Normen
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art18 Abs2
Nö KanalG 1977 §3
Nö KanalG 1977 §5 Abs2
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art18 Abs2
Nö KanalG 1977 §3
Nö KanalG 1977 §5 Abs2
Spruch:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I.1. Mit dem Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Mödling vom 1. Jänner 1976 wurde dem Beschwerdeführer auf Grund des §5 Nö. Kanalgesetz, LGBl. 6/1954, eine Benützungsgebühr für den Schmutzwasserkanal in der Höhe von S 9.528,80 pro Kalenderjahr vorgeschrieben.
Der Ermittlung der Höhe der Gebühr wurde eine Berechnungsfläche von
1.108 Quadratmeter und der Einheitssatz nach §3 Abs2 der Kanalgebührenordnung (Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Mödling vom 12. Dezember 1975) von S 8,60 zugrunde gelegt.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung hat der Gemeinderat der Stadtgemeinde Mödling mit dem Bescheid vom 2. Jänner 1978 gemäß §213 der Nö. Abgabenordnung, LGBl. 142/1963 idgF, als unbegründet abgewiesen.
Der gegen den Bescheid des Gemeinderates erhobenen Vorstellung hat die Nö. Landesregierung mit dem Bescheid vom 11. April 1978 gemäß §61 der Nö. Gemeindeordnung 1973, LGBl. 1000-2, keine Folge gegeben.
2. Gegen den Vorstellungsbescheid der Nö. Landesregierung richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde. Der Beschwerdeführer behauptet, durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden zu sein. Es wird die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, für den Fall der Abweisung die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. Nach §1 des Nö. Kanalgesetzes 1977, LGBl. 8230-0, sind die Gemeinden, sofern ihnen das Recht zur Einhebung solcher Gebühren nicht bereits bundesgesetzlich eingeräumt ist, ermächtigt, Kanalgebühren (Kanaleinmündungs-, Ergänzungs-, Sonder- und Kanalbenützungsgebühren) von den Eigentümern jener Liegenschaften zu erheben, die nach den geltenden gesetzlichen Bestimmungen zum Anschluß ihrer Liegenschaft an eine bestehende öffentliche Schmutz-, Misch- oder Regenwasserkanalanlage verpflichtet sind oder welchen über Ansuchen der Anschluß bewilligt wird (vgl. hinsichtlich der Zuständigkeit des Landesgesetzgebers zur Erlassung von Regelungen über Gebühren, zu deren Einhebung die Gemeinden durch Bundesgesetz ermächtigt sind, VfSlg. 3550/1959).
Die Bestimmungen des Nö. Kanalgesetzes 1977, auf die sich die Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühr an den Beschwerdeführer stützt, lauten:
... Es folgt (unter lita bis c) die - hier unterbleibende - Wiedergabe des Wortlautes des §3 Abs1 bis 3, des §5 und des §6 dieses Gesetzes.
d) Der Einheitssatz für die Berechnung der laufenden Gebühren für die Benutzung des Schmutzwasserkanales (Kanalbenützungsgebühren) wurde in §3 Abs2 der Kanalgebührenordnung (Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Mödling vom 12. Dezember 1975) mit S 8,60 festgesetzt.
2. Der Beschwerdeführer gründet seine Behauptung, im Gleichheitsrecht verletzt zu sein, auf die Annahme, daß sich die Vorschreibung der Kanalbenützungsgebühr auf ein gleichheitswidriges Gesetz stütze. Bei der Bestimmung des Kanalgesetzes, mit der der Gemeinde die Ermächtigung eingeräumt werde, einen Einheitssatz festzulegen, der nur dadurch begrenzt sei, daß er 3 v.H. des in §3 Abs3 umschriebenen Betrages nicht übersteigen dürfe, handle es sich "um einen Kautschukparagraphen, der der Willkür Tür und Tor" öffne. Soweit der Einheitssatz vom Einheitswert abweiche, den die betreffende Liegenschaft habe, stehe er überdies in gar keinem Verhältnis zu der Liegenschaft.
Die Bestimmung über die Ermittlung der Berechnungsfläche (§3 Abs2) sei gleichheitswidrig, weil nicht unterschieden werde, daß sich auf den in Betracht kommenden verbauten Grundflächen Gebäude verschiedenen Alters und dementsprechend verschiedener Mauerstärke befänden, daß in modernen Gebäuden auf gleicher Fläche mehr Personen wohnten als in Altbauten und daß in modernen Gebäuden mehr den Schmutzwasserkanal beanspruchende Einrichtungen benützt würden als in alten Gebäuden. Auch werde ein unter Denkmalschutz gestelltes Haus - wie das des Beschwerdeführers - gleich behandelt wie die anderen Objekte. Dies bewirke für den Beschwerdeführer eine besondere Benachteiligung, weil er am Hause keine Veränderungen vornehmen könne.
In all diesen Umständen und in der Tatsache der Einbeziehung unverbauter Flächen in die Berechnungsfläche sieht der Beschwerdeführer "eine erhebliche Abweichung vom Gleichheitsprinzip", die dem Beschwerdeführer als Eigentümer eines denkmalgeschützten Hauses "alle erdenklichen Nachteile gegenüber neueren, nicht denkmalgeschützten Bauten mit gleicher Benützerzahl" bringe.
3. a) Der VfGH hat im Erk. VfSlg. 5022/1965 zur im wesentlichen gleichlautenden Regelung des §5 Abs2 des Nö. Kanalgesetzes, LGBl. 6/1954, folgendes ausgeführt:
"Der VfGH hat im Zuge des Verfahrens außerdem Bedenken in der Richtung geäußert, daß die Regelung des §5 Abs2 erster Satz des niederösterreichischen Kanalgesetzes, gemäß der die Benützungsgebühr u. a. auch nach §3 Abs2 leg. cit. zu berechnen ist, dem §10 Abs3 litd FAG und somit dem §7 Abs5 F-VG widersprechen dürfte. Es handle sich nämlich um eine Gebühr gemäß §10 Abs3 litd FAG. In dieser Gesetzesstelle liege das Gebot, daß die Höhe der Gebühr in einem angemessenen Verhältnis zur Leistung stehen muß (vgl. das Erk. Slg. Nr. 3550/1959). Dieses Gebot sei hier nicht beachtet worden, soweit der Maßstab für die Berechnung der Gebührenhöhe auch in jenen Fällen durch die unverbaute Fläche mitbestimmt wird, in denen die unverbaute Fläche an die Kanalanlage gar nicht angeschlossen ist.
Hierüber hat der VfGH erwogen:
Gemäß §5 Abs2 des niederösterreichischen Kanalgesetzes soll die Kanalbenützungsgebühr nach den Bestimmungen des §3 Abs1 bis 3 leg. cit. berechnet werden. Die Gesetzesstelle normiert die Erlaubnis, die Berechnung der Gebührenhöhe entsprechend vorzunehmen. Danach ist aber nicht nur die verbaute Fläche in Verbindung mit der Anzahl der an die Kanalanlage angeschlossenen Geschoße des Baues Berechnungsgrundlage für die Höhe der Gebühr. Auch die unverbaute Fläche ist mit einem bestimmten Anteil als Berechnungsgrundlage herangezogen, selbst wenn sie an den Kanal gar nicht angeschlossen ist. Die Niederösterreichische Landesregierung hat dazu vorgebracht, der Umfang der Heranziehung der unverbauten Flächen entspreche einem Erfahrungsdurchschnitt. Diesem Vorbringen kann nicht entgegengetreten werden. Das Gleichheitsprinzip verbietet es jedenfalls dann nicht, pauschalierende Regelungen zu treffen, wenn sie den Erfahrungen des täglichen Lebens entsprechen und im Interesse der Verwaltungsökonomie liegen, also damit sachlich begründbar sind. Im Verfahren sind keine Umstände hervorgekommen, aus denen sich ergeben würde, daß dies hier nicht zutrifft."
Der VfGH ist der Auffassung, daß es aus den im angeführten Erk. dargelegten Gründen unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitsprinzips nicht geboten ist, bei der Regelung über die Ermittlung der Berechnungsfläche nach dem Alter der Baulichkeiten, die sich auf den verbauten Flächen befinden, und der Stärke ihrer Mauern zu differenzieren und insbesondere den besonderen (Ausnahme-)Fall, daß eine Baulichkeit unter Denkmalschutz steht, zu berücksichtigen. (Zur ähnlichen Frage der Höhe der Kanalanschlußgebühr vgl. auch VfSlg. 8188/1977, wonach diese Gebühr nicht notwendigerweise von der Inanspruchnahme der öffentlichen Kanalanlage abhängig ist und nicht in unmittelbarer Beziehung zur Inanspruchnahme der Kanalanlage stehen muß.)
Eine gegen das Gleichheitsgebot verstoßende Unsachlichkeit der Regelung über die Festsetzung des Einheitssatzes liegt nicht vor.
b) Im übrigen trifft die Behauptung des Beschwerdeführers, daß die Regelung über die Festsetzung des Einheitssatzes der Willkür "Tür und Tor öffne", nicht zu. Der Einheitssatz ist nach den auf den laufenden Meter der Kanalanlage durchschnittlich entfallenden Baukosten somit nach einem technisch und betriebswirtschaftlich eindeutig zu ermittelnden und jederzeit überprüfbaren Kriterium festzusetzen. Durch diese Festsetzung der Höchstgrenze der Kanalgebühr sowie durch die sonst im Nö. Kanalgesetz 1977 angeführten Kriterien ist das Verhalten des Verordnungsgebers und der Inhalt der zu erlassenden Verordnung im Gesetz dem Art18 B-VG entsprechend bestimmt.
c) Wenn der Beschwerdeführer beanstandet, daß der Einheitssatz vom Einheitswert abweicht, und damit zum Ausdruck bringen will, daß der Einheitssatz nach dem Einheitswert der an die Kanalanlage angeschlossenen Liegenschaften zu bestimmen wäre, verkennt er die Funktion des Einheitssatzes, die ihm iS der Erfüllung des Gebotes, daß die Höhe der Gebühr in einem angemessenen Verhältnis zur Leistung stehen muß, zukommt.
d) Gegen die Verfassungsmäßigkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides bestehen unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles keine Bedenken.
4. Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides könnte der Beschwerdeführer im Gleichheitsrecht nur verletzt worden sein, wenn die Behörde den bei der Erlassung des Bescheides angewendeten Rechtsvorschriften einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie Willkür geübt hätte. Anhaltspunkte für ein solches Verhalten der belangten Behörde sind vom Beschwerdeführer nicht geltend gemacht worden und im Verfahren vor dem VfGH nicht hervorgekommen. Zusammenfassend ergibt sich, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nicht verletzt worden ist.
5. Die Verletzung eines sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes ist vom Beschwerdeführer nicht behauptet worden und im Verfahren vor dem VfGH nicht hervorgekommen. Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides ist der Beschwerdeführer auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
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