Spruch:
I. Der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, in dem den Freispruch vom Vergehen der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 FinStrG betreffenden Teil aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
II. Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird verworfen.
III. Der Berufung des Angeklagten wird nicht Folge gegeben.
IV. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 22. März 1953 geborene jugoslawische Staatsangehörige Jozo A des Verbrechens nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG schuldig erkannt, weil er in Wien vorsätzlich den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte in solchen Mengen in Verkehr gesetzt hat, daß daraus in größerer Ausdehnung eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen entstehen konnte, indem er 1. im April 1981 insgesamt 8 Gramm Heroin an unbekannte Personen ('Karl' und 'Susi'), 2. im April 1981 insgesamt 6 Gramm Heroin einem Unbekannten ('Karl') und 3. im April 1982 10 Gramm Heroin einem Unbekannten ('Michael') verkauft hat.
Vom Vorwurf, weitere 14 bis 16 Gramm Heroin verkauft und auch dadurch das eingangs bezeichnete Verbrechen begangen zu haben, wurde er nach § 259 Z 3 StPO, von jenem, durch den Erwerb des geschmuggelten Heroins das Vergehen der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit a FinStrG begangen zu haben, nach § 214 FinStrG freigesprochen.
Gegen den zuletzt genannten Freispruch wendet sich die Staatsanwaltschaft mit Nichtigkeitsbeschwerde, während der Angeklagte das Urteil im schuldigsprechenden Teil mit Nichtigkeitsbeschwerde und im Strafausspruch mit Berufung bekämpft.
Rechtliche Beurteilung
I. Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:
Die Staatsanwaltschaft weist in ihrer auf § 281 Abs.1 Z 9 lit a StPO gestützten Beschwerde zu Recht auf den (nach der Aktenlage) dringenden Verdacht hin, daß dem Angeklagten die von ihm weiterverkauften und dem Schuldspruch nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG zu Grunde liegenden 24 Gramm Heroin vom abgesondert verfolgten Vojislav B (früher: C) übergeben wurden, der seinerseits einen schwunghaften Suchtgifthandel betrieb und das Suchtgift gewerbsmäßig aus Holland nach Österreich einschmuggelte. Für die Ahndung des diesem Haupttäter angelasteten gewerbsmäßigen Schmuggels (§§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit a FinStrG) seien gemäß § 53 Abs. 1 lit a FinStrG die Gerichte zuständig, so daß gemäß § 53 Abs. 4 FinStrG für die Ahndung des dem Angeklagten A vorgeworfenen, in Tateinheit mit dem Verbrechen nach § 12 Abs. 1 SuchtgiftG begangenen Vergehens der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1 lit a FinStrG ebenfalls die Gerichte zuständig seien.
Der Rüge kommt Berechtigung zu.
Das Erstgericht - dessen Hinweis auf § 53 Abs. 8 Fin-StrG in diesem Zusammenhang jedenfalls verfehlt ist, weil diese Vorschrift keine Regelung der Zuständigkeit enthält - geht erkennbar nur davon aus, daß die gerichtliche Zuständigkeit für die Aburteilung der dem Haupttäter angelasteten Finanzvergehen deshalb nicht feststehe, weil das gegen Vojislav B zum Aktenzeichen 6 b Vr 8762/82, Hv 640/83
beim Landesgericht für Strafsachen Wien geführte Strafverfahren noch nicht beendet ist. Es übersieht hiebei aber, daß die Zuständigkeitsnorm des § 53 Abs. 4 FinStrG weder auf die prozessuale Stellung der einzelnen Mitbeschuldigten noch das Stadium des gegen sie geführten Strafverfahrens, sondern lediglich auf deren materiellrechtliche Stellung als Mittäter, Beteiligte oder Hehler abstellt. Es ist daher auch nicht erforderlich, daß über die die Gerichtszuständigkeit bewirkenden Taten bereits urteilsmäßig erkannt wurde; es genügt vielmehr ein entsprechender, wenn auch in einem getrennt geführten Verfahren erhobener und zum Urteilszeitpunkt noch aufrechter Anklagevorwurf (SSt 50/68, EvBl 1983/69). Wie der Oberste Gerichtshof erhoben hat, wurde Vojislav B in dem gegen ihn geführten Strafverfahren neben zahlreicher anderer strafbarer Handlungen auch des gewerbsmäßigen Schmuggels von 600 Gramm Heroin aus Holland nach Österreich angeklagt.
Kommt das Gericht aber bei der als Vorfrage (§ 5 StPO) in jedem Fall autonom vorzunehmenden Zuständigkeitsprüfung zu dem Ergebnis, daß es zur Urteilsfällung unzuständig ist, bedarf es zur Begründung des Freispruches gemäß § 214 FinStrG konkreter Feststellungen darüber, weshalb ein in die sachliche Zuständigkeit des Gerichtes fallendes Finanzvergehen nicht (mehr) gegeben ist (RZ 1982/14). Bei der gegebenen Fallkonstellation hätte es neben entsprechender Konstatierungen über die Höhe des strafbestimmenden Wertbetrages beim (wiederholten) Schmuggel (§ 53 Abs. 1 lit b, Abs. 2 lit a FinStrG) jedenfalls konkreter Feststellungen darüber bedurft, weshalb der gegen Vojislav B erhobene Anklagevorwurf in Richtung §§ 35 Abs. 1, 53 Abs. 1 lit a (38 Abs.1 lit a) FinStrG nicht zu Recht besteht. Dieser Feststellungsmangel erfordert in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Anklagebehörde die Aufhebung des Urteils, soweit der Angeklagte vom Vorwurf der Abgabenhehlerei nach § 37 Abs. 1
lit a FinStrG gemäß § 214 FinStrG freigesprochen wurde, und die Zurückweisung der Sache an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung im Umfange der Aufhebung.
II. Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten:
Der Angeklagte reklamiert mit seiner auf Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Rechtsrüge unter Hinweis auf seine (vom Erstgericht den Feststellungen zu Grunde gelegte) geständige Verantwortung in der Hauptverhandlung Konstatierungen darüber, daß er das Heroin nur in Teilmengen von jeweils 2 Gramm zum Eigenverbrauch seiner Abnehmer abgegeben und keine Gemeingefahr im Sinne des § 12 Abs. 1 SuchtgiftG heraufbeschwören habe wollen; dies mit dem Ziele, wegen der unter Punkt 1. und 2. des Schuldspruches erfaßten Weitergabe von insgesamt 14 Gramm Heroin nur wegen des Vergehens nach § 16 (Abs. 1 Z 1 und 2) SuchtgiftG schuldig erkannt zu werden.
Der Rechtsrüge kommt keine Berechtigung zu.
Das Erstgericht stellt ausdrücklich fest, daß der Angeklagte im Bewußtsein der mit dem Suchtgifthandel verbundenen Gefahren an die Abnehmer 'Susi' und 'Karl' 8 Gramm Heroin und kurz darauf an 'Karl' 6 Gramm Heroin verkaufte und hiebei keine Möglichkeit hatte, den Kreis der möglichen Verbraucher einzuschränken und die mit der Weitergabe verbundene Gemeingefahr in irgend einer Weise zu begrenzen (S 406, 407). Soweit die Rüge diese Feststellung mißachtet und nur eine Lieferung zum Eigenverbrauch behauptet, mangelt es ihr an einer gesetzmäßigen Ausführung. Aus der in der Hauptverhandlung aufrecht erhaltenen geständigen Verantwortung des Angeklagten ergibt sich zwar, daß er an die Abnehmer 'Susi' und 'Karl' (Faktum 1.) und 'Karl' (Faktum 2.) jeweils nur Teilmengen von 2 Gramm Heroin auf einmal verkauft hat, jedoch hat das Erstgericht diesen Abgabemodus - entgegen den Beschwerdebehauptungen - nicht unberücksichtigt gelassen, sondern vielmehr rechtsrichtig ausgesprochen, daß schon die Mengen der einzelnen Verkäufe (nämlich 2 Gramm Heroin) wesentlich über der Grenzmenge von 0,5 Gramm Heroin liegen (ÖJZ-LSK 1977/149), wobei es dem Angeklagten zur Last legt, daß er sich der mit der unkontrollierten Weitergabe jeder dieser Mengen verbundenen Gefahren bewußt war und sich hiemit aus Gewinnsucht auch abgefunden hat. Diese Feststellungen zur objektiven und subjektiven Tatseite rechtfertigen aber den Schuldspruch wegen § 12 Abs. 1 SuchtgiftG in den in Rede stehenden Fakten (vgl ÖJZ-LSK 1979/271), sodaß eine Subsumierung der betreffenden Tathandlungen nur unter den Tatbestand des § 16 Abs. 1 SuchtgiftG nicht in Betracht kam. Dem Urteil haftet somit der behauptete Rechtsirrtum nicht an, weshalb der Nichtigkeitsbeschwerde der Erfolg zu versagen war.
III. Zur Berufung des Angeklagten:
Der Angeklagte wurde (nach dem ersten Strafsatz) des § 12 Abs. 1 SuchtgiftG zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe und gemäß § 12 Abs. 4 SuchtgiftG zu einer Wertersatzstrafe von 34.000 S, im Nichteinbringungsfall zwei Monate Freiheitsstrafe verurteilt. Auf die Freiheitsstrafe und die Ersatzfreiheitsstrafe wurde die bis zum Urteilszeitpunkt verbüßte Vorhaft gemäß § 38 Abs. 1 StGB angerechnet. Bei der Strafzumessung war erschwerend die mehrmalige Tatwiederholung und die Begehung aus reiner Gewinnsucht, mildernd hingegen das Geständnis und die Unbescholtenheit in Österreich. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte die Herabsetzung der über ihn verhängten Freiheitsstrafe und deren gleichzeitige bedingte Nachsicht an.
Der Berufung kommt in keiner Richtung Berechtigung zu. Für die Behauptung, dem Verhalten des Angeklagten sei es zuzuschreiben, daß die Polizei diesen Suchtgifthändlerring sprengen habe können, fehlen aktenmäßige Unterlagen.
Der Angeklagte wurde erst im Zuge der Ermittlungen ausgeforscht, bestritt zunächst jede Beteiligung und bequemte sich erst nach Vorhalt der ihn belastenden Angaben anderer Personen zum Geständnis (S 217 ff). Es mag stimmen, daß er von Vojislav B zum Suchtgifthandel angeworben wurde, jedoch erblickte das Erstgericht in dem Motiv des Tatentschlusses, sich dadurch ein Einkommen in Österreich zu schaffen, also in der Tatbegehung aus Gewinnsucht zu Recht einen Erschwerungsumstand. Von einer 'Störung des Geschäftsbetriebs' oder von einer (für derartige Delikte) untypischen untergeordneten Tatbeteiligung kann entgegen dem Berufungsvorbringen nicht gesprochen werden, sodaß die Berufung insgesamt keine weiteren Milderungsumstände aufzuzeigen vermag, die eine Reduzierung der vom Erstgericht verhängten Freiheitsstrafe rechtfertigen würden.
Der Gewährung der bedingten Strafnachsicht stehen bei einem Heroinhändler bereits generalpräventive Gründe entgegen; darüberhinaus fehlt es an Anhaltspunkten für die gemäß § 43 Abs. 2 StGB erforderliche qualifiziert günstige Zukunftsprognose. Die von der Generalprokuratur angeregte Maßnahme gemäß § 290 Abs. 1 StPO in bezug auf die Vorhaftanrechnung (auch auf die Wertersatzstrafe und nicht nur auf die Ersatzfreiheitsstrafe) erschien entbehrlich, da bei der gegebenen Fallgestaltung (Anrechnung der Vorhaft auf die Freiheitsstrafe, deren sofortiger Vollzug an dem in Untersuchungshaft befindlichen Angeklagten zu erwarten ist) ein Nachteil für den Angeklagten nicht zu ersehen ist. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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