Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Der antragstellende S*** G*** U*** W***
beantragt, der Antragsgegnerin Firma K*** & Ö*** Warenhaus AG gemäß § 6 NVG zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr Waren, insbesondere Schulhefte, zum oder unter dem Einstandspreis zuzüglich der Umsatzsteuer und aller sonstigen Abgaben, die beim Verkauf anfallen, zu verkaufen oder zum Verkauf anzubieten. Er stellte ferner gemäß § 7 Abs 4 NVG ein gleichlautendes Begehren auf vorläufige Untersagung. Der Antragsteller brachte vor, die Antragsgegnerin habe im August 1988 in einem in Kärnten verteilten Prospekt Schulhefte, und zwar Ö-Hefte A 5 20 Blatt, A 4 20 Blatt, Cellspanhefte A 5 32 Blatt, A 5 40 Blatt, A 4 32 Blatt und A 4 40 Blatt, entgegen dem Verbot des § 3 a NVG unter dem Einstandspreis angeboten und auch tatsächlich verkauft. Da den Konkurrenten der Antragsgegnerin ein unwiederbringlicher Schaden drohe, seien auch die Voraussetzungen für die vorläufige Untersagung gemäß § 7 Abs 4 NVG gegeben.
Die Antragsgegnerin stellte außer Streit, daß sie Schulhefte A 5 20 Blatt unter ihrem Einstandspreis angeboten und auch verkauft habe, bestritt dies jedoch bezüglich der übrigen im Antrag angeführten Schulhefte. Was die Schulhefte A 5 20 Blatt anlange, liege der Rechtfertigungsgrund des § 3 a Abs 2 NVG vor, weil diese Schulhefte von den bedeutenden Konkurrenten der Antragsgegnerin, nämlich den Firmen L***, K***, F*** und C*** K*** L*** um denselben Preis angeboten worden seien. Die Antragsgegnerin habe wegen der Vielzahl der um diesen Preis anbietenden Mitbewerber annehmen müssen, daß diese günstigere Einkaufsbedingungen ausgehandelt hätten als die Einkäufer ihres Unternehmens. Das Kartellgericht untersagte mit dem angefochtenen Beschluß der Antragsgegnerin bis zur rechtskräftigen Erledigung dieses Verfahrens im geschäftlichen Verkehr die Ware Schulhefte zum oder unter dem Einstandspreis zuzüglich der Umsatzsteuer und aller sonstigen Abgaben, die beim Verkauf anfallen, zu verkaufen und zum Verkauf anzubieten und wies den Antrag, soweit damit die Untersagung auch anderer Waren als Schulhefte begehrt wurde, ab. Es nahm als bescheinigt an, daß die Antragsgegnerin Schulhefte A 5 20 Blatt unter ihrem Einstandspreis verkauft habe. Ein Rechtfertigungsgrund liege nicht vor. Aus der Verbilligung der Ware durch mehrere Mitbewerber allein könne noch nicht geschlossen werden, daß es sich bei den von diesen geforderten Preisen um offenbar zulässigerweise geforderte gehandelt habe. Daß aber darüber hinaus noch besondere Anzeichen für die offenbare Zulässigkeit der Verbilligung der Preise gesprochen hätten, habe die Antragsgegnerin nicht einmal behauptet. Soweit das Unterlassungsbegehren jedoch Waren schlechthin umfasse, sei es zu weit gefaßt. Der Exekutionstitel bleibe auch mit dem Zusatz "insbesondere Schulhefte" zu unbestimmt. Wenngleich bei Unterlassungsansprüchen der Begriff der Bestimmtheit des Exekutionstitels nicht allzu eng ausgelegt werden dürfe, um dem Verletzer nicht eine Umgehung des Verbotes schon durch geringfügige Änderungen seines Verhaltens zu ermöglichen, bedürfe das Verbot doch einer den abstrakten Gesetzeswortlaut konkretisierenden Festlegung. Mit der Gattungsbezeichnung "Schulhefte" werde den Anforderungen einer ausreichenden Konkretisierung entsprochen. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren des Antragstellers sei daher abzuweisen gewesen.
Während die Antragsgegnerin die Entscheidung des Kartellgerichtes unbekämpft ließ, richtet sich der Rekurs des Antragstellers gegen die Abweisung seines Mehrbegehrens mit dem Antrag, den erstinstanzlichen Beschluß dahin abzuändern, daß dem Antrag zur Gänze stattgegeben werde.
Die Antragsgegnerin beantragt, dem Rekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Gegenstand des Rechtsmittels ist ausschließlich die Frage des Umfanges des Unterlassungsbegehrens. Es ist zwar richtig, daß nach Lehre und Rechtsprechung (ÖBl 1979, 73; ÖBl 1976, 21; ÖBl 1983, 134 uva; Koppensteiner Wettbewerbsrecht2 272; vgl auch Baumbach-Hefermehl Wettbewerbsrecht15 Rz 455) eine gewisse allgemeine Fassung des Unterlassungsgebotes in Verbindung mit Einzelverboten meist schon deshalb notwendig ist, um Umgehungen nicht allzu leicht zu machen, wobei sich das Unterlassungsgebot allerdings immer am konkreten Wettbewerbsverstoß zu orientieren hat und nicht zu unbestimmt sein darf. Das Verbot darf daher keinesfalls auf Waren aller Art ausgedehnt werden, müßte doch sonst die Antragsgegnerin bei jedem behaupteten Verstoß, der beliebige Warengruppen betrifft, Impugnationsklage erheben und zu ihrer Verteidigung ihre Einkaufsbedingungen offenlegen. Zur Vermeidung von Umgehungen wird das Verbot alledings auf die jeweilige Gattung des beanstandeten Artikels, allenfalls in Verbindung mit konkreten Einzelverboten zu erstrecken sein. Auch der Oberste Gerichtshof hat in seiner Entscheidung vom 26.9.1989, 4 Ob 94/89 = RdW 1989, 389 zu § 3 a NVG in einem Verfahren, in dem Pampers-Windeln, Kronen Öl, Soletti, Stroh-Rum und "Beba" Säuglingsmilchnahrung unter dem Einstandspreis verkauft worden sein sollten, die Auffassung vertreten, ein allfälliges Verbot habe sich auf die jeweilige Gattung, nämlich auf Windeln, Speiseöl, Knabbergebäck, Rum und Säuglingsnahrung, allenfalls in Verbindung mit konkreten Einzelverboten, zu erstrecken. Er ist damit bis zu einem gewissen Grad von seiner weitergehenden Entscheidung vom 14.3.1989, 4 Ob 4/89 = WBl 1989, 115, in welcher er noch ein Verbot bezüglich sämtlicher in § 3 a NVG (alt) angeführten Waren für zulässig erachtet hatte, abgegangen. Das Kartellobergericht schließt sich der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes aus der Erwägung an, daß ein Waren aller Art umfassendes Verbot die Antragsgegnerin zwingen würde, bei jedem behaupteten Verstoß zu ihrer Verteidigung ihre Einkaufsbedingungen offenzulegen. Da gemäß § 7 Abs 8 NVG in erster Linie die betroffenen Konkurrenten zur Exekutionsführung antragslegitimiert sind, hätten es diese in der Hand, auf dem Weg der Exekution die Antragsgegnerin zu zwingen, die Einkaufsbedingungen ihres gesamten Sortiments offenzulegen. Auch kann aus einem Verstoß gegen § 3 a NVG, der einen einzelnen bestimmten Artikel betrifft, noch nicht geschlossen werden, daß die Antragsgegnerin in Hinkunft auch bei Artikeln einer anderen Gattung derartige Verstöße begehen wird.
Im vorliegenden Fall hat das Kartellgericht einen Verstoß gegen § 3 a NVG nur bezüglich eines Schulheftformates als bescheinigt angenommen. Der Verstoß betrifft daher nur einen Artikel der Gattung Schulhefte, weshalb das Verbot mit Recht auf diese Gattung beschränkt wurde. Eine Ausweitung auf die nächsthöheren Gattungsbegriffe "Schulartikel" oder "Papierwaren" wäre zu weit, würde doch darunter jeweils eine Fülle von unterschiedlichen Erzeugnissen fallen und damit unter Umständen - wenn auch nicht bei der die verschiedensten Warengattungen vertreibenden Antragsgegnerin - das gesamte Warenangebot eines Händlers vom Verbot umfaßt werden. Ein derart umfassender Unterlassungsanspruch bei einem einzelnen Verstoß kann jedoch dem Gesetz nicht entnommen werden.
Dem unbegründeten Rekurs des Antragstellers war daher ein Erfolg zu versagen.
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