Spruch:
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das im übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch über die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter gemäß § 23 Abs 1 StGB aufgehoben und dieser Ausspruch gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO aus dem Urteil ausgeschieden.
Im übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde verworfen. Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 28. Jänner 1939 geborene beschäftigungslose Leonhard A des Verbrechens des schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs 1, 128 Abs 1 Z 4 und 129 Z 1 StGB schuldig erkannt, weil er nachgenannten Personen fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen hat, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, und zwar 1. zwischen 25. und 31. Mai 1978 in Klagenfurt dem Dr. Kurt B durch Einbruch in ein Gebäude ein altbäuerliches Holzgerät im Wert von ca. 1.000 S, ferner 30 Korbsessel und 30 Korbhocker im Wert von mindestens 45.000 S, 2. am 7. Juni 1978 in Krumpendorf der Maria C eine Schmuckkassette mit Pretiosen und eine Damenlederjacke im Gesamtwert von 29.600 S. Hiefür wurde der Angeklagte gemäß § 129 StGB zu drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt; gemäß § 23 Abs 1
StGB wurde überdies seine Unterbringung in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter angeordnet.
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit einer auf die Z 3, 5 und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde sowie (wegen des Strafausmaßes) mit Berufung.
Mit dem erstangeführten Nichtigkeitsgrund macht der Angeklagte geltend, daß er bei der Hauptverhandlung wegen der Nachwirkungen einer am Vortag an ihm vorgenommenen Stirnhöhlenpunktion verhandlungsunfähig und auch außerstande gewesen sei, diesen Umstand vorzubringen;
sein auffälliges Verhalten während der Hauptverhandlung - das zu seiner Entfernung gemäß § 234 StPO führte - sei darauf zurückzuführen.
Rechtliche Beurteilung
Eine Verhandlungsunfähigkeit des Angeklagten während der ganzen Hauptverhandlung (vgl. aber § 275 StPO) hätte allerdings die Nichtigkeit des dennoch gefällten Urteils zur Folge (SSt 46/74). Inhaltlich des über die Vorgänge bei der Hauptverhandlung vollen Beweis machenden Protokolls haben sich jedoch begründete Zweifel an der Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten, welche unter Umständen eine Vertagung hätten erforderlich machen können, nicht ergeben. Der aus der Untersuchungshaft zur Hauptverhandlung vorgeführte Angeklagte hat sich nach ausdrücklicher Ermahnung, aufmerksam der Verlesung der Anklage und dem Gang der Verhandlung zu folgen, sowie nach Verlesung der Anklageschrift nicht schuldig bekannt und vorerst begonnen, sich zum Anklage- (und Urteils-)faktum 1
zu verantworten. In weiterer Folge äußerte er unsachliche Vorwürfe gegen das Gericht und verließ schließlich ohne Angabe eines Grundes den Verhandlungssaal. Dorthin zurückgebracht, spuckte er auf den Boden und beschimpfte die anwesenden Gerichtspersonen; da er sein ungeziemendes, die Ordnung der Verhandlung störendes Benehmen ungeachtet der Ermahnung des Vorsitzenden und der Androhung, daß er aus der Sitzung entfernt werde, fortsetzte, wurde er schließlich auf Beschluß des Gerichtshofs gemäß § 234 StPO für die ganze (restliche) Dauer der Verhandlung aus dieser entfernt (S. 256). Nach dem Gutachten des zur Hauptverhandlung beigezogenen psychiatrischneurologischen Sachverständigen entsprach dieses Verhalten des Angeklagten dessen schon während der Voruntersuchung mehr oder weniger konsequent verfolgter Demonstrationstaktik (S. 121, 264; vgl. hiezu S. 17, 17 a, 37, 63, 117, 119 und 231). Gegen die Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten bestanden sohin keine Bedenken, und es fand sich auch der Verteidiger demgemäß nicht veranlaßt, eine entsprechende ärztliche Untersuchung des Angeklagten und/oder eine Vertagung zu beantragen. Der Nichtigkeitsgrund der Z 3 des § 281 Abs 1
StPO liegt demnach nicht vor.
Aber auch die zu beiden Punkten des Schuldspruchs in der Nichtigkeitsbeschwerde behaupteten Begründungsmängel im Sinne des § 281 Abs 1 Z 5 StPO sind nicht gegeben:
Beim Schuldspruchfaktum 1 bezieht sich die erste als aktenwidrig gerügte Stelle der Urteilsbegründung erkennbar bloß hinsichtlich der Eingrenzung des Tatzeitraums auf die Aussage des Zeugen Dr. Kurt B, der mithin kein vom betreffenden Vernehmungsprotokoll (S. 208) abweichender Inhalt unterlegt wird. Eine derartige Aktenwidrigkeit liegt auch in bezug auf die Aussage des Zeugen Ernst D nicht vor (S. 192), der das Schöffengericht unmittelbar nur - konform mit dem Protokollsinhalt - entnahm, daß dieser Zeuge mit dem Angeklagten zur angegebenen Zeit am Tatort war, der Angeklagte dort das urteilsgegenständliche Holzgerät an sich nahm (das er anschließend verkaufte) und seine Absicht kundtat, (auch) die dort vorhandenen Korbmöbel zu verkaufen. Die daraus vom Schöffengericht in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) gezogene Schlußfolgerung, daß der kurze Zeit danach entdeckte Diebstahl der erwähnten Korbmöbel von niemand anderem als vom Angeklagten begangen wurde, dessen Täterschaft sohin eindeutig erwiesen sei, ist weder undeutlich noch kann darin eine offenbar unzureichende (Schein-)Begründung des bezüglichen Schuldspruchs erblickt werden. Die Urteilsannahme, daß der Angeklagte (auch) den in Punkt 2 des Schuldspruchs inkriminierten Einschleichdiebstahl zum Nachteil der Maria C begangen hat, beruht entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen gleichfalls nicht etwa auf bloßen Scheingründen. Die als solche Scheinbegründung hingestellte Aussage des angefochtenen Urteils, der (von Zeugen im fraglichen Zeitpunkt in nächster Nähe des Tatorts beobachtete) Angeklagte könne sich nur in das Haus der Genannten begeben haben, ist nämlich im Zusammenhang mit dem übrigen Inhalt der Urteilsgründe zu sehen, zufolge welcher der Überzeugung des Schöffengerichts von der Täterschaft des Angeklagten in diesem Diebstahlsfall weiters und vor allem die festgestellte Verpfändung einer aus dem besagten Diebstahl stammenden Taschenuhr noch am selben Tag durch den Angeklagten (für eine offene Zechschuld) zugrunde liegt. Die in diesem Zusammenhang von der Beschwerde aufgestellte Behauptung, der Angeklagte sei (in der Voruntersuchung) den Zeugen nicht in der Form einer Wahlkonfrontation vorgestellt worden, ist nach dem Akteninhalt schon von vornherein im wesentlichen unzutreffend (S. 17 a, 105, 128); sofern damit die Beweiskraft der dabei erfolgten - in der Hauptverhandlung aufrecht erhaltenen (S. 259-261) - Agnoszierungen (§ 168 Abs 1 StPO) in Zweifel gezogen werden soll, bekämpft der Beschwerdeführer zudem nur (in einer im schöffengerichtlichen Verfahren unzulässigen und daher unbeachtlichen Weise) die Beweiswürdigung des erkennenden Gerichts.
Berechtigt ist die Beschwerde hingegen, soweit darin aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 11 des § 281 Abs 1 StPO geltend gemacht wird, es seien die gesetzlichen Voraussetzungen für die Unterbringung des Angeklagten in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter nicht gegeben.
Voraussetzung für diese freiheitsentziehende vorbeugende Maßnahme ist u. a., daß der Rechtsbrecher bereits zweimal ausschließlich oder überwiegend wegen Handlungen der in der Z 1 des § 23 Abs 1 StGB genannten Art zu Freiheitsstrafen in der Dauer von jeweils mehr als sechs Monaten verurteilt worden ist und deshalb vor Begehung der nunmehr abgeurteilten deliktischen Handlungen, jedoch nach Vollendung des achtzehnten Lebensjahres mindestens achtzehn Monate in Strafhaft zugebracht hat (§ 23 Abs 1 Z 2 StGB). Es genügt also nicht, daß ein Rückfallstäter wegen entsprechender strafbarer Handlungen nach Vollendung seines 18. Lebensjahres überhaupt (zusammengerechnet) mehr als 18 Monate in Strafhaft verbracht hat;
vielmehr müssen die Strafhaftzeiten aus jeweils zwei der Z 1 des § 23 Abs 1 StGB entsprechenden, auf jeweils mehr als sechs Monate Freiheitsstrafe lautenden Verurteilungen insgesamt achtzehn Monate erreicht haben (SSt 46/41; EvBl. 1977/10 u.a.).
Im vorliegenden Fall wurde der (am 28. Jänner 1939 geborene) Angeklagte vom Landesgericht Klagenfurt wohl schon sechsmal (wegen der in der Z 1 des § 23 Abs 1 StGB angeführten Deliktstypen) zu Freiheitsstrafen von jeweils mehr als sechs Monaten verurteilt (s. Punkte 2, 16, 20, 23, 25 und 26 der Strafregisterauskunft S. 135). Aus der zum AZ 11 Vr 154/55 über ihn verhängten Freiheitsstrafe von zwei Jahren (Punkt 2 der Strafregisterauskunft) wurde er aber schon am 16. Juli 1956, mithin vor Vollendung seines 18. Lebensjahres, bedingt entlassen; der erst nach diesem Altersstichtag infolge Widerrufs der bedingten Entlassung (mit Entscheidung der Strafvollzugsbehörde vom 8. Jänner 1959) vollzogene Strafrest kann nach damaliger Gesetzeslage (§ 12 Abs 1 des Gesetzes über die bedingte Verurteilung 1949, BGBl. Nr. 277) höchstens ein Drittel der im Urteil verhängten Strafe, also acht Monate betragen haben. Die Verurteilungen zu den AZ 8 Vr 1751/66 und 8 E Vr 96/70 lauteten auf je acht Monate Freiheitsstrafe (Punkte 16 und 20 der Strafregisterauskunft). Auf Grund der laut Punkt 23 der Strafregisterauskunft mit dem Urteil vom 21. Juli 1972, GZ 10 E Vr 1145/72-17, über ihn verhängten Freiheitsstrafe von zehn Monaten befand sich der Angeklagte nach dem Inhalt der vorliegenden Strafakten (nur) vom 5. Dezember 1972 (Eintritt der Urteilsrechtskraft) bis 27. März 1973, also weniger als vier Monate, in Strafhaft. Die folgenden Verurteilungen zu den AZ 7 E Vr 1490/75 und 8 E Vr 1625/76
(Punkte 25 und 26 der Strafregisterauskunft) lauteten auf sieben bzw. acht Monate Freiheitsstrafe, wovon zudem jeweils ein Teil durch Anrechnung der Vorhaft verbüßt worden ist. Sohin zeigt sich, daß die Summierung von je zwei der Strafhaftzeiträume (nach Vollendung des 18. Lebensjahres des Angeklagten) in keinem Fall die im Gesetz vorgesehene (Mindest-)Strafhaftzeit von achtzehn Monaten ergibt. Ob die in Punkt 2 der Strafregisterauskunft angeführte Strafe zufolge § 23 Abs 4 StGB (Rückfallsverjährung) hier überhaupt noch in Betracht zu ziehen ist, bedarf bei dieser Sachlage keiner Prüfung mehr. So gesehen hat das Erstgericht durch die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Anstalt für gefährliche Rückfallstäter mangels der (außerhalb des richterlichen Ermessens gelegenen) Voraussetzungen des § 23 Abs 1 Z 2 StGB seine Befugnisse überschritten (§§ 281 Abs 1 Z 11, 435 Abs 3 StPO).
Es war sohin über die Nichtigkeitsbeschwerde spruchgemäß zu entscheiden.
Bei der Strafbemessung wertete das Erstgericht als erschwerend die zahlreichen einschlägigen Vorstrafen, die Wiederholung der Diebstähle, die mehrfache Qualifikation und den raschen Rückfall, als mildernd hingegen den Umstand, daß ein Teil des Diebsgutes zustande gebracht werden konnte.
Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Strafe an.
Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig festgestellt, aber auch zutreffend gewürdigt. Bei der Strafbemessung fällt vor allem ins Gewicht, daß der Angeklagte bereits mehrmals wegen einschlägiger Straftaten abgestraft wurde, aber dennoch immer wieder straffällig geworden ist. So gesehen entspricht das vom Erstgericht gefundene Strafmaß sowohl der Schuld des Angeklagten als auch - und vor allem - seiner Täterpersönlichkeit, weshalb der Berufung ein Erfolg versagt bleiben mußte.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.
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