Normen
B-VG Art144 Abs1 / Anlassfall
B-VG Art144 Abs1 / Anlassfall
Spruch:
Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes
in ihren Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, der Beschwerdeführerin zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit ATS 18.000,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1.1. Die beschwerdeführende Gesellschaft als Käuferin schloss am 2. April 1996 mit der B Ges.m.b.H (nunmehr B AG) einen aufschiebend bedingten Kaufvertrag betreffend einen "Teil des genehmigten Kapitals" der in Wien ansässigen A Ges.m.b.H. Der Vertrag wurde unter der aufschiebenden Bedingung geschlossen, dass das Ergebnis der - im Vertrag näher umschriebenen - Durchführung einer Due Diligence zur Zufriedenheit der Käuferin ausfalle. Darüber hinaus wurde die Vereinbarung unter der aufschiebenden Bedingung der Genehmigung durch die EG-Kommission und der Zustimmung der nationalen Kartellbehörde jeder der beiden Vertragsparteien geschlossen. Die Höhe des Kaufpreises sollte nach einer im Vertrag festgelegten Formel ermittelt werden.
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien schrieb der Beschwerdeführerin daraufhin mit Bescheid vom 15.11.1996 2,5% Börsenumsatzsteuer vom Kaufpreis vor, wobei als Bemessungsgrundlage der Ausgangspunkt der obgenannten Formel, anhand der der Kaufpreis zu errechnen gewesen wäre, herangezogen wurde.
1.2. Die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland wies mit dem nunmehr vor dem Verfassungsgerichtshof angefochtenen Bescheid die dagegen erhobene Berufung unter Hinweis auf das zu einem vergleichbaren Fall ergangene Erkenntnis VwGH 22.5.1996, Zl. 96/16/0100, als unbegründet ab.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung in Rechten wegen Anwendung der für verfassungswidrig erachteten Bestimmung des §18 Abs2 Z3 KapitalverkehrsteuerG sowie die Verletzung in näher bezeichneten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.
3. Die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als belangte Behörde hat - im Wege des Bundesministeriums für Finanzen - die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie den Beschwerdebehauptungen entgegentritt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat am 5. Dezember 1998 beschlossen, aus Anlass der vorliegenden und zweier weiterer Beschwerden gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Worte "bedingte oder" in §18 Abs2 Z3 Kapitalverkehrsteuergesetz, DRGBl. 1/1934, S 1058, einzuleiten.
Mit Erkenntnis vom 1. Oktober 1999, G6/99 ua., hob der Verfassungsgerichtshof diese Bestimmung als verfassungswidrig auf.
III. Die belangte Behörde hat eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin nachteilig war.
Die Beschwerdeführerin wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt (vgl. zB VfSlg. 10404/1985).
Der Bescheid war daher aufzuheben.
Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG 1953. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von ATS 3.000,-
- enthalten.
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