OLG Wien 17Bs87/25f

OLG Wien17Bs87/25f30.4.2025

Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Richterin Mag. Schneider-Reich als Vorsitzende sowie den Richter Ing.Mag. Kaml und die Richterin Mag. Primer als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe über die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Krems a.d. Donau gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems a.d. Donau vom 15. April 2025, GZ **-13, nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OLG0009:2025:0170BS00087.25F.0430.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

 

Spruch:

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

 

Begründung:

Der am ** geborene serbische Staatsangehörige A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt ** den unbedingten Strafteil von zehn Monaten einer gesamt 30-monatigen Freiheitsstrafe, die über ihn mit Urteil des Landesgerichtes Krems a.d. Donau vom 17. März 2025, rechtskräftig am 24. März 2025, AZ **, wegen § 28a Abs 1 1.F, Abs 2 Z 2, Abs 4 Z 3 SMG, 15 StGB verhängt wurde.

Das errechnete Strafende fällt auf den 15. August 2025, die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung zur Hälfte lagen am 15. März 2025 vor (-diese wurde vom Urteilsgericht nach § 265 StPO abgelehnt-), jene zum Zwei-Drittel-Stichtag nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG werden am 5. Mai 2025 erfüllt sein.

Mit dem angefochtenen Beschluss bewilligte das Landesgericht Krems a.d. Donau als zuständiges Vollzugsgericht die bedingte Entlassung zum Zwei‑Drittel‑Stichtag unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren.

Begründend führte es aus, dass sich der Strafgefangene im Erstvollzug befinde, seine Führung in der Justizanstalt tadellos verlaufe und darüber hinaus ein sozialer Empfangsraum in Form eines Wohn- und Arbeitsplatzes (in Serbien) vorhanden sei, aus den Gesamtumständen (reumütiges Geständnis, untergeordnete Rolle in der Hierarchie) auch kein evidentes Rückfallsrisiko abzuleiten sei und auch die Anstaltsleitung keine Einwände vorgebracht habe.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluss richtet sich die rechtzeitige Beschwerde der Staatsanwaltschaft, der keine Berechtigung zukommt.

Gemäß § 46 Abs 1 StGB ist nach Verbüßung der Hälfte der im Urteil verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird. Nach Abs 2 leg cit ist für den Fall, dass ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel der Freiheitsstrafe verbüßt hat, dieser trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs 1 solange nicht bedingt zu entlassen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs der Strafe bedarf, um strafbaren Handlungen durch andere entgegenzuwirken. Nach Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe sind generalpräventive Erwägungen nicht mehr zu berücksichtigen.

Die Prognose künftigen Verhaltens erfordert dabei eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, wie insbesondere die Art der Tat, das private Umfeld des Verurteilten, sein Vorleben und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit (Jerabek/Ropperin WK2 StGB § 46 Rz 15/1).

Dabei ist nach § 46 Abs 4 StGB auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe, insbesondere auch durch eine während des Vollzuges begonnene freiwillige Behandlung im Sinne von § 51 Abs 3 StGB, die der Verurteilte in Freiheit fortzusetzen bereit ist, eine Änderungen der Verhältnisse, unter denen die Tat begangen wurde, eingetreten ist, oder durch Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB erreicht werden kann. Ist die Annahme berechtigt, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung – allenfalls unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB – nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, so ist im Regelfall der Rest der Strafe bedingt nachzusehen. Die Anwendung des Rechtsinstituts der bedingten Entlassung soll nach erkennbarer Intention des Gesetzgebers der Regelfall sein, der Vollzug der gesamten Freiheitsstrafe hingegen auf (Ausnahme-)Fälle evidenten Rückfallrisikos des Rechtsbrechers beschränkt bleiben.

Der vollzugsgegenständlichen Verurteilung liegt zugrunde, dass A* mit Mittätern und als Mitglied einer kriminellen Vereinigung vorschriftswidrig Suchtgift in einer das 25-fache der Grenzmenge (§ 28b SMG) übersteigenden Menge erzeugte, indem sie Liegenschaften anmieteten, professionell ausgestattete Cannabisplantagen einrichteten, mittels dieser Anlagen Cannabispflanzen anbauten und groß zogen, nach Abschluss des Aufzuchtprozesses deren Blüten und Fruchtstände ernteten und trockneten, um sodann das erzeugte Cannabiskraut (enthaltend Delta-9-THC und THCA) gewinnbringend zu verkaufen, und zwar in einem nicht mehr feststellbaren Zeitraum bis 15. Oktober 2024 in B*, 34.204,90 Gramm Cannabiskraut (enthaltend Delta-9-THC und THCA) mit einem Reinheitsgrad von durchschnittlich zumindest 1,14% Delta-9-THC und 15,32% THCA, wobei es hinsichtlich der noch nicht abgeernteten 811 Pflanzen, somit 29.206,20 Gramm (ON 179.2) beim Versuch geblieben ist, da insgesamt nur 4.998,70 Gramm im Zuge der bereits begonnenen Ernte tatsächlich abgeerntet waren.

Dem Urteil ist zu entnehmen, dass der unbescholtene, zum Tatzeitpunkt gerade 23 Jahre alte A* in Serbien von einem unbekannten Mitglied der Suchtgiftplantagen-Vereinigung angeworben worden war, nach Österreich zu kommen und hier auf dieser Plantage in B* für mehrere Wochen die dort angebauten rund 900 Cannabispflanzen zu betreuen und zu gießen und in der Folge die Blüten und Fruchtstände zu ernten, wofür er ca EUR 2.000,-- als „Lohn“ bekommen hätte sollen. Anfang September 2024 reiste er dann nach Österreich und kümmerte sich für mehrere Wochen bis zu seiner Festnahme alleine um die dort angebauten Cannabispflanzen. Er verantwortete sich von Anfang an vollumfassend und reumütig geständig und war in der Hierarchie in untergeordneter Rolle tätig.

Aus der Stellungnahme des Anstaltsleiters ergibt sich, dass die Führung während der gesamten Anhaltung ohne Beanstandungen blieb und den Zwecken des Strafvollzugs und der Hausordnung entsprach. Bislang mussten keine Ordnungsstrafen verhängt werden, zudem wird er im gelockerten Vollzug angehalten.

Unter Berücksichtigung des Umstands, dass es sich beim Strafgefangenen um einen bereits im Zuge der Hauptverhandlung unrechts- und schuldeinsichtig gewesenen Ersttäter handelt, der nunmehr bereits über einen längeren Zeitraum erstmals das Haftübel verspürt hat, die hausordnungsgemäße Führung durchgehend tadellos verlief und ein sozialer Empfangsraum in Form eines Wohn- und Arbeitsplatzes vorhanden ist, gibt es dem Rechtsmittelvorbringen zuwider keine konkrete Grundlage dafür, anzunehmen, dass es während des Vollzugs nicht zu einer Änderung der Verhältnisse im Sinne des § 46 Abs 4 StGB gekommen sei.

Die Spekulation der Staatsanwaltschaft darüber, dass seine angekündigte Ausreise aus Österreich zurück in seine Heimat mangels derzeit bestehenden Aufenthaltsverbots lediglich eine Absichtserklärung sei, ist nicht nachvollziehbar. Das Vorbringen zu seinem sozialschädlichen Verhalten in der Vergangenheit, aus dem sich eine äußerst geringe Hemmschwelle zur Begehung von Delikten, ein gravierendes Charakterdefizit und eine auffallend wertwidrige Einstellung ableiten lasse, überzeugt angesichts der festgestellten Tatumstände, des relativ kurzen Tatzeitraums und des jungen Alters des bis dahin unbescholtenen Mannes nicht, ebensowenig die Zweifel der Staatsanwaltschaft daran, dass A* nach seiner Entlassung bei der Landwirtschaft seiner Eltern arbeiten und als ordentlicher Bürger leben wolle.

Die Notwendigkeit der Beigebung eines Bewährungshelfers ist – wie offenbar auch vom Urteilsgericht betreffend den bedingt nachgesehenen Teil angenommen - angesichts dieser Zukunftspläne auch nicht gegeben.

In Übereinstimmung mit dem Erstgericht ist anzunehmen, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, weshalb der Beschwerde ein Erfolg zu versagen war.

Gegen diesen Beschluss steht einer weiterer Rechtszug nicht zu.

 

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