Normen
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art133 Z4
B-VG Art144 Abs1 / Instanzenzugserschöpfung
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
BDG 1979 §13
BDG 1979 §14
BDG 1979 §15
Bundes-PersonalvertretungsG §9
Bundes-PersonalvertretungsG §41
Bundes-PersonalvertretungsG §41 Abs1
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
B-VG Art133 Z4
B-VG Art144 Abs1 / Instanzenzugserschöpfung
B-VG Art144 Abs1 / Legitimation
BDG 1979 §13
BDG 1979 §14
BDG 1979 §15
Bundes-PersonalvertretungsG §9
Bundes-PersonalvertretungsG §41
Bundes-PersonalvertretungsG §41 Abs1
Spruch:
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines Vertreters die mit S 15.000,-- bestimmten Kosten des Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstigem Zwang zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle war das Zollamt Wien.
Mit Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 29. September 1988 wurde der Beschwerdeführer unter Berufung auf §14 Abs1 Z1 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 - BDG 1979, BGBl. 333 idgF, mit Ablauf des Monats Oktober 1988 in den Ruhestand versetzt. Seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung gab der Bundesminister für Finanzen mit Bescheid vom 7. Juli 1989 nicht statt und bestätigte den angefochtenen Bescheid mit der Maßgabe, daß der Beschwerdeführer mit dem Eintritt der Rechtskraft dieses Bescheides in den Ruhestand versetzt werde.
Die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland hatte ihre Absicht, den Beschwerdeführer wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen, dem bei dieser Behörde iS des §11 Abs1 Z8 des Bundes-Personalvertretungsgesetzes - PVG, BGBl. 133/1967 idF BGBl. 148/1988, eingerichteten Fachausschuß für die sonstigen Bediensteten schriftlich mitgeteilt.
Der Fachausschuß bei der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland für die sonstigen Bediensteten (im folgenden: Fachausschuß) nahm in seiner Sitzung am 7. Juli 1988 den in dieser Angelegenheit von seinem Vorsitzenden erstatteten Bericht einstimmig zur Kenntnis.
2. Der Beschwerdeführer, der sich dadurch, daß der Fachausschuß es unterlassen hatte, anläßlich seiner Verständigung durch die Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland von der beabsichtigten Versetzung des Beschwerdeführers in den Ruhestand gegen dieses Vorhaben Stellung zu nehmen, in seinen aus dem PVG erfließenden Rechten verletzt erachtete, stellte an die Personalvertretungs-Aufsichtskommission (im folgenden: PVAK) den Antrag, über die Gesetzmäßigkeit der Geschäftsführung des Fachausschusses zu entscheiden.
In der mündlichen Verhandlung vor der PVAK am 25. April 1989 gab der bevollmächtigte Vertreter des Fachausschusses an, dieser habe die Mitteilung der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland über die beabsichtigte Versetzung des Beschwerdeführers in den Ruhestand zur Kenntnis genommen, weil er zur Beurteilung der Frage, "ob die medizinischen Voraussetzungen für die Ruhestandsversetzung gegeben waren", nicht in der Lage gewesen sei.
3. Mit dem auf Grund ihres Beschlusses vom 12. September 1989 erlassenen Bescheid gleichen Datums sprach die PVAK aus, daß die Beschwerde abgewiesen wird; zugleich stellte sie unter Berufung auf §41 Abs1 und 2 PVG fest, "daß die Geschäftsführung des Fachausschusses bei Kenntnisnahme der Absicht der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland ..., den Beschwerdeführer wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen, gesetzmäßig war".
Begründend führte die PVAK der Sache nach im wesentlichen aus, daß die Personalvertretung, wie den §§9, 12 und 14 PVG zu entnehmen sei, zwar umfassend zur Wahrung und Förderung der in §2 Abs1 PVG genannten Interessen der Bediensteten berufen sei, daß sie jedoch, wie die (bloß demonstrative) Aufzählung von Angelegenheiten in Abs1 bis 3 des §9 PVG erkennen lasse, in den im Dienstrechtsverfahren zu entscheidenden Angelegenheiten - in dem der betroffene Bedienstete als Partei seine Interessen selbst wirksam wahrzunehmen vermöge - nur eine eingeschränkte Mitwirkungsbefugnis besitze. Hinsichtlich der Versetzung in den Ruhestand stehe (dem zuständigen Organ) der Personalvertretung ein abgestuftes Mitwirkungsrecht zu (bzw. obliege ihr eine entsprechende Mitwirkungspflicht): Da im Falle des Beschwerdeführers die Versetzung in den Ruhestand gesetzlich vorgeschrieben sei, ergebe sich das Mitwirkungsrecht nicht aus §9 Abs1 litk PVG, sondern aus §9 Abs3 lite dieses Gesetzes. Es sei daher die (beabsichtigte) Versetzung in den Ruhestand dem zuständigen Organ der Personalvertretung (lediglich) schriftlich mitzuteilen gewesen, und zwar - da kein Dringlichkeitsfall vorgelegen sei - spätestens zwei Wochen vorher (§9 Abs3 letzter Satz PVG). Unter den gegebenen Umständen habe es keine gesetzwidrige Unterlassung bedeutet, daß der Fachausschuß die Mitteilung über die beabsichtigte Versetzung in den Ruhestand zur Kenntnis nahm und keine Anträge stellte.
4. Gegen den Bescheid der PVAK richtet sich die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.
5. Die PVAK als belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit der Beschwerde erwogen:
1. Die gemäß §39 Abs1 PVG beim Bundeskanzleramt eingerichtete PVAK hat nach §41 Abs1 dieses Gesetzes als erste und oberste Instanz von Amts wegen oder auf Antrag desjenigen, der eine Verletzung seiner Rechte behauptet, über die Gesetzmäßigkeit der Geschäftsführung der Organe der Personalvertretung zu entscheiden. Sie hat dabei allfällige Beschlüsse der Organe der Personalvertretung (zu denen auch der Fachausschuß zählt; vgl. §3 Abs1 litc PVG), die den Bestimmungen des PVG widersprechen, aufzuheben und im übrigen jedenfalls die Gesetzmäßigkeit oder Gesetzwidrigkeit der den Gegenstand des Verfahrens bildenden Geschäftsführung festzustellen (§41 Abs2 PVG). Nach §41 Abs3 PVG finden die Bestimmungen der Abs1 und 2 auf Bescheide und Verordnungen der Organe der Personalvertretung keine Anwendung.
Da die PVAK (eine nach Art133 Z4 B-VG eingerichtete Verwaltungsbehörde; s. VfSlg. 8158/1977) gemäß §41 Abs1 PVG in oberster Instanz entscheidet, kommt ein administrativer Instanzenzug nicht in Betracht.
2. Wie der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis VfSlg. 8158/1977 dargelegt hat, werden - dies ergibt sich aus dem Zusammenhalt der Abs1 und 3 des §41 PVG - die Verhältnisse des einzelnen Bediensteten durch das Verhalten eines Personalvertretungsorganes auch dann berührt, wenn dieses nicht in der Erlassung eines Bescheides, sondern etwa in der Erstattung einer für den Dienstgeber rechtlich unverbindlichen Stellungnahme oder in der Zustimmung zur disziplinären Verfolgung eines ihrer Mitglieder besteht, wobei das Gesetz keinen Unterschied macht, ob der Beschluß des Personalvertretungsorganes auf Antrag oder von Amts wegen gefaßt wurde. Der Verfassungsgerichtshof hat es daher in dem zitierten Erkenntnis als möglich erachtet, daß der einzelne Bedienstete durch einen derartigen Beschluß in seinen Rechten verletzt wird. Diese Möglichkeit ist auch in Fällen gegeben, in denen ein Personalvertretungsorgan sich darauf beschränkt, eine beabsichtigte Maßnahme des Dienstgebers zur Kenntnis zu nehmen, in denen es also in der betreffenden Angelegenheit im Ergebnis untätig geblieben ist. Es können somit auch durch eine Entscheidung der PVAK, mit der in einem Fall dieser Art die Gesetzmäßigkeit der Geschäftsführung des betreffenden Organes der Personalvertretung festgestellt wird, Rechte des Bediensteten verletzt werden.
Es ist demnach möglich, daß der Beschwerdeführer durch den bekämpften Bescheid der PVAK in subjektiven Rechten verletzt worden ist. Er ist daher legitimiert, gegen diesen Bescheid Beschwerde gemäß Art144 Abs1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof zu erheben.
3. Die Beschwerde ist, da auch die übrigen Prozeßvoraussetzungen gegeben sind, zulässig.
III. In der Sache hat der Verfassungsgerichtshof erwogen:
1. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz - dessen Verletzung der Beschwerdeführer behauptet - kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10413/1985) durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nur dann verletzt werden, wenn dieser auf einer mit dem Gleichheitsgebot in Widerspruch stehenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei der Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
Daß die angewendeten Vorschriften wegen Verstoßes gegen den - auch den Gesetzgeber bindenden - Gleichheitsgrundsatz verfassungswidrig wären, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet. Auch sonst sind im Verfahren Anhaltspunkte dafür nicht hervorgekommen.
2. Der Beschwerdefüher behauptet nun zwar, die Bestimmungen des §9 Abs1 litk PVG und des §9 Abs3 lite PVG enthielten nach der Auslegung durch die belangte Behörde einen "Wertungswiderspruch" und seien daher verfassungswidrig. Sein diesbezügliches Vorbringen läuft jedoch der Sache nach auf den Vorwurf hinaus, die belangte Behörde habe, indem sie die auf §14 Abs1 Z1 BDG 1979 gestützte, wegen dauernder Dienstunfähigkeit verfügte Versetzung des Beschwerdeführers in den Ruhestand nicht dem §9 Abs1 litk PVG (sondern dem §9 Abs3 lite PVG) subsumierte, diese Vorschrift denkunmöglich ausgelegt und damit ihren Bescheid mit Willkür belastet.
3.a) Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. etwa VfSlg. 9792/1983, 9902/1983) kann eine denkunmögliche Handhabung des Gesetzes ein Indiz für ein willkürliches Vorgehen der Behörde sein. Eine solche, allenfalls Willkür indizierende, denkunmögliche Gesetzesanwendung liegt vor, wenn die belangte Behörde so fehlerhaft vorgegangen ist, daß die Fehlerhaftigkeit mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe gestellt werden müßte (vgl. etwa VfSlg. 7962/1976, 8866/1980, 10079/1984).
b) Nach §2 Abs1 PVG ist die Personalvertretung nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes berufen, die beruflichen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen und gesundheitlichen Interessen der Bediensteten zu wahren und zu fördern. Sie hat in Erfüllung dieser Aufgaben dafür einzutreten, daß die zugunsten der Bediensteten geltenden Gesetze, Verordnungen, Verträge, Dienstordnungen, Erlässe und Verfügungen eingehalten und durchgeführt werden.
Gemäß §12 Abs1 lita iVm §9 Abs1 erster Satz PVG ist der (zuständige) Fachausschuß im Rahmen seines Wirkungsbereiches zur Erfüllung der in §2 PVG umschriebenen Aufgaben berufen. Jedenfalls die in §9 Abs1 (unter lita bis n) PVG beispielhaft angeführten Maßnahmen sind vor ihrer Durchführung mit dem Fachausschuß "mit dem Ziel einer Verständigung rechtzeitig und eingehend ... zu verhandeln". In diesem Sinn obliegt dem Fachausschuß gemäß §9 Abs1 litk PVG die Mitwirkung "bei der Versetzung in den Ruhestand, es sei denn, die Versetzung ist gesetzlich vorgeschrieben". §10 Abs1 PVG bestimmt, daß beabsichtigte Maßnahmen iS des §9 Abs1 PVG spätestens zwei Wochen vor ihrer Durchführung dem (zuständigen) Fachausschuß nachweislich zur Kenntnis zu bringen sind.
Ist hingegen die Versetzung eines Bediensteten in den Ruhestand gesetzlich vorgeschrieben, so ist sie dem (zuständigen) Fachausschuß lediglich mitzuteilen.
4.a) Unter der gemeinsamen Überschrift "Übertritt und Versetzung in den Ruhestand" enthält das BDG 1979 in seinen §§13, 14 und 15 folgende Vorschriften:
"Übertritt in den Ruhestand
§13. (1) Der Beamte tritt mit Ablauf des 65. Jahres nach dem Jahr seiner Geburt in den Ruhestand.
(2) Die Bundesregierung kann auf Antrag des zuständigen Bundesministers den Übertritt des Beamten in den Ruhestand aufschieben, falls am Verbleiben des Beamten im Dienststand ein wichtiges dienstliches Interesse besteht. Der Aufschub darf jeweils höchstens für ein Kalenderjahr ausgesprochen werden. Ein Aufschub über den Ablauf des 70. Jahres nach dem Jahr der Geburt des Beamten ist nicht zulässig.
(3) Vor der Stellung des Antrages nach Abs2 ist das Einvernehmen mit dem Bundeskanzler herzustellen.
Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit
und bei Außerdienststellung
§14. (1) Der Beamte ist von Amts wegen oder auf seinen Antrag in den Ruhestand zu versetzen, wenn er
- 1. dauernd dienstunfähig oder
- 2. infolge Krankheit, Unfalls oder Gebrechens ein Jahr vom Dienst abwesend gewesen und dienstunfähig ist.
(2) Der Beamte, auf den §17 oder §19 anzuwenden ist, ist in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dies beantragt hat.
(3) Der Beamte ist dienstunfähig, wenn er infolge seiner körperlichen oder geistigen Verfassung seine dienstlichen Aufgaben nicht erfüllen und ihm im Wirkungsbereich seiner Dienstbehörde kein mindestens gleichwertiger Arbeitsplatz zugewiesen werden kann, dessen Aufgaben er nach seiner körperlichen und geistigen Verfassung zu erfüllen imstande ist und der ihm mit Rücksicht auf seine persönlichen, familiären und sozialen Verhältnisse billigerweise zugemutet werden kann.
(4) Die einjährige Dauer der Abwesenheit vom Dienst wird durch einen Urlaub sowie durch eine ungerechtfertigte Abwesenheit vom Dienst nicht unterbrochen. Eine dazwischenliegende Dienstleistung ist nur dann als Unterbrechung anzusehen, wenn sie mindestens die halbe Dauer der unmittelbar vorhergegangenen Zeit der Abwesenheit vom Dienst erreicht. In diesem Fall ist das Jahr erst vom Ende dieser Dienstleistung an zu rechnen. Bei einer dazwischenliegenden Dienstleistung von kürzerer Dauer sind bei Berechnung der einjährigen Dauer der Abwesenheit vom Dienst die einzelnen Zeiten der Abwesenheit zusammenzurechnen.
(5) Die Versetzung in den Ruhestand wird mit Rechtskraft des Bescheides oder dem darin festgesetzten späteren Tag wirksam.
(6) Solange über eine zulässige und rechtzeitige Berufung gegen eine Versetzung in den Ruhestand nicht entschieden ist, gilt der Beamte als beurlaubt.
Versetzung in den Ruhestand durch Erklärung
§15. (1) Der Beamte kann durch schriftliche Erklärung, aus dem Dienststand ausscheiden zu wollen, seine Versetzung in den Ruhestand frühestens mit Ablauf des Monats bewirken, in dem er das 60. Lebensjahr vollendet. Diese Erklärung kann schon ein Jahr vor Vollendung des 60. Lebensjahres abgegeben werden.
(2) Die Versetzung in den Ruhestand wird mit Ablauf des Monates wirksam, den der Beamte bestimmt, frühestens jedoch mit Ablauf des Monates, der der Abgabe der Erklärung folgt. Hat der Beamte keinen oder einen früheren Zeitpunkt bestimmt, so wird die Versetzung in den Ruhestand ebenfalls mit Ablauf des Monates wirksam, der der Abgabe der Erklärung folgt.
(3) Die Erklärung nach Abs1 kann vom Beamten bis spästestens einen Monat vor ihrem Wirksamwerden widerrufen werden. Diese Frist erhöht sich auf drei Monate, wenn der Beamte eine Funktion oder einen Arbeitsplatz innehat, der nach den §§2 bis 4 des Ausschreibungsgesetzes 1989, BGBl. Nr. 85, auszuschreiben ist. Ein späterer Widerruf wird nur wirksam, wenn die Dienstbehörde ausdrücklich zugestimmt hat."
b) Ein Beamter des Dienststandes kann mithin nach der durch das BDG 1979 geschaffenen Rechtslage auf folgende Weise zum Beamten des Ruhestandes werden:
- Übertritt in den Ruhestand unmittelbar kraft Gesetzes (§13);
- Versetzung in den Ruhestand durch rechtsgestaltenden (von Amts wegen oder auf Antrag des Beamten zu erlassenden) Bescheid der Dienstbehörde (§14);
- Versetzung in den Ruhestand durch rechtsgestaltende Erklärung des Beamten (§15).
c) Die Bestimmung des §9 Abs1 litk PVG hatte in ihrer Stammfassung (es war dies §9 Abs1 litl PVG idF des ArtI Z6 des Bundesgesetzes vom 16. Juli 1971, BGBl. 284) folgenden Wortlaut:
"§9. (1) Der Dienststellenausschuß ist zur Erfüllung aller jener im §2 umschriebenen Aufgaben berufen, die nicht ausdrücklich anderen Einrichtungen der Personalvertretung vorbehalten sind. Dabei sind beabsichtigte Maßnahmen vor ihrer Durchführung mit dem Ziel einer Verständigung rechtzeitig und eingehend mit dem Dienststellenausschuß zu verhandeln. In diesem Sinne obliegt dem Dienststellenausschuß insbesondere die Mitwirkung:
...
l) bei der Versetzung in den zeitlichen oder dauernden Ruhestand, es sei denn, die Versetzung ist gesetzlich vorgeschrieben oder sie erfolgt als Disziplinarstrafe;
..."
Die derzeit geltende Fassung erhielt diese Bestimmung durch ArtI Z4 des Bundesgesetzes vom 21. Feber 1983, BGBl. 138.
Die Erläuterungen zur Regierungsvorlage betreffend dieses Bundesgesetz (1391 BlgNR 15. GP, Zu ArtI Z4) enthalten dazu folgende Ausführungen:
"Das BDG 1979 unterscheidet nicht mehr zwischen der Versetzung in den dauernden und der Versetzung in den zeitlichen Ruhestand. Dieser geänderten Diktion wird durch den Wegfall der beiden Worte Rechnung getragen.
Gemäß §14 BDG gibt es eine Versetzung in den Ruhestand nur mehr wegen Dienstunfähigkeit und bei Außerdienststellung. Die Disziplinarstrafe der Versetzung in den Ruhestand ist weggefallen und was in der bisherigen litl des §9 Abs1 als gesetzlich vorgeschriebene Versetzung bezeichnet wird, ist nach §13 BDG nunmehr der Übertritt in den Ruhestand."
Wie die hier maßgeblichen, im Wortlaut wiedergegebenen Vorschriften des BDG 1979 betreffend "Übertritt und Versetzung in den Ruhestand" in ihrem Zusammenhalt erkennen lassen, erfolgt der "Übertritt in den Ruhestand" (infolge Erreichung der Altersgrenze) gemäß §13 BDG 1979 ebenso wie die "Versetzung in den Ruhestand durch Erklärung" gemäß §15 BDG 1979 bei Vorliegen der jeweils normierten Voraussetzungen, ohne daß es dazu eines (konstitutiven) Bescheides der Dienstbehörde bedürfte. Ein solcher ist vielmehr nur in den - in §14 BDG 1979 geregelten - Fällen der "Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit und bei Außerdienststellung" erforderlich. Nur in einem Fall dieser Art aber ist es begrifflich möglich, iS des §9 Abs1 zweiter und dritter Satz PVG eine beabsichtigte Versetzung in den Ruhestand als eine "Maßnahme" anzusehen, die "vor ihrer Durchführung mit dem Ziel einer Verständigung rechtzeitig und eingehend ... zu verhandeln" bzw. iS des §10 Abs1 PVG "spätestens zwei Wochen vor ihrer Durchführung nachweislich zur Kenntnis zu bringen" ist, weil weder im Fall des §13 BDG 1979 noch des §15 BDG 1979 "Maßnahmen" bzw. deren "Durchführung" (durch die Dienstbehörde) überhaupt denkbar sind. Daraus ergibt sich, daß sich §9 Abs1 litk PVG denkmöglicher Weise ausschließlich auf Fälle der in §14 BDG 1979 geregelten Versetzung in den Ruhestand beziehen kann. Daraus wird aber auch deutlich, daß §9 Abs1 litk PVG, sollte - wie die belangte Behörde annimmt - (auch) die in §14 BDG 1979 geregelte Versetzung in den Ruhestand als eine iS des §9 Abs1 litk PVG gesetzlich vorgeschriebene gewertet werden, keinen Anwendungsbereich hätte, somit inhaltslos und deshalb überflüssig wäre.
Daß eine von der Dienstbehörde unter Berufung auf §14 Abs1 Z1 BDG 1979 wegen dauernder Dienstunfähigkeit des Beamten von Amts wegen mit Bescheid verfügte Versetzung in den Ruhestand - ungeachtet der imperativen Fassung dieser Bestimmung - keinesfalls als eine iS des §9 Abs1 litk PVG gesetzlich vorgeschriebene Versetzung in den Ruhestand angesehen werden kann, wird durch die oben wiedergegebenen Erläuterungen zur Regierungsvorlage bestätigt, in denen ausdrücklich festgehalten ist, daß, was in der vormaligen litl (und nunmehrigen litk) des §9 Abs1 PVG als "gesetzlich vorgeschriebene Versetzung" (in den Ruhestand) bezeichnet wird, der in §13 BDG 1979 geregelte Übertritt in den Ruhestand ist. Zwar ist, wie ausgeführt, auch die Versetzung in den Ruhestand nach §15 BDG 1979 nicht unter §9 Abs1 litk PVG zu subsumieren. Es ist nach dem Dargelegten aber jedenfalls denkunmöglich, die Versetzung in den Ruhestand nach §14 BDG 1979 nicht als von §9 Abs1 litk PVG erfaßt anzusehen.
5. Es ergibt sich somit, daß die in erster Instanz mit Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 29. September 1988 iS des §14 Abs1 Z1 BDG 1979 wegen dauernder Dienstunfähigkeit verfügte Versetzung des Beschwerdeführers in den Ruhestand nicht in einer vertretbaren Auslegung des §9 Abs1 litk PVG als eine Versetzung in den Ruhestand angesehen werden kann, die iS dieser Bestimmung "gesetzlich vorgeschrieben" ist.
Die belangte Behörde hat nach dem Dargelegten in denkunmöglicher Auslegung des §9 Abs1 litk PVG die in Rede stehende Versetzung des Beschwerdeführers in den Ruhestand als iS dieser Bestimmung "gesetzlich vorgeschrieben" angesehen und sie somit nicht unter diese Vorschrift, sondern unter jene des §9 Abs3 lite PVG subsumiert. Sie hat damit den angefochtenen Bescheid mit Gleichheitswidrigkeit belastet und den Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger verletzt.
Der angefochtene Bescheid war schon aus diesem Grund aufzuheben, ohne daß geprüft zu werden brauchte, ob der Beschwerdeführer auch noch aus anderen Gründen im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz oder in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde.
6. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen werden.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer von S 2.500,-- enthalten.
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