VfGH B487/80

VfGHB487/8023.10.1981

Art144 Abs1 B-VG; keine Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt durch einen durch Handzeichen eines Sicherheitswachebeamten erfolgten Hinweis auf ein Fahrverbot

Normen

B-VG Art144 Abs1 / Befehls- und Zwangsausübung unmittelb
B-VG Art144 Abs1 / Befehls- und Zwangsausübung unmittelb

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

1. In der unter Berufung auf Art144 B-VG erhobenen Beschwerde wird vom Beschwerdeführer - er ist von Beruf Rechtsanwalt - vorgebracht, er habe am 3. September 1980 aus beruflichen Gründen in das Dorotheum fahren müssen. Als er hiezu über den Michaelerplatz zum Josefsplatz im 1. Wr. Gemeindebezirk habe fahren wollen, um dort seinen Wagen in der Kurzparkzone abzustellen, sei er bei der Einmündung der Herrengasse in den Michaelerplatz um 12.21 Uhr von einem Sicherheitswachebeamten der Bundespolizeidirektion Wien an der Durchfahrt gehindert und angewiesen worden, nach rechts in die Schauflergasse einzubiegen. Dieser Weisung habe er Folge geleistet, um sich nicht wegen Verletzung des §97 Straßenverkehrsordnung 1960 - StVO 1960, BGBl. 159, strafbar zu machen. Der Beschwerdeführer habe hierauf seinen Pkw gleich am Beginn der Schauflergasse am rechten Fahrbahnrand angehalten und sei zu dem Polizeibeamten zurückgegangen, der ihm auf sein Verlangen wortlos eine Visitenkarte mit seiner Dienstnummer gegeben habe. Der Beschwerdeführer sei darauf sofort zu seinem Wagen zurückgegangen und um 12.22 Uhr durch die Schauflergasse Richtung Ballhausplatz weitergefahren.

Durch die vom Sicherheitswachebeamten erteilte Weisung sei dem Beschwerdeführer "ein um rund 22 mal längerer Umweg" (in der Beschwerde ausführlich beschrieben) aufgezwungen worden.

Die Weisung des Sicherheitswachebeamten stelle "eine faktische Amtshandlung und damit eine 'Verfügung' iS des Art144 Abs1 B-VG dar", gegen die kein ordentliches Rechtsmittel zulässig und daher die "sofortige Anrufung des VfGH" möglich sei. In der Beschwerde wird angeregt, von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Magistrates der Stadt Wien, mit der die Einfahrt von der Herrengasse in den Michaelerplatz gesperrt und die durch Aufstellung des Verbotszeichens nach §52 lita Z1 StVO 1960 (allgemeines Fahrverbot) mit der Zusatztafel: "Ausgenommen Montag - Freitag (werktags) 6 - 12 Uhr, 15 - 22 Uhr, Samstag (werktags) 6 - 12 Uhr; ausgenommen ganztägig Taxi, Städt. Linienautobusse, Straßendienst- und Müllsammelfahrzeuge" gemäß §44 StVO 1960 kundgemacht worden sei, einzuleiten.

Sodann wird der Antrag gestellt, der VfGH wolle erkennen, daß der Beschwerdeführer durch die Weisung des Sicherheitswachebeamten, der ihn an der Weiterfahrt mit seinem Pkw "von der Herrengasse über den Michaelerplatz zur Augustinerstraße bzw. zum Josefsplatz im 1. Wr. Gemeindebezirk am 3. 9. 80 um 12.21 Uhr gehindert und zum Abbiegen in die Schauflergasse und dadurch zu einem rund 3,9 km langen Umweg" auf seiner beruflich notwendigen Fahrt zum Dorotheum bzw. Parkplatz am Josefsplatz genötigt habe, in seinem "durch Art4, Abs2 B-VG, Art4 StGG und §13 VerfÜG 1920 verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ungehinderte Durchfahrt durch den 1. Wr. Gemeindebezirk verletzt" worden sei.

In eventu wolle der VfGH auch feststellen, daß der Beschwerdeführer durch die bezeichnete Amtshandlung überdies in seinem "durch Art5 StGG und Art1 Abs1 des (ersten) Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention in Verbindung mit Art14 MRK geschützten Eigentumsrecht" sowie in seinem "durch Art6 Abs1 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ungehinderte Berufsausübung verletzt" worden sei.

2. In der von der Finanzprokuratur namens der Bundespolizeidirektion Wien als der belangten Behörde erstatteten Gegenschrift wird ausgeführt, daß die Verordnung, deren Prüfung vom Beschwerdeführer auf ihre Gesetzmäßigkeit angeregt werde, am 18. Juli 1980 vom Magistrat der Stadt Wien als Bezirksverwaltungsbehörde nach den hiefür geltenden Vorschriften der StVO 1960 erlassen worden sei.

Des weiteren wird ausgeführt, daß es sich bei der vom Beschwerdeführer bekämpften Amtshandlung des Sicherheitswachebeamten nicht um die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gehandelt habe. Es wird der Antrag gestellt, die Beschwerde zurück-, in eventu abzuweisen.

3. a) Unbestritten steht fest, daß für die Einfahrt von der Herrengasse in den Michaelerplatz ein durch eine Verordnung des Magistrates der Stadt Wien erlassenes und durch ein Verkehrszeichen nach §52 lita Z1 StVO 1960 kundgemachtes Fahrverbot (in beiden Richtungen) besteht.

b) Der Beschwerdeführer wertet das Einschreiten des Sicherheitswachebeamten, durch das er - entsprechend dem angeführten Fahrverbot - von der beabsichtigten Einfahrt in den Michaelerplatz abgehalten und veranlaßt wurde, nach rechts in die Schauflergasse einzubiegen, als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt iS des Art144 Abs1 B-VG, durch das er in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden sei.

Der VfGH erkennt nach Art144 Abs1 B-VG auch über Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gegen eine bestimmte Person, soweit der Beschwerdeführer durch die Ausübung dieser unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.

c) Der VfGH nimmt auf Grund des Parteienvorbringens als erwiesen an, daß der Beschwerdeführer von der Herrengasse in die Schauflergasse eingebogen ist, weil er hiezu durch Handzeichen des dort Überwachungsdienst versehenden Sicherheitswachebeamten verhalten worden ist. Es ist gegen den Beschwerdeführer weder Zwang ausgeübt worden, noch war eine Situation gegeben, in der der Beschwerdeführer Zwangsausübung zu gewärtigen hatte. Unter diesen Umständen aber stellt sich das Einschreiten des Sicherheitswachebeamten lediglich als Hinweis auf die durch das kundgemachte Fahrverbot gegebene Rechtslage und nicht als Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar.

Der VfGH ist zur Entscheidung über die vom Beschwerdeführer eingebrachte Beschwerde nicht zuständig. Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte