OLG Linz 9Bs34/25a

OLG Linz9Bs34/25a24.3.2025

Das Oberlandesgericht Linz hat durch die Richterin Dr. Engljähringer als Einzelrichterin in der Strafsache gegen A* wegen Bestimmung der Kosten des Privatbeteiligten B* über die Beschwerde der Verurteilten gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 31. Jänner 2025, Hv*-39, entschieden:

 

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OLG0459:2025:0090BS00034.25A.0324.000

Rechtsgebiet: Strafrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

Der Beschwerde wird Folge gegeben;

teils auch aus ihrem Anlass wird der angefochtene Beschluss dahin abgeändert, dass die von der Verurteilten A* zu ersetzenden Kosten der Vertretung des Privatbeteiligten B* wie folgt bestimmt werden:

 

5.4.2025 Vollmachtsbekanntgabe/PB-Anschluss (ON 17), TP 1 EUR 26,60

60% Einheitssatz EUR 15,96

ERV-Entlohnung EUR 2,60

19.11.2024 Hauptverhandlung (ON 30), 3/2 EUR 307,60

60% Einheitssatz EUR 184,56

20.11.2024 Kostenbestimmungsantrag (ON 31), TP 1 EUR 11,10

60% Einheitssatz EUR 6,66

ERV-Entlohnung EUR 2,60

EUR 557,68

20% USt EUR 111,53

Summe (gerundet; § 1 Abs 1 RATG) EUR 669,20

 

 

BEGRÜNDUNG:

In dieser Strafsache wurde A* mit rechtskräftigem Urteil vom 19. November 2024 (ON 30) unter anderem wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs 1, 84 Abs 2 StGB zum Nachteil des Privatbeteiligten B* (A./I./1./) schuldig erkannt; außerdem wurde ihr gemäß § 389 Abs 1 StPO der Ersatz der Kosten des Strafverfahrens aufgetragen. Auf diesem Schuldspruch fußend wurde sie gleichzeitig verpflichtet, an den Privatbeteiligten B* näher bestimmte Schadenersatz(teil)beträge zu bezahlen (§ 369 Abs 1 StPO).

Am 20. November 2024 beantragte der Privatbeteiligte, die Kosten seiner Rechtsvertretung mit insgesamt 2.024,33 Euro zu bestimmen und der Verurteilten den Ersatz aufzutragen (ON 31.2). Diesem Begehren entsprach das Erstgericht vollumfänglich mit dem nun angefochtenen Beschluss (ON 39).

Rechtliche Beurteilung

Dagegen wendet sich die Beschwerde der Verurteilten (ON 40.2) – zumal das Beschwerdegericht zum hier begehrten, (bloß) kassatorischen Vorgehen keineswegs verpflichtet und die Sache auf Aktenbasis spruchreif ist (vgl Ratz, WK-StPO Vor §§ 280–296a Rz 6/1 mwH) – im Ergebnis mit Erfolg.

Allem voran zutreffend zeigt die Rechtsmittelwerberin auf, dass für die Vertretung von Privatbeteiligten in Strafsachen, wie vorliegend, wegen eines nicht in die bezirksgerichtliche Zuständigkeit ressortierenden Vergehens nicht 18.000 Euro, sondern 6.000 Euro als Bemessungsgrundlage heranzuziehen sind (§ 10 Z 9 lit b RATG). Überhaupt richtet sich die Höhe der Entlohnung eines Parteienvertreters nach der Art des Verfahrens und nach der verfahrensrechtlichen Stellung des Mandanten. Für Rechtsanwälte gilt im Strafverfahren für die Vertretung von Privatbeteiligten das RATG und der diesem angeschlossene, einen Bestandteil des Gesetzes bildende Tarif (§ 1 Abs 1 RATG), und zwar sowohl im Verhältnis zum Mandanten, als auch bei Bestimmung der Kosten, die der Gegner zu ersetzen hat (Lendl, WK-StPO § 395 Rz 22 ff).

In dem Sinn errechnen sich für den, (zutreffend) auf Basis der TP 1 beantragten Schriftsatz ON 17 ein Sockelbetrag von 26,60 Euro zuzüglich 60% Einheitssatz iHv 15,96 Euro, ERV-Entlohnung iHv 2,60 Euro und 20% USt iHv 9,03 Euro, insgesamt also 54,19 Euro.

Mit Fug kritisiert die Beschwerde, dass eine zusätzliche Honorierung des Schriftsatzes vom 22. April 2024, mit dem lediglich der begehrte PB-Zuspruch betraglich ausgedehnt wurde (ON 18), entfallen muss. Denn bei der Bestimmung der zu ersetzenden Kosten hat das Gericht gemäß § 395 Abs 2 StPO zu prüfen, ob die vorgenommenen Vertretungshandlungen notwendig oder sonst nach der Beschaffenheit des Falls gerechtfertigt waren. Notwendig sind Kosten, wenn sie durch die Prozesslage und die Verfahrensvorschriften erzwungen werden; zweckmäßig ist alles, was ein den objektiven rechtlichen Gegebenheiten entsprechendes Maß an Erfolgsaussichten in sich birgt (RIS-Justiz RS0035829). Zu fragen ist, was eine durchschnittliche, sorgfältige und informierte Verfahrenspartei bei gegebener Sachlage an kostenverursachenden Schritten gesetzt hätte (Lendl, WK-StPO § 395 Rz 15 mH). In dem Licht hätte aber die konkrete Ausdehnung des Zuspruchsbegehrens ohne Einschränkung von Erfolgschancen, und ohne dem Erstgericht eine angemessene Vorbereitung vorzuenthalten (Lendl, WK-StPO § 395 Rz 19), unmittelbar in der Hauptverhandlung geltend gemacht werden können.

Davon abgesehen fehlt es nach dem RATG an einer rechtlichen Grundlage, um die verzeichneten Kosten für eine elektronische Akteneinsicht vom 18. November 2024 zu entlohnen. Eine solche gebührte nach TP 7 nur für die Vornahme von Geschäften außerhalb der Kanzlei („Aktenstudium bei Behörden“), welche Tätigkeit hier aber, gleichsam definitionsgemäß, nicht vorliegt.

Die Teilnahme des Privatbeteiligtenvertreters an der Hauptverhandlung vom 19. November 2024, die drei halbe Stunden dauerte (ON 30), ist nach TP 4 II b (ausgehend von der korrigierten Bewertungsgrundlage) mit 307,60 Euro im Sockelbetrag zuzüglich 60% Einheitssatz iHv 184,56 Euro und 20% USt iHv 98,43 Euro, insgesamt daher 590,59 Euro zu honorieren.

Entgegen der Rechtsmittelargumentation ist freilich auch der Kostenbestimmungsantrag vom 20. November 2024 (ON 31) zu entgelten. Zwar hatte sich die Verurteilte dazu nicht geäußert (vgl ON 32, 2). Abgesehen davon, dass schon die Einbringung eines Kostenbestimmungsantrags auf mangelnde Willensübereinstimmung der Parteien hinweist (Lendl, WK-StPO § 395 Rz 7 ff), behauptete die Beschwerdeführerin selbst nie das Zustandekommen einer solchen Einigung, sondern kontraindiziert vielmehr ihr aktuelles Vorbringen jedes Einvernehmen, das eine gerichtliche Kostenbestimmung – und damit eine darauf gerichtete Antragstellung durch den Privatbeteiligten – entbehrlich gemacht hätte.

Nach § 11 Abs 1 letzter Satz RATG ist insoweit der Betrag heranzuziehen, dessen Zuspruch im aktuellen Kosten(beschwerde)verfahren (zu Recht) begehrt wurde. Ausgehend von einem Streitwert von 644,78 Euro belaufen sich die Kosten des Kostenbestimmungsantrags auf 11,10 Euro im Sockelbetrag zuzüglich 60% Einheitssatz iHv 6,66 Euro, ERV-Entlohnung iHv 2,60 Euro und 20% USt iHv 4,07 Euro, gesamt daher 24,43 Euro.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diese Entscheidung steht kein weiteres Rechtsmittel zu.

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