Normen
B-VG Art144 Abs1 / Anlassfall
B-VG Art144 Abs1 / Anlassfall
Spruch:
I. Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
II. Das Land Oberösterreich ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.620,— bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe
1. Mit Bescheid vom 7. Februar 2011 erteilte der Vizebürgermeister der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen als Baubehörde erster Instanz der beteiligten Partei die Baubewilligung für den Neubau der Wohnanlage Tolleterau II mit 20 Wohnungen samt Tiefgarage auf dem Grundstück Nr 1242/3, KG Tolleterau, und den Neubau der Wohnanlage Tolleterau II mit 13 Wohnungen samt Tiefgarage auf dem Grundstück Nr 1242/14, KG Tolleterau, nach Maßgabe der Projektunterlagen. Der Gemeinderat der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen wies die dagegen vom Beschwerdeführer – dieser ist Eigentümer des von einem der zu bebauenden Grundstücke durch eine Straße getrennten Grundstücks Nr 1245/2 – erhobene Berufung mit Bescheid vom 24. März 2011 als unbegründet ab. Der Beschwerdeführer brachte gegen diese Entscheidung Vorstellung ein. Die Oberösterreichische Landesregierung wies die Vorstellung mit dem angefochtenen Bescheid vom 23. August 2011 als unbegründet ab.
Dagegen richtet sich die auf Art144 B‑VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art2 StGG), auf ein faires Verfahren (Art6 EMRK) und auf Unversehrtheit des Eigentums (Art5 StGG) geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer behauptet auch die Verletzung in Rechten wegen Anwendung gesetzwidriger Verordnungen, insbesondere der Verordnung des Gemeinderats der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen vom 25. März 2004, mit welcher der Bebauungsplan Nr 1, später Nr 4, Tolleterau OST samt seinen Einzeländerungen Nr 1 bis 3 und 4.4 bis 4.9 aufgehoben wird.
2. Aus Anlass dieser Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof gemäß Art139 Abs1 Z2 B‑VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der Verordnung des Gemeindesrats der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen, mit welcher der Bebauungsplan Tolleterau OST Nr 1, später Nr 4, samt allen Einzeländerungen 1 bis 3 und 4.4 bis 4.9 aufgehoben wird, beschlossen vom Gemeinderat der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen am 25. März 2004, aufsichtsbehördlich genehmigt mit Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 15. Juli 2004 und kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel in der Zeit vom 23. Juli 2004 bis zum 10. August 2004 (ab hier: Aufhebungsverordnung), ein. Mit Erkenntnis vom 4. Dezember 2014, V88/2014, hob der Verfassungsgerichtshof diese Verordnung als gesetzwidrig auf.
3. Die Beschwerde ist begründet.
Die belangte Behörde ging bei der Erlassung des angefochtenen Bescheids davon aus, dass im Bauverfahren kein Bebauungsplan anwendbar sei, weil der frühere Bebauungsplan Tolleterau OST vom Gemeinderat der Gemeinde St. Georgen bei Grieskirchen mit der Aufhebungsverordnung aufgehoben worden war. Eben diese Verordnung hob nun der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 4. Dezember 2014, V88/2014, als gesetzwidrig auf. Ein ersatzlos aufgehobener Bebauungsplan erlangt mit der Aufhebung der aufhebenden Verordnung durch den Verfassungsgerichtshof neuerlich seine Wirksamkeit (vgl. VfSlg 11.024/1986 und 19.710/2012). Da nicht auszuschließen ist, dass die Nichtberücksichtigung des Bebauungsplans im Bauverfahren für den Beschwerdeführer nachteilig war, wurde der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in seinen Rechten verletzt (zB VfSlg 10.303/1984, 10.515/1985).
Der Bescheid ist daher aufzuheben.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,— sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 220,– enthalten.
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