VfGH B33/90

VfGHB33/9030.9.1991

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durch die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung der Eigentumsübertragung an die Meistbietende mangels Selbstbewirtschaftung nach Zuschlagserteilung im Zwangsversteigerungsverfahren

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
StGG Art6 Abs1 / Liegenschaftserwerb
MRK Art6 Abs1 / Verfahrensgarantien
Oö GVG 1975 §4 Abs1
Oö GVG 1975 §15 Abs1
Oö GVG 1975 §15 Abs3
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
StGG Art6 Abs1 / Liegenschaftserwerb
MRK Art6 Abs1 / Verfahrensgarantien
Oö GVG 1975 §4 Abs1
Oö GVG 1975 §15 Abs1
Oö GVG 1975 §15 Abs3

 

Spruch:

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Im Zuge eines Zwangsversteigerungsverfahrens betreffend die Liegenschaft EZ 72 KG Lambrechten - einen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb mit einer land- und forstwirtschaftlichen Nutzfläche von ungefähr 26 ha - wurde mit Beschluß des Bezirksgerichtes Obernberg am Inn der Beschwerdeführerin als Meistbietender der Zuschlag erteilt. Die Bezirksgrundverkehrskommission Obernberg am Inn sprach iS des §15 Abs1 des Oö. Grundverkehrsgesetzes 1975 - Oö. GVG 1975, LGBl. 53, mit Bescheid aus, daß die Übertragung des Eigentums an die Beschwerdeführerin den (sinngemäß anzuwendenden) Vorschriften der §§4 bis 6 dieses Gesetzes widerspricht.

2. Der gegen diesen Bescheid eingebrachten Berufung der Beschwerdeführerin gab die Landesgrundverkehrskommission beim Amt der Oö. Landesregierung nicht Folge.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, mit der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Freiheit des Liegenschaftserwerbes sowie die Verletzung des durch Art6 Abs1 MRK gewährleisteten Rechtes auf ein faires Verfahren geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

4. Die Landesgrundverkehrskommission beim Amt der Oö. Landesregierung als belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die Beschwerdeführerin ist in einer Äußerung den Ausführungen der belangten Behörde entgegengetreten.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige (vgl. etwa VfSlg. 11754/1988 mwH) - Beschwerde erwogen:

1. a) Die für den angefochtenen Bescheid in erster Linie bedeutsamen Bestimmungen des Oö. GVG 1975 haben folgenden Wortlaut:

"§1

Die Übertragung des Eigentums und die Einräumung des Fruchtnießungsrechtes an einem ganz oder teilweise der land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung gewidmeten Grundstück durch Rechtsgeschäft unter Lebenden bedarf der Genehmigung nach den Bestimmungen dieses Gesetzes. ..."

"§4

(1) Rechtsgeschäfte müssen den öffentlichen Interessen an der Schaffung und Erhaltung land- oder forstwirtschaftlicher Nutzflächen und an der Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes entsprechen.

...

(4) Rechtsgeschäfte, die den Voraussetzungen gemäß Abs1, 2 oder 3 nicht entsprechen, dürfen nicht genehmigt werden."

"§5

Die Voraussetzungen für die Genehmigung eines Rechtsgeschäftes (§4) sind insbesondere gegeben,

a) wenn ein Bauerngut als lebensfähige Wirtschaftseinheit erhalten bleibt, die Wirtschaftlichkeit nicht wesentlich beeinträchtigt wird und angenommen werden kann, daß es der Erwerber selbst oder sonst in einer seiner Beschaffenheit entsprechenden Weise bewirtschaften wird;"

...

"§6

Die Voraussetzungen für die Genehmigung eines Rechtsgeschäftes (§4) sind insbesondere nicht gegeben, wenn zu besorgen ist, daß ...

b) Bauerngüter oder kleinere landwirtschaftliche Betriebe oder wirtschaftlich belangreiche Teile solcher zur Bildung oder Vergrößerung von Großgrundbesitz erworben werden; ....

e) nur eine spekulative Kapitalsanlage beabsichtigt ist; ...."

"§15

(1) Das Exekutionsgericht hat vor der Ausfertigung und der Verlautbarung des Beschlusses über die Erteilung des Zuschlages (§183 Abs1 und 3 EO) die Entscheidung der Grundverkehrsbehörde einzuholen, ob die Übertragung des Eigentums an den Meistbietenden den sinngemäß anzuwendenden Vorschriften der §§4 bis 6 widerspricht. Der Meistbietende und die Landwirtschaftskammer für Oberösterreich haben im Verfahren vor der Grundverkehrsbehörde Parteistellung. Die Bezirksgrundverkehrskommission hat eine Ausfertigung der rechtskräftigen Entscheidung unverzüglich dem Exekutionsgericht zu übersenden.

(2) Entscheidet die Grundverkehrsbehörde, daß die Übertragung des Eigentums an den Meistbietenden den sinngemäß anzuwendenden Vorschriften der §§4 bis 6 widerspricht, so hat das Exekutionsgericht den Zuschlag aufzuheben und nach Eintritt der Rechtskraft dieses Beschlusses die bücherliche Anerkennung der Erteilung des Zuschlages zu löschen sowie von Amts wegen eine neuerliche Versteigerung anzuordnen.

(3) Entscheidet die Grundverkehrsbehörde, daß die Übertragung des Eigentums an den Meistbietenden den sinngemäß anzuwendenden Vorschriften der §§4 bis 6 nicht widerspricht oder kommt dem Exekutionsgericht innerhalb von sechs Monaten nach dem Einlangen des gerichtlichen Ersuchens bei der Bezirksgrundverkehrskommission eine rechtskräftige Entscheidung der Grundverkehrsbehörde nicht zu, so ist der Beschluß über die Erteilung des Zuschlages auszufertigen und zu verlautbaren."

b) Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides (vgl. zu §4 Abs1 Oö. GVG 1975 etwa VfSlg. 9312/1982, 10566/1985, 10744/1986, 11614/1988) und da es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, daß die belangte Behörde den angewendeten Rechtsvorschriften einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat - was auch in der Beschwerde nicht behauptet wird -, könnte die Beschwerdeführerin im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn die belangte Behörde Willkür geübt hätte. Ein willkürliches, das Gleichheitsrecht verletzendes Verhalten der Behörde liegt nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes unter anderem dann vor, wenn die belangte Behörde in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen (s. etwa VfSlg. 9311/1982, 10846/1986, 10919/1986) und ihre Meinung an die Stelle von Beweisdurchführungen gesetzt hat (s. etwa VfSlg. 10047/1984, 500), insbesondere auch in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens (s. etwa VfSlg. 8808/1980, 9600/1983, 10942/1986, 11172/1986).

c) Die Bezirksgrundverkehrskommission Obernberg am Inn begründete ihre iS des §15 Abs1 Oö. GVG 1975 getroffene Entscheidung, daß die Übertragung des Eigentums an die Beschwerdeführerin als Meistbietende den (sinngemäß anzuwendenden) §§4 bis 6 dieses Gesetzes widerspreche, zum einen damit, daß die Beschwerdeführerin bereits Eigentümerin zweier landwirtschaftlicher Anwesen sei und daß mit Rücksicht auf die Art der Bewirtschaftung dieser Anwesen sowie die Entfernung zwischen dem Wohnort der Beschwerdeführerin und dem im Versteigerungsverfahren erworbenen landwirtschaftlichen Betrieb anzunehmen sei, daß sie diesen nicht selbst bewirtschaften werde. Die Grundverkehrsbehörde I. Instanz ging des weiteren davon aus, daß der in Rede stehende Erwerb dem §6 litb Oö. GVG 1975 widerspreche, weil er zur Bildung von Großbesitz führe, ferner dem §6 lite, weil nur eine spekulative Kapitalanlage beabsichtigt sei.

d) Die belangte Behörde gab, nachdem sie das Ermittlungsverfahren insbesondere durch Einholung einer Stellungnahme der Bezirksbauernkammer Ried/Innkreis und der Bezirksbauernkammer Schärding ergänzt hatte, der Berufung nicht Folge. Zum Unterschied von der Grundverkehrsbehörde I. Instanz berief sie sich - allerdings nicht im Spruch, sondern nur in der Begründung des angefochtenen Bescheides - lediglich auf §4 Abs1 Oö. GVG 1975, nicht aber auch auf §6 litb und e dieses Gesetzes. Ihre Auffassung, daß der Erwerb des in Rede stehenden landwirtschaftlichen Betriebes durch die Beschwerdeführerin den durch §4 Abs1 Oö. GVG 1975 geschützten öffentlichen Interessen an der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes sowie an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes widerspreche, begründete sie damit, daß eine Selbstbewirtschaftung des im Versteigerungsverfahren erworbenen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes durch die Beschwerdeführerin nicht mit hinreichender Gewißheit zu erwarten sei und das Bedenken bestehe, daß dieser Erwerb nur erfolge, "um weiteren finanziellen Transaktionen des Vaters der Ersteherin .... eine weitere kreditnützige Grundlage zu verschaffen."

In diesem Zusammenhang hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides insbesondere ausgeführt:

"... der Vater der Berufungswerberin, hat in der Vergangenheit zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe und landwirtschaftliche Nutzflächen erworben, und zwar in der KG. Eggersham die Liegenschaften EZ. 25, 26, 180, 122, in der KG. Rutzenberg die EZ. 34. in der KG. St. Florian die EZ. 503, 407, 40, 80, 490, in der KG. Brunnenthal die Liegenschaften EZ. 73, 139, 308, in der KG. Luck EZ. 17 und 117, in der KG. Suben EZ. 486, in der KG. Wernstein EZ. 143, in der KG. St. Marienkirchen EZ. 72, in der KG. Pramhof EZ. 15 und in der KG. Unterteufenbach EZ. 174. Bei den Liegenschaften in der KG. Eggersham handelt es sich um den väterlichen Betrieb des J H, den er zurückerworben und modernst ausgebaut hat. Dieser Betrieb enthält 788 Standplätze für Mastschweine und 125 Standplätze für Rindermast. Nach den Angaben des J H werden seine übrigen landwirtschaftlichen Betriebe zumindest solange, bis er für jedes seiner Kinder einen eigenen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb bilden kann, von der modern ausgebauten Hofstelle aus bewirtschaftet. Diese ist so eingerichtet, daß ein landwirtschaftlicher Betrieb von 100 Hektar und mehr von da aus bewirtschaftet werden kann. Diesen Betrieb in Atzmanning 1, KG. Eggersham, hat er mit Pachtvertrag vom 31.12.1985 an seine Tochter R S H, die Berufungswerberin, verpachtet. Überdies hat er an sie die Liegenschaft EZ. 73 KG. Brunnenthal, die EZ. 72 KG. St. Marienkirchen, die EZ. 15 KG. Pramhof und die EZ. 174 KG. Unterteufenbach mit dem selben Pachtvertrag verpachtet. Dieser Pachtvertrag wurde der Bezirksgrundverkehrskommission Schärding zur Genehmigung nicht angezeigt. Mit Übergabsvertrag vom 28.3.1987 hat er die Liegenschaft EZ. 89 KG. Adenberg und die Liegenschaft EZ. 30 KG. Gilgenberg, die er ebenfalls erworben hat, an seine Tochter R S H übergeben. Nach der Genehmigung dieses Übergabsvertrages wurde der Vertrag jedoch wieder aufgehoben. Die Berufungswerberin hat von der K OHG., die ihr Vater vor einigen Jahren erworben hat, Liegenschaften übernommen. Die Übernehmerin hat nach ihren Angaben vor der Landesgrundverkehrskommission am 8.4.1988 die Handelsschule besucht, dann einige Zeit als Angestellte im Betrieb ihres Vaters gearbeitet und war im Zeitpunkt dieser Angaben angeblich seit 1 1/2 Jahren zusammen mit ihrem Verlobten, der von Beruf Tischler ist, in der Landwirtschaft ihres Vaters tätig. Sie soll nach anderen Angaben in den Vorakten auch im Hotelgewerbe tätig gewesen sein. Ihr sollen zwei Hotels in der Bundesrepublik gehört haben, die sie um DM 14 Millionen verkauft hat. Den Kauferlös soll sie zur Schuldenabdeckung an ihren Vater abgetreten haben. Nach den Angaben des J B, des Verpflichteten im gegenständlichen Exekutionsverfahren, vor der Landesgrundverkehrskommission am 16.10.1989, soll vereinbart sein, er werde sein Milchkontingent von 73.000 kg an J H verkaufen. Er dürfe das Anwesen bis zum Abschluß des Verfahrens bzw. bis zur Klärung seiner finanziellen Situation den gegenständlichen Hof weiter bewirtschaften. Nach anderen Angaben soll er das Recht eingeräumt erhalten haben, bis zu seiner Pensionierung, (er ist derzeit 53 Jahre alt), den Hof weiter bewirtschaften zu können.

Ausgehend von diesen Feststellungen, die aufgrund der Vorakten, der Angaben der Beteiligten und der unbedenklichen Berichte der Bezirksbauernkammern Schärding und Ried getroffen wurden, kann tatsächlich nicht mit der erforderlichen Sicherheit angenommen werden, die Meistbietende werde die erstandene Liegenschaft selbst bewirtschaften. Es kann nicht übersehen werden, daß der Pachtvertrag vom 31.12.1985 offenkundig nicht ernst gemeint war. Abgesehen davon, daß dieser Pachtvertrag der Bezirksgrundverkehrskommission nicht angezeigt wurde, wurde nur die Liegenschaft in Atzmanning 1 mit der ausgebauten Hofstelle und ein Teil der von dort aus bewirtschafteten, ehemals selbstständigen, landwirtschaftlichen Betriebe verpachtet. Dem Rest dieser Flächen, die noch in der Selbstbewirtschaftung des J H verblieben, wurde daher die Bewirtschaftungsgrundlage durch diesen Vertrag entzogen. Werden diese Faktoren zusammen betrachtet und berücksichtigt, daß auch der Übergabsvertrag hinsichtlich des Betriebes in Spieglern (EZ. 89 KG. Adenberg EZ. 30 KG. Gilgenberg) widerrufen wurde, liegt der Schluß nahe, daß allen diesen Verträgen und Vorgangsweisen nicht landwirtschaftliche Überlegungen oder die Versorgung eines Kindes des J H zugrunde liegen, sondern hiefür andere Überlegungen maßgeblich sind. Nach der Lage des Falles kommen hiefür am ehesten finanztechnische Überlegungen in Betracht. Hiefür sprechen auch die Belastungen der zahlreichen Landwirtschaftsbetriebe des J H, zum Teil auch der verpachteten und der der Berufungswerberin bereits gehörigen, aus der Firma K stammenden Grundstücke. Diese Belastungen haben ein Ausmaß von S 50 Millionen bereits deutlich überschritten."

e) Die Beschwerdeführerin begründet den Vorwurf der Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz zum einen damit, daß die belangte Behörde in entscheidenden Punkten jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen und das Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht berücksichtigt habe. Dies betreffe insbesondere die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Tatsachen, daß die Beschwerdeführerin von Beruf Landwirtin, nicht Eigentümerin einer landwirtschaftlich genutzten Liegenschaft bzw. Hofstelle sei, ausschließlich auf gepachteten Liegenschaften Landwirtschaft betreibe und gemeinsam mit ihrem Verlobten einen Gutsbetrieb in Niederösterreich bewirtschafte, daß ferner der verfahrensgegenständliche landwirtschaftliche Betrieb in unmittelbarer Nähe des elterlichen Hofes des Verlobten der Beschwerdeführerin liege und künftighin als Vollerwerbsbetrieb von der Beschwerdeführerin und ihrem Verlobten bewirtschaftet werden solle. Mit der in der Begründung des angefochtenen Bescheides getroffenen Feststellung, es sei dadurch, daß die Beschwerdeführerin von ihrem Vater landwirtschaftliche Betriebe gepachtet habe, den weiterhin in der Bewirtschaftung ihres Vaters verbliebenen Betrieben die Wirtschaftsgrundlage entzogen worden, sei die belangte Behörde leichtfertig vom Inhalt der Akten abgegangen und habe den konkreten Sachverhalt ohne Prüfung außer acht gelassen. Dies gelte auch für den von der belangten Behörde gezogenen Schluß, daß mit Rücksicht auf die Belastungen der zahlreichen Landwirtschaftsbetriebe des Vaters der Beschwerdeführerin wie auch der im Eigentum der Beschwerdeführerin stehenden Grundstücke der geplante Erwerb der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft nicht der Versorgung der Beschwerdeführerin diene, sondern aus "finanztechnischen Überlegungen" erfolgen solle. Auch diesbezüglich habe die belangte Behörde kein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und das Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin ignoriert, daß sie über ein Vielfaches des Betrages verfüge, der zum Erwerb des verfahrensgegenständlichen Betriebes erforderlich sei.

f) Der Verfassungsgerichtshof hat mehrfach ausgesprochen, daß im Grundverkehrsrecht seit jeher der Gedanke tragend war, es komme darauf an, ob "ein ausreichender Grund zur Annahme vorliegt, daß der Erwerber das Gut nicht selbst bewirtschaften wird" (VfSlg. 7654/1975 mwH, 9446/1982, 10789/1986, 10797/1986, 10890/1986; vgl. etwa auch VfSlg. 10563/1985, 10744/1986, 10747/1986, 10764/1986, 11754/1988). Demnach ist es in den durch das Oö. GVG 1975 zu schützenden öffentlichen Interessen gelegen, daß die im Rahmen des Grundverkehrs erworbenen land- und forstwirtschaftlichen Grundstücke von den Erwerbern selbst bewirtschaftet werden (VfSlg. 11516/1987; s. etwa auch 10564/1985).

In der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde am 16. Oktober 1989, an der auch ein bevollmächtigter Vertreter der Beschwerdeführerin teilnahm, gab, wie aus der im Akt befindlichen Niederschrift ersichtlich ist, der (damals 53jährige) bisherige Eigentümer des verfahrensgegenständlichen landwirtschaftlichen Betriebes an, die Beschwerdeführerin habe eine Weiterbewirtschaftung durch ihn bis zum Abschluß des Verfahrens bzw. bis zur Klärung seiner finanziellen Situation zugesichert. Der auf Ersuchen der belangten Behörde erstatteten Stellungnahme der Bezirksbauernkammer Ried/Innkreis vom 15. September 1989 ist zu entnehmen, daß der bisherige Eigentümer sowohl dem Vorsitzenden der Grundverkehrskommission Obernberg am Inn als auch der Bezirksbauernkammer Ried/Innkreis mitgeteilt habe, es sei ihm die Weiterbewirtschaftung der versteigerten Liegenschaft sowie eine Nutzung der forstlichen Flächen für die Brennholzversorgung in Aussicht gestellt worden, damit für ihn "bis zur Erlangung einer eigenen Pension eine Weiterversicherungsgrundlage gewährleistet" sei.

Wenn die belangte Behörde ihre Auffassung, es könne "nicht mit der erforderlichen Sicherheit angenommen werden", daß die Beschwerdeführerin den verfahrensgegenständlichen landwirtschaftlichen Betrieb selbst bewirtschaften werde, - jedenfalls auch - auf diese Angaben stützte, kann ihr nicht mit Recht der Vorwurf der Unterlassung jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt gemacht werden, zumal in der Beschwerde die Richtigkeit dieser Angaben nicht bestritten, sondern lediglich gerügt wird, daß die belangte Behörde sich in diesem Zusammenhang (unter anderem) bloß auf "andere Angaben" berufen habe, ohne darzulegen, von wem sie stammten sowie wem gegenüber und wann sie gemacht wurden. Mit dieser Rüge wird jedenfalls nicht ein in die Verfassungssphäre reichendes, als Willkür zu bezeichnendes Fehlverhalten der belangten Behörde geltend gemacht.

Bei diesem Ergebnis kann es dahingestellt bleiben, ob auch die sonstigen von der belangten Behörde zur Stützung ihrer Auffassung mit herangezogenen Tatsachen in einem aus der Sicht des Gleichheitssatzes unbedenklichen Verfahren ermittelt wurden.

Ob aber der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist nicht vom Verfassungsgerichtshof zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall (vgl. dazu insbesondere §18 Abs2 und 4 Oö. GVG 1975; Art20 Abs2 B-VG) - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. VfSlg. 8309/1978, 9454/1982, 9456/1982, 10565/1985, 10659/1985).

2. Eine Verletzung des durch Art6 MRK gewährleisteten Rechtes auf ein faires Verfahren liegt nach Ansicht der Beschwerdeführerin deshalb vor, weil ihr die belangte Behörde trotz des in der Berufung gestellten diesbezüglichen Antrages weder Akteneinsicht gewährt noch Gelegenheit geboten habe, zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens Stellung zu nehmen. Da weder die Beschwerdeführerin noch ein informierter Vertreter derselben zu der für 6. November 1989 anberaumten mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde hätten erscheinen können, hätte die belangte Behörde dem rechtzeitig gestellten Vertagungsantrag der Beschwerdeführerin stattgeben müssen.

Die belangte Behörde hält dem insbesondere entgegen, daß die Beschwerdeführerin zwar in der Berufung die Gewährung von Akteneinsicht beantragt, aber weder versucht habe, in den ihr während der Amtsstunden der belangten Behörde zur Verfügung gestandenen Akt Einsicht zu nehmen noch ersucht habe, ihr die Akteneinsicht bei einer Bezirksgrundverkehrskommission zu ermöglichen. Um dennoch das Parteiengehör zu wahren, sei die Beschwerdeführerin zur mündlichen Verhandlung am 16. Oktober 1989 mit dem Beifügen geladen worden, daß ihr persönliches Erscheinen erforderlich sei. Da der von ihr zu dieser Verhandlung, bei der unter anderem auch die Äußerungen der Bezirksbauernkammern Ried/Innkreis und Schärding vorgetragen worden seien, entsandte bevollmächtigte Vertreter nicht ausreichend informiert gewesen sei, habe die belangte Behörde für den 6. November 1989 eine weitere mündliche Verhandlung anberaumt und die Beschwerdeführerin (sowie überdies ihren bevollmächtigten Vertreter) mit dem Hinweis geladen, daß das persönliche Erscheinen der Beschwerdeführerin erforderlich sei und geeignete Unterlagen der belangten Behörde vorzulegen seien. Auf die durch den Vertreter der Beschwerdeführerin telefonisch vorgebrachte Entschuldigung hin habe die belangte Behörde mit Schreiben vom 30. Oktober 1989 (zugestellt am 2. November 1989) die Beschwerdeführerin (ebenso wie ihren bevollmächtigten Vertreter) unter neuerlichem Hinweis auf die Notwendigkeit des persönlichen Erscheinens der Beschwerdeführerin und der Vorlage geeigneter Unterlagen davon in Kenntnis gesetzt, daß eine Vertagung der Sitzung nicht möglich sei. Ein mit 31. Oktober 1991 datierter schriftlicher Vertagungsantrag des bevollmächtigten Vertreters der Beschwerdeführerin sei bei der belangten Behörde am 6. November 1991 erst zu einem Zeitpunkt eingelangt, als die Sitzung der belangten Behörde bereits beendet war und ihre Mitglieder sich schon entfernt hatten.

Aus diesem mit dem Akteninhalt übereinstimmenden Vorbringen der belangten Behörde ergibt sich unter Berücksichtigung des Umstandes, daß deren Entscheidung spätestens am 14. Dezember 1989 beim Exekutionsgericht eingelangt sein mußte, weil dieses sonst gemäß §15 Abs3 Oö. GVG 1975 den Beschluß über die Erteilung des Zuschlages auszufertigen und zu verlautbaren gehabt hätte, daß die Beschwerdeführerin ausreichend Gelegenheit hatte, von dem für die bekämpfte Entscheidung relevanten Ergebnis des Ermittlungsverfahrens Kenntnis und dazu Stellung zu nehmen. Insbesondere lag es an ihr, zur mündlichen Verhandlung am 16. Oktober 1989 einen ausreichend informierten Vertreter zu entsenden und angesichts des ihr bekannt gewordenen Verlaufes dieser Verhandlung spätestens nach diesem Zeitpunkt Akteneinsicht zu nehmen und - rechtzeitig - allenfalls eine schriftliche Stellungnahme abzugeben.

Es kann somit dahingestellt bleiben, ob das Vorbringen der Beschwerdeführerin überhaupt geeignet ist, eine Verletzung des Art6 MRK oder eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes aufzuzeigen (s. etwa VfSlg. 10923/1986).

3. Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid auch in dem durch Art6 StGG verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht, Liegenschaften zu erwerben und über diese frei zu verfügen, nicht verletzt worden. Dem in diese Richtung zielenden Beschwerdevorwurf ist entgegenzuhalten, daß sich dieses Grundrecht, wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung betont hat (vgl. etwa VfSlg. 7539/1975 mwH, 9541/1982, 10745/1986, 10896/1986), nur gegen jene historischen Beschränkungen richtet, die ehemals zugunsten bestimmter bevorrechteter Kreise bestanden haben. Art6 StGG verbietet es, eine bevorrechtete Klasse der Landwirte dadurch zu schaffen, daß ihnen - ohne Rücksicht darauf, ob es die nach dem Gesetz zu schützenden Grundverkehrsinteressen erfordern - nur deswegen, weil sie bereits Landwirte sind, gegenüber Personen, auf die dieses Kriterium nicht zutrifft, das vorzugsweise oder gar ausschließliche Recht eingeräumt wird, landwirtschaftlichen Grundbesitz zu erwerben (VfSlg. 5684/1968, 7927/1976, 9070/1981, 10797/1986, 10822/1986, 11411/1987, 11516/1987).

Allgemeine Einschränkungen des Liegenschaftsverkehrs wie sie die Grundverkehrsgesetze enthalten, werden dadurch nicht ausgeschlossen (vgl. etwa VfSlg. 9454/1982, 9456/1982, 9682/1983, 10562/1985, 10566/1985, 10744/1986, 10902/1986).

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Entscheidung, daß die Übertragung des Eigentums an die Beschwerdeführerin dem (sinngemäß anzuwendenden) §4 Abs1 Oö. GVG 1975 widerspreche, nicht getroffen, um den Erwerb des in Rede stehenden landwirtschaftlichen Betriebes durch die Beschwerdeführerin zugunsten eines Landwirtes, der diesen Betrieb zu erwerben beabsichtigt, zu verhindern. Vielmehr erfolgte diese Entscheidung unter dem Gesichtspunkt grundverkehrsbehördlicher Interessen (s. dazu VfSlg. 8309/1978, 320; 8766/1980, 142; 9454/1982, 562; 9456/1982, 571; 10566/1985,

166) deshalb, weil nach Ansicht der belangten Behörde die in §4 Abs1 Oö. GVG 1975 umschriebenen Voraussetzungen nicht vorlagen.

4. Soweit die Beschwerdeführerin auch den Vorwurf einer Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Freiheit der Erwerbsbetätigung (Art6 StGG) erhebt (S 10 vorletzer Absatz der Beschwerde), ist ihr entgegenzuhalten, daß selbst unter der Prämisse, daß die Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung eines Rechtserwerbes unter bestimmten Umständen in das Grundrecht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung eingreift, eine Verletzung dieses Grundrechtes nicht vorliegt. Denn der die grundverkehrsbehördliche Genehmigung versagende Bescheid ist in denkmöglicher Anwendung der ihm zugrunde liegenden gesetzlichen Regelung ergangen und diese Regelung ist aus der Sicht des Art6 StGG iS der jüngeren Judikatur des Verfassungsgerichtshofes zu dieser Vorschrift (zB VfSlg. 10179/1984, 10386/1985, 10932/1986, 11276/1987, 11494/1987, 11503/1987, 11853/1988; VfGH 21.6.1988 G198/88, G234/88) unbedenklich, weil im öffentlichen Interesse geboten, zur Zielerreichung geeignet, dieser adäquat und auch sonst sachlich zu rechtfertigen.

5. Die behaupteten Verletzungen verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte haben somit nicht stattgefunden.

6. Das Verfahren hat nicht ergeben, daß die Beschwerdeführerin in einem von ihr nicht geltend gemachten Recht verletzt worden ist.

Mit Rücksicht auf die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften (s. dazu oben unter II.2.b) ist es auch ausgeschlossen, daß die Beschwerdeführerin wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm ihren Rechten verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

7. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

8. Da der angefochtene Bescheid von einer Kommission nach Art133 Z4 B-VG erlassen wurde und eine Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes im Gesetz nicht vorgesehen ist, war der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof ebenfalls abzuweisen.

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