Normen
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
StGG Art5
Erlaß des BM für Finanzen vom 04.06.76, Z257.343-IV/11/76
GebührenG 1957 §15 Abs1
GebührenG 1957 §19 Abs2
GebührenG 1957 §33 TP18 Abs1
B-VG Art18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 / Prüfungsgegenstand
StGG Art5
Erlaß des BM für Finanzen vom 04.06.76, Z257.343-IV/11/76
GebührenG 1957 §15 Abs1
GebührenG 1957 §19 Abs2
GebührenG 1957 §33 TP18 Abs1
Spruch:
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. In einer Schuld- und Pfandbestellungsurkunde vom 13. Dezember 1976 bestätigten die Beschwerdeführerin (eine OHG) und deren persönlich haftende Gesellschafter, ein Darlehen in der Höhe von
S 4,000.000 bar zugezählt erhalten zu haben und verpfändeten zur Sicherstellung des Darlehensbetrags samt Zinsen, Verzugs- und Zinseszinsen sowie einer Nebengebührenkaution von S 800.000 die Liegenschaft EZ 2092 KG E. Weiters wurde die Zustimmung zur grundbücherlichen Einverleibung des Pfandrechts samt Anhang erteilt. Das Pfandrecht wurde am 31. Dezember 1976 vom Bezirksgericht E. zu TZ 1257/76 verbüchert.
Die tatsächliche Darlehenszuzählung erfolgte erst nach dem 13. Dezember 1976. Da zum Zeitpunkt der Errichtung der Urkunde die Darlehensvaluta noch nicht zugezählt, der Darlehensvertrag als Realkontrakt daher noch nicht zustandegekommen war, schrieb das Finanzamt mit Bescheid vom 10. März 1977 ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von S 4,800.000 dem darlehensgewährenden Kreditinstitut zwar keine Darlehensgebühr nach §33 TP8 GebG, wohl aber für das Sicherungsgeschäft gemäß §33 TP18 GebG eine 1%ige Rechtsgebühr in der Höhe von S 48.000 vor.
Gegen diesen Bescheid erhob das Kreditinstitut Berufung, der gemäß §257 BAO die Beschwerdeführerin beitrat.
Mit Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, NÖ und Bgld. vom 24. Jänner 1978 wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des Grundrechts auf Unversehrtheit des Eigentums infolge Anwendung rechtswidriger Erlässe des Bundesministers für Finanzen und infolge denkunmöglicher Gesetzesanwendung behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.
Die belangte Behörde hat in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Der VfGH hat erwogen:
1. Der angefochtene Bescheid greift in das Eigentumsrecht ein. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des VfGH (zB VfSlg. 8776/1980) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.
2. a) Der angefochtene Bescheid stützt sich in materiell-rechtlicher Hinsicht auf §§15 Abs1, 19 Abs2 und 33 TP18 Abs1 GebG in der Fassung vor der Nov. BGBl. 668/1976, in formeller Hinsicht auf Bestimmungen der BAO. Er ist daher nicht ohne jede gesetzliche Grundlage ergangen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die angewendeten Gesetzesbestimmungen sind weder vorgebracht worden noch unter dem Blickwinkel des vorliegenden Beschwerdefalles entstanden (vgl. zu §33 TP18 GebG insb. VfSlg. 7254/1974 und 8133/1977).
b) Die Beschwerde bringt jedoch vor, es seien bei der Erlassung des Bescheides zwei nicht im Bundesgesetzblatt publizierte Erlässe des Bundesministers für Finanzen, und zwar der Erlaß Zl. 251.695-11a/74 vom 8. Feber 1974 (abgedruckt in Huemer, Gebührenrechtliche Beurteilung von Darlehensverträgen, GVR 1974, 29) und der Erlaß Zl. 257.343-IV/11/76 vom 4. Juni 1976 (wiedergegeben in ÖStZ 1976, 195) angewendet worden, deren Gesetzmäßigkeit aus formellen und materiellen Gründen bemängelt wird. Dementsprechend wird angeregt, hinsichtlich dieser Erlässe ein Verordnungsprüfungsverfahren einzuleiten.
Der VfGH teilt jedoch die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Bedenken nicht.
Auf Fälle wie den vorliegenden bezieht sich - lediglich - der genannte Erlaß aus 1976, in dem allen Finanzlandesdirektionen die im Erk. des VwGH vom 28. Jänner 1976, Z 1445/74, vertretene Rechtsansicht zur Kenntnis gebracht wird, daß kein gebührenpflichtiger Darlehensvertrag vorliegt, wenn im Zeitpunkt der Beurkundung des Darlehens die Darlehensvaluta noch nicht zugezählt ist, aber aus eben diesem Umstand für das in derselben Urkunde beurkundete Sicherungsgeschäft des Darlehensnehmers die Gebührenfreiheit nach §19 Abs2 des Gebührengesetzes versagt ist.
Sodann werden die Finanzlandesdirektionen in Übereinstimmung mit dem Gesetz und der Judikatur des VwGH angewiesen, bei neuen Schuld- und Pfandbestellungsurkunden "im Hinblick auf die allgemein bekannte Praxis der Kreditunternehmungen die Darlehensvaluta erst nach Ausfertigung des Schuldscheines und Durchführung der hypothekarischen Sicherstellung zuzuzählen (Sparkassen ist nach der im Gesetzesrang stehenden Sparkassenmustersatzung eine vorherige Zuzählung sogar untersagt), die Gebühr für das Sicherungsgeschäft vorzuschreiben".
Es handelt sich somit - zumindest was den auf Fälle wie den vorliegenden bezughabenden Teil des Erlasses anlangt - um keine die Rechtslage der Betroffenen gestaltende Vorschrift und daher nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (vgl. VfSlg. 8647, 8648/1979 mit Hinweisen auf die Vorjudikatur) um keine Rechtsverordnung, so daß die fehlende Publikation des Erlasses im Bundesgesetzblatt keine Gesetzwidrigkeit darstellt. Der VfGH hat - nach dem wiedergegebenen Inhalt des Erlasses - weder aus formellen noch aus inhaltlichen Gründen Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des Erlasses, die ihn bewegen könnten, ein Verordnungsprüfungsverfahren einzuleiten.
3. Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides würde dieser das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nur verletzen, wenn die Behörde das Gesetz in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (vgl. zB VfSlg. 8266/1978).
Ein solcher Fehler ist der belangten Behörde jedoch nicht anzulasten. Sie ist bei der Erlassung des angefochtenen Bescheides davon ausgegangen, daß die Vorschreibung einer Gebühr für eine Hypothekarverschreibung den tatsächlichen Bestand einer der Hypothekarverschreibung zu Grunde liegenden Forderung nicht voraussetzt. Damit steht die belangte Behörde in Übereinstimmung mit der Judikatur des VwGH (vgl. etwa VwSlg. 4935 F/1976). Des weiteren ist die belangte Behörde von der Rechtsauffassung ausgegangen, daß von der Gebührenpflicht des §33 TP18 GebG nicht der erst mit der grundbücherlichen Eintragung zustande kommende Pfandvertrag, sondern schon die beurkundete rechtsgeschäftliche Einräumung des Pfandrechtstitels für den Pfandrechtserwerb erfaßt ist, sohin jener schuldrechtliche Teil des Pfandvertrags, der das mit der Pfandbestellung verbundene schuldrechtliche Verhältnis zwischen Pfandgeber und Pfandnehmer erzeugt. Auch mit dieser Rechtsauffassung steht die belangte Behörde im Einklang mit der Judikatur des VwGH, der in seinem Erk. vom 1. Feber 1973, Z 539/72, 540/72, 882/72 (bestätigt etwa in VwGH vom 27. 11. 1978, Z 2595/77) dargelegt hat, daß unter einer "Hypothekarverschreibung" iS des §33 TP18 GebG der vertragsmäßige Pfandrechtstitel zu verstehen sei.
Die beiden dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Annahmen sind keineswegs denkunmöglich. Ob sie auch gemessen an der einfachgesetzlichen Rechtslage fehlerfrei sind, hat nicht der VfGH zu beurteilen.
4. Die behauptete Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentums hat sohin nicht stattgefunden.
Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß die Beschwerdeführerin im Grundrecht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz oder in einem anderen von ihr nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden wäre. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen wurde sie auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in einem Recht verletzt.
Die Beschwerde war daher abzuweisen.
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