Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und die verhängte
Freiheitsstrafe auf drei Wochen herabgesetzt.
Im übrigen wird der Berufung nicht Folge gegeben.
Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde die am 30. Juni 1966 geborene Schülerin Manuela A des Vergehens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 15 StGB schuldig erkannt. Ihr liegt zur Last, in der Zeit von Februar 1981 bis Ende März 1981
in Wien gemeinsam mit anderen, gleichfalls verurteilten Jugendlichen als Tatbeteiligte wiederholt Diebstähle in verschiedenen Läden verübt zu haben, bei denen die Täterinnen zahlreiche Schminksachen und Stoffiguren, sowie 2 Paar Ballerinaschuhe und 2 Paar Damenstutzen erbeuteten und in zwei Fällen Schminksachen und Süßigkeiten zu stehlen versuchten.
Dieses Urteil bekämpft die Angeklagte Manuela A mit einer auf die Nichtigkeitsgründe nach dem § 281 Abs. 1 Z 9 lit. b und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und mit Berufung. Sie strebt in ihrer Nichtigkeitsbeschwerde eine Beurteilung ihrer Taten als Entwendung nach § 141
StGB an und begehrt darüber hinaus, sie jedenfalls wegen Vorliegens der Voraussetzungen des § 42 StGB (gemäß § 259 Z 4 StPO) freizusprechen.
Rechtliche Beurteilung
Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt jedoch keine Berechtigung zu. Soweit in der Nichtigkeitsbeschwerde einleitend behauptet wird, der Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z 9
lit. b StPO liege (auch) deshalb vor, weil das Schöffengericht nicht 'mangelnde Strafwürdigkeit der Tat im Sinne des § 12 JGG' angenommen, deshalb von einer Verurteilung abgesehen und sich mit einer Ermahnung begnügt habe, wird weder der angegebene noch ein anderer Nichtigkeitsgrund ausgeführt. Denn das Begehren auf - im richterlichen Ermessen liegende - Anwendung (oder auch Nichtanwendung) des § 12
JGG, welches in der Berufung ohnedies wiederholt wird, ist ausschließlich mit Berufung geltend zu machen (vgl 11 Os 20/78; 10 Os 137/79).
Soweit aber behauptet wird, es habe sich bei den von der Beschwerdeführerin und ihre Mittäterinnen verübten Diebstählen um Taten gehandelt, die aus Unbesonnenheit begangen worden seien, bei denen auch die Beute gering geblieben sei, sodaß eine Beurteilung nach § 141 StGB hätte erfolgen sollen, ist diesem Vorbringen zu entgegnen, daß das Erstgericht das Vorliegen einer Entwendung zutreffend deshalb ausschloß, weil die Beschwerdeführerin und ihre Mittäterinnen 'eine Art Gemeinschaft' zur gemeinsamen Begehung von Diebstählen mit wechselnden Rollen, - teils in Aufpasserfunktion und zur Ablenkung des Verkaufspersonals - bildeten und sich 'im wesentlichen das Stehlen zur Gewohnheit' machten. Von einer Begehung der Taten aus Not, Unbesonnenheit oder zur Befriedigung eines Gelüstes kann daher nicht gesprochen werden.
Angesichts der bei zahlreichen Diebszügen jeweils erbeuteten Kosmetika, Stofftieren und Schuhe (im Werte von 369 S und 499 S) kann entgegen dem Beschwerdevorbringen auch nicht davon die Rede sein, daß immer nur Sachen geringen Wertes gestohlen worden seien, weshalb auch aus diesem Blickwinkel die Beurteilung der Taten als Entwendung nicht in Betracht kommt. An sich findet zwar bei Entwendungen eine Zusammenrechnung der Werte, die bei mehreren Angriffen erbeutet wurden, nicht statt. Hiebei darf es sich aber nicht um fortgesetzte Angriffe wie im gegebenen Fall handeln, die auf einen erheblichen Willensentschluß zurückzuführen sind und die Entwendungen als eine Gesamttat erscheinen lassen (vgl Leukauf-Steininger2, RN 9 zu § 141
StGB).
Ebenso wurde auch ein Mangel der Strafwürdigkeit des Tatgeschehens im Sinne des § 42 Abs. 1 StGB vom Erstgericht ohne Rechtsirrtum verneint. Es liegen nämlich zwei der drei gesetzlichen Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle, die kumulativ erfüllt sein müssen, nicht vor. Die Schuld der Beschwerdeführerin, mag sie auch, wie einige der Mitangeklagten, vorerst von Sabine B verleitet worden sein, ist wegen der Vielzahl der planmäßig durchgeführten Diebstähle nicht gering und es kann wegen des Umfanges der Beute auch nicht gesagt werden, daß ihre Taten keine oder nur unbedeutende Folgen nach sich gezogen hätten.
Die Sozialschädlichkeit der Diebstähle, die die Beschwerdeführerin und ihre Mittäterinnen verübten, übersteigt daher das Maß dessen, was im Rahmen des § 42 StGB noch als nicht strafwürdig beurteilt werden kann.
Die Hinweise der Nichtigkeitsbeschwerde auf die zu SSt 47/55 veröffentlichte Entscheidung sowie auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes AZ 9 Os 104/77 zum Nachweise der Unrichtigkeit des erstgerichtlichen Schuldspruches versagen. In dem der Entscheidung SSt 47/55 zugrunde liegenden Straffall hatten sich zwei jugendliche Täter aufgrund eines erst in einem Verkaufslokal spontan gefaßten Entschlusses lediglich eine Schallplatte im Werte von 90 S zugeeignet, sodaß sich der Unrechtsgehalt dieser Tat mit den hier zur Entscheidung stehenden planmäßig begangenen zahlreichen Diebszügen, an denen die Beschwerdeführerin mitwirkte und bei denen eine nicht unerhebliche Beute, unter anderem - wie schon erwähnt - auch zwei Paar Schuhe im Werte von 868 S, gemacht wurde, nicht vergleichen läßt.
In der Entscheidung AZ 9 Os 104/77 sprach der Oberste Gerichtshof unter Aufhebung eines vom Erstgericht gemäß § 259 Z 4 StPO gefällten Freispruches und Fällung eines Schuldspruches wegen Diebstahls ausdrücklich aus, daß bei Begehung zahlreicher Ladendiebstähle, bei denen im damaligen Fall eine Beute von etwa 2.600 S gemacht wurde, schon wegen dieses Schadensbetrages mangelnde Strafwürdigkeit der Tat nach § 42 StGB verneint werden müsse, weil ein derartiger Schaden keine unbedeutende Foolge im Siinne des § 42 Abs. 1 Z 2 StGB ist.
Angesichts der planmäßig verübten Ladendiebstähle kann die Schuld der Beschwerdeführerin nicht als gering im Sinne der Z 1 des § 42 Abs. 1 StGB angesehen werden (ÖJZ-LSK 1976/379 ua) und angesichts des Wertes des Diebsgutes kann auch nicht von einer unbedeutenden Taatfolge gesprochen werden. Das Erstgericht verneinte daher zutreffend das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Freispruch nach § 259 Z 4 StPO Soweit als Nichtigkeit nach Z 10, der Sache nach Z 9
lit. b des § 281 Abs. 1 StPO geltend gemacht wird, es liege keine Ermächtigung zur Strafverfolgung wegen des Vergehens der Entwendung nach dem § 141 StGB vor, und überdies seien die Urteilsfeststellungen nicht ausreichend, um das Verhalten der Beschwerdeführerin als Diebstahl und nicht als eine Entwendung beurteilen zu können, wird gleichfalls keine Nichtigkeit des Urteils aufgezeigt. Denn wie bereits vorstehend ausgeführt wurde, reichen die Urteilsfeststellungen durchaus hin, das Verhalten der Beschwerdeführerin und ihrer Mittäterinnen nicht als das Ermächtigungsdelikt der Entwendung nach dem § 141 StGB, sondern als das Vergehen des teils vollendeten und teils versuchten Diebstahls nach den §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1 und 15 StGB zu beurteilen. Die zur Gänze unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde der Angeklagten Manuela A war daher zu verwerfen.
Das Erstgericht verhängte über die Angeklagte Manuela A nach § 127 Abs. 2 StGB unter Annwendung des § 11
(Z 1) JGG eine Freiheitsstrafe in der Dauer eines Monates, die gemäß § 43 (Abs. 1) StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde. Bei der Strafbemessung wertete das Gericht bei dieser Angeklagten als erschwerend die Tatwiederholungen, als mildernd ihr Geständnis, den ordentlichen Lebenswandel, eine teilweise Schadensgutmachung, die Tatbegehung in einem Alter knapp über 14 Jahre und den Umstand, daß es teilweise beim Versuch blieb.
Die Angeklagte A strebt nach dem Inhalt ihrer Berufungsschrift die Anwendung des § 12 Abs. 2 JGG an, in ihren Rechtsmittelanträgen allerdings auch die Herabsetzung der über sie verhängten Freiheitsstrafe.
Nur dem letzteren Begehren kommt Berechtigung zu.
Richtig ist, daß der Berufungswerberin zusätzlich der Milderungsgrund des § 34 Z 4 StGB zugute kommt, stellte doch das Erstgericht ausdrücklich fest, daß die Mitverurteilte Sabine B, die schon allein Diebstähle verübt hatte, die übrigen Angeklagten 'animierte' bei Diebstouren mitzuwirken (S 217 d.A), was im übrigen die Charakterisierung der Berufungswerberin als 'geborene Aufpasserin' (S 221) als nicht sachgerecht erscheinen läßt. Die übrigen behaupteten Berufungsgründe liegen indes nicht vor. Es kann bei den mehrfachen, geradezu vorausgeplanten Diebszügen nicht davon gesprochen werden, daß die Berufungswerberin nur in untergeordneter Weise beteiligt gewesen wäre, die Taten nur aus Unbesonnenheit begangen habe oder sich nur durch besonders verlockende Gelegenheit dazu habe hinreissen lassen; auch Umstände, die einem Schuldausschließungs- und Rechtfertigungsgrund nahekommen, sind bei der Art der Tatbegehung nicht erkennbar. Daß kein noch größerer Schaden zugefügt wurde, ist nach der Art der Tatbegehung ersichtlich nicht darauf zurückzuführen, daß sich die Täterinnen freiwillig dessen enthalten hätten, sondern darauf, daß bei Ladendiebstählen wie den vorliegenden füglich nur Sachen gestohlen werden können, die sich wegen ihres geringen Umfanges leicht vor dem Kassenpersonal der Selbstbedienungsläden verbergen lassen. Auch ein seit der Verübung der Taten verstrichener längerer Zeitraum im Sinn der Z 18 des § 34 StGB liegt noch nicht vor. Mit Recht verneinte das Erstgericht bei den festgestellten Strafzumessungsgründen vor allem im Hinblick auf die Tatwiederholung das Vorliegen der Voraussetzungen des § 12 JGG.
Das vom Erstgericht gewählte Strafausmaß war allerdings (geringfügig) herabzusetzen. Nicht allein, daß der Berufungswerberin ein weiterer Milderungsgrund zugute kommt, es steht das vom Erstgericht über sie verhängte Strafausmaß auch nicht in ausgewogener Relation zu dem über die Mitangeklagte B verhängten Strafausmaß von gleichfalls einem Monat. Dieser Mitangeklagten fällt - wie bereits erwähnt - die Verleitung anderer als erschwerend zur Last und sie verübte überdies mehr diebische Angriffe als die Berufungswerberin A. Vor allem aus diesem Gesichtspunkt war eine Abstufung im Ausmaß der Freiheitsstrafe vorzunehmen und dabei auch auf die über die weitere Mitangeklagte D, die ihrerseits wieder weniger diebische Anngriffe zu verantworten hat als die Angeklagte A, verhängte Strafe Bedacht zu nehmen.
Es war daher das Strafausmaß über die Angeklagte A auf das aus dem Spruch ersichtliche Maß zu reduzieren, ihrer Berufung im übrigen aber nicht Folge zu geben.
Die Kostenentscheidung fußt auf der im Spruch genannten Gesetzesstelle.
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