VfGH B2343/97

VfGHB2343/9713.12.2001

Verletzung im Gleichheitsrecht durch Versagung der Energieabgabenvergütung für ein Rohöl-Transportleitungs-Unternehmen infolge einer gemeinschaftsrechtswidrigen innerstaatlichen Regelung; Verstoß der belangten Behörde gegen das Verbot der Durchführung einer nicht notifizierten Beihilfe durch die Anwendung des im Energieabgabenvergütungsgesetz normierten Ausschlusses bestimmter Unternehmen von der Vergütung

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
EG Art92
EG Art93 Abs3 dritter Satz
EnergieabgabenvergütungsG (Art62 StrukturanpassungsG) §2 Abs1
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
EG Art92
EG Art93 Abs3 dritter Satz
EnergieabgabenvergütungsG (Art62 StrukturanpassungsG) §2 Abs1

 

Spruch:

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zu Handen ihres Rechtsvertreters die mit 1.489,79 € bestimmten Prozesskosten binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Schwerpunkt der wirtschaftlichen Tätigkeit der beschwerdeführenden Partei liegt nicht in der Herstellung von körperlichen Wirtschaftsgütern. Die beschwerdeführende Partei stellte beim zuständigen Finanzamt einen auf das Energieabgabenvergütungsgesetz gestützten Antrag auf Vergütung von Energieabgaben. Der Antrag wurde von der erstinstanzlichen Behörde mit der Begründung abgewiesen, dass eine Anspruchsberechtigung auf Vergütung nach §2 Abs1 des Energieabgabenvergütungsgesetzes durch die von der beschwerdeführenden Partei ausgeübte Tätigkeit nicht erfüllt sei. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

3. Der Verfassungsgerichtshof legte dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften mit Beschluss vom 10. März 1999, im Verfahren zu B2251/97, 2594/97 folgende Fragen zur Vorabentscheidung vor:

"Frage 1:

Sind gesetzliche Maßnahmen eines Mitgliedstaates, die eine teilweise Vergütung von Energieabgaben auf Erdgas und elektrische Energie vorsehen, diese Vergütung aber nur Unternehmen gewähren, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht, als staatliche Beihilfe im Sinne des Artikel 92 EGV anzusehen ?

Frage 2:

Bei Bejahung der ersten Frage: Ist eine derartige gesetzliche Maßnahme auch dann als Beihilfe gemäß Artikel 92 EGV anzusehen, wenn sie allen Unternehmen ohne Rücksicht darauf gewährt wird, ob deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Wirtschaftsgüter besteht ?"

4. Mit Urteil vom 8. November 2001 erkannte der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in der Rechtssache C-143/99 über das erwähnte Ersuchen um Vorabentscheidung wie folgt:

"1. Nationale Maßnahmen, die eine teilweise Vergütung von Energieabgaben auf Erdgas und elektrische Energie vorsehen, stellen keine staatlichen Beihilfen im Sinne des Artikels 92 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 87 EG) dar, wenn sie allen Unternehmen im Inland unabhängig vom Gegenstand ihrer Tätigkeit gewährt werden.

2. Nationale Maßnahmen, die eine teilweise Vergütung von Energieabgaben auf Erdgas und elektrische Energie nur für Unternehmen vorsehen, deren Schwerpunkt nachweislich in der Herstellung körperlicher Güter besteht, sind als staatliche Beihilfen im Sinne des Artikels 92 EG-Vertrag anzusehen."

II. 1. Der vorliegende Sachverhalt gleicht in allen wesentlichen Belangen jenem, welcher der zu B2251/97 protokollierten Beschwerde zugrunde lag: Auch im vorliegenden Fall stand bei Erlassung des angefochtenen Bescheides der Anwendung des §2 Abs1 des Energieabgabenvergütungsgesetzes das unmittelbar anwendbare Verbot des Art93 Abs3 letzter Satz EG-Vertrag, eine nicht notifizierte Beihilfe durchzuführen, entgegen.

Es genügt somit, auf die Entscheidungsgründe des Erkenntnisses B2251/97 vom 13. Dezember 2001, mit dem der Verfassungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid aufgehoben hat, zu verweisen, aus welchem sich auch für den vorliegenden Fall ergibt, dass die belangte Behörde die beschwerdeführende Partei im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG) verletzt hat.

Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben.

2. Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde gemäß §19 Abs4 Z2 VerfGG 1953 abgesehen.

3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VerfGG 1953. In den zuerkannten Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von 218,02 €

und eine Eingabengebühr in der Höhe von 181,68 € enthalten.

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