VfGH B1031/90

VfGHB1031/9017.10.1991

Anlaßfallwirkung der Aufhebung der Wortfolge "nach Z. 4" in §94d Z6 StVO 1960 mit E v 12.10.91, G190/91. Verletzung des Beschwerdeführers im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter infolge unrechtmäßiger Ablehnung der Zuständigkeit der belangten Behörde.

Normen

B-VG Art83 Abs2 / Ablehnung / der Zuständigkeit
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
B-VG Art83 Abs2 / Ablehnung / der Zuständigkeit
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall

 

Spruch:

Die beschwerdeführende Partei ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Der Bescheid wird daher aufgehoben.

Das Land Tirol (Tiroler Landesregierung) ist schuldig, der beschwerdeführenden Partei zuhanden des Beschwerdevertreters die mit S 15.000,-- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit dem vor dem Verfassungsgerichtshof gemäß Art144 Abs1 B-VG angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung des nunmehrigen Beschwerdeführers gegen die Zurückweisung seines Antrages auf Bewilligung der unbeschränkten Ausnahme von dem am 25. Jänner 1988 gemäß §87 StVO 1960 erlassenen Fahrverbot durch den Gemeindevorstand ab. Begründend wurde ausgeführt, daß der Gemeinde Kössen für die Bewilligung von Ausnahmen vom gegenständlichen Fahrverbot die sachliche Zuständigkeit fehle, weil §94d StVO 1960 den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde im Rahmen der örtlichen Straßenpolizei taxativ umschreibe und nach Z. 6 dieser Bestimmung die Gemeinde nur für die Bewilligung von Ausnahmen (§45) von den nach Z. 4 erlassenen Verordnungen (mit denen Beschränkungen für das Halten und Parken oder ein Hupverbot erlassen werden) zuständig sei.

2. In seiner Beschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, daß nicht nur das Fahrverbot zum Zwecke der Errichtung einer Rodelstraße gemäß §94d Z. 13 StVO 1960 im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde liege, sondern daß auch die Gewährung einer Ausnahmebewilligung davon im ausschließlichen Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und daher von der Gemeinde in ihrem eigenen Wirkungsbereich unter Ausschluß eines Rechtsmittels an Verwaltungsorgane außerhalb der Gemeinde zu besorgen sei.

3. Die Tiroler Landesregierung hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen, jedoch den Antrag gestellt, die vorliegende Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. 1. Aus Anlaß der vorliegenden Beschwerde hat der Verfassungsgerichtshof am 3. Juni 1991 beschlossen, gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen die Verfassungsmäßigkeit des §45 Abs2 StVO 1960, idF der 3. StVO-Novelle 1969, BGBl. 209, der 6. StVO-Novelle 1976, BGBl. 412, und der 16. StVO-Novelle 1989, BGBl. 562, sowie der Wortfolge "nach Z. 4" in §94d Z. 6 StVO 1960 idF der 6. StVO-Novelle 1976, BGBl. 412, von Amts wegen zu prüfen.

Mit Erk. v. 12. Oktober 1991, G190/91, hob der Verfassungsgerichtshof die Wortfolge "nach Z. 4" in §94d Z. 6 StVO 1960 in der genannten Fassung als verfassungswidrig auf. §45 Abs2 StVO 1960 in der genannten Fassung wurde nicht aufgehoben.

2. Der Beschwerdeführer ist durch den Bescheid der belangten Behörde im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter dadurch verletzt worden, daß die belangte Behörde zu Unrecht ihre Zuständigkeit ablehnte (VfSlg. 9696/1983).

Der Beschwerdeführer wurde also durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.

Der Bescheid war daher aufzuheben.

Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z. 3 VerfGG 1953 in nicht öffentlicher Sitzung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung beschlossen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG 1953. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von S 2.500,-- enthalten.

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