OLG Linz 11Rs59/23k

OLG Linz11Rs59/23k28.8.2023

Das Oberlandesgericht Linz hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Richter Senatspräsident Dr. Robert Singer als Vorsitzenden, Mag. Herbert Ratzenböck und Dr.in Nora Wallner-Friedl in der Sozialrechtssache der klagenden Partei A*, **, Betriebswirtin, ** **, ** B*, vertreten durch Korn & Gärtner Rechtsanwälte OG in Salzburg, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, vertreten durch ihren Angestellten Dr. E*, Landesstelle Salzburg, wegen Berufsunfähigkeitspension, über den Kostenrekurs der beklagten Partei gegen die Kostenentscheidung im Urteil des Landesgerichts Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht vom 16. Juni 2023, 15 Cgs 26/23v-19, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen:

 

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OLG0459:2023:0110RS00059.23K.0828.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 187,44 (darin enthalten EUR 31,24 an USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens zu ersetzen.

Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig.

 

 

Begründung:

Mit dem nur im Kostenpunkt angefochtenen Urteil wies das Erstgericht das auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension gerichtete Hauptbegehren ab und gab dem auf Feststellung des Anspruchs auf Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation samt Rehabilitationsgeld aus der Krankenversicherung gerichtete Eventualbegehren teilweise unter gleichzeitiger Abweisung des Mehrbegehrens statt; unter einem verpflichtete das Erstgericht die Beklagte zum Kostenersatz von EUR 371,19 (darin EUR 61,87 an USt).

Dagegen richtet sich der Kostenrekurs der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung der Kostenentscheidung dahin, dass sie lediglich zu einem Kostenersatz von EUR 204,53 (darin EUR 34,09 an USt) verpflichtet werde.

Die Klägerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs nicht Folge zu geben.

Der Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Im Rekursverfahren ist nur strittig, ob der Klägerin für die Tagsatzung vor dem Erstgericht vom 16.6.2023 Prozesskosten auf Basis TP 2 RATG oder, wie von der Klägerin verzeichnet und vom Erstgericht zugesprochen, auf Basis TP 3A RATG zustehen.

Dazu ist auszuführen:

1. Das Honorar für Tagsatzungen ist im RATG nach verschiedenen Tarifposten gegliedert. Hier von Bedeutung sind die Regelungen nach TP 2 II Z 1 lit c und d RATG sowie TP 3A II Z 1 RATG:

Eine Honorierung nach TP 2 ist gemäß TP 2 II Z 1 lit c RATG für Tagsatzungen vorgesehen, die, ehe es zur Erörterung des Sachverhaltes gekommen ist, zu einem Versäumungs-, Anerkenntnis- oder Verzichtsurteil oder zum Abschluss eines Vergleichs führen, und gemäß TP 2 II Z 1 lit d RATG für Tagsatzungen, die bloß zum Zweck eines Vergleichsabschlusses angeordnet worden sind.

Eine Honorierung nach TP 3A erfolgt gemäß TP 3A II Z 1 RATG für alle Tagsatzungen, soweit sie nicht unter TP 2 fallen.

2. Das Kriterium schlechthin für die Abgrenzung zwischen TP 2 und TP 3A ist das kontradiktorische Verhandeln über widerstreitende Anträge. Für in der Regel kurze, einfache Tagsatzungen ohne echt kontradiktorischen Charakter gebührt TP 2, für alle anderen TP 3A. Das höhere Honorar nach TP 3A gebührt auch dann, wenn die zunächst kontradiktorische Verhandlung mit Vergleich, Anerkenntnis, Klagszurücknahme etc endet. Bloße Formalakte können diesen kontradiktorischen Charakter nicht begründen. Wird in strittiger Verfahrenssituation aus Anlass einer zu Beweisaufnahmezwecken anberaumten Tagsatzung oder bei der vorbereitenden Tagsatzung nur vergleichsverhandelt, gebührt TP 3A, weil materiell das Verhandeln über einen Vergleich denknotwendig eine Befassung mit der Sach- und Rechtslage voraussetzt und nicht mehr lediglich dem Abschluss des Vergleichs dient. Das Erfordernis der Anberaumung bloß zum Vergleichsabschluss meint, dass der Termin im Wesentlichen nur mehr dem formellen Akt des Protokollierens des außergerichtlich vorbereiteten („mitgebrachten“) Vergleichs dient. Die Honorarreduktion auf TP 2 bei Anberaumung der Tagsatzung nur zwecks Vergleichsverhandlungen ist nicht sachgerecht, weil auch solche Tagsatzungen in der Regel weder typisch kurz noch typisch einfach sind (Obermaier, Kostenhandbuch3 Rz 3.74 mwN).

3. Im Lichte dieser Grundsätze erweist sich die Honorierung der Tagsatzung vom 16.6.2023 nach TP 3A RATG als richtig:

3.1 Eine Honorierung nach TP 2 II Z 1 lit c RATG kommt schon nach dem Wortlaut dieser Bestimmung nicht in Betracht, da einerseits kein Vergleich geschlossen wurde und andererseits in der Tagsatzung vom 16.6.2023 jeweils ein Vortrag der Klage und der Klagebeantwortung mit wechselseitiger Bestreitung, eine Verlesung der zum Akt genommenen Urkunden, der eingeholten Gutachten sowie des Anstaltsakts der Beklagten, eine Kostenbestimmung betreffend die Sachverständigengebühren sowie ein Vortrag des Vergleichsanbots der Beklagten, welches jedoch nicht angenommen wurde, erfolgten. Damit fehlt es an sämtlichen eingangs dargestellten Voraussetzungen für eine Honorierung der Tagsatzung lediglich nach TP 2 II Z 1 lit c RATG.

Es schadet der Klägerin in diesem Zusammenhang auch nicht, dass der Vergleichsabschluss lediglich daran gescheitert ist, dass eine Einigung, nach welcher Tarifpost die Tagsatzung zu honorieren ist, nicht zustande kam. Einerseits besteht für keine der Parteien eine Verpflichtung, sich im Falle der Einigung über den Hauptanspruch dem Kostenersatzbegehren der Gegenseite zu unterwerfen, um tatsächlich zu einem Vergleichsabschluss zu gelangen, andererseits besteht im Falle der Nichteinigung, die eine gerichtliche Entscheidung erfordert, für jede Partei die Möglichkeit, die Richtigkeit dieser Entscheidung einer Überprüfung im Instanzenwege zuzuführen. Wenn die Klägerin auf eine Honorierung der (einzigen) Tagsatzung nach TP 3A RATG beharrte, was wie dargestellt der geltenden Rechtslage entspricht, kann dies nicht zu ihrem Nachteil ausschlagen.

3.2 Eine Honorierung nach TP 2 II Z 1 lit d RATG kommt aus den zuvor angeführten Erwägungen nicht in Betracht, da die Beklagte ihr Vergleichsangebot erst in der Tagsatzung vom 16.6.2023 abgab, woraufhin zwar im Zuge dieser Tagsatzung vergleichsverhandelt wurde, jedoch keinesfalls davon ausgegangen werden kann, dass diese Tagsatzung lediglich dem formellen Akt des Protokollierens eines außergerichtlich vorbereiteten („mitgebrachten“) Vergleichs diente. Dies ergibt sich insbesondere auch nicht aus der Ausschreibung des Termins (vgl ON 10).

3.3 Da kein Fall einer Honorierung nach TP 2 RATG vorliegt, steht der Klägerin für die Verhandlung vom 16.6.2023 Kostenersatz nach TP 3A RATG zu.

4. Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.

5. Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

6. Die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses folgt aus § 528 Abs 2 Z 3 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte