OGH 9Os40/81

OGH9Os40/815.5.1981

Der Oberste Gerichtshof hat am 5.Mai 1981 unter dem Vorsitz des Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Obauer und in Gegenwart der Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, Dr. Steininger, Dr. Horak und Dr. Reisenleitner als Richter sowie des Richteramtsanwärters Dr. Pramhofer als Schriftführer in der Strafsache gegen Günther A wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1, 130 2. Fall; § 15 StGB. und anderer strafbarer Handlungen über die vom Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 15. Dezember 1980, GZ. 12 a Vr 1030/80-50, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung nach öffentlicher Verhandlung, nach Anhörung des Vortrages des Berichterstatters, Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth, der Ausführungen des Verteidigers Dr. Ubl und der Ausführungen des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Gehart, zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil sprach das Landesgericht Feldkirch als Schöffengericht im zweiten Rechtsgang aus, daß der Angeklagte Günther A das Verbrechen des teils vollendeten, teils versuchten schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, 128 Abs. 1 Z. 4, 129 Z. 1 und § 15 StGB., dessen er (im ersten Rechtsgang unter anderem) mit dem insoweit unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Urteil dieses Gerichtes vom 29.Juli 1980, GZ. 12 a Vr 1030/80-37, schuldig erkannt worden war, gewerbsmäßig begangen habe, unterstellte diese Tat sohin auch dem § 130 StGB. und brachte den zweiten Strafsatz dieser Gesetzesstelle zur Anwendung.

Rechtliche Beurteilung

Der auf Z. 5 und Z. 9 lit. a (richtig Z. 10) des § 281 Abs. 1 StPO. gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Die Annahme gewerbsmäßiger Begehung des Diebstahls wird nicht einmal dadurch ausgeschlossen, daß der Täter bislang unbescholten ist (Kienapfel BT. II § 130 RN. 7;

Leukauf-Steininger, Kommentar zum StGB.2 § 130 RN. 4);

umso weniger daher im vorliegenden Fall dadurch, daß die fünf Vorverurteilungen des Beschwerdeführers keine Diebstähle, sondern andere strafbare Handlungen (auch gegen fremdes Vermögen) betrafen. Für die Gewerbsmäßigkeit - die beim Diebstahl nach dem § 130 StGB. strafschärfend wirkt - ist allgemein (§ 70 StGB.) wie auch im besonderen Fall der gewerbsmäßigen Begehung (u.a., wie hier, durch Einbruch) qualifizierter Diebstähle (§ 130 zweiter Satz StGB.) erforderlich, daß die Absicht des Täters darauf gerichtet ist, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Die verschärften Strafdrohungen des § 130 StGB. richten sich zwar in erster Linie gegen Berufsverbrecher, erfassen aber unabhängig von dem Merkmal berufsmäßiger Tatbegehung jeden Täter, der einen Diebstahl in der vorerwähnten Absicht begeht (Dokumentation zum StGB., S. 160 f.), wobei es genügt, daß solcherart auch nur ein (laufender) Zuschuß zu einem sonstigen Einkommen angestrebt wird (SSt. 46/38 u.a.). Der Einwand des Beschwerdeführers, er könne nach den gegebenen Umständen nicht als Berufsverbrecher bezeichnet werden, geht daher ins Leere. Ausgehend von der unangefochten feststehenden Tatsache, daß der Angeklagte in der Zeit vom 23.März 1980

bis zu seiner Verhaftung am 14.Mai 1980 in Bregenz und Hard aus 28 Personenkraftwagen Bargeld sowie andere Wertgegenstände stahl und 21 weitere Personenkraftwagen (erfolglos) nach Bargeld durchsuchte, wobei er in insgesamt 38 Fällen den Diebstahl durch Einbruch (in die Kraftfahrzeuge) beging, und im Hinblick auf seine eigene Verantwortung, er sei im betreffenden Zeitraum mit seinem Arbeitsverdienst (von ca. 7.000 S monatlich) nicht ausgekommen (S. 349 bis 350), ist die Annahme des Schöffengerichtes, der Angeklagte habe sich die Gewinnung einer fortlaufenden zusätzlichen Einnahme auf längere (unbestimmte) Zeit hin aus der (mehr oder weniger regelmäßig) wiederkehrenden Begehung gleichartiger (überwiegend durch Einbruch qualifizierter) Diebstähle zum Ziel gesetzt (S. 356), ausreichend und auch sonst mängelfrei begründet. Der darauf fußenden Beurteilung der Tat als gewerbsmäßiger Diebstahl und (sohin) der Anwendung des zweiten (Straf-)Satzes des § 130 StGB. haftet kein Rechtsirrtum an. Dem steht - der Beschwerdeauffassung zuwider - der Umstand nicht entgegen, daß sich die insgesamt 49 diebischen Angriffe des Beschwerdeführers auf einen Tatzeitraum von (nur) ungefähr sieben Wochen (bis zu seiner Verhaftung) verteilten, wobei es durchaus sein kann, daß im Lauf der wiederholten Tatverübung bei ihm - ähnlich einem Gewohnheitsdieb - ursprünglich vorhanden gewesene Hemmungen immer mehr abgeschwächt wurden.

Abschließend ist noch festzuhalten, daß die Konstatierungen des Schöffengerichtes an der - für die Gewerbsmäßigkeit essentiellen - Absicht des Angeklagten (im Sinne des § 5 Abs. 2 StGB.), aus der mehr oder weniger regelmäßigen Begehung von Diebstählen vergleichbarer Art fortlaufende Einnahmen zu erzielen, keinen Zweifel offen lassen; war dies doch, wie das Gericht ausdrücklich feststellte, das Ziel, auf das es dem Angeklagten bei der wiederkehrenden Tatbegehung ankam (S. 356). Daß er darin (im Sinne eines bedingten Vorsatzes: § 5 Abs. 1 zweiter Halbsatz StGB.) einen zwar möglichen, aber nicht bezweckten (Neben-)Erfolg seines Handelns erblickt und sich mit dessen Eintritt bloß abgefunden hätte, erscheint kaum vorstellbar (vgl. Wegscheider in ÖJZ. 1979 S. 67). Wenn das Gericht im Zusammenhang mit der solcherart als erwiesen angenommenen Absicht des Angeklagten, 'sich auf unbestimmte Zeit ein zusätzliches Einkommen zu verdienen' (S. 356), den verfehlten (und irreführenden) Ausdruck 'bedingter Vorsatz' gebrauchte, vermag dies am eindeutigen Sinngehalt der getroffenen rechtserheblichen Feststellungen nichts zu ändern: Einerseits handelt auch jener Täter mit Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB.), der den Eintritt des bezweckten Erfolges - insoweit (auf der 'Wissensseite') wie beim bedingten Vorsatz - nur für möglich hält (Leukauf-Steininger, StGB.2 § 5 RN. 5 m. w.N.); andererseits ist die Tendenz, das deliktische Verhalten auf (von vornherein) unbestimmte Zeit fortzusetzen, geradezu ein Charakteristikum der gewerbsmäßigen Begehung (Bertel im WK.

§ 130 Rz. 6 a.E.; Kienapfel BT. II § 130 RN. 6).

Der Nichtigkeitsbeschwerde war demnach ein Erfolg zu versagen. Das Erstgericht verurteilte den im ersten Rechtsgang (rechtskräftig auch wegen der Vergehen des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs. 1 StGB. und des Betruges nach § 146 StGB. schuldig erkannten) Angeklagten nach §§ 28, 130 2. Strafsatz StGB. zu zwei Jahren Freiheitsstrafe. Es nahm bei der Strafbemessung als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer Delikte verschiedener Art, die einschlägigen Vorstrafen, den sehr raschen Rückfall und die mehrfache Qualifikation zum Diebstahl an; als mildernd hingegen wertete es das Geständnis des Angeklagten und die Tatsache, daß eine Reihe der Diebstähle beim Versuch geblieben sind.

In seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der über

ihn verhängten Freiheitsstrafe (auf 18 Monate) an.

Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat die vorliegenden Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und - entgegen der Ansicht des Angeklagten - auch vollständig festgestellt und zutreffend gewürdigt. Das zur Wahrheitsfindung beitragende Geständnis des Angeklagten wurde bei der Ausmessung der Strafe - nach dem Gesagten - ohnedies berücksichtigt. Desgleichen auch der Umstand, daß es teilweise beim Versuch geblieben ist. Auch trifft nicht zu, daß die Vorstrafen des nunmehr neuerlich wegen unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen abgeurteilten Angeklagten, unter denen sich drei Verurteilungen wegen des Vergehens nach § 136 Abs. 1

StGB. befinden, nicht einschlägig sind.

Der Angeklagte hatte zur Tatzeit (von Mitte März 1980 bis zu seiner Verhaftung am 14.Mai 1980) ein monatliches Nettoeinkommen von rund 7.000 S. Er war nach seinen eigenen Angaben schuldenfrei (Seiten 85 und 349 d.A.). Es kann daher keine Rede davon sein, daß er sich bei Begehung der Taten in einer 'objektiv drückenden Notlage' befand. Angesichts der einschlägigen Vorstrafen und der Vielzahl der strafbaren Handlungen, die der Angeklagte zum Teil schon wenige Tage nach seiner Entlassung aus der letzten Strafhaft setzte, entspricht die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe der Schuld des Täters und dem Unrechtsgehalt seiner Taten.

Eine Herabsetzung derselben kam deshalb nicht in Betracht. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.

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