VfGH B674/89

VfGHB674/896.3.1992

Anlaßfallwirkung der Aufhebung des ArtI Z2 AbgÄG 1988, BGBl 739, mit E v 06.03.92, G309/91.

Normen

B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

 

Spruch:

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in seinen Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, dem Beschwerdeführer die mit 15.000 S bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der beschwerdeführende Rechtsanwalt, welcher den Gewinn durch Überschußrechnung ermittelt, macht in seiner Einkommensteuererklärung für 1988 einen steuerfreien Betrag von 160.000 S geltend; dieser Betrag wurde im Zug der Veranlagung auf 140.629 S gekürzt. Entsprechend einer Anregung des Finanzamtes Salzburg-Stadt hob die Finanzlandesdirektion für Salzburg sodann den Einkommensteuerbescheid dieses Finanzamtes für 1988 in Handhabung des §299 Abs2 BAO auf. Dieser in Ausübung des Aufsichtsrechtes ergangene Bescheid vom 19. April 1989 ist Gegenstand der vorliegenden Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Der Bescheid wurde im wesentlichen damit begründet, daß "die Bestimmungen des Bundesgesetzes vom 7. Juli 1988, mit dem das EStG 1972 abgeändert wurde, verletzt" worden seien. ArtI Z1 dieses Gesetzes schränke die Bildung von steuerfreien Rücklagen bzw. Beträgen auf ein Ausmaß von bis zu 10 v.H. des Gewinnes ein; diese Bestimmung sei gemäß ArtII bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 1988 anzuwenden.

2. Aus Anlaß dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des - dem angefochtenen Bescheid (im Gegensatz zu seiner Begründung) in materieller Hinsicht zugrundeliegenden - ArtI Z2 des Abgabenänderungsgesetzes 1988, BGBl. 739, ein. Mit dem heute gefällten Erkenntnis G309/91 hob der Gerichtshof diese Gesetzesbestimmung als verfassungswidrig auf und sprach aus, daß §9 Abs3 erster Satz des Einkommensteuergesetzes 1972, BGBl. 440, in der Fassung vor dem Abgabenänderungsgesetz 1988 wieder in Wirksamkeit tritt.

II. Die Beschwerde ist gerechtfertigt.

Aus den obigen Darlegungen folgt, daß die belangte Finanzlandesdirektion eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung anwendete. Nach der Lage des Falles ist es offenkundig, daß deren Anwendung für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers nachteilig war.

Der Beschwerdeführer wurde sohin durch den angefochtenen Bescheid infolge Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt.

Der Bescheid war daher aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von 2.500 S enthalten.

III. Diese Entscheidung wurde gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung getroffen.

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