OGH 9Os46/86

OGH9Os46/867.5.1986

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.Mai 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner sowie Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Enzenhofer als Schriftführer in der Strafsache gegen Johann K*** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Geschwornengerichtes beim Landesgericht Linz vom 28. Jänner 1986, GZ 30 Vr 2109/85-79, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Rzeszut, und des Verteidigers Dr. Kriftner, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem auf dem Wahrspruch der Geschwornen beruhenden angefochtenen Urteil wurde der am 15.Oktober 1955 geborene Kellner Johann K*** (außer weiteren strafbaren Handlungen) der Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 erster Fall StGB (Punkt 1 des Urteilssatzes) und des versuchten Raubes nach §§ 15, 142 Abs 1 StGB (Punkt 2) schuldig erkannt.

Raub liegt ihm zur Last, weil er mit dem Vorsatz, sich oder einen anderen unrechtmäßig zu bereichern, Monika K*** mit Gewalt, nämlich durch Versetzen von Schlägen und Tritten, (zu 1) am 18. Juli 1984 im Lokal "H***-D***" in Freistadt in Gesellschaft des (bereits rechtskräftig abgeurteilten) Dieter (Dietmar Klaus) C*** als Beteiligte (§ 12 StGB) 11.000 S Bargeld weggenommen bzw. abgenötigt und (zu 2) am 28.Juli 1984 im Lokal "D***" in Linz weitere 3.000 S Bargeld wegzunehmen versucht hat.

Die Geschwornen hatten die zu Punkt 1 des Urteilssatzes (anklagekonform) auf schweren Raub lautende Hauptfrage (Nr. 1 des Fragenschemas) mehrheitlich (mit 7 : 1 Stimmen) bejaht und die auf das Vorliegen versuchten schweren Raubes gerichtete Eventualfrage (Nr. 1 a) dementsprechend unbeantwortet gelassen. In Ansehung des Schuldspruches laut Punkt 2 des Urteilssatzes hatten sie die auf vollendeten (einfachen) Raub lautende Hauptfrage (Nr. 2) stimmeneinhellig verneint, die bezügliche Eventualfrage nach versuchtem Raub (Nr. 2 a) aber stimmeneinhellig bejaht und die auf Diebstahl lautende (weitere) Eventualfrage (Nr. 2 b) sohin unbeantwortet gelassen.

Rechtliche Beurteilung

Ausdrücklich nur den bezeichneten Schuldspruch (Punkt 1 und 2) bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 6, 8 und 9 des § 345 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der keine Berechtigung zukommt.

Zum erstbezeichneten Nichtigkeitsgrund (Z 6) wendet der Beschwerdeführer zunächst ein, daß aufgrund der Aussage der Zeugin Monika K*** in bezug auf die beiden in Rede stehenden Schuldspruchfakten freiwilliger Rücktritt vom Versuch gemäß § 16 Abs 1 StGB anzunehmen sei und solcherart die Stellung entsprechender (vom Erstgericht unterlassener) Zusatzfragen gemäß § 313 StPO geboten gewesen wäre.

Derartige Zusatzfragen nach freiwilligem Rücktritt vom Versuch waren indes den Beschwerdeausführungen zuwider durch die Angaben der Zeugin K*** nicht indiziert. Liest man diese nämlich in ihrem Zusammenhang - und nicht nur die in der Beschwerde zitierten, aus dem Kontext gelösten Passagen - dann wird klar, daß K*** mit den von ihr in der Hauptverhandlung gebrauchten Worten, sie habe dem Angeklagten am 18.Juli 1984 das Bargeld letztlich "freiwillig" übergeben, bloß zum Ausdruck brachte, sie habe sich dessen Willen gebeugt und das von ihr geforderte Geld ohne weiteren Widerstand herausgegeben, um einer neuerlichen Mißhandlung zu entgehen. Es trifft aber auch der zum Schuldspruchfaktum 2 erhobene Beschwerdeeinwand nicht zu, es hätten am 28.Juli 1984 "die von der Zeugin K*** geschilderten Tätlichkeiten ohne äußeren Anlaß vor der Vollendung der Straftat geendet"; denn es weisen auch die Bekundungen dieser Zeugin in der letzten Hauptverhandlung unmißverständlich in die Richtung, daß die Tatausführung vom Angeklagten abgebrochen wurde, weil sie sich durch Verstecken seinem weiteren Zugriff entzog.

Ebensowenig waren durch die Ergebnisse des Beweisverfahrens auf Nötigung oder Erpressung lautende Eventualfragen indiziert. Mangelte es doch auch hier nach den Angaben des Tatopfers - aus denen eine auf den sofortigen Übergang des am Tatort präsenten Bargeldes in den Gewahrsam des Täters zielende Gewaltanwendung zu entnehmen war - an einem die Stellung derartiger Fragen rechtfertigenden Tatsachensubstrat.

Verfehlt ist aber auch der Beschwerdevorwurf einer zur Irreführung der Geschwornen geeigneten Unvollständigkeit der Rechtsbelehrung (Z 8); denn zur Klarstellung des Umstandes, daß ein unabhängig von vorausgegangener Gewalteinwirkung eingetretener Gewahrsamswechsel am Tatobjekt nicht als Vollendung eines vom Täter im Versuchsstadium abgebrochenen Raubes zu verstehen sei, reichte der insoweit unmißverständliche Hinweis des Schwurgerichtshofes auf das Erfordernis eines bis zur Vollendung der Tat bestehenden Vorsatzes vollends aus (S 393 f/II).

Da Zusatzfragen nach freiwilligem Rücktritt vom Versuch nicht gestellt wurden, waren in der Rechtsbelehrung diesbezügliche Ausführungen nicht geboten; hat sich doch die Belehrung der Geschwornen (ausschließlich) im Rahmen der tatsächlich gestellten Fragen zu halten. Der Zweifelsgrundsatz hinwieder war in der Rechtsbelehrung nicht zu erörtern, weil er nur für Beweisfragen nicht aber für die Lösung von Rechtsfragen gilt.

Von vornherein zum Scheitern verurteilt ist schließlich der Versuch der Beschwerde, aus der vom Obmann der Geschwornen (§ 331 Abs 3 StPO) verfaßten Niederschrift auf eine Undeutlichkeit deren Wahrspruchs im Sinn der Z 9 des § 345 Abs 1 StPO zu schließen. Dieser Nichtigkeitsgrund kann nämlich ausschließlich aus dem Wahrspruch selbst abgeleitet werden und nicht aus der Niederschrift (vgl. 10 Os 1/80; ÖJZ-LSK 1982/49; SSt. 42/41), der auch nicht die Bedeutung einer Begründung des Wahrspruchs zukommt (SSt. 33/25 ua). Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Das Geschwornengericht verurteilte den Angeklagten wegen der im Rahmen der Nichtigkeitsbeschwerde erörterten (beiden) Raubtaten wie auch der ihm nach dem unbekämpft gebliebenen Schuldspruch weiters zur Last liegenden Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB, der Zuhälterei nach § 216 StGB aF und des Gebrauches fremder Auweise nach § 231 Abs 1 StGB sowie des Vergehens nach § 36 Abs 1 lit a WaffG gemäß §§ 28, 143 erster Strafsatz StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von acht Jahren.

Dabei wertete es zehn einschlägige, die Voraussetzungen des § 39 StGB erfüllende Vorstrafen, den raschen Rückfall und das Zusammentreffen von zwei Verbrechen mit vier Vergehen als erschwerend, hingegen das Geständnis hinsichtlich der Vergehen des Gebrauches eines fremden Ausweises und nach dem Waffengesetz, ferner das Teilgeständnis betreffend die Zuhälterei und die Körperverletzung sowie den Umstand, daß eine Raubtat nur bis zum Versuch gediehen ist, als mildernd.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der über ihn verhängten Freiheitsstrafe an; ihr kommt keine Berechtigung zu.

Daß Milderungsgründe übersehen oder Erschwerungsumstände zu Unrecht angenommen worden wären, wird selbst vom Berufungswerber nicht behauptet. Die im wesentlichen richtig und vollständig angenommenen Strafzumessungsgründe hat das Geschwornengericht auch ihrem Gehalt entsprechend durchaus zutreffend gewürdigt. Angesichts des Schuldgehalts der vorliegenden Straftaten und des kriminellen Vorlebens des Berufungswerbers, welches ihn nicht zuletzt im Hinblick auf den überaus raschen Rückfall nach der Entlassung aus der letzten Strafhaft als einen Rechtsbrecher charakterisiert, dem es in gravierendem Maße an Verbundenheit mit den rechtlich geschützten Werten fehlt und der sich bedenkenlos (auch durch die Begehung schwerer Delikte) über die Schranken des Rechts hinwegsetzt, ist die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe jedenfalls nicht zu hoch bemessen, sodaß auch der Berufung ein Erfolg zu versagen war.

Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

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