VwGH Ra 2023/07/0130

VwGHRa 2023/07/013018.9.2023

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sasshofer, über die Revision des J P P in L, vertreten durch MMag. Johannes Pfeifer, Rechtsanwalt in 8940 Liezen, Rathausplatz 3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 5. Juli 2022, Zl. LVwG‑570039/3/Py/AHo, betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht betreffend einen Antrag auf Neuregelung von Weiderechten nach dem Oö. Einforstungsrechtegesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Oberösterreichische Landesregierung als Agrarbehörde), den Beschluss gefasst:

Normen

ABGB §484
ABGB §914
B-VG Art133 Abs4
EinforstungsrechteG OÖ 2007 §7
VwGG §28 Abs1 Z5
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2023:RA2023070130.L00

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom 5. Juli 2022 wies das Verwaltungsgericht im Säumnisbeschwerdeverfahren den Antrag des Revisionswerbers vom 2. November 2020 auf Neuregelung von Weiderechten mangels Antragslegitimation zurück (Spruchpunkt I.). Die Revision erklärte es für unzulässig (Spruchpunkt II.).

2 In seinen Entscheidungsgründen hielt das Verwaltungsgericht unter anderem fest, dass die verfahrensgegenständlichen Weiderechte nach dem Oberösterreichischen Einforstungsrechtegesetz (Oö. ERG) agrargemeinschaftliche Rechte darstellten, die den Eigentümern der Stammsitzliegenschaften der Agrargemeinschaft H. gemeinsam zustünden. Der Revisionswerber als Eigentümer einer Stammsitzliegenschaft habe bereits in seinem Antrag ausdrücklich eingeräumt, dass die Weiderechte auch den Eigentümern anderer Stammsitzliegenschaften zustünden. Somit erstrecke sich der Antrag des Revisionswerbers auf mehrere Liegenschaften im Sinne des § 7 Abs. 2 Oö. ERG, sodass die Mehrheit der Eigentümerinnen oder Eigentümer dieser Liegenschaften für die Einbringung eines zulässigen Antrages auf Neuregelung der Weiderechte erforderlich sei. Es sei dem Revisionswerber im vorliegenden Fall verwehrt, im „Alleingang“ eine Neuregelung von Weiderechten zu beantragen, wenn diese mehreren Stammsitzliegenschaften verschiedener Eigentümer im Rahmen einer Agrargemeinschaft zukämen. Der Antrag des Revisionswerbers vom 2. November 2020 sei daher mangels Antragslegitimation zurückzuweisen gewesen.

3 Die Unzulässigkeit der Revision begründete das Verwaltungsgericht mit den verba legalia.

4 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes.

5 Nach Art. 133 Abs. 4 B‑VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B‑VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B‑VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Nach der ständigen hg. Rechtsprechung ist in den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG bei einer außerordentlichen Revision gesondert vorzubringenden Gründen konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte. In den „gesonderten“ Gründen ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Die Beurteilung der Zulässigkeit der außerordentlichen Revision erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung (vgl. VwGH 12.10.2022, Ra 2022/07/0167 bis 0181, mwN).

9 Welche über den Revisionsfall hinausgehende konkrete Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG, von der die Entscheidung über die vorliegende Revision abhängt, vom Verwaltungsgerichtshof beantwortet werden sollte, wird in der der vorliegenden Zulässigkeitsbegründung nicht formuliert (vgl. VwGH 22.6.2023, Ra 2023/06/0033 bis 0034, mwN).

10 Wenn der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung vorbringt, seine Antragslegitimation sei „irrtümlich und in denkunmöglicher Anwendung“ des § 7 Oö. ERG verneint worden, handelt es sich dabei um Revisionsgründe (vgl. VwGH 20.1.2023, Ra 2023/06/0004 bis 0005, mwN). § 28 Abs. 3 VwGG wird aber dann nicht entsprochen, wenn die zur Zulässigkeit erstatteten Ausführungen der Sache nach Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) darstellen (vgl. VwGH 4.5.2023, Ra 2022/07/0195, mwN).

11 Aber selbst wenn man diese Ausführungen als solche zur Begründung der Zulässigkeit qualifizieren wollte, würde mit einer derart allgemeinen Formulierung und dem Verweis auf vorherige Ausführungen keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung dargetan; so bleibt die Behauptung, die Agrargemeinschaft sei keinesfalls selbst Weideberechtigte und § 7 Oö ERG sei denkunmöglich angewandt worden, im Rahmen des Zulässigkeitsvorbringens ohne nähere Begründung.

12 Auch der Verweis des Revisionswerbers in der Zulässigkeitsbegründung auf den hg. Beschluss vom 26. November 2015, Ro 2015/07/0040, geht an der Sache des vorliegenden Revisionsverfahrens vorbei. Gegenstand des zitierten Beschlusses waren nämlich Verträge über die Einräumung einer Dienstbarkeit, welche vom Verwaltungsgericht unter Anwendung der zivilgerichtlichen Rechtsprechung zu §§ 914 und 484 ABGB und unter eingehender Begründung ausgelegt wurden. In diesem Zusammenhang sprach der Verwaltungsgerichtshof aus, dass diese im konkreten Einzelfall getroffene Auslegung von Verträgen, welche grobe Auslegungsfehler oder sonstige krasse Fehlbeurteilungen nicht erkennen ließen, keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufwerfe.

13 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B‑VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 18. September 2023

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte