OGH Okt6/94

OGHOkt6/949.5.1994

Das Kartellobergericht beim Obersten Gerichtshof hat durch den Vorsitzenden Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr.Schlosser als Vorsitzenden und die Kommerzialräte Dr.Bauer, Dr.Blaha, Hon.Prof. Dr.Smolka und Dkfm.Dr.Zeilinger als weitere Mitglieder in der Kartellrechtssache der Antragstellerinnen 1. D***** ***** *****, vertreten durch Dr.Michael Gabler und Dr.Erich Gibel, Rechtsanwälte in Wien, 2. M*****, vertreten durch Dr.Peter Raits, Dr.Alfred Ebner, Dr.Walter Aichinger, Dr.Peter Bleiziffer und Dr.Daniel Bräunlich, Rechtsanwälte in Salzburg, 3. G*****, vertreten durch Dr.Graham Schneider, Rechtsanwalt in Wien, 4. S*****, vertreten durch Dr.Alfred Richter, Rechtsanwalt in Wien, und 5. H*****, vertreten durch Dr.Kurt Heller, Dr.Heinz H.Löber, DDr.Georg Bahn, Dr.Werner Huber, Dr.Günther Horvath, Dr.Willibald Plesser und Dr.Maria Th.Pflügl, Rechtsanwälte in Wien, wegen Genehmigung eines Verhaltenskartells der Generalimporteure von Erzeugnissen der Kraftfahrzeugindustrie infolge Rekurses der Erst-, der Zweit- und der Viertantragstellerin gegen den Beschluß des Stellvertreters des Vorsitzenden des Kartellgerichts beim Oberlandesgericht Wien vom 2.11.1993, GZ 3 Kt 82/91-15, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Keinem der Rekurse wird Folge gegeben; die Gegenäußerung der Viertantragstellerin wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Beschluß vom 24.November 1989 forderte der Stellvertreter des Vorsitzenden des Kartellgerichts über Antrag der Republik Österreich die Rekurswerberinnen sowie zahlreiche andere Kraftfahrzeugimporteure auf, als Mitglieder eines Verhaltenskartells binnen einem Monat beim Kartellgericht die Genehmigung eines Verhaltenskartells zu beantragen. Dem von den Aufgeforderten (mit einer Ausnahme) dagegen erhobenen Rekurs gab das Kartellobergericht mit Beschluß vom 22.Mai 1990, Okt 4/90 (= ÖBl 1990, 234) nicht Folge.

Die Rekurswerberinnen (und zwei weitere Importeure) beantragten in der Folge die Genehmigung eines Verhaltenskartells der Generalimporteure von Erzeugnissen der Kraftfahrzeugindustrie, brachten im Antragsschriftsatz jedoch vor, es läge ihrer Ansicht nach kein Verhaltenskartell vor, und stellten deshalb gleichzeitig den Antrag, ihren Antrag zurückzuweisen. Die Erstantragsgegnerin formulierte ihr Begehren dabei so, das Kartellgericht wolle in der Sache selbst prüfen, ob ein Kartell vorliege, und verneinendenfalls den Antrag zurückweisen; "in eventu" werde die Genehmigung des Kartells beantragt.

Mit Beschluß vom 16.Dezember 1992 wies das Kartellgericht alle diese Anträge zurück und verständigte hievon alle weiteren "beteiligten" Generalimporteure von Erzeugnissen der Kraftfahrzeugindustrie. Es verneinte die Voraussetzungen eines Verhaltenskartells, weil kein aufeinander abgestimmtes Verhalten festzustellen sei, bloßes Parallelverhalten indessen nicht als Verhaltenskartell im Sinne des § 11 Abs 1 KartG 1988 zu beurteilen sei.

Dieser Beschluß erwuchs mangels Anfechtung in Rechtskraft.

Mit Beschluß vom 2.November 1993 setzte der Stellvertreter des Vorsitzenden des Kartellgerichts die von den fünf Antragstellerinnen zu entrichtende Rahmengebühr jeweils mit S 40.000 fest. Es führte hiezu aus, sie hätten getrennte Anträge auf Genehmigung eines Verhaltenskartells, verbunden mit dem Begehren auf Zurückweisung ihrer Anträge, überreicht. Angesichts dieser Verfahrenslage, der wirtschaftspolitischen Bedeutung der dabei zu lösenden Frage des Bestehens eines Verhaltenskartells der Generalimporteure von Erzeugnissen der Kraftfahrzeugindustrie, der wirtschaftlichen Verhältnisse der Zahlungspflichtigen sowie des mit der Amtshandlung verbundenen verhältnismäßig geringen Aufwands sei die Rahmengebühr in dieser Höhe festzusetzen gewesen.

Diesen Beschluß bekämpfen die Erst-, die Zweit- und die Viertantragstellerin mit - getrennt ausgeführten - Rekursen; keines dieser Rechtsmittel ist berechtigt.

Die Viertantragsgegnerin hat zudem eine "Gegenäußerung" erstattet, mit der sie jedoch nicht etwa dem Rekursvorbringen anderer Rechtsmittelwerber entgegentrat, sondern das Vorbringen und die Anträge in ihrem Rekurs erweiterte und damit einen weiteren Rechtsmittelschriftsatz einbrachte, der - zumal erst nach Ablauf der Rekursfrist überreicht - unzulässig und daher zurückzuweisen ist (EvBl 1959/123 uva).

Die Rechtsmittelwerberinnen bekämpfen den Beschluß des Stellvertreters des Kartellgerichts in unterschiedlichem Umfang:

Wendet sich die Zweitantragstellerin dagegen, daß ihre Zahlungspflicht als Kartellmitglied (§ 82 Z 1 KartG 1988) angenommen wurde, und strebt sie hilfsweise die Vorschreibung einer gemeinsam zu entrichtenden Gebühr in der festgesetzten Höhe an, weil nur ein Verfahren abgeführt worden sei, führt die Erstantragstellerin ins Treffen, zahlungspflichtig sei nur der Genehmigungswerber, sie aber habe primär die amtswegige Prüfung des Bestehens eines Verhaltenskartells durch das Kartellgericht und nur hilfsweise die Genehmigung eines solchen beantragt, worüber aber nicht mehr zu befinden gewesen sei. Alle drei Rechtsmittelwerberinnen bekämpfen auch die Höhe der festgesetzten Rahmengebühr. In keinem der geltend gemachten Beschwerdepunkte ist den Rekursausführungen jedoch beizupflichten:

Rechtliche Beurteilung

A) Zum Rekurs der Zweitantragstellerin:

Vorerst ist der - unterschiedlich motivierte - Einwand der Erst- und der Zweitantragstellerin zu prüfen, sie seien zu Unrecht zur Zahlung verhalten worden. Das Kartellgericht stützte die Zahlungspflicht der Antragstellerinnen erkennbar auf die Bestimmung des § 82 Z 1 iVm § 80 Z 1 KartG 1988, wonach für die Rahmengebühr, die für ein Verfahren über einen Antrag auf Genehmigung eines Kartells von S 20.000 bis S 400.000 festzusetzen ist, die Kartellmitglieder zahlungspflichtig sind. Nun ist der Zweitantragstellerin durchaus beizupflichten, daß Personen, die im Genehmigungsantrag als Kartellmitglieder bezeichnet sind, nicht als solche angesehen werden können, wenn die Kartellinstanzen den Antrag mit der Begründung zurückweisen, daß kein Kartell gegeben sei. Demgemäß hat das Kartellobergericht auch ausgesprochen, daß sich die Mitglieder vor den Kartellinstanzen erst dann von einem im Inland wohnhaften Kartellbevollmächtigten vertreten lassen müssen, wenn feststeht, daß ein Kartell vorliegt (ÖBl 1990, 234). Damit ist aber für den Standpunkt dieser Rechtsmittelwerberin nichts gewonnen: Gemäß § 80 Z 1 KartG 1988 ist die Rahmengebühr für das Verfahren über einen Antrag auf Genehmigung eines Kartells zu entrichten, ohne daß diese Bestimmung unterschiede, in welcher Weise der Antrag in diesem Verfahren erledigt wurde, ob der Antrag also - wie hier - zurückgewiesen, das Kartell antragsgemäß genehmigt oder der Antrag auf Genehmigung abgewiesen und die Durchführung des Kartells untersagt wurde. Hat das Kartellgericht - wie im vorliegenden Fall - das Bestehen des Kartells, dessen Genehmigung beantragt worden war, verneint, so hat es zwar ein Verfahren über den Genehmigungsantrag abgeführt, so daß die in § 80 Z 1 KartG 1988 vorgesehene Rahmengebühr zu entrichten ist, der Wortlaut des § 82 Z 1 KartG 1988, der die zahlungspflichtigen Personen bestimmt, nimmt aber nicht ausdrücklich auf diesen Fall Bedacht, weil er die Zahlungspflicht nicht dem Antragsteller, sondern den Kartellmitgliedern auferlegt. Dem Gesetzgeber kann jedoch nicht unterstellt werden, daß er in bestimmten Fällen zwar eine Zahlungspflicht in der Sache statuiert, diese aber dann daran scheitern lassen will, daß er keine zahlungspflichtige Person benennt; als solche kann in Fällen, in denen der Genehmigungsantrag zurückgewiesen wird, nur die - abgesehen von den Amtsparteien - einzige daran beteiligte Partei, der Antragsteller, in Betracht kommen, war er es doch, der die Einleitung und Durchführung des Verfahrens durch seinen Antrag veranlaßt hat.

Verfehlt ist auch das Begehren der Zweitantragstellerin, allen Antragstellerinnen sei gemeinsam die Gebühr für ein Verfahren vorzuschreiben: Das Kartellgericht hat in Wahrheit auf jeden Genehmigungsantrag hin ein Verfahren zu dessen Prüfung eingeleitet, alle diese Verfahren jedoch der Sache nach wegen gleicher Sach- und Rechtslage zu gemeinsamer Erledigung verbunden: Zu Recht hat der Stellvertreter des Vorsitzenden des Kartellgerichts daher für alle Antragstellerinnen gesondert festgesetzte Rahmengebühren vorgeschrieben.

Zur Widerlegung des Vorbringens der Zweitantragstellerin, es sei unbillig, eine Rahmengebühr vorzuschreiben, obgleich sie gegen die Aufforderung zum Genehmigungsantrag (§ 57 KartG 1988 vor Inkrafttreten der Kartellgesetznovelle 1993) Rekurs eingelegt und schon in diesem darauf hingewiesen habe, daß kein Kartell vorliege, und sich der Antrag der Republik Österreich im Verfahren als unberechtigt erwiesen habe, vor allem aber auch deshalb, weil im Verfahren außer Streitsachen der obsiegenden Partei kein Kostenersatzanspruch zugestanden werde, genügt der Hinweis, daß das Gesetz die Befreiung von der Gebühr bzw deren Nachsicht - auch aus Billigkeitserwägungen - nicht vorsieht.

B) Zum Rekurs der Erstantragstellerin:

Sie bestreitet ihre Zahlungspflicht, weil sie primär den Antrag gestellt habe, das Kartellgericht möge prüfen, ob ein Kartell vorliegt, und den Antrag zurückweisen, lediglich hilfsweise habe sie beantragt, bei Bejahung eines Kartells dieses zu genehmigen. Sie übersieht dabei indessen, daß ein Antrag, der lediglich eine Vorfrage eines im Gesetz vorgesehenen Begehrens (§ 23 KartG 1988) zum Inhalt hat - nach der Rechtslage vor der Kartellgesetznovelle 1993 - unzulässig gewesen wäre, der Stellvertreter des Vorsitzenden des Kartellgerichts hat diesen Antrag daher zu Recht, um in dessen sachliche Prüfung eintreten zu können, als Genehmigungsantrag (§ 23 KartG 1988) mit dem weiteren Vorbringen, der Antrag werde - im Sinne der Entscheidung ÖBl 1990, 234 - lediglich vorsichtsweise gestellt, die Antragstellerin sei jedoch der Auffassung, daß ein Verhaltenskartell nicht vorliege, gedeutet und deshalb auch als solchen erledigt. Es hat daher auch zutreffend das über den Antrag der Erstantragstellerin eingeleitete und durchgeführte Verfahren als ein Verfahren beurteilt, für das gemäß § 80 Z 1 KartG 1988 die dort vorgesehene Rahmengebühr zu entrichten ist.

C) Zu allen drei Rekursen:

Übereinstimmend zeihen die Rechtsmittelwerberinnen den Stellvertreter des Vorsitzenden des Kartellgerichts bei der Festsetzung der Rahmengebühr eines Ermessensfehlers; er habe auf die in § 84 KartG 1988 genannten Bemessungskriterien, insbesondere aber auf die Tatsache, daß die Republik Österreich die Antragstellung erzwungen habe, nicht ausreichend Bedacht genommen.

Gemäß § 84 KartG 1988 wird die Höhe der Rahmengebühr vom Vorsitzenden des Kartellgerichts nach Abschluß des Verfahrens nach freiem Ermessen mit Beschluß festgesetzt; hiebei sind insbesondere die wirtschaftspolitische Bedeutung des Verfahrens, der mit der Amtshandlung verbundene Aufwand, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Zahlungspflichtigen und die Tatsache zu berücksichtigen, inwieweit der Zahlungspflichtige Anlaß für die Amtshandlung gegeben hat.

Die Rechtsmittelwerberinnen bestreiten nicht, wirtschaftlich in der Lage zu sein, die in Höhe des doppelten Mindestbetrags festgesetzte Rahmengebühr zu entrichten. Auch die wirtschaftspolitische Bedeutung des Verfahrens stellen sie nicht in Abrede, betraf doch das zum Gegenstand der Antragstellungen gemachte Verhaltenskartell den gesamten Kraftfahrzeuginlandsmarkt (vgl hiezu Gugerbauer, Kartellgesetz2 § 84 Rz 1).

Richtig ist allerdings, daß der mit der Amtshandlung verbundene Aufwand verhältnismäßig gering war, sind doch die Genehmigungsanträge ohne besonderes Ermittlungsverfahren zurückgewiesen worden;: auch trifft es zu, daß die Rechtsmittelwerberinnen - wie auch die übrigen Antragstellerinnen - erst durch das Aufforderungsverfahren (§ 57 KartG 1988) zur Antragstellung bestimmt wurden. Dabei darf aber nicht übersehen werden, daß den betroffenen Unternehmen - wie bereits in der in ÖBl 1990, 234, veröffentlichten Entscheidung des Kartellobergerichts vom 22.Mai 1990, Okt 4/90, erörtert - durch die Aufforderung bloß zur Kenntnis gebracht wurde, eine Amtspartei sei der Meinung, daß ein Verhaltenskartell vorliege. Es lag somit an ihnen, ihrerseits diese Frage zu prüfen und sich dem Ergebnis dieser Prüfung entsprechend zu verhalten. Wären sie zu dem Schluß gelangt, es liege ein Verhaltenskartell nicht vor, etwa weil eine der in § 11 Abs 2 KartG 1988 vorgesehenen Ausnahmen gegeben ist, hätten sie der Aufforderung auch nicht nachkommen müssen, ohne daß ihnen - träfe ihre Ansicht zu - daraus Nachteile hätten erwachsen können. Letztlich war es ihre Sache, daß sie - vorsichtsweise, um sicherzugehen - entsprechende Genehmigungsanträge stellten, so daß die Tatsache des vorangegangenen Aufforderungsverfahrens, durch das sich die Antragstellerinnen ohnehin weitgehende rechtliche Klarstellungen verschaffen konnten, bei der Bemessung der Rahmengebühr als mindernder Umstand nicht allzu sehr ins Gewicht fällt.

Da der Stellvertreter des Vorsitzenden des Kartellgerichts die Rahmengebühr ohnehin nur im doppelten Betrag der gesetzlichen Mindesthöhe festgesetzt hat, kann angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerinnen von einem Ermessensfehler keine Rede sein; der Stellvertreter des Vorsitzenden des Kartellgerichts hat vielmehr die divergierenden Ermessenskriterien ohnehin angemessen berücksichtigt (vgl hiezu Gugerbauer aaO).

Dem Rekurs ist deshalb ein Erfolg zu versagen.

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