfunk regelmäßig alle fremden Ankündigungen besteuert hätten, die von Studios im Gebiet der jeweiligen Gemeinde ihren Ausgang genommen hätten (sog. Studioprinzip). Demgegenüber habe der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 17. Dezember 1998, G15/98, V9/98 (VfSlg. 15.395/1998), entschieden, daß eine Gemeinde nur jene Ankündigungen besteuern dürfe, die in diesem Gebiet verbreitet würden. Um zu verhindern, daß an die Gemeinden bei allen bisher noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren Rückforderungsansprüche gestellt werden, solle bis zum Inkrafttreten der Neuregelung (gemeint ist damit offenbar die mit 1. Juni 2000 in Kraft getretene Werbeabgabe, BGBl. I 29/2000) "die bisherige Kompetenzverteilung" bei den Ankündigungsabgaben auf verfassungsrechtlicher Basis festgeschrieben werden. Eine derartige Festschreibung bringe dieselbe Unanfechtbarkeit, wie sie ansonsten grundsätzlich für den Fall der Aufhebung von Rechtsvorschriften gemäß Art139 B-VG oder 140 B-VG vorgesehen sei, allerdings mit der Besonderheit, daß sie auch diejenigen Landesgesetze und Gemeindeverordnungen umfasse, die noch nicht Gegenstand von Normprüfungsverfahren gewesen seien. Wörtlich heißt es dann noch:

"Damit Steuerpflichtige in diesem Zeitraum nicht doppelt besteuert werden, nämlich sowohl nach der nunmehr festgeschriebenen alten Kompetenzlage im Sinne des Studioprinzips als auch nach der durch das VfGH-Erkenntnis ermöglichten neuen Kompetenzlage im Sinne des Empfangsprinzips, werden gleichzeitig die Verordnungen der Gemeinden, mit denen seit dem 1. Jänner 1999 die Besteuerung neuer oder erweiterter Steuertatbestände auf Ankündigungen durch Rundfunk oder auf Anzeigen ausgeschrieben wurden, auf ihren Umfang vom 31. Dezember 1998 zurückgeführt, ..."

Die zitierte Vorschrift hat somit zur Folge, daß Verordnungen der Gemeinden, die die zum 31. Dezember 1998 bestehende Rechtslage verändern (den Besteuerungsanspruch ausweiten), als insoweit abgeändert zu gelten haben, daß wiederum die Rechtslage zum 31. Dezember 1998 gilt. Im Hinblick auf Inhalt und Zweck dieser Vorschrift führt aber schon ein einfacher Größenschluß zum Ergebnis, daß auch eine entsprechende Änderung der Vollzugspraxis bei unverändertem Normenbestand - d.h. eine Kompetenzausweitung gegenüber dem bisherigen Zustand im Interpretationsweg - als verfassungsrechtlich unzulässig angesehen werden muß.

2.2. Gerade eine solche Ausweitung ist aber der belangten Behörde im vorliegenden Fall anzulasten:

Das Tiroler AnkündigungssteuerG 1975 hat zwar nicht ausdrücklich das Studioprinzip verankert, sondern ermächtigte die Gemeinden allgemein, von den öffentlichen Ankündigungen "innerhalb ihres Gebietes" eine Steuer zu erheben. Die Beschwerde weist aber zu Recht darauf hin, daß der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 10. November 1995, Zl. 94/17/0281, die Auffassung vertreten hat, daß das genannte Gesetz in Ansehung der Geschäftswerbung durch den Fernsehrundfunk die Steuerpflicht an die Vornahme der Ankündigung geknüpft habe. Nach dieser Auffassung sei zwar die Möglichkeit der Wahrnehmung durch den Rezipienten erforderlich, die Geschäftswerbung sei aber schon dann vorgenommen, wenn es den Nutzern der Empfangsanlagen ermöglicht wird, die ausgestrahlte Geschäftswerbung zu empfangen.

Auf der Basis dieser Rechtsauffassung konnte die Landeshauptstadt Innsbruck bis 31. Dezember 1998 nur jene Geschäftswerbung durch Rundfunk besteuern, die auf ihrem Gebiet vorgenommen wurde, somit von Studios im Gemeindegebiet aus ihren Ausgang genommen hat. Die Landeshauptstadt Innsbruck hat sich an diese Rechtsauffassung - wie die Beschwerde unwidersprochen darlegt - auch in der Praxis der Rundfunkbesteuerung gehalten.

Ausgehend davon ist die Innsbrucker Ankündigungssteuerverordnung 1999, die offensichtlich lediglich eine Fortschreibung des bisherigen Rechtszustandes nach Außerkrafttreten des Tiroler AnkündigungssteuerG 1975 unter direktem Rückgriff auf die Bestimmungen des FAG 1997 beabsichtigte, nicht als abgeändert oder gar als außer Kraft getreten anzusehen. Vor dem Hintergrund des §15a FAG 1997, idF BGBl. I 30/2000, dessen Zweck es ist, die zum 31. Dezember 1998 bestehende Kompetenzverteilung auf dem Gebiet der Ankündigungsabgaben festzuschreiben, kann diese Verordnung aber nur so interpretiert werden, daß die Landeshauptstadt Innsbruck in Hinsicht auf Ankündigungen Besteuerungsrechte in keinem größeren Umfang in Anspruch nehmen darf, als es ihr am 31. Dezember 1998 zustand. Zu diesem Stichtag konnte die Landeshauptstadt Innsbruck auf der Grundlage des Tiroler AnkündigungssteuerG 1975 in Verbindung mit der Haushaltssatzung 1998 aber - wie dargelegt - nur jene Ankündigungen besteuern, die im Gemeindegebiet "vorgenommen", nicht aber Ankündigungen, die im Gemeindegebiet (lediglich) wahrgenommen wurden.

Wenn die belangte Behörde demgegenüber im angefochtenen Bescheid ihren Besteuerungsanspruch auch auf jene Rundfunkwerbung erstreckt, die von Studios außerhalb des Gemeindegebietes ihren Ausgang nimmt und im Gemeindegebiet (lediglich) empfangen werden kann, weil auch dadurch ein Reklamewert im Erhebungsgebiet der Ankündigungssteuer (nämlich der Landeshauptstadt Innsbruck) entstehe, und sich zur Rechtfertigung dieser Vorgangsweise auf das hg. Erkenntnis VfSlg. 15.395/1998 stützt, so ist zunächst darauf hinzuweisen, daß es in diesem Erkenntnis primär um die Frage ging, ob der Tatbestand der Ankündigungssteuer eine Gemeinde berechtigt, Ankündigungen im Rundfunk nur deswegen zu besteuern, weil sie von Studios in ihrem Gebiet ihren Ausgang nehmen. Im übrigen steht einem derartigen Besteuerungsanspruch jedenfalls die mehrfach erwähnte Verfassungsbestimmung des §15a FAG 1997, idF BGBl. I 30/2000, entgegen, die es der Gemeinde verwehrt, den Besteuerungsanspruch - und sei es auch im Auslegungsweg - über die am 31. Dezember 1998 bestehende Rechtslage hinaus auszuweiten. Die belangte Behörde hat demnach bei Erlassung ihres Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in verfassungswidriger Weise angewendet.

3. Der Bescheid war daher schon aus diesem Grund wegen Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums aufzuheben, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer iHv € 327,-- enthalten.

IV. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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