Spruch:
Die Strafverfügung des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt vom 22. Jänner 1985, GZ 5 U 1215/84-4, verletzt das Gesetz in der Bestimmung des § 57 Abs. 3 letzter Fall StGB
Diese Strafverfügung sowie alle darauf beruhenden weiteren Verfügungen werden aufgehoben und es wird gemäß §§ 292, 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Das Strafverfahren 5 U 1215/84 des Bezirksgerichtes Wiener Neustadt wird gemäß §§ 90 Abs. 1; 447 Abs. 1 StPO eingestellt.
Text
Gründe:
Der Gendarmerieposten Wiesmath erstattete am 2.November 1984 gegen den Landwirt Ernst A die Anzeige, er habe am 3.September 1983 als Lenker der Zugmaschine Marke 'SAME-CENTAURO 65 DT' mit dem amtlichen Kennzeichen N 221.831, an die ein nicht zum Verkehr zugelassener einachsiger Anhänger gekoppelt war, bei einem ohne Einweiser vorgenommenen Rückwärtsfahrmanöver in Richtung Garageneinfahrt des Hauses Wiesmath, Schlattenstraße 4, die damals 71-jährige Fußgängerin Maria B mit dem Anhänger erfaßt und niedergestoßen, wodurch Maria B, deren linker Unterschenkel vom rechten Rad des Anhängers überrollt worden war, eine schwere, mit einer länger als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung verbundene Verletzung, nämlich eine schwere Prellung und Quetschung des linken Unterschenkels sowie drei unterschiedlich tiefe Rißquetschwunden, erlitt.
Die Anzeige langte am 5.November 1984 bei der Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt ein (S 5). Der Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Wiener Neustadt beantragte daraufhin am 6.November 1984 die Einholung eines gerichtsmedizinischen Sachverständigengutachtens über den Grad der von Maria B erlittenen Verletzungen, welchem Antrag das Bezirksgericht Wiener Neustadt mit Beschluß vom 8. November 1984 entsprach (S 2). Auf Grund des hierauf vom Bezirksanwalt gestellten Bestrafungsantrages erließ das Bezirksgericht Wiener Neustadt am 22.Jänner 1985 eine Strafverfügung, GZ 5 U 1215/84-4, mit der Ernst A des Vergehens der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs. 1 und Abs. 4 erster Fall StGB schuldig erkannt und zu einer Geldstrafe verurteilt wurde.
Rechtliche Beurteilung
Die bezeichnete Strafverfügung, die in Rechtskraft erwachsen ist, steht mit dem Gesetz nicht im Einklang:
Die im § 88 Abs. 4 erster Fall StGB umschriebene fahrlässige (schwere) Körperverletzung ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen bedroht. Gemäß § 57 Abs. 3 letzter Fall StGB erlischt die Strafbarkeit von Taten mit einer derartigen (Höchst-)Strafdrohung durch Verjährung nach Ablauf eines Jahres seit Abschluß der mit Strafe bedrohten Tätigkeit. Da den Akten keiner der in § 58 StGB angeführten, eine Verlängerung der Verjährungsfrist bewirkenden Umstände entnommen werden kann, ist im vorliegenden Fall mit Ablauf des 3.September 1984, sohin bereits vor der sicherheitsbehördlichen Anzeigeerstattung, Verjährung eingetreten. Demzufolge hätte daher das Bezirksgericht Wiener Neustadt die vom öffentlichen Ankläger begehrte Einleitung eines Strafverfahrens von vorneherein mit Beschluß ablehnen sollen (vgl RZ 1985/31; EvBl 1984/17; ÖJZ-LSK 1977/104 ua).
In Stattgebung der von der Generalprokuratur deshalb erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes war daher die unterlaufene Gesetzsverletzung festzustellen und gemäß § 292 StPO wie im Spruch zu beheben.
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