VfGH B198/83

VfGHB198/8311.3.1986

Tir. GVG; Versagung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung gemäß §6 Abs1 litc; willkürliches Übergehen der Tatsache, daß Bf. land- und forstwirtschaftlichen Betrieb führt; kompetenzwidrige Auslegung des §6 Abs1 litc dahingehend, daß die beabsichtigte Betriebsform der Bienenzucht "nicht als volkswirtschaftlich höherwertig" den Entzug des Kaufgrundstückes aus dem landwirtschaftlichen Betrieb des Verkäufers rechtfertige; willkürliche Annahme mangelnder Selbstbewirtschaftung

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
Tir GVG §6 Abs1 litc
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
Tir GVG §6 Abs1 litc

 

Spruch:

Der Bf. ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. Mit Kaufvertrag vom 20. April 1981 erwarb der Bf. von J W die Gp. ... und ... der EZ ... KG St. Ulrich, umfassend zirka 19 Hektar Schutz- und Bannwald, um einen Kaufpreis von 350000 S.

2.1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel, Grundverkehrsbehörde St. Ulrich a. P., vom 31. März 1982, wurde diesem Rechtserwerb gemäß §3 Abs1 lita iVm. §4 Abs1 und §6 Abs1 litc GVG 1970 - später wiederverlautbart mit Kundmachung der Tir. Landesregierung vom 18. Oktober 1983, LGBl. 69/1983, als Grundverkehrsgesetz 1983 (GVG 1983) - die Zustimmung verweigert.

Begründend wurde im wesentlichen ausgeführt, daß aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens feststeht, daß das Kaufgrundstück (Bann- bzw. Schutzwald) ein bisher landwirtschaftlich genutztes Grundstück darstelle. Der Bf. habe auch die weitere land- bzw. forstwirtschaftliche Nutzung als Erwerbszweck angegeben und beabsichtige, den Schutzwald sorgfältig aufzuforsten und zu pflegen. Gemäß §6 Abs1 litc GVG sei jedoch die Zustimmung zu versagen gewesen, da es sich beim Bf. um einen pensionierten Bahnmeister handle und auch unter Berücksichtigung, daß er Eigentümer von zirka 2700 Quadratmeter Weidefläche sei, die Selbstbewirtschaftung von zirka 19 Hektar Schutz- bzw. Bannwald nicht gesichert erscheine. Berücksichtige man des weiteren, daß ein gültiges Anbot des unmittelbar benachbarten Landwirtes W B vorliege, so widerspreche der Rechtserwerb dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes bzw. der Schaffung oder Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes.

2.2. Die dagegen erhobene Berufung wurde mit Bescheid der Landesgrundverkehrsbehörde beim Amt der Tir. Landesregierung vom 4. Feber 1983 als unbegründet abgewiesen. Aus einem eingeholten forstwirtschaftlichen Sachverständigengutachten sei zu entnehmen, daß die kaufgegenständlichen Grundstücke steile, schütter bestockte Waldflächen sind, die zum größten Teil Schutzwaldcharakter aufweisen. In den höheren Regionen treten häufiger Felsbänder und Felsrücken zutage, die als unproduktive Flächen angesprochen werden müßten. Ein Bannwalderkenntnis bestehe nicht. Der Verkäufer müsse aufgrund größerer Investitionen die Grundstücke verkaufen, um notwendige Kredite zu erhalten; selbst bei Abverkauf der Waldparzellen wäre durch seine restlichen Waldgrundstücke im Ausmaß von 20,7 Hektar die ausreichende Ausstattung des Hofes mit Wald und Holz gegeben. Die Landesgrundverkehrsbehörde ist bei ihrer Entscheidung sodann im wesentlichen von folgenden rechtlichen Erwägungen ausgegangen:

"Mit vorliegendem Rechtsgeschäft erwirbt ein inländischer Staatsangehöriger ca. 19 ha Wald zur künftigen landwirtschaftlichen Nutzung, und zwar in Form der Bienenweide.

...

Im konkreten Fall führt §6 Abs1 litc GVG. aus, daß einem Rechtserwerb im Sinne des §3 Abs1 insbesondere dann nicht zuzustimmen ist, wenn zu besorgen ist, daß Grundstücke einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb ohne zureichenden Grund entzogen bzw. jemandem zur land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung überlassen werden, der sie nicht selbst im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes bewirtschaften wird. Unbestritten ist, daß durch die hier beabsichtigte Eigentumsübertragung 19 ha Wald einem landwirtschaftlichen Betrieb entzogen würden. Es ist somit Aufgabe der Behörde, zu beurteilen, ob für diesen Entzug ein zureichender Grund im Sinne der vorzitierten Gesetzesstelle vorliegt. Seitens des Berufungswerbers wurde als Verwendungszweck die Schaffung einer Bienenweide angegeben ...

Nach Ansicht der Berufungsbehörde ist ... die Schaffung einer Bienenweide kein derartig höherwertiger Verwendungszweck, der den Entzug des Waldes aus dem landwirtschaftlichen Betrieb rechtfertigen würde. Es ist unbestritten, daß auch die Bienenzucht einen Betriebszweig der Landwirtschaft darstellt. Nur handelt es sich bei diesem Betriebszweig um einen solchen, zu dessen Ausübung das sonst zur Landwirtschaft erforderliche Produktionsmittel, nämlich Grund und Boden, nicht erforderlich ist. Die Imkerei wird in ganz Tirol wie auch in anderen Ländern völlig unabhängig vom Grundbesitz ordnungsgemäß betrieben, sodaß die vom Käufer geltend gemachte Erwerbsabsicht nicht als volkswirtschaftlich höherwertig angesehen werden kann, daß der Entzug aus dem landwirtschaftlichen Betrieb des Verkäufers gerechtfertigt wäre. Vielmehr ist im konkreten Fall festzustellen, daß dem Kaufobjekt Schutzwaldcharakter zukommt, sodaß der ordentlichen Bewirtschaftung des Kaufobjektes ganz besondere Bedeutung zukommt. Eine derartige Nutzung ist aber am besten im Rahmen eines entsprechenden land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes durchzuführen, zumal das Kaufobjekt für sich allein wegen der geringen Ertragsmöglichkeit kaum Basis für einen eigenständigen forstwirtschaftlichen Betrieb zu bilden vermag. Überdies wird es dem Käufer aufgrund seines fortgeschrittenen Alters schwer fallen, mit dem Kaufobjekt einen existenzfähigen forstwirtschaftlichen Betrieb zu schaffen, da persönliche Handanlegung bei den schwierigen Holzarbeiten nur beschränkt möglich sein dürfte und zum anderen Fremdarbeitskräfte aus den Betriebserträgnissen kaum bezahlt werden könnten. Da überdies aufgrund der gesamten Umstände das Kaufobjekt nur zur forstwirtschaftlichen Nutzung in Frage kommt, würden diese Grundstücke sohin jemandem überlassen werden, der zu einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung im Rahmen eines entsprechenden Betriebes nicht in der Lage wäre. ...

Dem Berufungswerber ist insofern beizupflichten, als es der Behörde untersagt ist, einem tauglichen Interessenten die Genehmigung aus dem Umstand heraus zu versagen, daß ein noch tauglicherer Interessent vorhanden ist. Nachdem der von der Erstbehörde angeführte 'W B' die formellen Voraussetzungen des §6 (1) f GVG. nicht erfüllt hat (es fehlt die Verpflichtungserklärung gegenüber dem Verkäufer), war der Tatbestand des §6 (1) f GVG. im konkreten Fall nicht zu berücksichtigen. Die Entscheidung der Berufungsbehörde fußt somit nicht darauf, daß W B ein noch tauglicherer Interessent wäre, sondern stellt darauf ab, daß der Erwerber zu einer ordnungsgemäßen Bewirtschaftung nicht in der Lage ist."

3.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

3.2. Die bel. Beh. hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde begehrt.

4. Ua. aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde leitete der VfGH gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der lita, c, d, e und f in der Z1 des §13 Abs4 des GVG 1983 ein.

Mit Erk. VfSlg. 10639/1985 wurde sodann ausgesprochen, daß die in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen nicht als verfassungswidrig aufgehoben werden. Der VfGH erachtete es, ebenso wie der EuGMR im Urteil vom 22. Oktober 1984 in der Rechtssache Sramek, mit Art6 MRK für unvereinbar, daß ein Tribunal - die Landesgrundverkehrsbehörde ist ein solches - jemand zu seinen Mitgliedern zählt, der sich bei seiner beruflichen Tätigkeit außerhalb der Landesgrundverkehrsbehörde gegenüber einer im grundverkehrsbehördlichen Verfahren einschreitenden Partei in einem Verhältnis funktioneller oder dienstlicher Unterordnung befindet, wie dies im Fall Sramek beim Berichterstatter der Landesgrundverkehrsbehörde in Relation zum Landesgrundverkehrsreferenten der Fall war. Der Verfassungsverstoß sei jedoch nicht in den in Prüfung gezogenen Bestimmungen grundgelegt. Da das dargelegte, aus Art6 MRK erfließende Verfassungsgebot einfach-gesetzlicher Anordnungen nicht bedürfe, um der Verfassung Geltung zu verschaffen, seien die aufgeworfenen Bedenken nicht den in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen anzulasten.

5. Aufgrund dieses Ergebnisses des Gesetzesprüfungsverfahrens ist auf die Beschwerdebehauptungen einzugehen. Der VfGH hat hiezu erwogen:

5.1. Die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums wird behauptet, weil die bel. Beh. das Gesetz denkunmöglich angewendet habe, die Bescheidbegründung unschlüssig sei, sich mit den Ausführungen des Bf. nicht auseinandersetze und eine eingeholte gutächtliche Stellungnahme der Bezirkslandwirtschaftskammer Kitzbühel vom 8. September 1982 einfach übergehe. Es handle sich in Wahrheit um eine Scheinbegründung, die den Versuch unternehme, obwohl der VfGH in wiederholten Erk. die Methode verpönt habe, unter verschiedenen Landwirten den "würdigsten Bauern" auszuwählen, über den Umweg einer Negierung der Fähigkeit des Bf., den Wald zu bewirtschaften, zu einem eben solchen gleichheitswidrigen Ergebnis zu gelangen. Es sei verfehlt, wenn die bel. Beh. eine Abwägung vornehme, ob der verkaufte Wald für den Verkäufer wertvoller sei als die vom Bf. vorgesehene land- bzw. forstwirtschaftliche Bewirtschaftung. Es stelle sich überhaupt nicht die Frage, ob "die Schaffung einer Bienenweide" ein "höherwertiger Verwendungszweck" sei, "der den Entzug des Waldes aus dem landwirtschaftlichen Betrieb rechtfertigen würde". In Wahrheit führe ja auch der Bf. einen Landwirtschafts- und Forstwirtschaftsbetrieb, in dessen Rahmen Wald forstwirtschaftlich genutzt werde. Dazu trete noch die Zusatznutzung für Zwecke der Imkerei, also als sogenannte Bienenweide. Durch das Sachverständigengutachten der Bezirksforstinspektion und der Bezirkslandwirtschaftskammer sei zudem festgestellt, daß der Landwirtschaftsbetrieb des Verkäufers den in Frage stehenden Wald ausstattungsmäßig nicht brauche. Daß der angefochtene Bescheid sich einer Scheinbegründung bediene, ergebe sich auch aus den Ausführungen, daß es dem Bf. aufgrund seines fortgeschrittenen Alters schwerfallen würde, mit dem Kaufobjekt einen existenzfähigen forstwirtschaftlichen Betrieb zu schaffen, da persönliche Handanlegung bei den schwierigen Holzarbeiten nur beschränkt möglich sein dürfte, und zum anderen Fremdarbeitskräfte aus den Betriebserträgnissen kaum bezahlt werden könnten. Schon die Formulierung zeige, daß es sich hiebei um bloße Vermutungen und Spekulationen handle, zumal die Grundverkehrsbehörde in zwei früheren Fällen die Eignung des Bf. als Land- bzw. Forstwirt bejaht und den Ankauf von Grundstücken durch den Bf. genehmigt habe. Wenn es der bel. Beh. wirklich nur um die Sicherung der ordnungsgemäßen Bewirtschaftung gegangen wäre, so hätte sie die Möglichkeit gehabt, iS des §7 GVG die Zustimmung unter einer Auflage zu erteilen; der Bf. sei jederzeit bereit, die im Gesetz vorgesehene Kaution zu erbringen.

5.2. Die Beschwerde ist begründet:

5.2.1. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 9474/1982) durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nur verletzt werden, wenn dieser auf einer mit dem Gleichheitsgebot in Widerspruch stehenden Rechtsgrundlage beruht, oder wenn die Behörde Willkür geübt hat.

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt ua. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere iVm. einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung, 9600/1983).

5.2.2. Der angefochtene Bescheid gründet sich materiell-rechtlich auf §6 Abs1 litc GVG.

Gemäß §4 Abs1 GVG darf die nach §3 Abs1 erforderliche Zustimmung der Grundverkehrsbehörde bei land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken nur erteilt werden, "wenn der Rechtserwerb weder dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung oder Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes noch dem öffentlichen Interesse an der Schaffung oder Erhaltung eines wirtschaftlich gesunden land- oder forstwirtschaftlichen Grundbesitzes widerspricht".

§6 Abs1 GVG führt einzelne Tatbestände an, bei deren Vorliegen "einem Rechtserwerb im Sinne des §3 Abs1 insbesondere nicht zuzustimmen ist", und konkretisiert derart den nur allgemein formulierten Inhalt des §4 Abs1 GVG. Als spezieller Versagungstatbestand ist im §6 Abs1 leg. cit. unter litc genannt: "Grundstücke ... einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb ohne zureichenden Grund entzogen bzw. jemandem zur land- oder forstwirtschaftlichen Nutzung überlassen werden, der sie nicht selbst im Rahmen eines land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes bewirtschaften wird;".

Der VfGH hat unter dem Gesichtspunkt des vorliegenden Beschwerdefalles gegen die den bekämpften Bescheid tragenden Rechtsvorschriften (insbesondere gegen die zitierten Bestimmungen des GVG) keine verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. zB VfSlg. 7881/1976, 8518/1979).

5.2.3. Nach der Aktenlage entstammt der 1925 geborene Bf. einer bäuerlichen Familie, hat die landwirtschaftliche Berufschule besucht und bei verschiedenen Bauern als Knecht in der Land- und Forstwirtschaft gearbeitet. Er ist Bahnmeister in Ruhe, befaßt sich seit vielen Jahren mit der Imkerei und ist Alleineigentümer von 7731 Quadratmeter landwirtschaftlich genutzten Flächen und einer Waldfläche von 22264 Quadratmeter; diese land- und forstwirtschaftlichen Nutzflächen von zusammen zirka 3 Hektar sowie weitere Pachtgrundstücke von 2,5 Hektar bewirtschaftet er selbst.

In einer von der bel. Beh. eingeholten - im angefochtenen Bescheid jedoch nicht berücksichtigten - Stellungnahme der Bezirkslandwirtschaftskammer vom 8. September 1982 wird ausgeführt:

"... Das von R S erworbene Waldareal ... besteht aus einer ... derzeit fast ertragslosen Fläche (unproduktiv, Bannwald und Schutzwald außer Ertrag). Für den Käufer, der ca. 50 Bienenvölker besitzt und seit ca. 20 Jahren Obmann des Bienenzüchterzweigvereines Pillersee ist, hätte dieses Waldgrundstück in der nächsten Zeit vor allem als Bienenweide größeren Wert. Im übrigen ist auf diesem Grundstück sehr viel Aufforstungs- und Pflegearbeit notwendig, zu der der Käufer als pensionierter Bahnbeamter interesse- und zeitmäßig sicher in der Lage ist. Die Bewirtschaftung jener Grundstücke, die er bisher schon besitzt, würde dies jedenfalls erwarten lassen (1 ha lw., 3,70 ha Wald) ..."

Bei der mündlichen Verhandlung vor der Landesgrundverkehrsbehörde führte der Bf. aus, er könne den Nachweis erbringen, daß er fähig ist, die Grundstücke zu bewirtschaften. Er habe in Radfeld 1 Hektar und in Fieberbrunn 2,8 Hektar eigenbewirtschaftet. Er stamme aus einer Familie mit 17 Kindern, wobei er als einziger in der Landwirtschaft tätig sei, und zwar seit dem 9. Lebensjahr. Auf dem Kaufgrund wolle er einen für die Bienenweide gut geeigneten Mischwald heranziehen (Ahorn, falsche Akazien). Der Bf. betonte weiters, daß er die Baugenehmigung für die Errichtung einer Hofstelle am Lauchsee habe (für Stall und Bienenhaus). Den Wald in Radfeld beabsichtige er zu verkaufen, da dieser für die Bienenweide zu weit entfernt sei.

5.2.4. Ausgehend von der im Beschwerdefall maßgeblichen Sach- und Rechtslage erweist sich, daß die bel. Beh. in entscheidenden Punkten notwendige Ermittlungen unterlassen, das Parteienvorbringen übergangen, sowie den Inhalt der Akten außer acht gelassen hat. Im angefochtenen Bescheid findet die Tatsache, daß der Bf. land- und forstwirtschaftliche Grundstücke besitzt und zusätzliche gepachtet hat, überhaupt keine Berücksichtigung und bleibt die Frage unerörtert, ob demnach auch der Bf. einen, wenn auch kleinen, land- und forstwirtschaftlichen Betrieb führt. Für diesen Fall hätte sich aber die bel. Beh. mit der Frage auseinanderzusetzen gehabt, ob die den angefochtenen Bescheid (mit-)tragende Aussage, es sei "unbestritten", daß durch die hier beabsichtigte Eigentumsübertragung 19 Hektar Wald einem landwirtschaftlichen Betrieb entzogen würden, haltbar ist. Sollte allerdings die bel. Beh. meinen, daß die Voraussetzungen des angesprochenen Untersagungstatbestandes auch dann vorliegen, wenn Grundstücke aus einem (größeren) land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb an einen (kleinen) land- und forstwirtschaftlichen Betrieb veräußert werden, dann wäre ihr entgegenzuhalten, daß diese Ansicht dazu führen würde, dem Gesetz einen verfassungswidrigen Inhalt zu unterstellen. Nach der Rechtsprechung des VfGH (vgl. zB 8011/1977) darf der Landesgesetzgeber - soweit es sich um den Rechtsverkehr durch Inländer handelt - den Verkehr mit land- oder forstwirtschaftlichen Grundstücken nur dann verwaltungsbehördlichen Beschränkungen unterwerfen, wenn damit Ziele verfolgt werden, wie sie in dem zitierten Erk. (S 169) unter Hinweis auf die Vorjudikatur (VfSlg. 6342/1970) umschrieben werden, nämlich vor allem die "Abwehr von Gefahren, die aus der Freiheit des Verkehrs mit Grund und Boden dem existenzfähigen Bauernstand und wirtschaftlich gesunden mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Betrieben drohen". Keineswegs gehört zum Grundverkehrsrecht eine Regelung, die auf die Auswahl eines besseren Bewerbers unter mehreren tauglichen hinausläuft oder eine bestimmte Betriebsform festlegt; eine Auslegung, die zu einem solchen Ergebnis führt, wäre in gleicher Weise verfassungswidrig. Gerade in diese verfassungswidrige Betrachtung mündet aber die Auffassung der bel. Beh., indem sie ausführt, es sei

"unbestritten, daß auch die Bienenzucht einen Betriebszweig der Landwirtschaft darstellt. Nur handelt es sich bei diesem Betriebszweig um einen solchen, zu dessen Ausübung das sonst zur Landwirtschaft erforderliche Produktionsmittel, nämlich Grund und Boden, nicht erforderlich ist ..., sodaß die vom Käufer geltend gemachte Erwerbsabsicht nicht als volkswirtschaftlich höherwertig angesehen werden kann, daß der Entzug aus dem landwirtschaftlichen Betrieb des Verkäufers gerechtfertigt wäre".

Der bel. Beh. ist aber ein willkürliches Vorgehen auch entgegenzuhalten, soweit sie die Untersagung darauf stützt, daß eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung durch den Bf. in Frage gestellt wird. Im angefochtenen Bescheid findet nämlich nur das Gutachten der Bezirksforstinspektion Erwähnung, welches auf die ungünstige Lage und die schüttere Bestockung der Waldgrundstücke verweist, jedoch auf die Situation des Bf. kaum (dafür umso mehr - unterstützend - auf die des Kaufinteressenten B) eingeht. Mit der Stellungnahme der Bezirkslandwirtschaftskammer, in der die Frage einer künftigen Selbstbewirtschaftung der gekauften Waldgrundstücke durch den Bf. erörtert wird, setzt sich die bel. Beh. demgegenüber überhaupt nicht auseinander. Ebensowenig wird auf die Angaben des Bf. bei der mündlichen Verhandlung im angefochtenen Bescheid eingegangen. Der angefochtene Bescheid begnügt sich mit den allgemeinen Floskeln, daß die Bewirtschaftung des in Frage stehenden Waldes am besten im Rahmen eines entsprechenden land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes durchzuführen sei und daß das Kaufobjekt für sich allein wegen der geringen Ertragsmöglichkeit kaum Basis für einen eigenständigen forstwirtschaftlichen Betrieb zu bilden vermöge; dem Käufer werde es aufgrund seines fortgeschrittenen Alters schwerfallen, mit dem Kaufobjekt einen existenzfähigen forstwirtschaftlichen Betrieb zu schaffen, da persönliche Handanlegung nur beschränkt möglich sein dürfte und Fremdarbeitskräfte aus den Betriebserträgnissen kaum bezahlt werden könnten. Daß der Bf. seine eigenen Grundstücke selbst bewirtschaftet, läßt die bel. Beh. unerwähnt; ebensowenig erwägt sie, daß der Bf. eine Imkerei größeren Ausmaßes betreibt und bei der Berufungsverhandlung ausdrücklich die Absicht bekundete, auf dem Kaufgrund einen für diesen landwirtschaftlichen Betriebszweig gut geeigneten Mischwald heranzuziehen. Es kann nun kein Zweifel bestehen, daß die Frage, ob der Bf. die in Frage stehenden Kaufgrundstücke selbst bewirtschaften werde, anders zu betrachten ist, wenn in die hier maßgebliche Beurteilung eine Betrachtungsweise einbezogen wird, die davon ausgeht, daß der Bf. schon bisher eigene Grundstücke selbst bewirtschaftet hat und eine Imkerei betreibt. Die bloße Annahme der bel. Beh., daß es dem Bf. zufolge seines fortgeschrittenen Alters - 57 Jahre - schwerfallen müßte, mit dem Kaufobjekt einen existenzfähigen forstwirtschaftlichen Betrieb zu schaffen, ist bei seinem Alter keineswegs zwingend und, wie der Bf. mit Recht vorwirft, nicht mehr als eine bloße Vermutung, bei der der Akteninhalt, soweit er andere Ergebnisse nahelegt, begründungslos ignoriert wird.

Die bel. Beh. hat demnach nicht nur die Rechtslage in entscheidenden Punkten verkannt, sondern auch den Akteninhalt in wesentlichen Belangen übergangen und insofern zu entscheidungsmaßgeblichen Fragen jegliche Abwägung der für und gegen den Standpunkt des Bf. sprechenden Akteninhalte unterlassen; sie hat damit eine nur einseitige Betrachtung angestellt und sich mit bloßen Vermutungen begnügt.

Der angefochtene Bescheid verstößt somit wegen Willkür gegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz.

6. Der Bescheid war daher aufzuheben.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte