European Case Law Identifier: ECLI:AT:OLG0459:2025:0070BS00039.25X.0410.000
Rechtsgebiet: Strafrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
BEGRÜNDUNG:
Der am ** geborene A* verbüßt seit 20. Jänner 2025 (im unmittelbaren Anschluss an eine viermonatige Freiheitsstrafe zu U* des Bezirks-gerichts Zell am See) die über ihn mit Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 24. Oktober 2024 zu Hv* verhängte Freiheitsstrafe von zwei Jahren – dies vorerst in der Justizanstalt B*, seit 12. Februar 2025 in der Justizanstalt C*; das voraussichtliche Haftende fällt auf den 20. Jänner 2027 (ON 21 und ON 27 sowie ON 36).
Mit zu Hv* des Landesgerichts Salzburg eingebrachten Schreiben vom 14. November 2024 (ON 30), vom 9. Februar 2025 (ON 33), vom 10. Februar 2025 (ON 34) sowie vom 24. Februar 2025 (ON 41) beantragte A* einen (nachträglichen) Aufschub des Strafvollzugs nach § 5 StVG bzw. § 133 StVG mit der Begründung, dass eine Operation/Behandlung eines Krebs-Tumors an seinem linken Nasenflügel dringend notwendig sei.
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht diese Anträge ab. Dabei stütze es seine Entscheidung im Wesentlichen auf die gemäß § 17 Abs 1 StVG eingeholten Stellung-nahmen der Anstaltsleitung der Justizanstalt C* vom 25. Februar 2025 (ON 40.4) und des Anstaltsarztes vom 24. Februar 2025 (ON 40.2) sowie die Äußerung der Generaldirektion des Bundesministeriums für Justiz vom 26. Februar 2025 (ON 42), wonach die Behandlung des Tumors unter Berücksichtigung einer Strafvollzugsortsänderung mit den Einrichtungen der in Betracht kommenden Anstalten möglich sei, sohin keine Vollzugsuntauglichkeit vorliege.
Die dagegen erhobene (als Einspruch bezeichnete) Beschwerde des Strafgefangenen (ON 46) ist nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Generell gilt, dass für den Fall, dass ein dem Wesen der Freiheitsstrafe (§ 20 StVG) ent-sprechender Strafvollzug wegen einer Krankheit oder Verletzung, wegen Invalidität oder eines sonstigen körperlichen oder geistigen Schwächezustands auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit einer Strafvollzugsortsänderung (§ 10 StVG) mit den Einrichtungen der in Betracht kommenden Anstalten zum Vollzug von Freiheitsstrafen nicht durchführbar ist oder im Hinblick auf einen dieser Zustände das Leben des Verurteilten durch die Überstellung in die betreffende Anstalt gefährdet wäre, die Einleitung des Strafvollzugs so lange aufzuschieben ist, bis der Zustand aufgehört hat (§ 5 Abs 1 StVG). Hafttauglichkeit setzt in erster Linie voraus, dass der Verurteilte nach seinen körperlichen und geistigen Dispositionen erzieherisch betreut und beeinflusst werden kann. Der Gesetzgeber stellt bei der Frage der Haftfähigkeit nicht auf einen absoluten Begriff der schweren Körperverletzung oder auf die Abschließbarkeit des Verurteilten von der Außenwelt, sondern auf die im Einzelfall zu beurteilende Vereinbarkeit des Zustandes des Verurteilten mit dem Wesen der Freiheitsstrafe ab. Die Beurteilung der Vollzugstauglichkeit stellt eine vom Gericht zu lösende Rechtsfrage dar. Erst dann, wenn ein dem Wesen des Strafvollzugs entsprechender Strafvollzug in überhaupt keiner Vollzugsanstalt durchführbar wäre, ist die Einleitung des Vollzugs so lange aufzuschieben, bis der Zustand aufgehört hat (vgl Drexler/Weger, StVG5 § 5 Rz 2 und 5; Pieber in WK2 StVG § 5 Rz 11 und 12).
Stellt sich nachträglich heraus, dass die Einleitung des Strafvollzugs wegen Vollzugs-untauglichkeit aufzuschieben gewesen wäre, und bestehen die dafür maßgeblichen Um-stände fort, so ist § 5 StVG dem Sinne nach anzuwenden (§ 133 Abs 1 StVG).
Auf Basis der eingeholten Stellungnahmen ist das Erstgericht trotz der vom Strafgefangenen für dringend notwendig erachteten Operation eines Basalioms links paranasal zutreffend von einer Vollzugstauglichkeit ausgegangen. Abgesehen davon, dass der Strafgefangene den angeblich bereits im April 2024 geplanten Operationstermin im Krankenhaus D* nicht wahrgenommen hat, kann in Ermangelungen ent-sprechender Befunde bzw. Unterlagen weder die Dringlichkeit dieser Operation noch die Not-wendigkeit einer damit verbundenen Hauttransplantation abschließend beurteilt werden. Weshalb der (nun) beabsichtigte chirurgische Eingriff entgegen der Einschätzung des Anstaltsarztes und der Generaldirektion nicht in einem Justizspital wie etwa in der Justizanstalt E* möglich sein sollte, vermag der Strafgefangene nicht schlüssig darzulegen. Von einer grundsätzlich ausreichenden bzw. adäquaten medizinischen Behandlung und (Nach-)Betreuung während des Strafvollzugs ist vielmehr auszugehen (§ 66 ff StVG). Die Ein-haltung nach der Operation verordneter Verhaltensregeln (keine direkte Sonnenbestrahlung, kein Besuch von Bädern, etc.) ist auch in einer Justizanstalt möglich. Die damit verbundenen Einschränkungen stehen einer erzieherischen Gestaltung des Vollzugs jedenfalls nicht entgegen.
Auch unter Berücksichtigung des Alters des Strafgefangenen ist aufgrund des (operationsbedürftigen) Basalioms seine Vollzugstauglichkeit nicht ernsthaft anzuzweifeln. Daran ändert auch der Wunsch des Strafgefangenen, die Operation und die gesamte Nachbehandlung im Krankenhaus E* durchführen zu lassen, nichts.
Die Beschwerde musste daher erfolglos bleiben.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diese Entscheidung steht ein weiteres Rechtsmittel nicht zu.
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