VfGH B2448/97

VfGHB2448/971.10.1999

Anlassfallwirkung der Aufhebung der Worte "bedingte oder" in §18 Abs2 Z3 KapitalverkehrsteuerG mit E v 01.10.99, G6/99 ua.

Normen

B-VG Art144 Abs1 / Anlassfall
B-VG Art144 Abs1 / Anlassfall

 

Spruch:

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihren Rechten verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, der Beschwerdeführerin zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit ATS 18.000,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Die beschwerdeführende Genossenschaft mit beschränkter Haftung schloss am 18.5.1995 mit einer Bank mit Sitz in Istanbul einen bedingten Kauf- und Abtretungsvertrag über die der Beschwerdeführerin gehörigen Anteile an der Vorarlberger Kreditbank GesmbH. Als Kaufpreis wurde ein Betrag von ATS 18.500.000,-- festgesetzt. Die Vereinbarung wurde unter der Bedingung geschlossen, dass die zuständigen türkischen und österreichischen Behörden ihre Zustimmung zu diesem Anteilserwerb erteilen; für den Fall, dass diese Bedingung nicht bis spätestens 31.12.1995 eintritt, wurde festgelegt, dass der Vertrag seine Rechtswirksamkeit wiederum verliert.

Der Vertrag wurde sodann von der Käuferin dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern zur Vergebührung angezeigt. Mit Bescheid vom 10.11.1995 schrieb dieses Finanzamt dafür - mit der Begründung, dass gem. §18 Abs2 Z3 KVG auch bedingte Anschaffungsgeschäfte der Besteuerung unterliegen - Börsenumsatzsteuer in der Höhe von ATS 231.250,-- vor.

1.2. Die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland wies mit dem nunmehr vor dem Verfassungsgerichtshof angefochtenen Bescheid die dagegen erhobene Berufung unter Hinweis auf das zu einem vergleichbaren Fall ergangene Erkenntnis VwGH 22.5.1996, Zl. 96/16/0100, als unbegründet ab.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung in Rechten wegen Anwendung der für verfassungswidrig erachteten Bestimmung des §18 Abs2 Z3 KapitalverkehrsteuerG sowie die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

3. Die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland als belangte Behörde hat - im Wege des Bundesministeriums für Finanzen - die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie den Beschwerdebehauptungen entgegentritt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat am 5. Dezember 1998 beschlossen, aus Anlass der vorliegenden und zweier weiterer Beschwerden gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §18 Abs2 Z3 Kapitalverkehrsteuergesetz, DRGBl. 1/1934, S 1058, einzuleiten.

Mit Erkenntnis vom 1. Oktober 1999, G6/99 ua., hob der Verfassungsgerichtshof diese Bestimmung als verfassungswidrig auf.

III. Die belangte Behörde hat eine verfassungswidrige Gesetzesbestimmung angewendet. Es ist nach Lage des Falles offenkundig, dass ihre Anwendung für die Rechtsstellung der Beschwerdeführerin nachteilig war.

Die Beschwerdeführerin wurde also durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in ihren Rechten verletzt (vgl. zB VfSlg. 10404/1985).

Der Bescheid war daher aufzuheben.

Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG 1953. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von ATS 3.000,-- enthalten.

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