VfGH B1607/04

VfGHB1607/0428.11.2005

Stattgabe eines Wiedereinsetzungsantrags hinsichtlich der Versäumnis der Frist zur Stellung eines nachträglichen Abtretungsantrags

Normen

VfGG §33
VfGG §87 Abs3
ZPO §146 Abs1
VfGG §33
VfGG §87 Abs3
ZPO §146 Abs1

 

Spruch:

Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist gemäß §87 Abs3 VfGG zur Stellung eines nachträglichen Abtretungsantrages wird stattgegeben.

Begründung

Begründung

1. Mit dem am 2. November (rechtzeitig) gestellten Antrag wird die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Stellung eines Antrages auf Abtretung gemäß Art144 Abs3 B-VG nach Ablehnung der Beschwerdebehandlung durch den Verfassungsgerichtshof begehrt und damit ein Abtretungsantrag verbunden. Begründend wird - zusammengefasst - ausgeführt, dass der Abtretungsantrag vom Rechtsvertreter rechtzeitig innerhalb der dafür vorgesehenen Frist verfasst und unterzeichnet und der Kanzleileiterin mit der Anweisung übergeben worden sei, den Antrag noch am selben Tag abzufertigen. Von der langjährigen und erfahrenen Mitarbeiterin sei der Antrag jedoch irrtümlich (insbesondere wegen hohen Arbeitsanfalles vor ihrem bevorstehenden Urlaub zwischen den Feiertagen 26. Oktober und 1. November 2005) nicht abgefertigt, sondern unerklärlicher Weise auf ihren Ablagestapel gelegt worden. Sie habe auch die Frist aus dem Fristenbuch gelöscht; für den Beschwerdeführervertreter habe keine Veranlassung bestanden, sich von der tatsächlichen Expedierung des Schriftstückes persönlich zu überzeugen, zumal es sich bei der Aufgabe von Postsendungen um eine regelmäßig einfache Arbeitsverrichtung handle, auf deren auftragsgemäße Erfüllung der Parteienvertreter vertrauen dürfe. Die Kanzleileiterin habe die Postabfertigungen bisher immer termingerecht und verlässlich durchgeführt; ein Fehler sei bisher nicht unterlaufen. Das Versäumen der Frist sei daher auf ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis zurückzuführen. Erst am 2. November 2005 sei der Irrtum bemerkt worden.

2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist ist begründet.

Gemäß §33 VfGG kann in den Fällen des Art144 B-VG wegen Versäumung einer Frist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden. Da das VfGG im §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen der §§146 ff ZPO sinngemäß anzuwenden.

Nach §146 ZPO ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für die Partei den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozesshandlung zur Folge hatte. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Unter einem "minderen Grad des Versehens" ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (s. etwa VfSlg. 10.489/1985, 10.880/1986).

Der glaubwürdige Umstand, dass die geschulte und verlässliche Kanzleileiterin den Antrag (nach Löschen der Frist aus dem Fristenbuch) nicht expediert, sondern irrtümlich auf den Ablagestapel gelegt hat, stellt im vorliegenden Fall ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis dar, das auf einem minderen Grad des Versehens beruht (s. etwa VfSlg. 15.078/1998). Dafür spricht auch, dass der Kanzleileiterin nach ihrer Rückkehr sofort ihr Versehen aufgefallen ist.

3. Dieser Beschluss konnte gemäß §33 zweiter Satz VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden. Über den Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird vom Referenten gesondert zu entscheiden sein (§87 Abs3 VfGG).

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