VfGH B1687/10

VfGHB1687/1012.12.2012

B-VG Art83 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Anlassfall
B-VG Art83 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Anlassfall

 

Spruch:

I. Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

II. Der Bund (Bundesministerin für Inneres) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.620,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid des Österreichischen

Integrationsfonds vom 25. Oktober 2010 wurde der beschwerdeführenden Partei die Zertifizierung von Deutsch-Integrationskursen für einen bestimmten Standort entzogen. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der insbesondere die Verletzung in Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm behauptet wird.

2. Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit von §16 Abs2 und Abs5 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, BGBl. I 100/2005, ein. Mit Erkenntnis vom 12. Dezember 2012, G75/12, sprach er aus, dass die in Prüfung gezogene Bestimmung verfassungswidrig war.

3. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt (zB

VfSlg. 15.372/1998, 15.738/2000, 16.066/2001, 16.298/2001 und 16.717/2002) oder wenn sie in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt, etwa indem sie zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg. 15.482/1999, 15.858/2000, 16.079/2001 und 16.737/2002).

Die vorliegende Beschwerde ist nach der bereinigten Rechtslage zu beurteilen, nach der dem Österreichischen Integrationsfonds die Entziehung der Kurszertifizierung nicht mehr zukommt. Er hat daher bei Erlassung des angefochtenen Bescheides eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die ihm nicht zukommt.

Die beschwerdeführende Partei ist daher im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Der angefochtene Bescheid ist daher aufzuheben.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,-

sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 220,- enthalten.

5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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