Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das in den Schuldsprüchen zu den Punkten 1 und 3 des erstgerichtlichen Urteilssatzes als unangefochten unberührt bleibt, im Schuldspruch zu Punkt 2 des erstgerichtlichen Urteilssatzes und demzufolge im Strafausspruch aufgehoben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
Adolf A wird von der Anklage, er habe am 2.Juni 1979 in Korneuburg Hermine B dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, daß er sie durch eine an das Kreis- und Bezirksgericht und die Staatsanwaltschaft Korneuburg gerichtete Postkarte des Inhaltes, Hermine B mißhandle ihre Tochter, einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich des Vergehens des Quälens oder Vernachlässigens eines Unmündigen, Jugendlichen oder Wehrlosen nach § 92 Abs. 1 StGB falsch verdächtigte, wobei er wußte, daß die Verdächtigung falsch ist, und er habe (auch) hiedurch das Verbrechen der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 StGB begangen, gemäß § 259 Z. 1 StPO freigesprochen.
Für den aufrecht bleibenden Schuldspruch wegen des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 StGB (Punkte 1 und 3 des erstgerichtlichen Urteilssatzes) wird Adolf A nach dem höheren Strafsatz des § 297 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 9 (neun) Monaten verurteilt.
Mit seiner Berufung wird er auf diese Entscheidung verwiesen. Gemäß § 390 a StPO fallen ihm auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 25.Februar 1933 geborene Adolf A des Verbrechens der Verleumdung nach dem § 297 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, in Korneuburg und Hollabrunn Personen dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt zu haben, daß er sie von Amts wegen zu verfolgender, jeweils mit einer ein Jahr übersteigender Freiheitsstrafe bedrohter Handlungen falsch verdächtigte, wobei er wußte, daß diese Verdächtigungen falsch waren, und zwar am 2.Juni 1979 durch eine an das Kreis- und Bezirksgericht sowie an die Staatsanwaltschaft Korneuburg gerichtete Postkarte des Inhalts, Hermine B mißhandle ihre Tochter, die Genannte des Vergehens des Quälens oder Vernachlässigens eines Unmündigen, Jugendlichen oder Wehrlosen nach § 92 Abs. 1 StGB (Punkt 2 des Urteilssatzes) sowie am 4.April 1978 und am 9.Juli 1979 durch an Strafverfolgungsbehörden gerichtete Postkarten mehrere Personen des Verbrechens des Mißbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 Abs. 1 StGB (Punkte 1 und 3 des Urteilssatzes).
Die auf die Z. 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1
StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Adolf A richtet sich ersichtlich nur gegen das in Punkt 2 des Urteilssatzes bezeichnete Faktum. Der Beschwerdeführer rügt u.a. in Ausführung des Nichtigkeitsgrundes der Z. 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO zumindest sinngemäß, daß das Ersturteil Feststellungen über den Bedeutungsinhalt der gegen Hermine B (fälschlich) erhobenen Anschuldigung, ihre (damals 14-jährige) Tochter (Margit) zu mißhandeln, vermissen lasse und daraus nicht hervorgehe, ob er ihr damit überhaupt ein nach dem § 92 Abs. 1 StGB strafbares Verhalten zum Vorwurf machen wollte.
Rechtliche Beurteilung
Dieser Einwand ist berechtigt.
Nach den Urteilsfeststellungen erschöpft sich die vom Angeklagten in seiner an das Kreis- und Bezirksgericht sowie an die Staatsanwaltschaft Korneuburg adressierten Postkarte bewußt wahrheitswidrig gegen Hermine B gerichtete Anschuldigung in der nicht näher präzisierten Behauptung, sie mißhandle ihre Tochter. Bei der Beurteilung, ob die dem Tatopfer fälschlich angelastete strafbedrohte Handlung von Amts wegen zu verfolgen ist, kommt es auf den Inhalt des verleumderischen Vorbringens an (EvBl. 1981/65). Die vom Gericht zu treffenden Feststellungen über Sinn und Bedeutungsinhalt von Äußerungen sind solche tatsächlicher Natur (SSt. 37/39 u.a.).
Dem Inhalt der erwähnten Postkarte entsprechend, wird im Ersturteil auch nur die gegen Hermine B gerichtete Beschuldigung, sie mißhandle ihre Tochter, festgestellt. Aus dem Wortlaut dieser Beschuldigung läßt sich keinesfalls der Vorwurf ableiten, Hermine B füge ihrer minderjährigen Tochter (durch die behaupteten Mißhandlungen) körperliche oder seelische Qualen im Sinn des § 92 Abs. 1 StGB zu. Das Wort 'mißhandeln' bedeutet aber auch - soferne sich aus dem Zusammenhang, in welchem dieser Ausdruck gebraucht wird, nichts anderes ergibt -
im allgemeinen noch nicht die Zufügung einer Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung im Sinn des § 83 Abs. 1
oder Abs. 2 StGB Die erstgerichtliche Annahme, der Angeklagte habe Hermine B mit der Behauptung, sie mißhandle ihre Tochter, das Vergehen nach dem § 92 Abs. 1
StGB vorgeworfen, entbehrt daher einer urteilsmäßig festgestellten Tatsachengrundlage, wobei nach Lage des Falles Feststellungen des Inhalts, daß der - eine Urheberschaft überhaupt leugnende - Angeklagte mit dem Inhalt der angeführten Postkarte in tatsächlicher Beziehung den Vorwurf der Zufügung von körperlichen oder seelischen Qualen verbunden oder auch nur den Vorwurf erhoben hätte (oder erheben wollte), daß Hermine B ihrer Tochter (sei es auch nur fahrlässig) eine Körperverletzung oder Gesundheitsschädigung zugefügt habe (§ 83 Abs. 2 StGB), auch gar nicht getroffen werden könnten. Somit verbleibt nach dem lediglich eine Mißhandlung im Sinn des dritten Falles des § 115 StGB behauptenden Wortsinn dieses Vorwurfes nur der gegen Hermine B gerichtete Vorwurf eines unehrenhaften und gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens, das geeignet ist, sie in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen. Dieser Vorwurf stellt aber das nur über Privatanklage zu verfolgende Delikt der üblen Nachrede nach § 111 Abs. 1 StGB dar und kann demnach dem Tatbestand der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 StGB nicht unterstellt werden, erfordert doch dieser die wissentlich falsche Verdächtigung wegen einer von Amts wegen zu verfolgenden, mit Strafe bedrohten Handlung (oder wegen der - hier nicht in Betracht kommenden - Verletzung einer Amts- oder Standespflicht).
Da nach dem Wortlaut und Wortsinn der vom Angeklagten der Hermine B (fälschlich) unterstellten Mißhandlung ihrer Tochter mangels weiterer, sich aus der nach überzeugung des Erstgerichtes vom Angeklagten verfaßten Postkarte ergebender Hinweise eine den Vorwurf eines nach dem § 92 Abs. 1 StGB oder auch nur nach dem § 83 Abs. 1 oder Abs. 2 StGB strafbaren Verhaltens tragende Feststellung weder getroffen wurde, noch nach den näheren Umständen des Falles getroffen werden könnten, war vom Obersten Gerichtshof in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten das angefochtene Urteil, das im übrigen (Punkte 1 und 3 des Urteilssatzes) unberührt bleibt, in dem vom Beschwerdeführer bekämpften, mit dem Nichtigkeitsgrund der Z. 9 lit. c des § 281 Abs. 1
StPO behafteten Urteilsfaktum 2 und demgemäß auch im Strafausspruch aufzuheben und gemäß § 288 Abs. 2 Z. 3
StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst dahin zu erkennen, daß der Angeklagte Adolf A in diesem Punkte von dem Anklagevorwurf der Verleumdung gemäß § 259 Z. 1 StPO (mangels Privatanklage der Hermine B wegen des vom Angeklagten in diesem Anklagepunkt verwirklichten Vergehenstatbestandes der üblen Nachrede nach § 111 Abs. 1 StGB) freigesprochen wird.
Für den aufrecht bleibenden Schuldspruch des Angeklagten wegen Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs. 1 StGB (Punkt 1 und 2 des Ersturteils) war die Strafe neu zu bemessen und der Angeklagte mit seiner Berufung auf diese Entscheidung zu verweisen.
Bei der Neubemessung der Strafe wertete der Oberste Gerichtshof die Begehung zweier Verleudmungen und eine einschlägige Vorstrafe als erschwerend und keinen Umstand als mildernd.
Bei diesen Strafzumessungsgründen erschien die Verhängung einer Freiheitsstrafe in der im Spruch bezeichneten Dauer als dem wegen der eher primitiven Art der Tatbegehung doch reduzierten Unrechtsgehalt der Taten und der Schuld des Angeklagten angemessen. Eine bedingte Strafnachsicht kommt schon im Hinblick auf den Rückfall nach einer einschlägigen, bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe nicht in Betracht.
Die Kostenentscheidung fußt auf der im Spruch genannten Gesetzesstelle.
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