Spruch:
I. Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt,
a) im Punkt 2.) des Schuldspruches insoweit, als dem Angeklagten auch angelastet wird, in Salzburg und Bürmoos in der Zeit von Juli 1977 bis 5.Juli 1980 seine unmündige Tochter Ida K*** (geboren am 6.Juli 1966) auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht zu haben, indem er wiederholt mit seinen Fingern ihren Geschlechtsteil betastete, und er auch hiedurch das Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB begangen habe;
b) im Punkt 4.) des Schuldspruches, jedoch lediglich insoweit, als ihm auch angelastet wird, seine minderjährigen Kinder zur Unzucht mißbraucht und hiedurch das Vergehen des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs. 1 StGB begangen zu haben, und zwar
aa) Ida K*** durch die zu Punkt 1.) bis 3.) geschilderten Handlungen und
bb) Sabine K*** durch die zu Punkt 1.) und 3.) geschilderten Handlungen; sowie
c) demgemäß auch im Strafausspruch
aufgehoben und im Umfang der Aufhebung gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:
Dieter K*** wird von der gegen ihn erhobenen Anklage, er habe in der Zeit von Juli 1977 bis 5.Juli 1980 in Salzburg und Bürmoos seine unmündige Tochter Ida K*** (geboren am 6.Juli 1966) auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht, indem er wiederholt mit seinen Fingern ihren Geschlechtsteil betastete, und er habe (auch) hiedurch das Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB begangen, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Dieter K*** wird für die ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruches weiterhin zur Last liegenden strafbaren Handlungen, nämlich
1.) das Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten Beischlafs mit Unmündigen nach §§ 206 Abs. 1 und 15 StGB,
2.) das Verbrechen der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB,
3.) das Vergehen der teils vollendeten, teils versuchten Blutschande nach §§ 211 Abs. 2 und 15 StGB,
4.) das Vergehen des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs. 1 StGB und
5.) das Vergehen der teils vollendeten, teils versuchten Nötigung nach §§ 105 Abs. 1 und 15 StGB gemäß §§ 28 Abs. 1, 206 Abs. 1 StGB zu 17 (siebzehn) Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Der Ausspruch über die Anrechnung der Vorhaft wird aus dem Ersturteil übernommen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
II. Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen.
III. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 13.Juni 1942 geborene Angeklagte Dieter K*** der Verbrechen (zu 1.) des teils vollendeten, teils versuchten Beischlafs mit Unmündigen nach §§ 206 Abs. 1 und 15 StGB und (zu 2.) der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB sowie der Vergehen (zu 3.) der teils vollendeten, teils versuchten Blutschande nach §§ 211 "Abs. 1 und" Abs. 2 und 15 StGB, (zu 4.) des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs. 1 StGB und (zu 5.) der teils vollendeten, teils versuchten Nötigung nach §§ 105 Abs. 1 und 15 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er in Salzburg und Bürmoos
1.) in der Zeit von Juli 1977 bis 5.Juli 1980 "bzw" (nämlich bezogen auf die Reihenfolge der nachgenannten Tatopfer) ab Winter 1979 bis 11.Feber 1982 zu wiederholten Malen an seinen leiblichen unmündigen Töchtern Ida K*** (geboren am 6.Juli 1966) und Sabine K*** (geboren am 12.Feber 1968) den außerehelichen Beischlaf unternommen "bzw" (ersichtlich nur bezogen auf Sabine - US 6) zu unternehmen versucht;
2.) in der Zeit von Juli 1977 bis 5.Juli 1980 "bzw" (nämlich bezogen auf die Reihenfolge der nachgenannten Tatopfer) ab Winter 1979 bis 11.Feber 1982 seine unmündigen Töchter Ida K*** und Sabine K*** auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht, indem er wiederholt mit seinen Fingern deren Geschlechtsteil betastete;
3.) in der Zeit von Juli 1977 bis Dezember 1983 sowie im Oktober 1985 (wiederholt) "mit Personen, mit denen er in gerader Linie verwandt ist, den außerehelichen Beischlaf unternommen bzw zu unternehmen versucht, indem er an seinen leiblichen Töchtern Ida und Sabine K*** den Beischlaf vollzog bzw zu vollziehen versuchte, wobei er seine beiden Töchter hiezu verführte";
4.) durch die unter Punkt 1.) bis 3.) geschilderten Handlungen seine minderjährigen Töchter Ida und Sabine K*** zur Unzucht mißbraucht; und
5.) Ida K*** und Sabine K*** in der Zeit zwischen Juli 1977 und Dezember 1983 (ersichtlich nur bezogen auf Ida - US 7 Mitte) sowie im Oktober 1985 (ersichtlich nur bezogen auf Sabine - US 7 oben) durch die wiederholte Äußerung gegenüber Ida K***, sie umzubringen, wenn sie etwas der Mutter erzählen würde, sowie gegenüber Sabine K*** durch die Äußerung, daß ihr etwas passieren würde, wenn sie ihn bei der Mutter verraten würde, sohin durch gefährliche Drohung zumindest mit einer Körperverletzung zur Unterlassung der Mitteilung der unter 1.) bis 4.) beschriebenen Vorfälle an die Mutter genötigt bzw (ersichtlich nur bezogen auf Sabine) zu nötigen versucht.
Gegen diesen Schuldspruch - ausgenommen jenen zu
Punkt 1.) - wendet sich der Angeklagte mit einer ziffernmäßig auf die Gründe der Z 9 lit a und 10 (der Sache nach indes nur Z 9 lit a) des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, die teilweise berechtigt ist.
Im Recht ist der Beschwerdeführer zunächst mit seinem Einwand, daß dem Schuldvorwurf, seine zur Tatzeit (gemeint: Juli 1977 bis 5. Juli 1980) unmündige Tochter Ida Kaiser auch auf andere Weise als durch Beischlaf zur Unzucht mißbraucht zu haben, indem er wiederholt mit seinen Fingern deren Geschlechtsteil betastete (Punkt 2.), keinerlei entsprechende Feststellungen zugrunde liegen. Tatsächlich beschränken sich nämlich die Konstatierungen des Schöffengerichtes auf die wiederholte Durchführung eines Geschlechtsverkehrs mit Ida K*** (US 5), wogegen sich die Feststellungen über andere (nicht bloß als Vorstufe zum Beischlaf zu wertende) Unzuchtshandlungen nur auf die Tochter Sabine K*** als Tatobjekt beziehen (US 5 unten, 6 oben). Dem Schuldspruch des Angeklagten wegen des Verbrechens der Unzucht mit Unmündigen (Punkt 2.), soweit er wegen Unzuchtshandlungen mit Ida K*** erfolgte, mangelt es daher an einem - den Akten auch gar nicht zu entnehmenden und daher in einem zweiten Rechtsgang nicht mehr nachholbaren - hinreichenden Tatsachensubstrat, weshalb in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde insoweit sofort mit einem Freispruch vorzugehen war. Zutreffend beschwert sich der Angeklagte auch dagegen, daß er in Ansehung der ihm angelasteten Beischlafshandlungen mit seinen beiden Töchtern in Idealkonkurrenz mit dem Vergehen der teils vollendeten, teils versuchten Blutschande nach §§ 211 (wie noch auszuführen sein wird richtig: nur) Abs. 2 und 15 StGB auch des Vergehens des Mißbrauchs eines Autoritätsverhältnisses nach § 212 Abs. 1 StGB schuldig erkannt wurde. Denn nach herrschender Rechtsprechung verdrängt die Bestimmung des § 211 Abs. 2 StGB das Delikt nach § 212 Abs. 1 StGB aus dem Grund der Konsumtion (Leukauf-Steininger, Kommentar 2 , § 212 RN 26 und 27 sowie die dort zitierte Literatur und Judikatur). Daher war der Schuldspruch wegen des Vergehens nach § 212 Abs. 1 StGB (Punkt 4.) auf das dem Angeklagten angelastete, als Vergehen der Unzucht mit Unmündigen nach § 207 Abs. 1 StGB beurteilte Täterverhalten (Punkt 2.), und zwar - nach dem in bezug auf Ida K*** erfolgten Freispruch - nur in Ansehung der an Sabine K*** begangenen Unzuchtshandlungen zu beschränken und im übrigen aufzuheben, ohne daß allerdings insoweit ein Freispruch zu erfolgen hatte (Mayerhofer-Rieder, StPO 2 , E 61 zu § 259).
Im bisher behandelten Umfang war daher der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Folge zu geben. Nicht im Recht ist der Beschwerdeführer hingegen mit seinem Einwand, die ihm zu Punkt 3.) des Schuldspruchs unter anderem (als Vergehen der - insoweit bloß - versuchten Blutschande nach §§ 15, 211 "Abs. 1 und" Abs. 2 StGB) vorgeworfene Tathandlung, wonach er im Oktober 1985 an seiner leiblichen Tochter Sabine K*** den Beischlaf dadurch zu vollziehen versuchte, daß er sie an den Beinen streichelte und sich schließlich zu ihr ins Bett legte, wobei er jedoch letztlich von ihr wirksam abgewiesen wurde (US 6 unten und 7 oben), verwirkliche nicht das Tatbild einer gerichtlich strafbaren Handlung, weil "Streicheln an den Beinen" keine Handlung im Sinn des "§ 207 Abs. 1 StGB" darstelle. Dabei löst der Beschwerdeführer nämlich einen Teil der erstgerichtlichen Feststellungen aus dem Zusammenhang und berücksichtigt nicht, daß er nach den (in der Beschwerde nichstdestoweniger sogar richtig zitierten) schöffengerichtlichen Konstatierungen sich deshalb seiner Tochter Sabine in der beschriebenen Weise genähert hat, um mit ihr (wieder) einen Geschlechtsverkehr durchzuführen. Das Streicheln der Beine des Mädchens stellt sich sohin nicht als isoliert zu beurteilendes und damit strafrechtlich freilich belangloses Verhalten dar, sondern ist bei rechtsrichtigem Verständnis des vom Schöffengericht gemeinten Sachzusammenhanges bereits der "handgreifliche" Beginn der eigentlichen Ausführungshandlung im Sinn der §§ 15 Abs. 1, 211 Abs. 2 StGB, nämlich des durch Zärtlichkeiten (vgl Pallin im WK § 211 Rz 5) unternommenen Verführens seiner Tochter zu einem tatplanmäßig unmittelbar anschließenden Beischlaf.
Der insoweit bekämpfte Schuldspruch wegen versuchter Blutschande (§§ 15, 211 Abs. 2 StGB) ist somit frei von Rechtsirrtum. Hiezu sei allerdings vermerkt, daß die - ungerügt
gebliebene - Unterstellung des Sachverhalts im Urteil auch unter den Abs. 1 des § 211 StGB (und damit die dementsprechende Formulierung des Schuldspruches zu Punkt 3.) insofern verfehlt ist, als durch die Verwirklichung des speziellen Tatbildes des § 211 Abs. 2 StGB der Deliktsfall des Abs. 1 verdrängt wird, somit die beiden Tatbestände nur scheinbar idealkonkurrieren (10 Os 159/85; vgl Leukauf-Steininger, Kommentar 2 , § 211 RN 5). Ein Nachteil (§ 290 Abs. 1 StPO) ist dem Angeklagten aber dadurch nicht erwachsen, da das Erstgericht ersichtlich den ersten Deliktsfall (Abs. 1) rechtsirrtümlich als Grundtatbestand angesehen und demgemäß dem Angeklagten ohnehin nur das (eine) Vergehen der Blutschande zur Last gelegt hat (US 3).
Unbegründet sind schließlich auch die rechtlichen Einwendungen des Angeklagten gegen seine Verurteilung wegen des Vergehens der (insoweit bloß versuchten) Nötigung nach §§ 15, 105 Abs. 1 StGB zum Nachteil der Sabine K*** (Punkt 5.). Dazu hat das Erstgericht konstatiert, daß er im Anschluß an den bereits erwähnten Vorfall vom Oktober 1985, bei welchem er seine Tochter Sabine zum Beischlaf verführen wollte, diese mit der - als Ankündigung zumindest einer Verletzung am Körper gemeinten (US 7 Mitte) - Drohung, daß ihr "etwas passieren" werde, wenn sie ihrer Mutter davon erzähle, von einer Mitteilung des Vorgefallenen an diese abhalten wollte (US 7 oben). Der rechtlichen Beurteilung der Eignung dieser Drohung im Sinn des § 74 Z 5 StGB haftet - der Beschwerdeauffassung zuwider - kein Rechtsirrtum an. Denn mit Rücksicht auf das aggressive Verhalten des Angekagten gegenüber den Familienmitgliedern (US 4 unten; vgl auch Faktum 5 bezüglich der Tochter Ida), das schon zu seiner strafgerichtlichen Verurteilung wegen Körperverletzung seiner Ehegattin führte (US 4 Mitte), seine Autoritätsstellung als Vater gegenüber der noch Minderjährigen, seine Neigung zu Alkoholmißbrauch und eine tataktuelle Alkoholisierung (US 7) war die Drohung durchaus geeignet, begründete Besorgnisse einzuflößen. Von Konsumtion (unter dem Titel einer sog. straflosen Nachtat) durch das unmittelbar vorher versuchte Vergehen der Blutschande kann wegen der zusätzlichen Rechtsgutverletzung (an der Willensfreiheit) keine Rede sein.
Rechtliche Beurteilung
Somit war die Nichtigkeitsbeschwerde in den beiden zuletzt erörterten Punkten zu verwerfen.
Bei der notwendig gewordenen Strafneubemessung nach §§ 28 Abs. 1, 206 Abs. 1 StGB war das Zusammentreffen zweier Verbrechen mit drei Vergehen, die oftmalige Wiederholung der strafbaren Handlungen während eines Zeitraumes von mehreren Jahren und der Umstand, daß davon zwei Kinder des Angeklagten betroffen waren, erschwerend; als mildernd wurde das weitgehende Geständnis des Angeklagten und der Umstand berücksichtigt, daß es teilweise beim Versuch geblieben ist.
Eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von siebzehn Monaten (d.i. eine gegenüber dem im Ersturteil festgesetzten Strafausmaß - mit Rücksicht auf den Teilfreispruch - um einen Monat geringere Freiheitsstrafe) erschien dem Obersten Gerichtshof schuld- und unrechtsangemessen.
Die - vom Angeklagten übrigens gar nicht begehrte - bedingte Nachsicht dieser Strafe kam mangels einer qualifiziert günstigen Verhaltensprognose angesichts des getrübten Vorlebens des Angeklagten und des jahrelangen sexuellen Mißbrauchs seiner beiden Töchter, darum aber auch aus generalpräventiven Erwägungen nicht in Betracht.
Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
Der Ausspruch der Kostenersatzpflicht gründete sich auf § 390 a StPO.
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