VfGH B328/95

VfGHB328/9512.3.1997

Abweisung der Beschwerde gegen die der mitbeteiligten Partei erteilte Baubewilligung zur Errichtung einer Wohnhausanlage samt Tiefgarage (Anlaßfall zu V72/96, E v 25.02.97: keine Gesetzwidrigkeit des Bebauungsplanes Nr 56 - Stelzhamerstraße der Stadtgemeinde Steyr vom 17.12.91).

Die "Nichtberücksichtigung" der "Einwendungen", die aus der Zeit vor der Einleitung des Baubewilligungsverfahrens stammten und ausschließlich im Zusammenhang mit der Entstehung des Bebauungsplanes Nr 56 - Stelzhamerstraße standen, kann nicht als eine aus unsachlichen Gründen erfolgte Benachteiligung oder als gehäufte Verkennung der Rechtslage angesehen werden, die den angefochtenen Bescheid als im besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften im Widerspruch stehend erscheinen ließe.

Da die Erstbeschwerdeführerin im Bauverfahren zur Behauptung ihrer Parteistellung nur ein ersessenes Wohnrecht, nicht jedoch - wie zur Begründung der Parteistellung nach §46 Abs1 Oö BauO erforderlich - Eigentum oder ein aus diesem Eigentumsrecht abgeleitetes Baurecht hinsichtlich der Nachbarliegenschaft geltend machen konnte, wurde die Erstbeschwerdeführerin durch die Zurückweisung ihrer Einwendungen auch nicht im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
Oö BauO §46 Abs1
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art83 Abs2
Oö BauO §46 Abs1

 

Spruch:

Die beschwerdeführenden Parteien sind durch den angefochtenen Bescheid weder in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird daher abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 22. Dezember 1994, Z BauR-011335/1-1994 Gr/Lan, wurde den Vorstellungen der Nachbarn und nunmehrigen Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Stadtsenates der Stadt Steyr vom 14. September 1994, mit dem der mitbeteiligten Partei die Baubewilligung für die Errichtung einer Wohnhausanlage mit maximal 30 Wohnungseinheiten, einer Tiefgarage für 34 PKW sowie eines Hauskanalanschlusses auf dem Grundstück Nr. 831/11, KG Sarning, erteilt wurde, keine Folge gegeben.

In der auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde rügen die Beschwerdeführer die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 B-VG) sowie - nicht näher substantiiert - auf Unverletzlichkeit des Eigentums (Art5 StGG). Die Erstbeschwerdeführerin rügt überdies die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter (Art83 Abs2 B-VG), weil ihre Einwendungen zu Unrecht mangels Parteistellung zurückgewiesen worden seien. Weiters erachten sich die Beschwerdeführer in ihren Rechten wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung, nämlich der Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Steyr vom 17. Dezember 1991, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 7. Mai 1992 bis 7. Juli 1992 sowie im Amtsblatt der Stadt Steyr, ausgegeben und versendet am 15. Juni 1992, Nr. 6/1992, Seite 10/134, (im folgenden: Bebauungsplan Nr. 56 - Stelzhamerstraße), verletzt.

2. Die Oberösterreichische Landesregierung hat am 18. April 1995 eine Gegenschrift und die Stadt Steyr hat am 16. März 1995 eine Äußerung erstattet. Die Beschwerdeführer haben ergänzende Schriftsätze vom 4. Juli 1995 sowie 11. März 1996 eingebracht. Die Oberösterreichische Landesregierung und der Bürgermeister der Stadt Steyr für den Gemeinderat Steyr haben mit Schriftsätzen vom 6. Mai 1996 bzw. 9. Mai 1996 ergänzend Stellung zu der Frage genommen, inwieweit eine Flächenwidmungsplanänderung Grund für die Aufhebung des "Bebauungsplanes-Reichenschwall" und für die (Neu-)Erlassung des "Bebauungsplanes-Stelzhamerstraße" war. Die Beschwerdeführer haben zuletzt einen ergänzenden Schriftsatz vom 30. Mai 1996 vorgelegt.

II. Aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof am 11. Juni 1996 beschlossen, die Gesetzmäßigkeit des Bebauungsplanes Nr. 56 - Stelzhamerstraße, soweit er das Grundstück Nr. 831/11, KG Sarning, betrifft, gemäß Art139 Abs1 B-VG von Amts wegen zu prüfen.

Mit Erkenntnis vom 25. Februar 1997, V72/96, ist der Verfassungsgerichtshof von der Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerde ausgegangen und hat den in Prüfung gezogenen Teil des Bebauungsplanes Nr. 56 - Stelzhamerstraße nicht als gesetzwidrig aufgehoben.

III. 1. Der Verfassungsgerichtshof

hat über die Beschwerde erwogen:

Im Verordnungsprüfungsverfahren hat sich der Verfassungsgerichtshof mit den von den Beschwerdeführern geäußerten Bedenken hinsichtlich der Gesetzmäßigkeit des angefochtenen Bebauungsplanes Nr. 56 - Stelzhamerstraße auseinandergesetzt. Das Verfahren hat ergeben, daß die Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit des in Prüfung gezogenen Bebauungsplanes nicht zutreffen. Auch sonst bestehen unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles gegen die den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften keine rechtlichen Bedenken.

Die Beschwerdeführer sind also nicht wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen in ihren Rechten verletzt worden.

Die Beschwerdeführer rügen weiters "gravierende Begründungsmängel" sämtlicher im Bauverfahren ergangener Bescheide, da auf die von den Beschwerdeführern in ihren Einwendungen ausdrücklich zitierten Argumente ihrer näher bezeichneten Schriftsätze aus den Jahren 1982 bis 1991 nicht eingegangen worden sei. Die Verletzung der Begründungspflicht stelle nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes eine willkürliche Vorgangsweise der Behörde und deshalb eine Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz (Art7 B-VG) dar.

Ein willkürliches Verhalten kann der Behörde unter anderem dann vorgeworfen werden, wenn sie den Beschwerdeführer aus unsachlichen Gründen benachteiligt hat oder aber, wenn der angefochtene Bescheid wegen gehäuften Verkennens der Rechtslage in einem besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften in Widerspruch steht (zB VfSlg. 10337/1985, 11436/1987).

In der Begründung des bekämpften Bescheides - und insofern von den Beschwerdeführern unwidersprochen - wurde ausgeführt, daß die angesprochenen "Einwendungen" allesamt aus der Zeit vor der Einleitung des Baubewilligungsverfahrens stammten und ausschließlich im Zusammenhang mit der Entstehung des Bebauungsplanes Nr. 56 - Stelzhamerstraße standen. Unter Hinweis auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wurde in der Begründung des bekämpften Bescheides weiters ausgeführt, daß das Vorbringen, auf das verwiesen wurde, nicht Gegenstand des konkreten Baubewilligungsverfahrens gewesen sei und nicht Gegenstand der Verletzung eines Nachbarrechtes im Sinne der Oberösterreichischen Bauordnung, LGBl. Nr. 35/1976 in der geltenden Fassung, sein könne.

Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes kann die "Nichtberücksichtigung" dieser "Einwendungen" nicht als eine aus unsachlichen Gründen erfolgte Benachteiligung oder als gehäufte Verkennung der Rechtslage angesehen werden, die den angefochtenen Bescheid als im besonderen Maße mit den Rechtsvorschriften im Widerspruch stehend erscheinen ließe, sondern allenfalls als eine nicht in die Verfassungssphäre reichende Verletzung einfachgesetzlicher Verfahrensvorschriften.

Die von den Beschwerdeführern vorgebrachte Behauptung der Verletzung im Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums nach Art5 StGG wurde in keiner Weise substantiiert und kann vom Verfassungsgerichtshof auch nicht erkannt werden. Da die Erstbeschwerdeführerin im Bauverfahren zur Behauptung ihrer Parteistellung nur ein ersessenes Wohnrecht, nicht jedoch - wie zur Begründung der Parteistellung nach §46 Abs1 OÖ Bauordnung, LGBl. 35/1976 idF LGBl. 103/1991, erforderlich - Eigentum oder ein aus diesem Eigentumsrecht abgeleitetes Baurecht hinsichtlich der Nachbarliegenschaft geltend machen konnte, wurde die Erstbeschwerdeführerin auch nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.

Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat nicht ergeben, daß die Beschwerdeführer in von ihnen nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in ihren Rechten verletzt wurden.

2. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte