VfGH B118/80

VfGHB118/809.6.1983

BDG 1979; keine Bedenken gegen §56 Abs2; keine gleichheitswidrige Anwendung; keine Verletzung des Rechtes auf Freiheit der Erwerbsbetätigung

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
StGG Art5
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
BDG 1979 §56 Abs2
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
StGG Art5
StGG Art6 Abs1 / Erwerbsausübung
BDG 1979 §56 Abs2

 

Spruch:

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. a) Mit dem Bescheid des Landesgendarmeriekommandos für NÖ vom 30. August 1979 wurde dem Beschwerdeführer die beabsichtigte fallweise Ausübung der von ihm am 25. Mai 1979 gemeldeten nebenberuflichen Tätigkeit als Autobuslenker gemäß §33 Abs4 der Dienstpragmatik, RGBl. Nr. 15/1914, untersagt.

b) Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung hat der Bundesminister für Inneres mit dem Bescheid vom 18. Jänner 1980 keine Folge gegeben. Der Bescheid wurde "jedoch gemäß §66 Abs4 AVG 1950 dahingehend abgeändert, daß die Untersagung der Nebenbeschäftigung wegen Vermutung der Befangenheit erfolgt". Die Untersagung stützt sich auf Grund der geänderten Gesetzeslage auf die Bestimmung des §56 Abs2 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 BDG 1979, BGBl. 333/1979, "die inhaltlich bei diesem Untersagungsgrund dem außer Kraft getretenen §33 Abs1 Dienstpragmatik entspricht".

Der Bescheid ist wie folgt begründet:

"Gemäß §56 Abs2 BDG 1979 darf der Beamte u. a. keine Nebenbeschäftigung ausüben, die die Vermutung seiner Befangenheit hervorruft.

Laut Ihrer Meldung vom 25. 5. 1979 üben sie fallweise eine erwerbsmäßige Nebenbeschäftigung als Autobuslenker bei den Autobusunternehmungen F. R. in G. und W. J. in B., Bezirk G., aus. Die in Rede stehende Nebenbeschäftigung wird von Ihnen fallweise im Hauptpostenbereich G. I ausgeführt, außerdem verkehren Fahrzeuge der genannten Autobusunternehmungen auch in ihrem unmittelbaren Dienstbereich. Sie können daher jederzeit in die Lage kommen, gegen Personen einschreiten zu müssen, denen Sie als nebenberuflicher Autobuslenker Dienstleistungen erbracht haben.

Weiters entsteht durch die Nebenbeschäftigung zu den Autobusunternehmern ein gewisses Abhängigkeitsverhältnis. Aus diesen Gründen könnte daher Ihre Objektivität beim dienstlichen Einschreiten in Zweifel gezogen werden, was die Vermutung der Befangenheit hervorruft.

Ihre Berufungsausführungen u. Angaben in der Stellungnahme vom 19. 12. 1979, daß Sie nur kurze Schülertransporte und kurze Ausflugsfahrten durchführen sowie der Hinweis auf Ihre frühere Tätigkeit als Berufskraftfahrer, die keine negative Auswirkung auf Ihre nunmehrige Berufstätigkeit habe, können die schwerwiegenden Bedenken gegen die Ausübung der Nebenbeschäftigung nicht beseitigen.

Wegen dieser Bedenken konnte auch der Hinweis auf Ihre derzeitige finanzielle Lage keine Berücksichtigung finden.

Da die Untersagung der Nebenbeschäftigung allein wegen Vermutung der Befangenheit erfolgt, konnte ein Eingehen auf die Übrigen Berufungsausführungen betreffend weiterer Untersagungsgründe unterbleiben."

2. Gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 18. Jänner 1980 richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der der Antrag gestellt wird, den angefochtenen Bescheid "infolge Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Grundsatzes der Gleichheit und der Freiheit des Erwerbes" kostenpflichtig aufzuheben oder die Beschwerde im Falle der Abweisung dem VwGH abzutreten.

II. Der VfGH hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH (zB VfSlg. 8823/1980, 9186/1981) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung wird mit Rücksicht auf den in Art6 StGG enthaltenen Gesetzesvorbehalt nur verletzt, wenn einem Staatsbürger durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde der Antritt oder die Ausübung einer bestimmten Erwerbsbetätigung untersagt wird, ohne daß ein Gesetz die Behörde zu einem solchen die Erwerbstätigkeit einschränkenden Bescheid ermächtigt, oder wenn die Rechtsvorschrift, auf die sich der Bescheid stützt, verfassungswidrig oder gesetzwidrig ist, oder wenn bei der Erlassung des Bescheides ein verfassungsmäßiges Gesetz oder eine gesetzmäßige Verordnung in denkunmöglicher Weise angewendet worden ist (vgl. zB VfSlg. 8492/1979).

2. Der angefochtene Bescheid stützt sich auf §56 Abs2 BDG 1979, wonach der Beamte ua. keine Nebenbeschäftigung ausüben darf, die die Vermutung seiner Befangenheit hervorrufen könnte.

Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung und der sonstigen bei der Erlassung des angefochenen Bescheides angewendeten Rechtsvorschriften sind in der Beschwerde nicht geltend gemacht worden. Im Verfahren vor dem VfGH sind solche Bedenken nicht entstanden.

3. Zur Begründung der behaupteten Gleichheitsverletzung wird in der Beschwerde vorgebracht, es bedürfe zur Annahme, daß die Ausübung einer Nebenbeschäftigung die Vermutung der Befangenheit hervorrufen könne, "handfester Tatsachen, die eine Vermutung der Befangenheit stützen" könnten. Die belangte Behörde berufe sich "nicht auf Tatsachen, sondern auf Hypothesen".

Hiezu ist zu bemerken, daß nach dem Wortlaut des Gesetzes der Beamte eine Tätigkeit, die die Vermutung einer Befangenheit hervorrufen könnte, als Nebenbeschäftigung nicht ausüben darf. Für die Untersagung der Nebenbeschäftigung ist nicht Voraussetzung, daß ihre Ausübung bei dienstlichen Verrichtungen tatsächlich eine Befangenheit verursacht. Eine Nebenbeschäftigung ist vielmehr schon dann unzulässig, wenn durch ihre Ausübung in der Bevölkerung der Eindruck erweckt werden könnte, daß der Beamte bei der Versehung seines Dienstes nicht völlig unbefangen ist (vgl. hiezu die Rechtsprechung des VwGH, zB VwGH 15. 6. 1981 Z 12/3325/80).

Die belangte Behörde hat in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Umstände dargelegt, die ihrer Auffassung nach geeignet sind, die Objektivität des Beschwerdeführers beim dienstlichen Einschreiten in Zweifel zu ziehen und damit die Vermutung einer Befangenheit hervorzurufen.

Aus den Verwaltungsakten ergibt sich kein Anhaltspunkt, daß die belangte Behörde dabei willkürlich vorgegangen wäre. Vom Beschwerdeführer selbst wird der Vorwurf einer Willkür nicht erhoben. In der Beschwerde wird nur vorgebracht, daß durch den angefochtenen Bescheid das Gesetz wegen einer unrichtigen Subsumtion verletzt werde; damit werden allenfalls einfache Gesetzwidrigkeiten geltend gemacht; keineswegs ist ein Umstand hervorgekommen, in dem ein willkürliches Vorgehen der belangten Behörde erblickt werden könnte.

Der Beschwerdeführer begründet die Verletzung des Gleichheitsrechtes des weiteren damit, daß "in anderen gleichgelagerten Fällen ... die vorgesetzte Behörde sehr wohl in der Lage gewesen" sei, "dieselbe Nebenbeschäftigung bei anderen Gendarmeriebeamten als Lenker von Kraftfahrzeugen zu gestatten, während sie es" dem Beschwerdeführer verboten habe.

Selbst wenn die Behauptungen des Beschwerdeführers zuträfen, könnte er für seinen Standpunkt nichts gewinnen, weil er aus einem Fehlverhalten der belangten Behörde in anderen Fällen nicht auch ein Recht auf ein gleichartiges Fehlverhalten ableiten könnte (vgl. VfSlg. 8790/1980).

Zusammenfassend ergibt sich, daß die vom Beschwerdeführer behauptete Verletzung des Gleichheitsrechtes nicht vorliegt.

4. Der Beschwerdeführer bringt vor, daß die belangte Behörde dadurch, daß sie dem Beschwerdeführer die Tätigkeit verbiete, die sie anderen Beamten erlaube, "unzulässigerweise auch in die Freiheit der Erwerbstätigkeit" eingreife.

Wie bereits in Z3 ausgeführt, hat die belangte Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides dargelegt, aus welchen Erwägungen sie dem Beschwerdeführer die Ausübung der Nebenbeschäftigung versagt hat. Wie daraus hervorgeht, liegt der Begründung des angefochtenen Bescheides jedenfalls keine denkunmögliche Gesetzesanwendung, das ist eine Gesetzesanwendung, die so fehlerhaft wäre, daß die Fehlerhaftigkeit mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe gestellt werden müßte, zugrunde. Ob die Schlußfolgerung der belangten Behörde auf einer richtigen Anwendung des Gesetzes beruht, hat nicht der VfGH, sondern der VwGH zu prüfen.

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung nicht verletzt worden.

Das Verfahren hat auch nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in sonstigen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde. Angesichts der Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsgrundlagen ist es auch ausgeschlossen, daß er in seinen Rechten wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

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