VfGH B1156/01

VfGHB1156/0127.11.2001

Verletzung im Gleichheits- und im Eigentumsrecht bei Erlassung eines Ersatzbescheides hinsichtlich der Rückerstattung von zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer geleisteten Beiträgen nach aufhebenden Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofes; keine Berücksichtigung der zwischenzeitig geänderten Rechtslage sowie keine nachweislichen Ermittlungen zur nach wie vor offenen Frage der rechtmäßigen Zustellung der seinerzeitigen Beitragsvorschreibungen

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
StGG Art5
ÄrzteG §78 Abs1
Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien §11 Abs3
VfGG §87 Abs2
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
StGG Art5
ÄrzteG §78 Abs1
Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien §11 Abs3
VfGG §87 Abs2

 

Spruch:

Die Beschwerdeführerin ist durch den angefochtenen Bescheid in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien ist schuldig, der Beschwerdeführerin zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit S 29.500,-- (2.143,85 Euro) bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1.1. Die Beschwerdeführerin war als Ärztin Angehörige der Ärztekammer für Wien und nach §6 iVm §4 Abs2 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien zu diesem Wohlfahrtsfonds beitragspflichtig.

1.2. Mit Bescheid vom 27. Juni 1997 entsprach der Verwaltungsausschuß des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien dem Antrag der Beschwerdeführerin, gemäß §78 ÄrzteG 1984 und §7 Abs1 der Satzung des Wohlfahrtsfonds von der Beitragspflicht zum Versorgungssystem dieses Fonds mit Wirkung ab 1. Mai 1997 befreit zu werden.

1.3. Mit Bescheid vom 17. März 1998 verfügte der Verwaltungsausschuß des Wohlfahrtsfonds die Rückerstattung von S 78.856,24 an die Beschwerdeführerin, wobei verschiedene, in der Folge von der Beschwerdeführerin bestrittene Forderungen des Wohlfahrtsfonds in Abzug gebracht wurden.

1.4. Der gegen diesen Bescheid an den Beschwerdeausschuß des Wohlfahrtsfonds erhobenen Berufung blieb der Erfolg versagt; der Beschwerdeausschuß wies die Berufung mit Bescheid vom 14. Mai 1998 ab und bestätigte den Bescheid des Verwaltungsausschusses.

1.5. Diesen Bescheid hob der Verfassungsgerichtshof über Beschwerde der (auch hier) beschwerdeführenden Ärztin mit Erkenntnis VfSlg. 15.542/1999 auf. Einerseits habe die Behörde bei der Festsetzung des bescheidgegenständlichen Rückerstattungsbetrages Willkür geübt, insbesondere habe sie offene Forderungen an Fondsbeiträgen nicht satzungsgemäß mit 50 vH, sondern in voller Höhe von diesem Betrag in Abzug gebracht. Andererseits sei der Beschwerdefall einem Anlaßfall zum Erkenntnis VfSlg. 15.549/1999 gleichzuhalten, mit dem der Verfassungsgerichtshof die Beitragsordnung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien für die Beitragsjahre 1996 und 1997 aufgehoben und ausgesprochen hat, daß die Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien bis zum Inkrafttreten der Fassung der Kundmachung vom "Wiener Arzt" 2b/99 jedenfalls gesetzwidrig war; dem Bescheid fehle es insofern an den Rechtsgrundlagen, weshalb die Beschwerdeführerin wegen Anwendung gesetzwidriger Verordnungen in ihren Rechten verletzt worden sei.

1.6. In der Folge hob der Beschwerdeausschuß des Wohlfahrtsfonds mit (Ersatz-)Bescheid vom 21. Oktober 1999 den erstinstanzlichen Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien "vom 14.5.1998" (ersichtlich gemeint: vom 17.3.1998) ersatzlos auf und führte begründend aus, daß, wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 15.542/1999 ausgesprochen habe, der gegenständliche Fall einem Anlaßfall gleichzuhalten sei, weshalb jene Bestimmungen der Satzung, auf die sich der Rückzahlungsanspruch allein stützen könnte, auf die beschwerdeführende Ärztin nicht anzuwenden seien und für die Rückzahlung daher keine Rechtsgrundlage bestehe.

1.7. Diesen Bescheid hob der Verfassungsgerichtshof über Beschwerde der (auch hier) beschwerdeführenden Ärztin mit Erkenntnis VfSlg. 15.781/2000 auf. Der Beschwerdefall war einem Anlaßfall zum Erkenntnis VfSlg. 15.741/2000 gleichzuhalten, mit dem der Verfassungsgerichtshof die Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien (auch) in der Fassung der Kundmachung in der Mitteilung der Wiener Ärztekammer, Heft 2b/99, aufgehoben hat, weshalb die Beschwerdeführerin wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung in ihren Rechten verletzt worden ist.

1.8. In der Folge bestätigte der Beschwerdeausschuß des Wohlfahrtsfonds mit Ersatzbescheid vom 20. Juni 2001 den erstinstanzlichen Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 17. März 1998, welcher bereits mit Bescheid des Beschwerdeausschusses vom 14. Mai 1998 vollinhaltlich bestätigt worden und in der Folge vom Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis VfSlg. 15.542/1999 aufgehoben worden ist (vgl. Pkt. I.1.5.).

1.9. Gegen diesen (Ersatz-)Bescheid richtet sich die auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, mit der die beschwerdeführende Ärztin die Verletzung in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz geltend macht und die kostenpflichtige Aufhebung des Bescheides, in eventu die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gem. Art144 Abs3 B-VG, beantragt.

Vorgebracht wird, daß die belangte Behörde §87 Abs2 VerfGG 1953 ignoriere, wonach die Verwaltungsbehörden verpflichtet seien, im Fall der Aufhebung eines Bescheides mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verfassungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Dies habe die belangte Behörde nunmehr beharrlich verweigert, indem sie (noch immer) keinen der Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes entsprechenden Ersatzbescheid erlassen habe. Vielmehr habe der Beschwerdeausschuß in seinem "Ersatzbescheid" vom 20. Juni 2001 Spruch und Begründung des bereits vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Ersatzbescheides vom 14. Mai 1998 wortwörtlich übernommen. Neu sei lediglich ein Hinweis auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 5. Oktober 1997, Zl. 97/11/0152, aus welchem sich für die belangte Behörde rechtlich allerdings nichts gewinnen ließe.

Wie schon in dem vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenen Bescheid vom 14. Mai 1998 habe der Beschwerdeausschuß in dem nunmehr angefochtenen Bescheid neuerlich Willkür geübt, indem er mit keinem einzigen Wort in der Begründung des angefochtenen Bescheides auf die Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs eingehe. Vielmehr werde lediglich auf die ursprüngliche Beschwerde gegen den Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds vom 17. März 1998 Bezug genommen, ohne sich auch nur im geringsten mit den Entscheidungsgründen des Verfassungsgerichtshofs im Erkenntnis VfSlg. 15.542/1999 auseinanderzusetzen.

2. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde insbesondere mit dem Argument begehrt, daß die mit dem Guthaben gegengerechneten Beitragsrückstände mit rechtskräftigen Bescheiden zur Vorschreibung gebracht worden seien.

II. Die im vorliegenden Zusammenhang maßgeblichen Rechtsvorschriften lauten:

1. §78 Abs1 ÄrzteG 1984 lautete:

"§78. (1) Erbringt ein ordentlicher Kammerangehöriger den Nachweis darüber, daß ihm und seinen Hinterbliebenen ein gleichwertiger Anspruch auf Ruhe-(Versorgungs-)genuß auf Grund eines unkündbaren Dienstverhältnisses zu einer Gebietskörperschaft oder einer sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaft nach einem Gesetz oder den Pensionsvorschriften einer Dienstordnung gegenüber einer solchen Körperschaft zusteht, wie dieser gegenüber dem Wohlfahrtsfonds besteht (...), ist er auf Antrag, ausgenommen den für die Todesfallbeihilfe und die Unterstützungsleistungen nach §73 einzuhebenden Teil des Fondsbeitrages, von der Verpflichtung nach §75 zu befreien. (...)"

2. §7 Abs1 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien in der im "WIENER ARZT 7/8a 2000" kundgemachten Fassung lautet:

"(1) Erbringt ein Fondsmitglied den Nachweis darüber, daß ihm und seinen Hinterbliebenen ein gleichwertiger Anspruch auf Ruhe- (Versorgungs-)genuß auf Grund eines unkündbaren Dienstverhältnisses zu einer Gebietskörperschaft oder einer sonstigen öffentlich-rechtlichen Körperschaft nach einem Gesetz oder den Pensionsvorschriften einer Dienstordnung gegenüber einer solchen Körperschaft zusteht, wie dieser gegenüber dem Wohlfahrtsfonds besteht, (...)

a) ist es auf Antrag, ausgenommen den für die Todesfallbeihilfe und die Unterstützungsleistungen nach §107 ÄG einzuhebenden Teil des Fondsbeitrages, von der Verpflichtung zur Leistung von Fondsbeiträgen gänzlich zu befreien. (...) Wird einem solchen Antrag stattgegeben, finden die Bestimmungen des §11 Abs3 (...) Anwendung, (...)

..."

3. §11 Abs3 der Satzung des Wohlfahrtsfonds lautet:

"§11 (...)

(3) Stellt ein Fondsmitglied die Ausübung seines Berufes ein oder verlegt es seinen Wohnsitz dauernd in das Ausland, werden ihm, soferne es die Fondsmitgliedschaft nicht freiwillig fortsetzt, auf seinen Antrag sowohl 50 vH der für die Grund- und Ergänzungsleistung (unter sinngemäßer Anwendung des Abs1 lita) als auch der volle auf seinem Konto ausgewiesene Beitrag für die Zusatzleistung rückerstattet. Hiebei bleiben die Gutschriften gemäß §17 Abs1 bzw. §17c Abs13 außer Betracht. Hiebei sind auch die von anderen Ärztekammern für das betreffende Fondsmitglied geleisteten Überweisungsbeiträge im Sinne des Abs1 anzurechnen."

4. §11 Abs1 lita zweiter Satz der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien lautet in der im vorliegenden Fall angewendeten Fassung:

"§11 (1) (...)

a) (...)Bei Berechnung des Überweisungsbetrages bleiben die für bestimmte Zwecke in der Beitragsordnung festgesetzten Teile des Fondsbeitrages, wie der Beitragsteil zur Deckung der Altlast, gemäß Abschnitt I Abs10 Beitragsordnung entrichtete Beiträge, die Todesfallbeihilfe, die Krankenhilfe und die Krankenunterstützung, außer Betracht."

5. Abschnitt IV Absatz 11 der Beitragsordnung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien in der im vorliegenden Fall angewendeten Fassung lautet:

"IV. (...)

(11) Guthaben sind mit fälligen Beiträgen gemäß Abschnitt I, II und VI der Beitragsordnung aufzurechnen."

6. Die - nach den verschiedenen, durch die Beiträge abzudeckenden Leistungen des Wohlfahrtsfonds differenzierende - Befreiungsbestimmung des §78 Abs1 ÄrzteG 1984 steht in folgendem rechtlichen Zusammenhang:

Das ÄrzteG 1984 unterscheidet in seinen §§63 ff. einerseits und §§71 ff. andererseits zwischen Unterstützungsleistungen und Versorgungsleistungen. Nach der Regelung des §78 Abs1 ÄrzteG 1984 kann nun das Fondsmitglied von der Beitragspflicht zum Wohlfahrtsfonds, ausgenommen die auf die Abdeckung der Todesfallbeihilfe und bestimmte Unterstützungsleistungen gewährte Beitragsteile, befreit werden.

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

Die Beschwerde ist im Ergebnis berechtigt.

1. Der angefochtene Bescheid greift in das Eigentumsrecht ein. Dieser Eingriff wäre nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.356/1985, 10.482/1985, 11.650/1988) dann verfassungswidrig, wenn der ihn verfügende Bescheid ohne jede Rechtsgrundlage ergangen wäre oder auf einer verfassungswidrigen Rechtsgrundlage beruhte, oder wenn die Behörde bei Erlassung des Bescheides eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre.

2. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 11.682/1988) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt u.a. in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außerachtlassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 und die dort angeführte Rechtsprechung; VfSlg. 10.338/1985, 11.213/1987).

3.1. §87 Abs2 VerfGG 1953 bestimmt:

"Wenn der Verfassungsgerichtshof einer Beschwerde stattgegeben hat, sind die Verwaltungsbehörden verpflichtet, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verfassungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen."

3.2. Diese Verpflichtung der Behörden besteht für die die Aufhebung des Bescheides tragenden Gründe bzw. die zugrundeliegenden rechtlichen Bewertungen des Verfassungsgerichtshofes. Die Bindung an die Rechtsauffassung des Gerichtshofes reicht insoweit, als die belangte Behörde bei Erlassung des Ersatzbescheides keine andere Rechts- oder Sachlage vorfindet, wie z.B. im Falle ergänzender, in rechtserheblicher Weise anders lautender Ermittlungsergebnisse des zweiten Rechtsganges oder nach einer mittlerweile eingetretenen auf anhängige Verfahren bereits anzuwendenden Gesetzesänderung (vgl. dazu die sinngemäßen Ausführungen Müllers für das Verfahren vor dem VwGH in Machacek, Verfahren vor dem VfGH und vor dem VwGH, Leitfaden für die Praxis, 4. Auflage, Seite 230).

4.1. Die belangte Behörde ist dieser in §87 Abs2 VerfGG 1953 normierten Verpflichtung jedoch nicht nachgekommen, sondern hat ohne jegliches weitere Ermittlungsverfahren bzw. ohne Beachtung der die Aufhebung des Vorbescheides tragenden rechtlichen Erwägungen des Verfassungsgerichtshofes abermals den Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 17. März 1998 bestätigt.

Entgegen der Auffassung des Verfassungsgerichtshofes in den Erkenntnissen VfSlg. 15.409/1997 und 15.542/1998 hat die belangte Behörde ohne nähere Begründung die Behauptung aufgestellt, daß der Beschwerdeführerin die für die Jahre 1995 und 1996 fraglichen Beitragsvorschreibungen auch zugestellt worden wären. Da den vorgelegten Verwaltungsakten nicht zu entnehmen ist, daß der Beschwerdeführerin die Bescheide auch tatsächlich rechtmäßig zugestellt wurden (es findet sich in den Akten jedenfalls kein Zustellnachweis), kann der Beschwerdeführerin nach wie vor nicht entgegengetreten werden, wenn sie die rechtliche Existenz dieser Vorschreibungen und damit die Fälligkeit der in Abzug gebrachten Forderungen bestreitet. Die belangte Behörde hat durch die neuerliche Bescheiderlassung der Beschwerdeführerin gegenüber Willkür geübt, indem sie es unterlassen hat zu ermitteln, ob diese Beitragsvorschreibungen für die Jahre 1995 und 1996 der Beschwerdeführerin ordnungsgemäß zugestellt worden sind.

4.2.1. Die belangte Behörde hat zudem die die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 15.409/1997 und 15.542/1998 tragenden rechtlichen Ausführungen mißachtet und somit §11 Abs3 der Satzung des Wohlfahrtsfonds in der anzuwendenden Fassung dadurch verletzt, daß sie die angeblich offenen Fondsbeiträge in voller Höhe vom Rückerstattungsbetrag abgezogen hat, obwohl ein solcher Abzug nur in Höhe von 50% erfolgen hätte dürfen.

4.2.2. Zudem hat die belangte Behörde den obzitierten Bescheid der Erstinstanz vom 17. März 1998, in welchem vom Rückerstattungsbeitrag offensichtlich bereits gewährte Krankenunterstützung in Abzug gebracht worden ist, bestätigt, obwohl es nunmehr keine Rechtsgrundlage für ein solches Vorgehen gibt.

In dem durch den angefochtenen Bescheid bestätigten Bescheid des Verwaltungsausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom 17. März 1998 heißt es wörtlich:

"Ebenso in Abzug gebracht wurden offene Beträge aus dem Titel der Todesfallbeihilfe in Höhe von 16.620,00 (...) und Krankenunterstützung in Höhe von öS 5.561,00 (...) sowie gewährtes Krankengeld in Höhe von öS 73.540,00, sodaß sich der im Spruch bezeichnete Betrag ergibt."

Gegenüber zu §11 Abs3 der Satzung des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien in jener Fassung, die den Entscheidungen zu VfSlg. 15.409/1997 und 15.542/1998 zugrunde lag, ist in der nunmehr anzuwendenden Fassung der Satz entfallen:

"Von dem Rückerstattungsbetrag sind jedoch alle als Versorgungs- oder Unterstützungsleistungen gewährten Beträge in Abzug zu bringen."

Auch wenn zuzugestehen ist, daß durch den Entfall dieser Wendung in der Satzung eine Änderung der Rechtslage dahingehend eingetreten ist, daß hinsichtlich dieses Aspektes der Behörde keine Verletzung des §87 VerfGG 1953 vorzuhalten ist, so hat sie doch durch die neuerliche Erlassung des Bescheides ohne Berücksichtigung der geänderten Rechtslage einen Fehler begangen, der der gesetzlosen Erlassung eines Bescheides gleichzuhalten ist.

Die Beschwerdeführerin wurde somit in ihren verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt.

IV. 1. Der in Beschwerde gezogene Bescheid war aus allen diesen Gründen aufzuheben.

2. Der Kostenausspruch stützt sich auf §88 VerfGG 1953. In den Kosten sind S 4.500,-- (327,03 Euro) Umsatzsteuer sowie die entrichtete Eingabegebühr in Höhe von S 2.500,-- (180,68 Euro) enthalten.

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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