OGH 9Os72/78

OGH9Os72/7813.6.1978

Der Oberste Gerichtshof hat am 13.Juni 1978 unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Obauer und in Gegenwart des Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Racek sowie der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Friedrich, Dr.Steininger und Dr.Horak als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr.Maresch als Schriftführer in der Strafsache gegen Horst A und andere wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127 Abs 1

und Abs 2 Z 1 und 3, 128 Abs 1 Z 4, 130 StGB über die vom Angeklagten Horst A gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14.Feber 1978, GZ 1 d Vr 9483/77-35, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Steininger, der Ausführungen des Verteidigers Dr.Waldeck und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr.Karollus, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 15.Oktober 1938 geborene Gelegenheitsarbeiter Horst A und die am 15.März 1947 geborene Gelegenheitsarbeiterin Margarete B des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127 Abs 1 und Abs 2 Z 1 und 3, 128 Abs 1 Z 4, 130 StGB schuldig erkannt, weil sie in Wien in der Zeit von Mai bis September 1977 in Gesellschaft als Beteiligte in elf Angriffen, davon in fünf Fällen unter Ausnützung einer Gelegenheit, die durch ihnen aufgetragene Arbeiten als Fensterputzer geschaffen worden war, ihren Auftraggebern, gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S übersteigenden Wert, nämlich ca. 22.400 S Bargeld, zwei goldene Ringe mit Steinen im Wert von ca. 1.200 S, eine Armbanduhr im Wert von ca. 2.000 S, einen Transistorradio im Wert von ca. 350 S und mehrere Straßenbahnfahrscheine, anderen mit dem Vorsatz weggenommen haben, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern.

Von einem weiteren Anklagepunkt wurden beide Angeklagten gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Während der Schuldspruch der Angeklagten Margarete B sowie der (Teil-) Freispruch in Rechtskraft erwachsen sind, bekämpft der Angeklagte Horst A den Schuldspruch mit einer auf die Z 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, und zwar nur insoweit, als ihm gewerbsmäßige Begehung der Diebstähle zur Last gelegt wird und die betreffenden Taten sohin auch der Qualifikationsbestimmung des § 130 StGB unterstellt wurden.

Als Begründungsmangel im Sinne des § 281 Abs 1 Z 5

StPO rügt der Beschwerdeführer Unvollständigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen und macht geltend, das Erstgericht habe seine Verantwortung, regelmäßig als Fensterputzer gearbeitet und etwa 1.000 S wöchentlich ins Verdienen gebracht zu haben, womit er seine Lebensbedürfnisse zur Gänze habe decken können, mit Stillschweigen übergangen.

In seiner Rechtsrüge vertritt er die Auffassung, die Annahme einer gewerbsmäßigen Begehung der Diebstähle sei rechtsirrig (§ 281 Abs 1 Z 10 StPO), weil er seinen Lebensunterhalt keineswegs nur aus Diebstahlserlösen befriedigt habe, die Einkünfte aus den Diebstählen lediglich Nebeneinkünfte gewesen seien und er von den anteilsmäßig auf ihn entfallenden maximal 13.000 S nicht von Mai bis September 1977 seinen Lebensunterhalt hätte bestreiten können. Beide Rügen versagen.

Die vom Beschwerdeführer behauptete Unvollständigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen ist schon darum nicht gegeben, weil sich das Erstgericht in den Gründen des angefochtenen Urteils ohnehin mit der Verantwortung des Angeklagten A, durch Fensterputzen wöchentlich 1.000 S verdient zu haben, auseinandersetzt und in diesem Zusammenhang auch darlegt, daß dieser Verdienst dem Angeklagten offenbar viel zu gering war, weil sonst die Diebstähle nicht notwendig gewesen wären, und darauf hinweist, daß der Angeklagte selbst auf der Polizei erklärt hat, der Fensterputzerberuf habe nur als Tarnung gedient (S.232 d.A.). Davon abgesehen, spielt es für die Gewerbsmäßigkeit der ihm zur Last gelegten Diebstähle keine Rolle, ob der Angeklagte seinen Lebensunterhalt allein aus seinen Arbeitseinkünften hätte bestreiten können.

Gemäß § 70 StGB begeht eine strafbare Handlung gewerbsmäßig, wer sie in der Absicht vornimmt, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Der Täter muß darauf abzielen, sich durch wiederholte strafbare Handlungen des gleichen Deliktstypus eine durch längere Zeit wirksame Einnahmequelle zu verschaffen, welche zwar nicht die einzige, aber doch eine Zielsetzung der begangenen und der zukünftigen Delikte sein muß (EBRV 1971, 183). Für den Begriff der Gewerbsmäßigkeit ist es jedoch bedeutungslos, ob die Einkünfte aus der wiederkehrenden Tatbegehung die Lebenshaltungskosten des Täters zur Gänze, zu einem wesentlichen Teil oder bloß zu einem geringen Teil decken sollten und ob der Täter auf die fortlaufende Einnahme aus dem beabsichtigten deliktischen Verhalten angewiesen war, um seinen Unterhalt bestreiten zu können (ÖJZ-LSK 1976/191).

Das Verhältnis zwischen sonstigen Einkünften und dem aus Straftaten erstrebten Einkommen braucht nicht berücksichtigt zu werden: Zur Annahme der Gewerbsmäßigkeit genügt schon das Anstreben eines Zuschusses zum sonstigen Einkommen des Täters (EvBl 1976/274; Leukauf-Steininger, Kommentar zum Strafgesetzbuch, 378), sofern nur das kriminelle Nebeneinkommen die Bagatellgrenze übersteigt (ÖJZ-LSK 1975/139 = SSt.46/38).

Den Urteilsfeststellungen zufolge haben die Angeklagten die Diebstähle in der Absicht verübt, sich durch wiederkehrende Begehung solcher strafbarer Handlungen eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen; sie haben ihren Lebensunterhalt zu einem wesentlichen Teil aus dem Ertrag ihrer Diebstähle bestritten und hätten noch weitere Diebstähle begangen, wären sie nicht durch ihre Verhaftung daran gehindert worden (Seiten 226-227, 230 und 236 d.A.). Bei diesem Sachverhalt konnte das Erstgericht aber ohne Rechtsirrtum annehmen, daß die Angeklagten, die im Laufe von fünf Monaten elf Diebstähle begangen und dabei Bargeld sowie Sachwerte im Betrag von ca. 26.000 S erbeutet haben, gewerbsmäßig gehandelt haben. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Erstgericht verhängte über den Angeklagten nach dem ersten Strafsatz des § 130 StGB unter Anwendung des § 28 StGB sowie unter Bedachtnahme gemäß §§ 31, 40 StGB auf das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 24.November 1977, GZ 28 Vr 729/77-20, eine Zusatz-Freiheitsstrafe in der Dauer von 2 1/4 (zweieinviertel) Jahren. Dabei wertete es als erschwerend die einschlägigen Vorstrafen, als mildernd hingegen das Geständnis.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Strafe an.

Die Berufung ist nicht berechtigt.

Zu den vom Erstgericht angeführten Strafzumessungsgründen kommt als erschwerend hinzu, daß dem Angeklagten im Hinblick auf die gemäß § 31 StGB berücksichtigte Vor-Verurteilung Straftaten verschiedener Art zur Last liegen. Wird weiters berücksichtigt, daß der Angeklagte mehrfach einschlägig vorbestraft ist und relativ rasch rückfällig wurde, woraus sich ergibt, daß die bsiherigen Abstrafungen offensichtlich wirkungslos geblieben sind, so entspricht das vom Erstgericht gefundene Strafmaß (§ 40 StGB) durchaus der Schuld des Angeklagten und seiner Täterpersönlichkeit.

Demgegenüber vermochte der Berufungswerber keine Umstände darzutun, die eine Reduzierung der (Zusatz-)Strafe rechtfertigen könnten. Es war mithin spruchgemäß zu erkennen.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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