Normen
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
StGG Art5
BAO §260
EStG §16 Abs1 Z9
WerbungskostenV 1975
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
StGG Art5
BAO §260
EStG §16 Abs1 Z9
WerbungskostenV 1975
Spruch:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1.1. Am 9. März 1979 brachte der Bf. K K beim Finanzamt einen Antrag auf Berücksichtigung erhöhter Werbungskosten als Versicherungsvertreter (Gebietsvertreter) für das Kalenderjahr 1979 unter Vorlage der Lohnsteuerkarte ein.
Das Finanzamt vermerkte auf der Lohnsteuerkarte 1979 einen steuerfreien Betrag von 25 vH der laufenden Bezüge, höchstens 7000 S monatlich, abzüglich der vom Arbeitgeber steuerfrei ausgezahlten Spesenersätze, was dem Werbungskostenpauschale für Platzvertreter entspricht.
1.2. Gegen die Nichtberücksichtigung des begehrten höheren Betrages erhob K K Berufung, die von der Finanzlandesdirektion für Stmk. mit Bescheid vom 19. November 1979, Z B 195/1-3/79, als unbegründet abgewiesen wurde.
2.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichbehandlung aller Staatsbürger vor dem Gesetz, sowie die Gleichheitswidrigkeit des §260 BAO geltend gemacht werden und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
2.2. Die bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.
3. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
3.1.1. Gleichheitsbedenken werden vom Bf. gegen §260 BAO geltend gemacht, weil nach dieser Bestimmung Berufungssenate nicht in allen Fällen zur Entscheidung über Berufungen zuständig seien. Die Lohnsteuer sei keine gesonderte Steuer, sondern nur ein besonders geregeltes Abzugsverfahren der Einkommenbesteuerung; eine Differenzierung im Verfahrensrecht sei verfassungsrechtlich bedenklich.
3.1.2. Gemäß §260 Abs1 BAO obliegt der Finanzlandesdirektion als Abgabenbehörde zweiter Instanz die Entscheidung über Berufungen. In den in §260 Abs2 BAO bezeichneten Fällen obliegt die Entscheidung über Berufungen einem Berufungssenat. Wie der VfGH bereits in VfSlg. 5119/1965 ausgesagt hat, widerspricht diese Regelung keinem Verfassungsgebot; insbesondere ist es nicht gleichheitswidrig, wenn der Gesetzgeber nur zur Entscheidung hinsichtlich bestimmter Materien eine Kollegialbehörde beruft und damit nur in diesen Fällen die Mitwirkung von Kommissionsmitgliedern, die von gesetzlichen Berufsvertretungen entsendet werden, als erforderlich erachtet.
Der VfGH sieht sich auch aus der Sicht des vorliegenden Beschwerdefalles zu verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Regelung nicht veranlaßt.
3.2.1. Der Bf. bezieht sich zum Nachweis der behaupteten Grundrechtsverletzung zunächst auf die von ihm vorgelegte Bescheinigung des Arbeitgebers, aus der hervorgehe, daß er Gebietsvertreter sei.
Wenngleich die bel. Beh. an dieses Bescheinigungsmittel nicht gebunden sei, werde sein Vorbringen hiedurch wesentlich gestützt. Der Rechtsstandpunkt der bel. Beh. daß als Platzvertreter nur Arbeitnehmer zu bewerten seien, die ihre Tätigkeit in größerer Entfernung als 15 km von ihrem Arbeitsplatz ausüben, führe dazu, daß außer Gebietsvertretern und Platzvertretern "noch ein dritter Vertretertypus existiere, dem ein erhöhtes Werbungskostenpauschale nicht zustünde". Die Fehlerhaftigkeit dieser Gesetzesanwendung sei so gravierend, daß sie wegen Denkunmöglichkeit das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletze.
Mit einem nachträglich erstatteten Schriftsatz verweist der Bf. darauf, daß der VwGH die hier maßgebliche Rechtsfrage mit Erk. vom 21. September 1982, Z 81/14/0157, inzwischen iS seiner Rechtsauffassung gelöst habe. In dem zitierten Erk. stelle der VwGH fest, daß durch die maßgebliche Verordnungsstelle (§1 Abs1 Z13 der V vom 17. November 1975, BGBl. 597 idF BGBl. 49/1979) keine näheren Auskünfte für die Begriffe "Platz-" und "Gebietsvertreter" gegeben werden und daß auch andere Rechtsvorschriften keine Auslegungshilfe böten, sodaß die Lösung aus der Durchschnittssatzverordnung selbst gewonnen werden müsse. Aus dem in der V verwendeten Begriff des Gebietsvertreters könne lediglich darauf geschlossen werden, daß dessen Tätigkeit in einem größeren räumlichen Bereich entfaltet werden müsse als die Tätigkeit, die einem Platzvertreter obliege. Die richtige Lösung sei daraus zu erschließen, daß begrifflich unter einem "Platzvertreter" nur jemand verstanden werden könne, der seine Vertretertätigkeit im Bereich einer Ortsgemeinde (Stadtgemeinde) entfalte; aus diesem Begriff des Platzvertreters folge zwangslos der Begriff des Gebietsvertreters.
3.2.2. Bei der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen - gegen die materiell-rechtlichen Bestimmungen wurden verfassungsrechtliche Bedenken weder behauptet noch sind solche im VfGH entstanden - würde der angefochtene Bescheid das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nur verletzen, wenn die Behörde das Gesetz in denkunmöglicher Weise angewendet hätte.
Auch die bel. Beh. führt im angefochtenen Bescheid aus, daß das Gesetz eine Definition der Begriffe "Platzvertreter" und "Gebietsvertreter" nicht enthalte. In §1 Abs1 Z13 der V des Bundesministers für Finanzen vom 17. November 1975, BGBl. 597 idF BGBl. 49/1979, würden lediglich Durchschnittssätze für Werbungskosten festgelegt, die über Antrag für Platzvertreter mit 25 vH der laufenden Bezüge, höchstens 7000 S monatlich, und für Gebietsvertreter mit 35 vH der laufenden Bezüge, höchstens 10000 S monatlich, auf der Lohnsteuerkarte einzutragen seien. Eine Abgrenzung ergebe sich nur aus dem Sinn jener gesetzlichen Bestimmungen, die regeln, wie Aufwendungen, die einem Arbeitnehmer aus seiner beruflichen Reisetätigkeit entstehen, steuerlich abzugelten sind. Die Bezeichnung "Platzvertreter" und die Festsetzung eines niedrigeren Pauschalbetrages sowie die Bezeichnung "Gebietsvertreter" und die Festsetzung eines höheren Werbungskostenpauschales wiesen darauf hin, daß unter Platzvertretern Arbeitnehmer zu verstehen seien, die ihre Reisetätigkeit innerhalb eines begrenzten Raumes ausüben und denen daher niedrigere berufliche Aufwendungen entstehen als Gebietsvertretern, wohingegen letztere ein größeres Gebiet bereisen, daher öfter außerhalb des ständigen Wohnsitzes nächtigen und dadurch höhere berufliche Aufwendungen hätten. Bei dieser Unterscheidung seien die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend, nicht aber die Bezeichnung der Tätigkeit durch den Arbeitgeber. Auszugehen sei davon, daß im Nahbereich im allgemeinen ein Mehraufwand für Verpflegung überhaupt nicht erwachse; Nächtigungskosten seien beinahe auszuschließen. Anhaltspunkte dafür, was als Nahbereich zu bezeichnen sei, ergäben sich aus der Rechtsprechung des VwGH zu dem in §16 Abs1 Z9 EStG 1972 verwendeten Begriff einer "beruflich veranlaßten Reise", insbesondere aus den Erk. vom 31. 10. 1972, Z 2133/1971, vom 28. 10. 1975, Z 696/1974, und vom 9. 3. 1979, Z 3319/3404, 3405/1978. Unter "Reise" könne nur die Fortbewegung über größere Entfernungen verstanden werden; bei Entfernungen bis zu 15 km vom Arbeitsplatz bzw. vom ständigen Wohnort sei dies (an sich) nicht der Fall. Gehe man hievon aus, so könne ein Arbeitnehmer nur dann als "Platzvertreter" angesprochen werden, wenn er in einer größeren Entfernung als 15 km von seinem Arbeitsplatz bzw. Wohnort tätig werde. Da der Bf. seine Reisetätigkeit überwiegend in einem Umkreis von 20 bis 25 km um seinen ständigen Wohnort ausübe, handle es sich bei ihm wohl um einen Platzvertreter, nicht aber um einen Gebietsvertreter.
Der VfGH kann nicht finden, daß der bel. Beh. im Hinblick auf diese Ausführungen der Vorwurf einer denkunmöglichen Gesetzesanwendung zu machen wäre. Ein solcher Vorwurf wäre ihr nur dann anzulasten, wenn der Fehler der Behörde auf ein gesetzloses Vorgehen hinausliefe (vgl. VfSlg. 8866/1980). Ob dem Bf. erhöhte Werbungskosten als Platzvertreter oder als Gebietsvertreter zustehen, hängt, wie die bel. Beh. jedenfalls richtig erkannt hat, davon ab, in welchem näheren oder entfernteren räumlichen Bereich er eine Vertretertätigkeit entfaltet hat. Ob die bel. Beh. bei Beurteilung dieser Frage richtig vorgegangen ist, ist eine Frage der richtigen Anwendung des Gesetzes; dies zu prüfen ist der VfGH nicht berufen.
Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums liegt somit nicht vor.
3.3.1. Zum weiters erhobenen Vorwurf einer Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz bringt der Bf. vor, die Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und das Bgld. habe mit einem Erlaß vom 6. Juni 1979 angeordnet, daß Vertreter, welche mehr als 50 vH außerhalb des Gemeindegebietes arbeiten, als Gebietsvertreter anzusehen seien. Die bel. Beh. habe "diese Ansicht nicht akzeptiert". Die bel. Beh. hätte nicht verabsäumen dürfen, den Rechtsstandpunkt einer gleichrangigen Behörde zu würdigen, daß sie dies unterlassen habe, indiziere Willkür. Die bel. Beh. habe weiters die Tatsache übergangen, daß der Bf. beim Finanzamt Liezen auch zur Einkommensteuer veranlagt werde, da er eine örtlich und sachlich gleiche Tätigkeit einmal selbständig und ein andermal unselbständig ausübe. Die mit diesen beiden Tätigkeiten verbundenen Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben könnten nicht eindeutig gegeneinander abgegrenzt werden, sodaß die bel. Beh., wenn sie den Versuch unternommen hätte, die tatsächlichen Verhältnisse zu erforschen, die Höhe seiner Betriebsausgaben laut Einkommensteuererklärung bei der angefochtenen Entscheidung berücksichtigen hätte müssen. Die bel. Beh. habe dies verabsäumt.
3.3.2. Bei der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen könnte der Vorwurf der Gleichheitsverletzung nur dann zutreffen, wenn die bel. Beh. dem Gesetz einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder Willkür geübt hätte. Beides ist offenkundig nicht der Fall. Der bloße Umstand, daß die Rechtsmeinung einer Behörde - mag sie gegebenenfalls auch in einem Erlaß geäußert worden sein - von der einer anderen abweicht, spricht für sich allein weder für ein gleichheitswidriges Vorgehen der einen noch für ein solches der anderen Behörde.
Auch durch das sonstige Vorbringen des Bf. wird allenfalls eine Fehlerhaftigkeit des Verfahrens, jedoch weder ein in die Verfassungssphäre reichender Verfahrensmangel noch eine gehäufte Verkennung der Rechtslage aufgezeigt, die eine willkürliche Gesetzeshandhabung indizieren würde.
Auch der behauptete Vorwurf einer Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz ist demnach nicht begründet.
3.4. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
Das Verfahren hat nicht ergeben, daß der Bf. in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Rechtsnorm in seinen Rechten verletzt wurde.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
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