European Case Law Identifier: ECLI:AT:OLG0459:2025:00600R00179.24X.0220.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass er wie folgt zu lauten hat:
„Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin die mit EUR 113.663,35 (darin enthalten EUR 13.898,28 an USt und EUR 30.286,26 an Barauslagen) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin binnen 14 Tagen die mit EUR 1.808,70 (darin enthalten EUR 301,45 an USt.) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.
Der Revisionrekurs ist jedenfalls unzulässig.
Begründung:
Die Klägerin wurde vom Beklagten mit Baumeisterarbeiten beim Bauvorhaben „E*“, **straße ** in B* beauftragt.
Die Klägerin begehrte von der Beklagten nach mehrfacher Klagseinschränkung die Zahlung von EUR 329.154,00 aus dem Titel des Werklohns.
Der Beklagte wandte zahlreiche Mängel, im weiteren Verlauf des Verfahrens auch die mangelnde Prüffähigkeit der Abrechnung, sowie jeweils darauf gestützt auch die mangelnde Fälligkeit der Klagsforderung ein, erhob Gegenforderungen und beantragte Klagsabweisung.
Mit Urteil vom 8. Mai 2024 (ON 202) sprach das Erstgericht aus, dass die Klagsforderung mit EUR 324.187,48 zu Recht und die Gegenforderung nicht zu Recht bestehe, verurteilte den Beklagten demgemäß zur Zahlung von EUR 324.187,48 samt 4 % Zinsen seit 22.6.2021 und wies das darüber hinausgehende Zahlungs- wie auch Zinsenmehrbegehren ab; die Entscheidung über die Verfahrenskosten behielt es gemäß § 52 Abs 1 ZPO der rechtskräftigen Erledigung der Streitsache vor.
Der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung des Beklagten gab das Oberlandesgericht Linz mit dem zwischenzeitig in Rechtskraft erwachsenen Urteil vom 10. Oktober 2024 nicht Folge (ON 207).
Mit dem angefochtenen Beschluss verpflichtete das Erstgericht den Beklagten, der Klägerin die mit EUR 115.494,83 (darin EUR 14.203,53 an USt und EUR 30.286,26 an Barauslagen) bestimmten Prozesskosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu ersetzen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der rechtzeitige Rekurs des Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, den Kostenzuspruch an die Klägerin um EUR 62.885,35 zu kürzen.
In ihrer Rekursbeantwortung beantragt die Klägerin, dem Rekurs des Beklagten keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist teilweise berechtigt.
1. Der Beklagte verweist darauf, dass das Erstgericht im Urteil von einer Fälligkeit der Klagsforderung erst am 22.6.2021 ausgegangen sei. Die von der Klägerin erst im Verfahren aufgewandten Kosten zur Herstellung der Fälligkeit bzw. der von ihr grundsätzlich geschuldeten Überprüfbarkeit der Rechnung seien nicht als zweckentsprechende Rechtsverfolgung zu qualifizieren und daher nicht ersatzfähig. Es sei daher der Prozessaufwand der Klägerin vor dem 22.6.2021 – mit Ausnahme der Klage und der Pauschalgebühr – nicht ersatzfähig.
2. Zunächst ist dem Beklagten zu entgegnen, dass er den Einwand der mangelnden Fälligkeit wegen fehlender Prüffähigkeit (gemeint: der Rechnungen) erst in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung am 26.8.2019 erhoben hat (ON 71, AS 6, Band II). Davor hat der das Vorbringen der Klägerin, es sei eine Abrechnung auf Regie vereinbart worden, ausdrücklich bestritten (ON 2, AS 6, Band I), und behauptet, man habe sich auf eine Pauschalsumme geeinigt (ON 7, AS 18, Band I). Darauf ist der Beklagte auch mit seinen Ausführungen zu verweisen, dass das Erstgericht dem Sachverständigen mit Beschluss vom 28.11.2017 „unter Anderem“ aufgetragen hat, über die von der Klägerin tatsächlich erbrachten Leistungen und deren aus technischer Sicht zutreffenden Abrechnung Befund und Gutachten zu erstatten (ON 22, AS 103, Band I), und der Sachverständige diesem Auftrag im Gutachten vom 29.5.2018 nachgekommen ist (ON 36, Band I). Lediglich der Vollständigkeit halber ist dazu noch anzumerken, dass der Sachverständige in diesem Gutachten zum Schluss gekommen war, dass die Abrechnung als prüfbar eingestuft werde (ON 36, AS 178, Band I).
3. Vor dem 26.8.2019 hatte der Beklagte eine mangelnden Fälligkeit der Werklohnforderung der Klägerin lediglich mit der Mangelhaftigkeit der von der Klägerin erbrachten Werkleistungen begründet (ON 2, AS 6, Band I). Diesen Einwand hat das Erstgericht im Urteil vom 8.5.2024 aber mit der Begründung, der Beklagte habe keine Verbesserung der Mängel, sondern lediglich Geldersatz begehrt, sodass ihm auch kein Leistungsverweigerungsrecht zustehe, verworfen (ON 202, AS 320, Band III [US 80]).
4. Aber auch das Verfahren ab der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 26.8.2019 beschränkte sich keineswegs auf das Thema „Prüffähigkeit der Abrechnung“, sondern lag dessen Hauptaugenmerk nach wie vor auf den vom Beklagten eingewandten Mängeln (ON 71 – ON 120, Band II). Soweit der Beklagte (erkennbar) argumentiert, der Aufwand an Sachverständigengebühren sei insoweit nicht ersatzfähig, als er zur „Herstellung der Fälligkeit und zur Überprüfung derselben“ gedient habe, übersieht er, dass das Erstgericht die Überprüfbarkeit der Abrechnung bereits mit der Vorlage der Abrechnungsordner (Beilage ./NN) durch die Klägerin mit Schriftsatz vom 22.6.2021 (ON 121, Band II) angenommen hat. Nicht nur vor diesem Hintergrund, sondern auch aufgrund des Umstandes, dass der Beklagte in seinem Rekurs selbst darauf verweist, dass das Erstgericht von einer Fälligkeit der Klagsforderung per 22.6.2021 ausgeht, ist die Behauptung des Beklagten, die mündliche Streitverhandlung vom 19.6.2023 habe ausschließlich dazu gedient, „die zuvor noch nicht fällige“ Werklohnforderung zu überprüfen, nicht nachvollziehbar. Nicht nachvollziehbar ist auch die vom Beklagten (der an anderer Stelle im Rechtsmittel festhält, dass der Kostenersatz für den zweiten und dritten Abschnitt [= Zeitraum 14.9.2022 bis 6.12.2023] unangefochten bleibe) vertretene Ansicht, „die mündliche Streitverhandlung des 19.6.2023“ sei nicht ersatzfähig, weil sie der Überprüfung der Werklohnforderung gedient habe. Da der Beklagte trotz Vorliegens der Abrechnungsordner mit 22.6.2021 weiterhin die Prüffähigkeit der Abrechnung bestritten hat, war die Klägerin vielmehr gezwungen, das Gegenteil unter Beweis zu stellen. Es kann daher keine Rede davon sein, dass diese Kosten nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig gewesen seien.
5. Abgesehen davon übersieht der Beklagte insgesamt bei seinen Ausführungen, dass im Regime der ZPO für den Kostenersatz das Erfolgsprinzip gilt. Hinsichtlich des Erfolgs ist nicht auf den Zeitpunkt der Klagseinbringung, sondern auf den Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung abzustellen (vgl RI0100088). Wird eine Forderung erst während des Prozesses fällig, muss der Beklagte erfüllen. Zahlt der Beklagte – wie hier – nach Eintritt der Fälligkeit noch immer nicht, führt dies zur Kostenersatzpflicht für das gesamte Verfahren (vgl OLG Linz 1 R 124/20s mwN; Obermaier, Kostenhandbuch4 Rz 1.121 mwN).
6. Zutreffend kritisiert der Beklagte allerdings, dass das Erstgericht der Klägerin hinsichtlich der jeweils in B* durchgeführten Befundaufnahmen am 25.1.2018 und 6.4.2018 jeweils den doppelten Einheitssatz zuerkannt hat, obwohl ihr gemäß § 23 Abs 5 RATG lediglich der einfache Einheitssatz zusteht. Unter Berücksichtigung der Ersatzquote von 76 % im ersten Verfahrensabschnitt hat daher das Erstgericht insgesamt EUR 1.831,48 (brutto) zu viel an Vertretungskostenersatz zugesprochen. Der angefochtene Beschuss war daher dementsprechend abzuändern.
7. Die Kostenentscheidung im Rekursverfahren gründet sich auf die §§ 50, 43 Abs 2 ZPO; der Beklagte hat mit seinem Rekurs eine Kürzung des Kostenersatzbetrages um EUR 62.885,35 angestrebt und hat eine solche um EUR 1.831,48 erreicht. Dies entspricht einer Obsiegensquote von gerundet 3 %. Ausgehend davon ist die Klägerin im Rekursverfahren nur geringfügig unterlegen, sodass ihr der Beklagte die Kosten für die Rekursbeantwortung auf Basis einer Bemessungsgrundlage von EUR 61.053,87 zu ersetzen hat.
8. Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses resultiert aus § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.
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